Wir konnten es kaum noch abwarten und freuten uns wie Kinder auf eine Wundertüte als das vom Importeur und Großhändler Manfred Alberts GmbH angekündigte rot-weiße Paket mit dem Benelli-Schriftzug darauf vom Postboten gebracht wurde. In dem Karton befand sich die neue Benelli M2 Speed in 12/76 mit 24“ (61 cm) langem Lauf, wobei optional auch eine Version mit 26“- sprich 66-cm-Lauf zur Wahl steht. Der italienische Flintenhersteller aus Urbino, bei Behörden und Sportschützen weltweit renommiert für seine äußerst zuverlässigen Selbstladeflinten der Baureihen Benelli M2, M3 und M4, hat viele Leckereien in den Lieferumfang gepackt, sodass man neben der teilzerlegten M2 Speed mit bereits montiertem ¼-Choke beispielsweise vier weitere Choke-Einsätze im Karton entdeckt.
Die Benelli M2 Speed arbeitet als Rückstoßlader mit dem bewährten Inertia-Driven-System
Natürlich baut die 3,3 kg schwere Sportflinte mit Leichtmetall-Systemkasten auf dem bewährten Benelli „Inertia Driven“ (ID)-Rückstoßladesystem auf. Es besteht aus einem zweiteiligen Verschluss mit einer starken, innenliegenden Feder. Wenn die Waffe im Schuss zurückstößt, verharrt der Verschluss nach dem Masseträgheitsprinzip in seiner Position und verriegelt das System, wobei die inerte Feder komprimiert wird. Wenn sich die Rückwärtsbewegung der Waffe verlangsamt, befördert die sich nun öffnende Feder den Verschluss zurück und katapultiert die Hülse heraus.
Anschließend schiebt die im Hinterschaft positionierte Schließfeder den Verschluss wieder nach vorne und über den Ladelöffel wird eine weitere Patrone aus dem Röhrenmagazin ins Patronenlager geschoben. Der Verschluss verriegelt wieder vollständig und die Flinte ist für den nächsten Schuss bereit. Dieses Rückstoßladesystem ist auch bei extremen Umweltbedingungen funktionszuverlässiger und verschmutzt weniger als ein Gasdruckladesystem, das nach intensiven Schussserien ohne Zwischenreinigung immer störungsanfälliger wird. Auf der anderen Seite kann eine Gasdruckladeflinte im Rückstoßverhalten moderater als ein Glattläufer mit Rückstoßladesystem ausfallen.
Benelli M2 Speed in 12/76: Das sind die technischen Details
Der Zusammenbau der teilmontiert ausgelieferten Benelli M2 Speed ist ein Kinderspiel und wird auch in der Bedienungsanleitung ausführlich in Wort und Bild erklärt, sodass wir hier nicht weiter darauf eingehen. Die Kapazität des langen Röhrenmagazins beträgt 10+1 Patronen in 12/76. Die überlange Magazinfeder kürzten wir auf ein funktionales Maß. Das geschah zugunsten eines leichteren, schnelleren Ladevorgangs, weil der Druck der Feder deutlich reduziert wird. So benötigte man weniger Kraft, um die Patronen ins Magazin zu schieben. In unserem Fall ragte die Feder satte 50 cm auf dem montierten Röhrenmagazin hervor und wurde mit einem Seitenschneider auf 30 cm gekürzt. Wer einfach auf Nummer Sicher gehen möchte, kürzt die Feder mit 25 cm Übermaß. Aber bitte nicht übertreiben mit dem Kürzen der Feder, ansonsten kann es hier auch zu Funktionsstörungen kommen. Hinter- und Vorderschaft bestehen aus einem sehr widerstandsfähigen, schwarzen Technopolymerkunststoff. Der Hinterschaft mit einer werksseitigen Länge von 365 mm (LOP; Length of Pull, Abstand zwischen Schaftkappe und Abzug) kann nach Abnahme der Schaftkappe mit drei im Lieferumfang enthaltenen Zwischenlagen in seiner Länge variiert werden. Zudem liegen der Waffe zwei Schaftbefestigungsplatten mit unterschiedlich positionierten Bohrungen bei. Mit diesen Platten können jeweils vier unterschiedliche Hinterschaftpositionen in Schränkung und Senkung in Relation zur Laufseelenachse realisieren werden.
Der Schaft muss individuell auf den Schützen abgestimmt sein, um mit der Flinte nicht zu niedrig oder zu hoch oder nach rechts oder links instinktiv vorbei zu schießen. Bei gespanntem Schlagstück und eingelegter Sicherung kann auch die sehr wartungsfreundliche und einfach zu montierende Abzugseinheit entnommen werden, indem man mit wenig Druck den entsprechenden Fixierstift aus dem Systemkasten herausdrückt. Die Demontage der Abzugseinheit funktioniert leichter, wenn man den Verschlussfanghebel drückt. Bei der Montage muss der Verschlussfanghebel gedrückt werden, ansonsten steht dieser der Abzugseinheit im Wege. Das Abzugsgewicht maßen wir mit 2.750 Gramm. Der Verschluss ist für beste Gleiteigenschaften und schnellste Repetierzyklen speziell beschichtet. Dazu gesellt sich eine Oberflächenvergütung mit der Bezeichnung BE.S.T. (Benelli Surface Treatment) sowie diamantähnlichen Eigenschaften für maximale Beständigkeit gegen Korrosion, Abrieb, Verschleiß und äußere Einflüsse. Das BE.S.T. nutzt nach Herstellerangaben eine hochinnovative Hybridtechnologie ohne jegliche umweltschädlichen Emissionen, die allerdings unter das Betriebsgeheimnis fällt. Ebenfalls im Benelli M2 Speed-Paket enthalten ist ein Choke-Montagewerkzeug, das auf der Rückseite ein Gewindereinigungswerkzeug aufweist, um den Dreck aus dem Choke-Gewinde zu entfernen. Wer schon mal viel mit der Flinte unterwegs war oder besser: viel damit geschossen hat, wird schnell feststellen, dass die Ablagerungen durch die Pulverrückstände bis tief in den Gewindebereich des Chokes vordringen. Ein wirklich sinnvolles Werkzeug für den, der seine Benelli nicht nur im Waffenschrank stehen hat, sondern sie auch auf dem Schießstand wirklich nutzt.
Praxistest: Mit der Benelli M2 Speed auf dem Schießstand
Beim ersten, trockenen Probeanschlag fällt sofort das Leuchtkorn auf. Der Lichtsammler funktioniert perfekt. Wir hatten fast den Eindruck, als ob er wie bei einem elektronischen Leuchtpunkt mit einer Batterie gespeist wird. Gerade bei nachlassender Sehschärfe unterstützt eine gute Visierung den Schützen. Für einen 25-Meter-Präzisionstest mit Flintenlaufgeschossen montierten wir den ½-Choke (drei Kerben), und nach kurzer Eingewöhnung konnten schnell kleine Gruppen auf diese Distanz realisiert werden. Auf 50 Meter spielte die M2 Speed ihre Stärken aus und wir konnten mit den 12/67,5er Competition Slugs von GECO kniend eine noch engere Gruppe schießen. Nicht nur bei diesem Test haben wir die Flinte übrigens nicht von einer Auflage, sondern kniend oder stehend, so wie es auch in den meisten Schießsportdisziplinen vorgesehen ist, geschossen. So erhält man unserer Ansicht nach ein besseres Gefühl für die Waffe. Sicher besteht die Möglichkeit, aufgelegt eine bessere Gruppe zu schießen, aber für uns zählt der Gesamteindruck. Das Rückstoßverhalten empfanden wir auch bei Nutzung leistungsstarker Patronen als sehr angenehm, die gepolsterte Schaftkappe leistete hier ganze Arbeit. Jetzt stand noch der übliche Test auf 100 Meter an. Bis jetzt hatte die Flinte sehr gut mittig geschossen. Zwar mit einem leichten Hochschuss, was aber besser ist als ein Tiefschuss, der durch das Visierbild beziehungsweise die Laufschiene verdeckt wird. Da bei 25 m bis 50 m noch ein leichter Anstieg des Geschosses zu verzeichnen war, haben wir erst mal auf 100 m Fleck angehalten. Das viereckige 30 x 40 cm große Stahlziel quittierte sofort die Treffer mit einem angenehmen „Pling“. Die ersten Treffer lagen mit Brenneke Rubin Sabot-Munition etwa 12 bis 15 cm tief. Die Energie der Slugs war auch auf 100 m noch so hoch, dass von der Struktur des Geschosskörpers nichts mehr übrig blieb. Nun wurde der ½-Choke gegen den Long-Shot-Choke ausgetauscht, der eine recht enge Mündung besitzt sowie keine Kerben zur Kennzeichnung aufweist. Ebenfalls im Lieferumfang enthalten sind noch ein ¼-Choke (vier Kerben), ein ¾-Choke (zwei Kerben) sowie ein „Ampliator“-Choke mit einer Art Feld/Zug-Profil, der schon im Nahdistanzbereich zu einer großen, gleichmäßigen Streuung führt.
Aber zurück zum Long-Shot-Choke: Oft stehen in IPSC/Action-Disziplinen „No Shoot“-Stähle und Popper nebeneinander und mit so einer engen Garbe können dann die Ziele sauber weggearbeitet werden, ohne sich unangenehme Minuspunkte zu gönnen. Wir versuchten es gleich mal, fünf Fallplatten mit diesem Choke zu bearbeiten. Hierbei wurde auch der modifizierte Systemkasten mit vergrößertem Ladefenster an der Unterseite erprobt. Der Daumen gleitet förmlich in Richtung Röhrenmagazin und kann die Patronen zuverlässig in das Magazin einrasten lassen. Der Patronenzubringer steht leicht in seiner Bohrung hervor, sodass auch bei schnellem Arbeiten ein sauberes Einrasten der Patronen im Magazin zu vernehmen ist. Ein weiterer Vorteil ist es natürlich auch, dass bei einem leeren Magazin der rote Zubringer dem Nutzer sofort den Ladezustand signalisiert. Wir probierten gleich mal die bevorzugte IPSC-Lademethode aus, dabei wurden vier Patronen aus dem Gürtelhalter gezogen und mit der rechten Hand in die um 45° abgesenkte Waffe befördert. Da das Magazin aber noch nicht voll war, wurden aus einem weiteren Magazinhalter mit der linken Hand die nächsten vier Patronen gezogen und ebenfalls ins Magazin geladen. So wurde erprobt, wie bei einer hohen Waffenhaltung die Patronen über die linke Hand in das Magazin verbracht werden. Auch hier war der Schacht groß genug, um mit dem Daumen die Patronen problemlos in das Magazin zu drücken.
Wieder quittierte jede Patrone beim Einrasten in das Röhrenmagazin mit einem Klick die sichere Position. Nach einigen Durchgängen konnte solch ein Ladevorgang mit vier Patronen bei abgesenkter Waffe und dem Ertönen des Timer-Signals unterhalb von drei Sekunden bewältigt werden. Der Abzug stand sauber und trocken, sodass Split-Zeiten von Schuss zu Schuss von 0,23 bis 0,26 Sekunden machbar waren. Auch die gekürzte Feder arbeitete einwandfrei und schob die Patronen zuverlässig aus dem Röhrenmagazin auf den Ladelöffel. Um zu testen, wie sich die engen Garben aus dem Long-Shot-Choke verhalten, befestigten wir ein IPSC Target mittig auf der Stahlplattenanlage und schossen aus unterschiedlichen Entfernungen die seitlich herausragenden Stahlplatten um. Die eng konzentrierten Garben waren auf den frisch lackierten Stahlplatten zu erkennen, wobei es keine Einschüsse von einzelnen Kugeln auf dem Papierziel gab. Abschließend wurde ein DIN-A0-Ziel auf einem Scheibenträger befestigt und aus 10 m Distanz mit 12/70er Patronen mit 2,4-mm-Schrot mit drei der fünf mitgelieferten Chokes beschossen. Hierbei waren die enge Garbe mit dem Long-Shot-Choke, die mittlere Gruppe mit dem ½-Choke und die großflächig streuende Garbe mit dem „Ampliator“-Chokes sehr leicht zu zuordnen. Daher ist man mit der Benelli M2 Speed für jeden Einsatzzweck breit aufgestellt. Mit unterschiedlicher Munition und unterschiedlichen Würgebohrungen können fast alle Herausforderungen bestritten werden.
Unser Test-Fazit zur Benelli M2 Speed aus dem Lieferprogramm von Importeur Manfred Alberts
Die Benelli M2 Speed stellt für das dynamische, sportliche Flintenschießen eine echte Bereicherung dar und man kann sie aus dem Karton direkt auf einem Wettkampf schießen. Verarbeitung, Ausstattung, Funktion und Handhabung überzeugen, zumal der Schaft individuell an den Nutzer angepasst werden kann. Die Oberflächenvergütung erwies sich als abriebfest und erstrahlte nach rauem Praxiseinsatz und auch nach über 350 Schuss noch makellos. Der Preis von 2.150,- Euro geht unserer Meinung nach voll in Ordnung. Daumen hoch!
Weitere Informationen über die Benelli M2 Speed in 12/76 und andere Produkte des Herstellers, finden Sie auf der Website der Manfred Alberts GmbH.
Diesen Testbericht finden Sie mit weiteren Schießergebnissen und Details auch in der Caliber-Ausgabe 11-12/2022. Er wurde von Autor Frank Thiel und Chefredakteur Stefan Perey gemeinsam verfasst. Das Heft können Sie hier auch als ePaper oder als gedruckte Version im VS Medien-Onlineshop kaufen.