Nachbericht zur Auktion bei Hermann Historica am 22. Juni 2022: Unsere Highlights, erzielte Preise und eine Kuriosität

Militärholster für die Pistole Vis 35.
Das Interesse an der polnischen Pistole Vis 35 reißt nicht ab. Dieses Militärholster wurde für 2.000,- Euro verkauft. (Los 9883)

Die Auktionen im Hause Hermann Historica gehen weiter, und auch aktuelle Sammeltrends festigen sich weiter. So ist das Interesse an den polnischen Pistolen Vis Modell 35 ungebrochen groß: Nach dem außergewöhnlichen Ergebnis der Pistole, die im letzten Jahr für rekordverdächtige 58.000,- Euro verkauft wurde, ist nun ein Holster an der Reihe, das eine interessante Summe erreicht. Konkret handelt es sich bei Los 9883 um ein Lederholster für die Pistole Vis 35 mit doppelter Magazintasche und originalem Messingputzstock, Stahlverschlussknopf. Die Nähte befinden sich in gutem Zustand. Das Holster weist leichte Gebrauchsspuren auf, ist aber ansonsten in sehr gutem Zustand. Das Auktionshaus ließ den Hammer für die stolze Summe von 2.000,- Euro fallen.

Wir hatten es Ihnen bereits in unserer Vorschau vorgestellt und wir haben ins Schwarze getroffen. Bei Los 9760 handelt es sich um ein deaktiviertes Exemplar des Granatgewehrs Granatbüchse Modell 39 im Kaliber 7,92x94, das im Zweiten Weltkrieg an die deutsche Armee ausgegeben wurde. Dieses durch Modifikation des Panzerabwehrgewehrs PZ.B.39 entstandene Gewehr mit Fallblockverschluss nutzte eine Holzpatrone, um eine in den Becher eingelegte Granate auf große Entfernungen zu verschießen. Das deaktivierte Exemplar in ausgezeichnetem Zustand ist mit dem MG34-Maschinengewehr-Zweibein ausgestattet. Der Startpreis von 4.800,- Euro wurde weit übertroffen und erreichte einen Endpreis von 7.400,- Euro.

Gute Ergebnisse auch für Los 9813, über das wir als vielversprechend berichtet hatten: Eine Pistole P38 mit integriertem Schalldämpfer in 9 mm Luger, hergestellt von Spreewerk in Deutschland und später in England von Cogswell & Harrison, einem Spezialisten für Umbauten, wieder zusammengebaut und modifiziert. Diese Waffe, die britische Polizeimarken trägt, wurde wahrscheinlich in nicht mehr als zehn Exemplaren hergestellt. Sie gehörte zu einer Charge von P38-Pistolen mit festem Schalldämpfer, die nach dem Zweiten Weltkrieg auf Wunsch von Saudi-Arabien hergestellt und nie ausgeliefert wurden. Der Startpreis für dieses kuriose Stück Geschichte lag bei 2.400,- Euro – der Endpreis erreichte 4.000,- Euro.

Pistole P38 Spreewerke mit integriertem Schalldämpfer.
Die rätselhafte P38 Spreewerke mit integriertem Schalldämpfer, die in England von Cogswell & Harrison zusammengebaut wurde, wäre eines Ian Fleming-Romans würdig. Sie wurde für 4.000,- Euro verkauft. (Los 9813)
Mauser 1914 mit Humpback von der linken Seite.
Die Mauser 1914 ist eigentlich keine seltene Pistole, in dieser Version mit einem "Humpback"-Schlitten aber schon. Der zeichnet sich durch ein stufiges Design aus. Verkauft für 1.600,- Euro. (Los 9345)

Interessant war auch Los 9345, eine eher ungewöhnliche und gesuchte Version der Pistole Mauser 1914, die einen Verkaufspreis von 1.600,- Euro erzielte. Es handelt sich um ein Modell, das als Variante mit buckelförmigen Verschluss der Browning-Pistole im Kaliber 7,65 mm bezeichnet wird, die Mauser von 1914 bis 1945 in etwa einer Million Exemplaren herstellte. Was diese Pistole neben ihrem ausgezeichneten Zustand extrem selten macht, ist das Design des Schlittens, das man als gestuft bezeichnen könnte und nur bei den ersten viertausend hergestellten Exemplaren zu finden ist. Der komplexe Schlitten wurde aus Kostengründen bald wieder abgeschafft, und die Mauser 1914, die wir heute noch in Waffengeschäften finden, sind fast alle ohne ihn. Dieses Modell ist ein perfektes Beispiel dafür, was in der Sammlerwelt oft passiert: Eine scheinbar einfache Variante macht eine Waffe wesentlich teurer und begehrter als die aus der aktuellen Produktion.

Unter den Feuerwaffen, die unverkauft bleiben, aber noch bis zum 31. Juli 2022 online im Nachverkauf erworben werden können, finden wir Los 2413, eine echte Kuriosität, die einer kurzen Erklärung bedarf: Sie präsentiert sich als Revolver ohne Griffstück. Aber wofür wurde er benutzt? Machen wir einen Sprung in die Vergangenheit, an die Wende vom 19. zum frühen 20. Jahrhundert. Wir befinden uns in Deutschland, wo solche Revolver in großen Schiffsmodellen verwendet wurden. Damals waren die Deutschen von ihrer Marine begeistert, und zur Unterhaltung der Massen wurden so genannte Flottenschauen veranstaltet, die in Häfen oder künstlichen Seen stattfanden und von Tribünen umgeben waren, die mehrere tausend Zuschauer fassten. Die für diese Veranstaltungen gebauten Kriegsschiffmodelle waren mehrere Meter lang und so geräumig, dass ein Mann darin liegen und den elektrischen Antrieb und das Ruder bedienen konnte. Die Zuschauer waren besonders beeindruckt, als die authentisch aussehenden Kanonen abgefeuert wurden. Dabei handelte es sich in Wirklichkeit um spezielle Revolver wie diesen hier, die keinen Griff hatten und deren Abzug so modifiziert war, dass er durch Ziehen an einem Draht betätigt werden konnte.

"Flottenschau"-Revolver von links.
Dieser kuriose "Flottenschau"-Revolver steht bei Hermann Historica aktuell noch im Nachverkauf. (Los 2413)

Äußerlich sah der Revolverlauf wie eine Kanone aus. Diese Revolver für den Bühneneinsatz wurden nur mit Platzpatronen verwendet, und der Lauf hat eine glatte Seele. Dieser kuriose, überwiegend aus Gussteilen bestehende Revolver, trägt deutsche Markierungen, die auf das späte 19. oder frühe 20. Jahrhundert deuten. Die Trommel im Kaliber 14 mm hat ein Fassungsvermögen von zwölf Patronen. Definitiv ein Stück, das man nicht jeden Tag sieht.


Mehr Informationen zu den Auktionen des Hauses, gibt es auf den Seiten von Hermann Historica.

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