Test: Tippmann Arms M4-22 Elite GS in .22 l.r. – wie viel AR-15 kann in einem Kleinkaliber-Gewehr stecken?

Der US-Hersteller Tippmann aus Fort Wayne, Indiana, weltweit bekannt seit 1986 für Paintballwaffen, offeriert seit rund vier Jahren eine üppige Familie an Kleinkalibergewehren auf Basis der AR-15-Plattform, die aus sieben Modellen besteht. Der Importeur und Großhändler Helmut Hofmann bietet in Deutschland die beiden Tippmann Arms-Modelle M4-22 Alpha GS mit 282-mm-Lauf und M4-22 Elite GS mit 406-mm-Lauf an, die jeweils einen BKA Feststellungsbescheid besitzen. Dabei weisen beide KK-Gewehre eine klassische, längenverstellbare M4-Schulterstütze sowie einen geschlossenen Leichtmetall-Handschutz auf.

Akkurate Authentizität – die Details des Tippmann M4-22 Elite GS:

Was uns an der für das sportliche Schießen prädestinierten Testwaffe in Gestalt des Tippmann M4-22 Elite GS mit 16"-Lauf besonders gefallen hat, ist die außen wie innen sehr gute Verarbeitungsqualität sowie die authentisch positionierten und gestalteten Bedienelemente, die in ihrer Handhabung komplett mit dem AR-15-System identisch sind. Dadurch ist ein traumhaft sicheres Handling auch im Wettkampfstress gewährleistet, wenn man als Schütze in Zentral- und Randfeuerdisziplinen wechselseitig AR-Gewehre verwendet. In der Werkstatt haben wir ausprobiert, ob Lower- und Upper Receiver eines AR-15 in .223 Rem. mit Griffstück und Systemgehäuse des Tippmann M4-22 Elite GS kompatibel sind – das ist nicht der Fall. Zwar konnte der Pivot Pin eingerastet werden, aber ein weiterer Zusammenbau war aufgrund weniger Millimeter Differenz nicht möglich. Trotz Nähe zu den Originalmaßen orientierte man sich also nicht an den Mil-Spec-Vorgaben, wodurch dann viele Bauteile des unüberschaubaren AR-15-Riesenmarktes nicht mehr passen.

Der durch Farbmarkierungswaffen berühmt gewordene Hersteller hat wohl einiges investiert, denn nahezu alle Baukomponenten der AR-KK-Gewehre stammen aus eigener Herstellung. Dabei entdeckt man nur wenige Dreh- und Frästeile, weshalb die Vorinvestitionen für die Werkzeuge schon enorm gewesen sein müssen, die Serienproduktion aber schlussendlich deutlich rationeller ausfallen kann. Auch die Kunststoffbauteile an den Gewehren, wie Schulterstütze, freistehender Pistolengriff oder die mechanische Klappvisierung (BUIS; Back Up Iron Sight), sind perfekt verarbeitet. In diesem Zusammenhang: Der freischwingende Leichtmetall-Handschutz in 12"/305-mm-Baulänge ist so stabil ausgeführt und mit dem Upper Receiver verbunden, dass das vordere Visierelement im Anschlag nicht weggedrückt werden kann.

Tippmann Arms M4-22 Elite GS Bedienelemente rechte Systemseite
Das M4-22 hat authentisch gestaltete Bedienelemente auf beiden Systemseiten.
Tippmann Arms M4-22 Elite GS Bedienelemente linke Systemseite
Auf der Systemgehäuseoberseite des Tippmann thront eine MIL-STD-1913 Picatinny-Schiene für die Optikmontage.

Enge Toleranzen am M4-22 Elite GS von Tippmann

Tippmann Arms M4-22 Elite GS aufgeklappt
Aufgeklapptes Kleinkaliber-AR M4-22 Elite GS von Tippmann mit herausgenommenem Masseverschluss mit vernickelter Oberfläche. Man beachte den kurzen Ladehebel.

Angesichts des günstigen Anschaffungspreises hatten wir hier eigentlich Leichtmetall-Hauptbauteile mit großzügig bemessenen Toleranzfeldern erwartet. Doch weit gefehlt, denn wir hatten Mühe, Griffstück (Lower Receiver) und Systemgehäuse (Upper Receiver) überhaupt voneinander trennen zu können. Gerade im Bereich des Pivot Pins waren beide Toleranzfelder komplett spielfrei aufeinander angestimmt. Mit "Pivot Pin" ist übrigens der vordere Fixierbolzen gemeint, der als Drehachse fungiert, wenn man das Gewehr aufklappt. Mit "Take Down Pin" ist immer der hintere Querstift gemeint, der für die weitere Demontage und feldmäßige Reinigung benötigt wird.

Im Inneren ist ein simpler, vernickelter Masseverschluss mit innewohnendem Auszieher und Schlagbolzen beheimatet, der möglichst leicht ausgeführt wurde, um eine hohe Funktionszuverlässigkeit bei einer großen Munitionsbandbreite sicherstellen zu können. Im Auswurffensterbereich des Systemkastens lagert eine Buchse, die für die Führung des Verschlusses zu sorgen scheint. Dieses gedrehte Bauteil ist mit dem Systemkasten verschraubt und fungiert auch als Führung für den Ausstoßer, der wiederum als Führungsfläche für den Verschluss dient. Das liest sich komplizierter als es ist und ist ebenso clever wie platzsparend konstruiert.

Der im hinteren Systemkastenbereich gelagerte T-förmige Ladehebel funktioniert wie bei einem originalen AR-15 und wird auch so bedient. Der Ladehebel greift in eine Ausfräsung auf der Verschlussoberseite ein und wurde auf den Verschlussrepetierweg angepasst, sodass er nur halb so lang wie ein originaler AR-15-Ladehebel ist. Im Systemkasten sitzt ein 16"/406 mm langer Lauf mit 1-16"-Drall und ½x28 UNEF-Mündungsgewinde. Auch die Bedienelemente am Griffstück sind absolut authentisch angeordnet und gestaltet, wobei sich beispielsweise der Mechanismus des Verschlussfanghebels deutlich vom Original unterscheidet. In der Form wurde er an das Magazin angepasst und damit der Verschlussfang stets zuverlässig funktioniert, muss das Magazin mit einer entsprechend starken Zubringerfeder bestückt sein.

Besonderheit am Tippmann Kleinkaliber-AR: Zweiteiliges Magazin

Tippmann Arms M4-22 Elite GS Magazine
Das spezielle Kastenmagazin besteht beim M4-22 Elite GS aus Kunststoff mit Metalleinlagen, hat Kapazität für 10 Patronen und besitzt ein äußeres Schutzgehäuse, das entfernt werden kann.

Um trotz starker Feder eine komfortable Bedienung möglich zu machen, besitzt das Kastenmagazin mit einer Kapazität für 10 Patronen einige besondere Konstruktionsdetails. Denn es ist mit einem Bedienknopf ausgestattet, mit dem der Zubringer gegen den Druck der Feder nach unten gezogen werden kann, um das Magazin leichter mit Patronen befüllen zu können. Beim Tippmann M4-22-Magazin hat man dieses auffällige Bedienelement elegant unter einer Außenhülle versteckt. Durch dieses Außengehäuse sieht das Magazin, das es in den USA und anderen Ländern natürlich auch mit größerem Fassungsvermögen für 30 Patronen gibt, wie ein originales AR-Magazin aus. Per Knopfdruck kann man das Außengehäuse nach unten schieben sowie auch das innere Magazin vom Außenkleid trennen. Durch diese Funktion lässt es sich also nicht nur reinigen, sondern man erreicht auch den Bedienknopf, mit dem sich das Magazin besser laden lässt. Metalleinlagen im Bereich der Magazinlippen sorgen dafür, dass sich bei der Zuführung aus dem Magazin ins Patronenlager der Boden der Randfeuerpatronen immer wiederholgenau und gleichmäßig aus dem Magazin heraus bewegt, was für erhöhte Zuverlässigkeit sorgt. Hier verlässt sich der Hersteller auch nicht nur auf Kunststoff, der im Dauergebrauch in diesem Bereich verschleißen könnte.

Technische Daten und Preis des Tippmann M4-22 Elite GS:

Modell:Tippmann Arms M4-22 Elite GS
Preis:799,- Euro
System:Masseverschluss
Lauf:16"/406 mm langer Lauf mit 1-16" Drall und ½x28 UNEF-Mündungsgewinde
Schaft:M4-Schulterstütze mit 6 Festpositionen, freistehender Pistolengriff, Leichtmetall-Handschutz
Magazin:Kastenmagazin mit einer Kapazität für 10 Patronen
Abzug:Direktabzug mit einem gemessenen Abzugsgewicht von 2.060 g
Sicherung:Zwei-Positionen-Sicherung auf linker Griffstückseite, die auf den Abzug wirkt
Visierung:mechanische Klappvisierung aus Kunststoff mit Lochkimme und Stiftkorn
Länge:77-85 cm (bei ein- und ausgefahrener Schulterstütze)
Gewicht:2.750 g

Mit dem Tippmann Arms M4-22 auf dem Schießstand:

Bushnell AR 1-8x24 auf Tippmann Arms M4-22 Elite GS
In der Erprobung arbeiteten wir mit einem erschwinglichen Bushnell AR 1-8x24.

Die Präzisionsüberprüfung wurde möglichst praxisnah durchgeführt, indem das Tippmann M4-22 Elite GS lediglich unter Zuhilfenahme von zwei konventionellen Sandsäcken im liegenden Anschlag auf 50 Meter geschossen wurde. Zudem montierten wir auf dem Kleinkaliber-Selbstladegewehr mit dem Bushnell AR 1-8x24-Zielfernrohr mit Absehen in der zweiten Bildebene eine nicht übertrieben leistungsstarke Optik, die mit 449,- Euro auch sehr erschwinglich ist. Das Glas passte wie die "berühmte Faust aufs Auge" auf dieses Gewehr und überzeugte dabei auch noch durch ein ausgewogenes Preis-/Leistungsverhältnis.

Rückstoß findet kaum wahrnehmbar statt und bei einem sauberen Anschlag mit fest in der Schulter eingezogener Waffe ist man sofort wieder im Ziel. Bedenkt man, dass das Abzugsgewicht knapp über zwei Kilogramm lag, ist hier noch Verbesserungspotential vorhanden und somit eine Verkleinerung der Streukreise möglich.

Tippmann Arms M4-22 Elite GS Streukreis
Die Schussleistung des modernen Kleinkaliber-Halbautomaten M4-22 Elite GS konnte sich durchaus sehen lassen.

Teilweise absolvierten wir Fünf-Schuss-Serien unter 10 Sekunden bei durchaus ansprechenden Resultaten auf der Scheibe. Bei Verwendung von neun Munitionssorten maßen die besten drei Streukreise in Reihenfolge 11 mm, 12 mm und 13 mm. Alle Ergebnisse können der Tabelle in caliber 7+8/2020 entnommen werden. Während des gesamten Tests ereignete sich nicht eine Funktionsstörung.

caliber-Fazit zum Tippmann M4-22 Elite GS:

Das Tippmann M4-22 Elite GS ist ein Kleinkaliber-Selbstladegewehr im unverkennbar authentischem AR-Look, das durch sein hohes Verarbeitungsniveau, maximale Funktionszuverlässigkeit und Topschussleistung jede Menge Vergnügen bereitet. Von daher geht nach den von uns gesammelten Erfahrungen der Preis von 799,- Euro absolut in Ordnung.


Weitere Informationen zu den M4-22-Modellen erhalten Sie auf der Homepage von Tippmann Arms.

In caliber 7+8/2020 finden Sie den kompletten Test mit unseren umfangreichen Test-Tabellen, den verwendeten Laborierungen und alle ermittelten Streukreise. Hier kommen Sie zum E-Paper von  caliber 7+8/2020.