Repetierbüchse Unique Alpine F-Class, Kaliber .308 Winchester im Test

Das Herzstück der Testwaffe, Systemgehäuse und Verschluss, gehören zur sogenannten Pro Action-Linie von Unique Alpine. Als Werkstoff dient ein vorvergüteter Werkzeugstahl mit sehr guten Festigkeitseigenschaften. Das Pro Action-System gibt es in fünf Ausführungen, in römischen Ziffern durchnummeriert von Type I bis V. Die Länge der unterschiedlichen Systeme bleibt jedoch stets identisch. Für die Benchrest- und F-Class-Waffen wird der als Einzellader ausgeführte Type V verwendet. Bei dieser Systemhülse verzichtet Unique Alpine auf einen Durchbruch für das Magazin, was die Hülse verwindungssteifer macht. Auf der Systemoberseite ist eine 155 Millimeter lange Picatinny-Schiene aus einem Stück mit der Hülse gefertigt. Eine verstiftete und somit vor Verdrehen geschützte Verriegelungsbuchse findet im vorderen Teil des Systems ihren Platz und nimmt die Gegenstücke der Verriegelungswarzen des Verschlusses auf. Die Unterseite des Gehäuses gestaltet man trapezförmig, so dass mit dem Anziehen der beiden Senkkopfschrauben des Systems eine Zwangszentrierung in der Bettungsmasse erfolgt. Eine quer verlaufende Nut von 7,95 Millimeter Breite bildet den Sitz des Rückstoßstollens.

Primärauszug der Unique Alpine F-Class

Abzug der Unique Alpine F-Class 
Das Pro Action-System fertigt Unique Alpine in fünf Varianten. In diesem Fall basiert die Büchse auf einem reinen Einzellader-System ohne Magazin.

Wie die Systemhülse schützt auch den Verschluss eine DLC-Beschichtung (Diamond Like Carbon). Diese Beschichtung bietet einen sehr guten Schutz vor Verschleiß und Abrieb bei gleichzeitig hervorragenden Gleiteigenschaften. Letztere fördern einen gleichmäßigen Widerstand beim Repetieren. Zudem wirkt die anthrazitgraue Färbung sehr edel im Erscheinungsbild. Der Verschluss trägt drei Warzen mit einem Öffnungswinkel von 60 Grad. Unique Alpine gibt an, dass die Kammer einen "echten Primärauszug” hat. Darunter versteht man, dass beim Öffnen der Kammer über die mit einer Schräge versehenen Verschlusswarzen bereits eine geringe axiale Bewegung des Verschlusses bewirkt wird. Dies nennt man auch einen Zwangsauszug. Durch den großen Rotationsweg, sprich die Verdrehung des Kammergriffes um 60 Grad bei gleichzeitig sehr geringem axialen Weg des Verschlusses von wenigen Zehntel Millimetern, entsteht eine hohe Auszugskraft. Sollte einmal eine abgeschossene Hülse im Patronenlager klemmen, reicht der geringe axiale Weg beim Öffnen der Kammer, um das Loslösemoment der Hülse zu überwinden und sie mit geringem Kraftaufwand auszuwerfen. Apropos Auswerfen: Am Verschlusskopf sucht man vergebens einen Ausstoßer. Er ist fest in der Systemhülse verbaut, so dass die Hülse nach Verlassen des Lagers nicht sofort ausgeworfen wird. Dies bietet den Vorteil, dass beim gefühlvollen Repetieren jede Hülse von Hand entnommen werden kann. Dies macht bei den sorgfältig ausgesuchten und meist verwogenen Hülsen beim Target-Schießen durchaus Sinn, um das wertvolle Messing zu schonen. Der systemseitig montierte Ausstoßer ließe sich durch einen Büchsenmacher auch gänzlich entfernen, so dass die Hülse nicht mehr ausgeworfen wird.

Auch die Gestaltung des Ausziehers ist erwähnenswert. Er greift auf ungefähr einem Viertel des Hülsenbodenumfangs in die Auszieherrille der Patronenhülse. Damit fällt der Auszieher sehr breit aus und kann mittels zweier Schenkel rechts und links an einer der Verschlusswarzen entlanggeführt werden. Der große Vorteil dieser Konstruktion ist, dass die betreffende Verriegelungswarze nicht geschwächt wird, wie dies bei einem federnden Auszieher innerhalb der Verriegelungswarze der Fall wäre. Bei den UA-Systemen mit Magazinschacht er möglichst der breite Auszieher eine kontrollierte Zuführung, englisch als “controlled round feed“ bezeichnet, wie man dies etwa von den Verschlüssen des 98er Mauser Systems kennt. Hinten findet sich an der Kammer eine Dreistellungs-Flügelsicherung. Stellung Nummer Eins ermöglicht die Schussabgabe. In der mittleren Position blockiert sie den Schlagbolzen und die dritte Stellung sperrt zusätzlich noch die Kammer. Leider war die Bedienung der Sicherung bei dem vorliegenden Gewehr etwas schwergängig. Den Kammergriff kann wahlweise mit einer Kugel oder Kegel als Handhabe versehen werden. 

Die Unique Alpine F-Class mit Patronen 
Direkt sichtbar: Mit 814 Millimetern baut der Lauf der Unique Alpine F-Class sehr lang.

Überlänge: Lauf der F-Class-Büchse

Der in diesem Exemplar in die Systemhülse geschraubte Match-Lauf von Lothar Walther beeindruckt durch seine Abmessungen. Seine Länge beträgt stolze 814 Millimeter oder 32 Zoll. Die zylindrische Kontur ist zweifach abgestuft: Der Durchmesser an der Mündung misst 26,5 Millimeter. 435 Millimeter hinter der Mündung verdickt sich der Lauf auf einen Durchmesser von 28,5 Millimeter. Das mattgraue Oberflächen-Finish verrät, dass es sich hier um einen glasperlengestrahlten Edelstahllauf handelt. Zur Erzielung einer möglichst glatten Oberfläche der Laufbohrung wird das Laufinnenprofil von Hand geläppt. Neben der ungewöhnlichen Lauflänge für das Kaliber .308 Winchester fällt der Drall mit acht Zoll oder 203 Millimeter Länge äußerst kurz aus. Einen derart kurzen Drall in diesem Kaliber kennt man fast ausschließlich von kurzläufigen, integralschallgedämpften Büchsen in Verbindung mit Unterschallmunition. Hier wählten die Konstrukteure diesen Drall, um auch lange HPBT-Geschosse der Gewichtsklasse bis 220 Grains Gewicht noch sicher stabilisieren zu können. Der Übergang zum vollen Feldkaliber ist so gestaltet, dass auch die langen 220er Match-Geschosse entsprechend in die Hülse gesetzt werden können. Dadurch ist hier mit einem 168 Grains schweren Match King-Geschoss von Sierra eine maximale Patronengesamtlänge von 72,9 Millimeter möglich. Für eine gleichmäßige Abgangsballistik sorgt eine sehr sauber hinterdrehte Wettkampfmündung. Ob der lange Lauf wirklich ein Plus an Geschwindigkeit und Energie bringt, haben wir ausprobiert. Dazu verglichen wir dir Geschossgeschwindigkeiten der 13 Testlaborierungen bei einer Lauflänge von 663 Millimetern (26 Zoll) mit dem 814 Millimeter langen Lauf der Unique Alpine. Das Ergebnis: Das 150 Millimeter längere Rohr zeigt bei zehn Laborierungen einen geringen Zuwachs der Mündungsgeschwindigkeit von bis zu vier Prozent. Drei Laborierungen verlassen das 814-mm-Rohr sogar minimal langsamer. Kombiniert man jedoch bei einer Laborierung ein sehr schweres Geschoss wie zum Beispiel Hollow Point Boat Tail von 220 Grains mit einem sehr progressiven Pulver, dann wird das Leistungsplus im Vergleich zu dem kürzeren Lauf deutlicher ausfallen: Je progressiver ein Pulver abbrennt, desto länger sollte der Lauf ausfallen, um einen vollständigen Umsatz des Treibmittels im Rohr zu erreichen.

Die UA F-Class kommt mit einem GRS-Schaft

Hinterschaft der Unique Alpine F-Class 
Über die beiden Metallknöpfe reguliert man bei dem grauroten Laminatschaft sowohl die Schaftlänge als auch die Höhe des Schaftrückens.

Bei der Schäftung bedienen sich die Oberbayern eines Schichtholzschaftes des renommierten norwegischen Herstellers GRS. Das Modell namens "Kelbly X-Eater Stock“ bietet eine Längenverstellung in Rastschritten von jeweils drei Millimetern um insgesamt bis zu 30 Millimeter. Die Verstellung wird über eine große, federnd gelagerte Drucktaste vorgenommen. Ein zweiter, baugleicher Drücker gibt die Höhenverstellung der Schaftbacke frei. Hier kann der Schütze auf Knopfdruck den Schaftrücken in 1,5-mm-Schritten um maximal 21 Millimeter in der Höhe anpassen. Die Verstellungen arbeiten zwar nicht perfekt spielfrei, bieten aber genügend Stabilität. Den Schaftabschluss bildet eine angenehm weiche Schaftkappe aus Gummi. Um die Waffe verkanntungsfrei in der Vorderschaftauflage betten zu können, fällt die Unterseite des Schaftes vorn 76 Millimeter breit aus. In einer entsprechenden Benchrest-Auflage ruht die Büchse dann wie einzementiert. Der Systemsitz sowie der massive, 7,90 Millimeter starke Rückstoßstollen ist mit Bettungsmasse im Schaft eingebracht. Leider ließ die Qualität der Bettung etwas zu wünschen übrig, da durch Lunker in der Bettung keine vollflächige Auflage zwischen System und Bettung hergestellt werden kann. Allerdings handelt es sich hier nicht um eine Serienwaffe, sondern um ein Demonstrations-Exemplar.

Bix'n Andy-Abzug der UA im Detail

Als Abzugsgruppe verbaut Unique Alpine bei der Waffe einen Kugelabzug des Kufsteiner Herstellers Bix´n Andy. Auf die hervorragende Qualität der Kugelabzüge muss wohl nicht tiefer eingegangen werden. Das Gewicht des Direktabzuges lässt sich durch verschiedene, farblich gekennzeichnete Federn einstellen. Etwas unglücklich fiel die Wahl des Abzugswiderstandes bei der Testwaffe aus. Mit der Lyman-Abzugswaage wurden Auslösekräfte von durchschnittlich 0,51 Newton oder 52 Gramm gemessen. Bei klammen Fingern auf einen offenen 300-Meter-Stand ist ein derartiges Auslösegewicht zu niedrig. Bis auf das arg leicht justierte Gewicht arbeitete der Abzug jedoch sehr gut.

Der Einzellader F-Class-Repetierer von Unique Alpine auf dem Schießstand

Schütze mit Unique Alpine F-Class auf dem Schießstand
Egal ob auf 100 oder 600 Meter Distanz, die Testwaffe harmonierte ausnehmend gut mit der Scenar-Wettkampfmunition des finnischen Herstellers Lapua.

Das Einzelstück wurde von Unique Alpine komplett mit bereits montierten Kahles K 1050i mit zehn- bis fünfzigfacher Vergrößerung geliefert. Als Verbindung zwischen Optik und Waffe diente die nagelneue Blockmontage von EAW, welche im 3D-Druckverfahren gefertigt wird. Das erste Testschießen fand auf eine Distanz von 600 Meter im Freigelände statt. Die Erfassung der Streukreise wurde mit dem Zielerfassungssystem Solo des deutschen Herstellers Silver Mountain Targets vorgenommen. Hierbei werden vier Piezo-Doppelsensoren auf einen quadratischen Rahmen montiert. Die vier Sensoren erfassen die sogenannte Machsche Welle der mit Überschallgeschwindigkeit fliegenden Geschosse.

Kammerstängel der Unique Alpine F-Class 
Die Dreistellungssicherung sitzt im Verschlusszylinder, direkt hinter dem Kammerstängel. Beim Kammergriff wählt man zwischen Kugel oder Kegel.

Durch Messung der Laufzeiten zu den einzelnen Sensoren ist eine hochgenaue Messung der Geschosslage innerhalb des Messrahmens möglich. Der Hersteller nennt eine Genauigkeit von einem halben Kaliberdurchmesser. Mit der 175-Grain OTM Scenar-L GB550 von Lapua konnte ein hervorragender Streukreis von 74 Millimetern oder 0,43 Winkelminuten (MOA) geschossen werden. Noch besser schnitt diese Laborierung auf 100 Meter ab: Neun Millimeter, respektive 0,31 MOA zeigen das Potenzial dieser Waffe. Die erzielten Streukreise auf 600 Meter geben zwar die Präzision der Waffe unter realistischen Wettkampfbedingungen wieder, der unbeständige Wind am Schießtag verfälscht diese jedoch, sodass ein direkter Vergleich der 13 Laborierungen untereinander nur bedingt sinnvoll ist. Aus diesem Grund schossen die Tester die F-Class Büchse noch auf einem gut vor Wind und Wetter geschützten 100-Meter-Stand. Dabei stellte sich heraus, dass der lange Lauf nicht mit allen Match-Laborierungen im Testfeld gleich gut zurechtkam. Zwar schossen acht der dreizehn Laborierungen teilweise deutlich unter einer Winkelminute, einige wenige Laborierungen gönnten sich jedoch mehr Platz auf der Zielscheibe. Dass Lauf und System aber ein hohes Präzisionspotential haben, zeigte die erwähnte Lapua-Laborierung eindrücklich. Dieses Potential lässt sich mit entsprechend auf das Patronenlager und den Übergang abgestimmten Hand-Laborierungen sicher reproduzieren oder gar noch toppen. 

Technische Daten der Unique Alpine F-Class

Modell:Unique Alpine F-Class
Preis:
Einzelstück
Kaliber:.308 Winchester
Kapazität:1 Patrone
Länge:1345 mm
Lauflänge:814 mm / 32 Zoll Stoßboden bis Mündung
Drall:203 mm (1:8"), 6 Züge, Rechtsdrall
Abzugsgewicht52 g
Gewicht:6773 g
Links-/RechtsausführungNur rechts
Ausstattung: 
Einzellader Matchbüchse, 32-Zoll-Match-Lauf von Lothar Walther, Bix´n Andy Mauser 98 Kugelabzug, Kelbly X-Eater Schaft von GRS

Fazit: Unser Eindruck zur Unique Alpine F-Class

Unter dem Strich: Auch wenn es sich bei der Testwaffe um ein Einzelstück handelt, ist es Unique Alpine mit diesem Exemplar gelungen, das Potenzial ihrer Pro Action-Systemhülsen zu zeigen.

 Das hat uns gut gefallen:

 Das fanden wir weniger gut:

- Top-Präzision mit ausgesuchter Munition
- guter Schlossgang 
- Design von Auszieher und Ausstoßer
- Laufüberlänge bringt wenig v0-Zuwachs
- Systembettung nicht optimal
- Abzug zu leicht auslösend


Dieser Beitrag stammt aus der Visier 10/2021. Dort sind auch die Schießergebnisse aller Patronen im Detail auf 100 und 600 Meter enthalten. Sie können das Heft – auch als Digitalausgabe – ganz bequem im VS Medien-Onlineshop bestellen.

Text: Chris Hocke und Hamza Malalla

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