Am 26. Juni 2023 beginnt eine für Waffen- und Sammlerfreunde sehr interessante Woche, denn an fünf aufeinanderfolgenden Tagen bietet das bayerische Auktionshaus Hermann Historica die Möglichkeit, Kunst, Militaria und insbesondere Waffen von hohem Sammlerwert zu erwerben. Wie immer sind die Kataloge der einzelnen Auktionen bereits auf der Website von Hermann Historica in der Rubrik "Aktuelle Auktionen" online und können über Ihren PC oder Ihr Smartphone eingesehen werden, sodass wir hier nicht zu sehr ins Detail gehen wollen. Am besten ist es wie immer, in den einzelnen Katalogen nach den interessantesten Stücken zu stöbern (auch das macht Spaß). Den Auftakt der Versteigerungen bildet am 26. Juni "Kunst & Antiquitäten, Antiken & Asiatika", bei der Sie von russischen Ikonen über Spielzeug bis hin zu alten Fotoapparaten ein bisschen von allem finden können.
Am 27. Juni geht es weiter mit "Antike Waffen und Rüstungen aus aller Welt", wo 175 Lose angeboten werden, die größtenteils aus asiatischen und chinesischen Blankwaffen bestehen.
Der 28. Juni ist der wichtigste Tag für Waffensammler, denn im Rahmen der bekannten Auktion "Schusswaffen aus fünf Jahrhunderten" werden knapp 900 Lose zum Verkauf angeboten, darunter auch die interessanten Waffen, die wir in dieser Vorschau vorstellen.
Am 29. und 30. Juni finden schließlich zwei Auktionen statt, die Militaria-Liebhaber glücklich machen werden: Sie tragen die Titel "Orden und Militaria bis 1918" bzw. "Orden und Militaria ab 1919". In den beiden Auktionen werden insgesamt mehr als tausend Lose angeboten, von Orden bis zu Fotosammlungen, von Offiziersdegen bis zu Mützen. Doch nun ein Blick auf einige Höhepunkte der Waffenauktion am 28. Juni 2023:
Die Highlights am 28. Juni 2023 bei Hermann Historica: VKT, Kongsberg, Schouboe, ECIA, Charola y Anitua und SIG Sauer
Wie gesagt, der Höhepunkt für Freunde zeitgenössischer Schusswaffen wird der 28. Juni sein, wenn fast 900 Lose präsentiert werden, darunter echte Raritäten und nahezu einzigartige Stücke.
Beginnen wir gleich mit einer absoluten Rarität, die auch als Titelbild für den Auktionskatalog gewählt wurde: Los 7646 ist ein Exemplar der finnischen Versuchspistole VKT M44 in ausgezeichnetem Zustand. Die Pistole wurde während des Zweiten Weltkriegs von Birger Linkomies als preiswerter Ersatz für die Standard-Handfeuerwaffe der Armee, die Lahti L35, entworfen. Wie viele der gegen Ende des Krieges entworfenen Pistolen war sie vor allem auf Schnelligkeit und Wirtschaftlichkeit in der Produktion ausgerichtet und verfügte sowohl über einen Lauf als auch einen Schlitten aus gestanztem Blech und ein Masseverschluss-System mit Außenhahn und Single-Action-Abzug. In den finnischen Staatsarsenalen wurden 1944 nur 26 Stück hergestellt. Die Waffe hat das Kaliber 9x19 mm und wird aus einem achtschüssigen, einreihigen Magazin gespeist. Das Exemplar, das bei Hermann Historica zum Verkauf steht, hat die Seriennummer 006 auf dem Schlitten und eine sehr raue Brünierung, die in der Fachwelt als "Kriegslackierung" bezeichnet wird. Die hölzernen Griffschalen weisen ebenfalls eine eher grobe, aber sicherlich originale Fischhaut auf. Diese Seltenheit wird in Edward Ezells Buch Handguns of the world (Seiten 601-604), erwähnt. In Anbetracht der extremen Seltenheit dieses Stücks sollte uns die Preisvorstellung nicht überraschen: Bei 12.000,- Euro geht es los.
Mit Los 7617 begeben wir uns nach Norwegen, dem Heimatland dieser halbautomatischen Kongsberg Colt M1914-Pistole im Kaliber .45 ACP mit Wechselsystem in .22 l.r., die für den zivilen Markt bestimmt war. Diese norwegische Version der Colt 1911 hat auf allen Teilen übereinstimmende Seriennummern (8352) und wird von einem nicht nummerierten Ersatzlauf begleitet. Auf der linken Seite des Schlittens findet man die Beschriftung "II.25 m/m Aut. Pistol M/1914" und auf der rechten Seite "1925". Die originale Brünierung ist zu mehr als 98 Prozent erhalten, mit einigen Ausdünnungen auf der linken Seite des Schlittens. Die Nussbaumgriffschalen ziert eine Fischhaut. Obwohl es sich um eine zivile Waffe handelt, hat sie eine Fangriemenöse. Das Magazin ist brüniert, mit fünf Löchern, um die Anzahl der Patronen zu überprüfen. Die Waffe kommt mit einem Kwaal-Umrüstsatz in .22 Long Rifle, der aus einem speziellen Lauf und sieben .45-Reduzierpatronen besteht, in die .22er-Patronen eingesetzt werden. Komplettiert wird das Set durch ein handelsübliches Holster aus dunkelbraunem Leder, mit Messingknopf, solide vernäht, neuwertig. Der Startpreis für diese hervorragend erhaltene Pistole beträgt 3.000,- Euro.
Mit Los 7616 finden wir eine weitere Rarität aus dem Norden Europas. Es handelt sich um die halbautomatische Pistole Schouboe M1907 im Kaliber 11,35x62 Madsen. Diese Pistole wurde 1903 vom dänischen Ingenieur Jens Theodor Suhr Schouboe patentiert, der auch an der Konstruktion des leichten Maschinengewehrs von Madsen mitgearbeitet hatte.
Ursprünglich im Kaliber 7,65 Browning, wurden Varianten in verschiedenen Kalibern hergestellt, darunter auch .45 ACP. Die Pistole nahm erfolglos an der Vorphase der Tests für die Einführung einer halbautomatischen Pistole durch die USA teil. Sie wurde dann der britischen Armee vorgestellt, allerdings mit dem gleichen negativen Ausgang. Im Jahr 1917 wurde die Produktion nach etwa 1.000 gebauten Exemplaren eingestellt, von denen die Modelle mit den Seriennummern 1 bis 100 als Prototypen gelten. Bei der Schouboe handelt es sich ebenfalls um eine Single-Action-Pistole, jedoch mit innenliegendem Hammer, einem freiliegenden 130-Millimeter-Lauf und Griffschalen aus Riffelblech. Die linke Seite des Schlittens trägt die Aufschrift "Dansk Rekylriffel Syndikat / Kobenhavn". Versionen in 11,35x62 Madsen, wie die bei Hermann Historica zum Verkauf stehende, sind wesentlich seltener als solche in 7,65. Die Seriennummer dieses Exemplars lautet 319. Der Startpreis für dieses Los beträgt 5.000,- Euro.
Los 7431 ist eine Waffe, die nur selten in den (Sicherheits-)Vitrinen von Sammlern zu sehen ist und über die es nur wenige Erkentnisse gibt. Es handelt sich um eine in Spanien hergestellte halbautomatische Pistole ECIA Modell 1930 in Kaliber 9 mm. Die "Fábrica de Armas Esperanza y Cía S.A." (ECIA) wurde 1925 von Juan Esperanza Salvador gegründet, nachdem er sich beruflich von Pedro Unceta getrennt hatte. Mit diesem hatte er die Waffenfabrik "ASTRA-Esperanza y Unceta" gegründet, die von 1908 bis 1997 tätig war. Diese "extrem spanisch anmutende" halbautomatische Pistole wurde mit verschiedenen Lauflängen und in verschiedenen Kalibern (6,35 mm, 7,65, .380 ACP/9 Kurz und 9 Largo) hergestellt und war eine der ersten mit einem Double-Action-Abzug. Das bei Hermann Historica zum Verkauf stehende Exemplar hat die Seriennummer 38, einen 102 Millimeter langen Lauf und trägt die Beschusszeichen von 1929. Die Waffe hat eine ungewöhnliche Sicherung, die über dem Magazinauslöser angebracht ist. Ein weiteres ungewöhnliches Merkmal ist das Loch auf der linken Seite des Schlittens, durch das man überprüfen kann, ob eine Patrone im Lauf ist. Die Griffe sind aus Walnussholz, ohne Fischhaut. Die Fangriemenöse lässt auf militärische Ambitionen für diese äußerst seltene Waffe schließen. Sie wird in dem Buch Astra Firearms von Leonardo Antaris erwähnt.
Um beim Thema Raritäten spanischer Provenienz zu bleiben, hier das Los 7426, eine halbautomatische Pistole von Charola y Anitua, Kal. 7 mm Anitua. Diese Pistole wurde 1898 von den spanischen Ingenieuren Ignacio Charola Achucarro und Miquel Anitua Echeverría entworfen und ist stark von der Mauser C96 beeinflusst. Die Waffe wurde ab 1899 in Eibar, Spanien, industriell hergestellt, und zwar sowohl mit festem als auch mit Wechselmagazin (letzteres ist seltener). Ursprünglich war die Waffe in 5 mm Clement ausgeführt. Nachdem Ignacio Charula sie der spanischen Armee vorlegte und sie als nicht stark genug abgelehnt wurde, beschloss er 1903, sie auch in 7 mm Anitua (auch 7 mm Teuf Teuf genannt) einzurichten, ohne jedoch die Gunst des Militärs zu erlangen. Die Produktion der Waffe wurde 1905 eingestellt, nachdem etwa 5.000 bis 8.500 Exemplare hergestellt worden waren. Besonders selten sind Exemplare im Kaliber 7 mm mit Wechselmagazin, wie das bei Hermann Historica zum Verkauf stehende Exemplar. Die Seriennummer lautet 11634, was mit der Literatur übereinstimmt: Die Zahl der Exemplare wird im Kaliber 7 zwischen 10.001 und 12.000 angegeben. Der Lauf misst 83 Millimeter und das Wechselmagazin hat eine Kapazität von sechs Schuss. Der Startpreis für dieses wirklich kuriose Stück liegt bei 1.800,- Euro.
Wir schließen unseren Überblick über die Auktion "Schusswaffen aus fünf Jahrhunderten" mit dem Prototyp einer relativ modernen Pistole: Los 7315 ist ein Prototyp einer halbautomatischen SIG Sauer P220-Pistole im Kaliber .45 ACP mit einem 9 mm Luger-Umbausatz, bestehend aus Schlitten, Lauf, Magazin und Ejektor, die alle weder Markierungen noch Seriennummern tragen. Die Pistole wurde Berichten zufolge in den SIG-Werken in Neuhausen, in der Schweiz, hergestellt. Der Schlitten besteht aus gepresstem Stahl und der Lauf aus Duraluminium. Auf der linken Seite des Griffstücks befindet sich ein Zerlegehebel mit einer anderen Form als bei späteren Serienpistolen. Auch das Profil des Abzugsbügels ist anders. Der Magazinauslöser befindet sich an der Unterseite des Griffstücks, das mit schwarzen Standard-Kunststoffgriffschalen versehen ist. Der Startpreis für dieses Stück, das einige Überraschungen bereithält, liegt bei 2.500,- Euro.
Sobald die Auktionen beendet sind, werden wir wieder über die Höhepunkte berichten, denn wir wissen, dass Überraschungen in solchen Fällen die Regel und nicht die Ausnahme sind. In der Zwischenzeit können wir einen Besuch auf der Website von Hermann Historica dringend empfehlen. Hier gibt es alle Lose der Auktionen im Katalog mit hochauflösenden Fotos zu entdecken.