Der absolute Rekord bei der Auktion "Fine Antique and Modern Firearms" am 10. Mai 2023 wurde von einer Waffe in außergewöhnlichem Zustand erzielt: Los 2540, eine Colt Mod. 1900 Automatic Pistol in .38 ACP mit der Seriennummer 2, hergestellt um 1899. Es handelt sich um das Exemplar mit der niedrigsten Seriennummer einer außerordentlich erfolgreichen Waffe, aus der sich innerhalb weniger Jahre die 1911 entwickeln sollte und die eine bis heute bestehende Design-Dynastie begründete. Zu den einzigartigen technischen Merkmalen dieses regelrechten "Heiligen Grals" des Sammelns gehört die klappbare Kimme, die im eingeklappten Zustand auch als Hammersicherung dient. Der Lauf misst 6 Zoll und das vernickelte Magazin hat eine Kapazität von sieben Schuss. Dieses Exemplar ist in zahlreichen Büchern abgebildet, die sich mit halbautomatischen Pistolen von Colt befassen, wie z. B. Donald Badys Colt Automatic Pistols oder William Goddards The Government Models. Angesichts der Einzigartigkeit dieses Stücks und seiner Bedeutung für die moderne Waffengeschichte ist es nicht verwunderlich, dass der Verkaufspreis 48.000,- Euro erreichte.
An zweiter Stelle der Zuschlagsliste steht Los 2075, ein Perkussions-Doppelbüchse (technisch gesehen müsste sie als Express bezeichnet werden) im Kaliber 16 mm, die um 1850 vom Büchsenmacher Anton Lebeda aus Prag für Kaiser Franz Joseph I. von Österreich (1830-1916) hergestellt wurde. Das doppelläufige Gewehr besitzt zwei Läufe aus Damaststahl mit einer reich vergoldeten Laufschiene, auf der die verstellbare Kimme und das Korn schwalbenschwanzförmig angebracht sind. Der Verschlussblock trägt das geschnittene und vergoldete Monogramm "FJ". Der Abzugsbügel ist aus Horn mit Silbereinlagen. Einseitig eingesetzte Abzüge. Der schön geschnitzte Schaft aus Nussbaumholz hat eingelegte Silberplatten und eine Wangenstütze. Das Rückstoßkissen und der Deckel des Patronenlagers, der mit der Gravur eines Falkners versehen ist, sind aus Silber gefertigt. Dieses Gewehr von hohem historischem Wert ist in außergewöhnlichem Zustand und wird von einer Fotokopie der Originalrechnung für den Verkauf von zwei Gewehren begleitet, was darauf schließen lässt, dass es sich um das einzige erhaltene Stück eines Paares handelt. Dieses wirklich außergewöhnliche Stück wurde für 39.000,- Euro verkauft.
Viele historische Kurzwaffen bei der Mai-Auktion im Mai 2023 von Hermann Historica - das sind die erzielten Preise der Highlights
Das Interesse an modernen Sammlerpistolen ist stets groß, wie der Verkaufspreis von satten 19.000,- Euro beweist. Denn das Los 2318 war eine Heckler & Koch PSP (Polizei Selbstlade Pistole) in 9 mm Luger mit der Seriennummer 038. Diese halbautomatische Pistole hat einen 105 mm langen, polierten Polygonlauf, ein Tritiumvisier mit drei Punkten und wird aus einem 8-Schuss-Magazin gespeist. Die Pistole trägt deutsche Beschusszeichen von 1977. Die Griffe sind aus schwarzem Kunststoff und ohne Modellbezeichnung. Die Pistole wird in einem Originalkarton mit Ersatzmagazin, Schussbild und Bedienungsanleitung geliefert. Es handelt sich um ein seltenes, frühes Serienmodell mit den Seriennummern 001 bis 239. Die Waffe wurde dann leicht modifiziert und unter dem Namen P7 wieder auf den Markt gebracht. Das bei Hermann Historica zum Verkauf stehende Exemplar war in tadellosem Zustand. Bei der gleichen Auktion kam ein identisches Exemplar mit der Seriennummer 087 für 14.000,- Euro unter den Hammer des Auktionators.
Wir bleiben bei den modernen Pistolen: Weiter geht es mit dem Los 2967, einem echten Leckerbissen für Sammler. Es handelt sich nämlich um ein sehr seltenes Exemplar der Mauser HsP (Hahn-Selbstspanner-Pistole, halbautomatische Pistole mit Außenhammer), die 1975 zur Teilnahme an der Ausschreibung der deutschen Polizei im August 1976 hergestellt wurde. Die von SIG, Walther und H&K angebotenen Modelle wurden der Mauser vorgezogen, so dass diese kompakte Pistole im Kaliber 9 mm Luger mit DA/SA-Verfahren in Vergessenheit geriet. Der Lauf war nur 70 mm lang und hatte drei Züge. Das Magazin war einseitig gelagert und hatte eine Kapazität von acht Schuss. Die Mauser HsP bot dem Benutzer drei verschiedene Sicherungssysteme. Die linke Seite des Schlittens trägt die Aufschrift "Mod. HsP 9 mm x 19", während auf der rechten Seite "Mauser-Werke Oberndorf GmbH" zu lesen ist. Die Lackierung dieses Exemplars, das die Seriennummer 0022 trägt, beträgt 99% – mit einigen Verfärbungen am Schlitten. Der endgültige Verkaufspreis für dieses sehr seltene Exemplar betrug 16.000,- Euro.
Eine weitere, sehr seltene Pistole, die bei Hermann Historica zum Verkauf stand: Die fast unbekannte halbautomatische TARN, entworfen von dem Polen Teofil Tarnowski und patentiert von Zygmunt Stanislaw de Lubicz-Bakanowski, Hauptmann der 18. Lancers der polnischen Armee. Es handelt sich um eine recht einfache Pistole mit Masseverschluss, innenliegendem Hahn und einem 7-Schuss-Magazin. Sie wurde 1940 von der Swift Rifle Company in London hergestellt, die insgesamt 9 Exemplare in den Kalibern 9 mm Luger und 7,65 Browning mit Seriennummern zwischen 100 und 108 anfertigte und sie der britischen Armee, die gerade in den Krieg eingetreten war, anbot. Die Armee lehnte die TARN-Pistole jedoch ab, und die Produktion wurde nach der Herstellung dieser wenigen Exemplare eingestellt. Diese 9 Muster wurden 1953 vom britischen Versorgungsministerium an den amerikanischen Waffenhändler Martin B. Retting verkauft. Das von Hermann Historica zum Verkauf angebotene Muster ist im Kaliber 9 mm Luger ausgeführt und trägt die Seriennummer 101. Der Pistole lag ein Brief von Retting über den Verkauf dieser Waffen bei. Diese Pistole wird in dem Buch Gun Collector Digest I, S. 174; Ezell's Handguns of the World, S. 510 erwähnt. Dem glücklichen Sammler gelang es, sie für 12.500,- Euro zu erwerben.
Genau 10.000,- Euro kostete die Schulhof-Repetierpistole Modell 1884-II (Los 2475), von der nur etwa 50 Exemplare hergestellt worden zu sein scheinen. Die Pistole verwendet einen ringförmigen Ladehebel, der den Zündmechanismus betätigt und den Schlagbolzen spannt – es handelt sich also nicht um eine halbautomatische Pistole, sondern um eine manuelle Repetierpistole. Die Pistole hat das Kaliber 10,6 mm, gehört zur ersten Serie, die jemals hergestellt wurde, und trägt die Seriennummer 13. Damit ist sie das älteste Exemplar, denn die einzigen drei bisher bekannten Exemplare aus der Vorserie haben die Seriennummern 15, 16 und 18. Der Lauf ist achteckig, 155 Millimeter lang und hat eine Schwalbenschwanz-Visierung. Die Waffe wird aus einem festen Magazin mit einer Kapazität von sechs Schuss im Kaliber 10,6 Schulhof (10,6x24,6 R) gespeist. Alle Metallteile weisen noch die originale Vernickelung auf, mit Flecken und Gebrauchsspuren.
Auch bei Hermann Historica im Mai 2023: Ein Hauch von Wild West
Wir schließen mit einem Stück, das an den Wilden Westen erinnert. Los 2837 erzielte den stolzen Zuschlagspreis von 17.500,- Euro, den der Käufer für ein hervorragendes Unterhebelgewehr der Army, Modell Henry, aus dem Jahr 1865 im Kaliber .44-40 Rimfire, hinlegen musste. Diese Rarität in hervorragendem Zustand, die eines der frühesten Beispiele für einen zuverlässiges Unterhebelrepetierer darstellt, trägt die Seriennummer 10772 und ist sofort an ihrem Messinggehäuse und dem achteckigen Lauf zu erkennen. Das lange Röhrenmagazin, das bis zur Mündung reicht, bietet eine Kapazität von 15 Schuss. Die Oberseite des Laufs ist oben mit "HENRY'S PATENT. OCT. 16. 1860 / Manufact'd by the New Haven Arms Co. New Haven, Ct." Dies ist an sich schon eine ausgesprochen seltene Waffe, und in diesem Fall handelt es sich um ein Exemplar in ausgezeichnetem Zustand.