Mit der Repetierbüchse Cross schlägt SIG Sauer die Brücke zwischen einem Gebrauchsgewehr für den Jäger und einem Präzisionsrepetierer für den ambitionierten Sportschützen

Mit seiner Repetierbüchse Cross sorgte SIG Sauer 2020 gleich zweimal für Aufsehen: Das erste Mal, als sie beim "SIG-Media Day at the Range" im Rahmen der SHOT  Show von US-Topschützen des Werk-Teams vorgestellt wurde und zum zweiten Mal durch eine Rückrufaktion, die die frisch ausgelieferten Modelle wegen eines Problems am Abzug einer Kundenwaffe zur Inspektion zurück in das bei der US-Firmenzentrale angesiedelte Werk in New Hamphire beorderte. Der Wirbel um die Cross lässt sich leicht nachvollziehen. SIG  Sauer-Fans mussten schließlich sehr lange warten, bis die drei großen Lettern SIG wieder auf dem Gehäuse eines neuen Repetierers zu sehen waren. Inzwischen hat der US-Hersteller die Kinderkrankheiten wohl beseitigt und liefert die Waffe nun über den deutschen Vertriebspartner German Sport Guns (GSG) auch bei uns aus. Dabei soll die Cross, nicht nur dem Namen nach, den nahtlosen Übergang zwischen Jagd- und Präzisionsrepetierer darstellen.

Die Konzeption der SIG Sauer Cross Rifle 

SIG Sauer Cross Rifle 18“ von der linken Seite 
Beim ersten Blick auf die linke Seite der SIG Sauer Cross besteht eine gewisse Verwechselungsgefahr mit einem AR.

Auf den ersten Blick erinnert die Cross an ein Gewehr des Typs AR. Dass sich der US-Hersteller bewusst an dem in seiner Heimat mehr als gängigen Black  Rifle orientiert hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Zum einen hat selbst er solche Modelle im Programm. Zum anderen gibt es dafür auch ein riesiges Angebot an Zubehör und Tuningteilen. Doch obwohl  es Parallelen zu dem beliebten Selbstlader gibt, bringt die Repetierbüchse  Cross auch einige von SIG Sauer selbst entwickelte Elemente mit. Allen Varianten der Cross gemein sind so etwa das (im Gegensatz zum AR) einteilige Gehäuse und die anklappbare Schulterstütze, beides aus einem geschmiedeten Aluminiumblock gefräst. Sogar der im M4-Stil gehaltene Griff weist die von den Griffmodulen der SIG Sauer-Pistolen bekannte, raue und sehr griffige Textur an seinen Flanken auf. Von den gängigen ARs stammt hingegen wieder die Kontur des Gehäuses samt des Magazinschachts an sich. Im Schacht steckt bei der Cross ab Werk ein AICS-kompatibles PMAG  5 von Magpul. Sogar bei der Laufbefestigung stand das AR Pate. Sie erfolgt per Barrel Nut und man kann dafür den gleichen Schlüssel wie beim AR-15 nutzen. Hinzu kommt ein M-Lok-Handschutz in Form eines oktogonalen Alu-Käfigs, in dem der Lauf frei schwingen kann, wie man ihn vom Prinzip her heute an vielen ARs findet. Auch der hier beidseitig bedienbare Sicherungshebel ist im AR-Stil gehalten. Anders als bei dem beliebten Gasdrucklader sitzt der Magazinauslöser hier aber vorn im Abzugsbügel.

Die Ausstattung der SIG Sauer Cross Rifle

SIG Sauer Cross Rifle 18“ mit einem auswechselbaren Verschlusskopf
SIG Sauer Cross Rifle 18“: Der auswechselbare Verschlusskopf der Cross mit seinen drei im 60-Grad-Winkel angeordneten Warzen.
SIG Sauer Cross mit einem AICS-kompatiblen PMAG 5-Magazin von Magpul
SIG Sauer liefert die Cross mit einem AICS-kompatiblen PMAG  5-Magazin von Magpul, das fünf Patronen fasst. 

Hierzulande gibt‘s die Cross bislang nur in den Kalibern .308  Winchester und wie die Testwaffe in 6,5  Creedmoor. Das von SIG  Sauer selbst entwickelte und in den USA zusätzlich angebotene Kaliber .277  Fury bleibt hier mangels Zulassung durch die C.I.P. außen vor. Bei der Cross hat der Kunde übrigens die Wahl, ob er die Aluteile lieber von einer matt-schwarzen Harteloxalschicht oder einer in Braun- und Sandtönen gehaltenen Armakote-Beschichtung namens FLC (First  Lite  Cipher) geschützt haben will. Die Versionen in Mattschwarz schlagen jeweils mit 2679,-  Euro zu Buche, für das FLC-Finish muss man 330,-  Euro drauflegen. Die 308er  Cross kommt mit einem 16-Zoll-Lauf, mit einem Drall von 1:10 Zoll. In 6,5 Creedmoor hat die Büchse einen 18-zölligen Lauf und einen Drall von 1:8“. Die Läufe fertigt SIG Sauer aus rostträgem Edelstahl und verpasst ihnen mündungsseitig noch ein UNEF-Gewinde (5/8 x24) zur Aufnahme von Schalldämpfer oder Kompensator. Die Cross verriegelt mittels eines Dreiwarzen-Verschlusses per 60-Grad-Drehung in der Barrel  Extension, sprich in dem am Bodenstück verlängerten Lauf. Weil die Waffe, wie auch auf dem Gehäuse eingraviert, als Multikaliber-Gewehr konzipiert ist, lässt sich der Kammerkopf bei Bedarf wechseln. Den Kammerstängel designten die Konstrukteure so, dass er durch seine kurvige Form der Hand ausreichend Platz zum Repetieren lässt. Eine ebenfalls auswechselbare, kegelförmige Handhabe dient hier als Kammergriff. Den Kammerfang hat der Hersteller hier zentral direkt über der Systemhülse hinten am Gehäuse positioniert. Standardmäßig sitzt auf dem Systemgehäuse eine Picatinny-Schiene mit 18  Schlitzen, die sich auch noch etwa drei Finger breit über den Handschutz erstreckt. Der 375  mm lange Handschutz wartet mit M-Lok-Schnittstellen auf 3, 6, 9 und 12  Uhr auf. Die Flächen dazwischen sind großzügig ventiliert.

Die anklappbare Schulterstütze der SIG Sauer Cross Rifle 

SIG Sauer Cross Rifle 18“ mit skelettierte Schulterstütze
SIG Sauer Cross Rifle 18“: Die skelettierte Schulterstütze bietet dem Schützen viele Anpassungsmöglichkeiten. Hier sind die entsprechenden Elemente jeweils bis in den Maximalbereich verstellt.
SIG Sauer Cross Rifle 18“ in 6,5 Creedmoor mit  angeklappter Schulterstütze 
Bei angeklappter Schulterstütze verkürzt sich die SIG Sauer Cross mit 18“-Lauf auf  eine kompakte Länge von 70 cm. Der Kammerstängel stört beim Anklappen nicht.

Obwohl die rechts ans Gehäuse anklappbare Schulterstütze der Cross auf den ersten Blick recht filigran wirkt, überrascht sie dann doch durch ihre Stabilität und den festen Sitz. Ausgeklappt sitzt sie bombenfest, wackelt nicht und arretiert mit nur wenig Spiel an der Scharnierachse. Das Lösen der Arretierung gestaltet sich dafür etwas tricky. Während der Daumen den Sperrbolzen im Scharnier eindrückt, müssen die übrigen Finger die Schulterstütze leicht anheben, um die hakenartige Arretierung auf der gegenüberliegenden Seite zu trennen. Erst dann lässt sich das Teil anklappen und verkürzt so die Gesamtlänge der Testwaffe auf ein handliches Packmaß von 70 Zentimeter. Die Skelettierung und die Verstellelemente der Schulterstütze sind dabei in keiner Einstellung dem Kammerstengel im Weg. Dieser passt einwandfrei durch die größte Aussparung im Skelettschaft. Im angeklappten Zustand verhindert die Schulterstütze zudem ein unbeabsichtigtes Öffnen der Kammer. An dieser Stelle haben die Konstrukteure fast an alles gedacht: Was wir allerdings vermissen, ist eine Option, mit der sich auch die angeklappte Schulterstütze vernünftig arretieren lässt. Beim Anklappen reicht die nur scharnierseitige Arretierung per Sperrbolzen leider nicht aus, um den Hinterschaft spielfrei zu fixieren, und das Ganze schlackert hier ziemlich lustlos herum. Dieses Manko macht die Funktionalität der Schulterstütze jedoch in großem Stil wieder wett. Denn diese lässt in Sachen indivudeller Anpassung an den Schützen kaum Wünsche offen. Beim Träger der Schaftkappe handelt es sich um ein mit drei Führungsnuten versehenes, gut 2,5  mm starkes und 46  mm breites Stahlblech, das zudem durch das hintere Ende des Skelettrahmens geführt wird. Die beiden äußeren Nuten weisen jeweils zehn Senkungen für einen Rastbolzen auf. So lässt sich die Länge der Schulterstütze, nach Lösen einer Schraube, in 5-mm-Schritten um insgesamt 50  mm verstellen. Damit lässt sich dann auch die Schaftlänge der Cross zwischen 325 und 375 mm variieren, gemessen jeweils vom Abzug bis ans Ende der Schaftkappe. Durch die mittlere Nut im Blech führt besagte Schraube, die sich mit ihrem Flügelkopf extrem fest anziehen lässt und dabei auf ein über die komplette Schienenbreite reichendes Klemmstück drückt. Hier wackelt dann wirklich nichts mehr. Auf dem abgewinkelten Ende des Blechs sitzt die in der Höhe justierbare Gummischaftkappe. Nach dem Lösen von zwei Torxschrauben kann diese zudem in der Seite verschoben oder ein paar Grad geneigt werden. In der Höhe kann die Kappe aus der Mittelstellung heraus jeweils um drei Rasten nach oben auf einer Kunststoffschiene und damit um insgesamt 60  mm verschoben werden. Die Arretierung erledigt hier ein federbelasteter Druckknopf. Wer sich auch mit den aktuellen Pistolen der 320er/365er Baureihe von SIG  Sauer auskennt, wird schmunzelnd bemerken, dass dieser Druckknopf mit seiner dreiseitigen Kontur und der Riffelung augenscheinlich dem Magazinlöser dieser Pistolen entspricht. Warum auch nicht, in beiden Fällen erfüllt das Teil im Prinzip ja die gleiche mechanische Funktion.  Am gefälligsten erwies sich aber an der Schulterstütze der um rund 2,5  cm stufenlos in der Höhe verstellbare Schaftrücken. Der ruht auf zwei längsgeschlitzten und federbelasteten Säulen. Nach dem Lösen eines per Taster zusätzlich gesicherten Klemmhebels fahren die Säulen automatisch bis zum oberen Stopp aus dem Rahmen der Schulterstütze heraus. Nun kann man die Waffe in den Anschlag nehmen und durch leichtem Druck der Wange auf den Schaftrücken selbigen bequem in die individuell optimal passende Position bewegen, um ihn dann dort durch Hochdrücken des Klemmhebels absolut wackelfrei zu fixieren. Insgesamt ist die Schulterstütze der Cross mit die am besten durchdachte, die uns bisher untergekommen ist  –  Chapeau!


Auf dem Schießstand mit der SIG Sauer Cross Rifle 18“ in 6,5 Creedmoor

Lena Miculek mit der SIG Sauer Cross
Bei ihrer Premiere 2020 in Las Vegas zeigten Topschützen aus dem SIG Sauer-Team die Cross, darunter auch Lena Miculek.
SIG Sauer Cross Rifle 18“ mit ein  5/8x24 UNEF-Mündungsgewinde
SIG Sauer Cross Rifle 18“: Unter der kreuzgeränderten Überwurfmutter verbirgt sich ein 5/8x24 UNEF-Mündungsgewinde.

Bevor es mit unseren auf dem Schießstand gewonnen Eindrücken von der SIG Sauer Cross weitergeht, zunächst noch ein paar Worte zum Abzug der Büchse: Nach etwa zwei  Millimeter glattem Vorzugsweg spürt der Abzugsfinger einen klar definierten Druckpunkt, schleppt sich von da an gefühlt noch etwa einen halben Millimeter weiter, bevor der Abzug im Schnitt bei rund 980  g bricht und dann noch 1,5  mm durchläuft. Da das ganze Prozedere aber ruckelfrei vonstattengeht, fällt das beim Schießen kaum auf und schlägt sich beim Durchschnittsschützen wohl auch weniger in der Präzision nieder, obwohl es hier sicher bessere Matchabzüge gibt. 

Um zu Prüfen wie es um die Präzision der vorliegenden der SIG Sauer Cross Rifle 18" in 6,5  Creedmoor steht, machten wir uns einmal mehr auf den Weg ins Schiess-Sportzentrum Westerwald. Der dortige 100-Meter-Indoor-Schießstand bietet ideale Test- und Einschießbedingungen. Auf der Schießbahn schlug sich die Cross redlich und brachte sowohl mit wie ohne den Schalldämpfer des Typs A-TEC Hertz  2 sehr ordentliche Gruppen zustande. Den besten Streukreis von 22  mm legte die Büchse mit der 140 grs Match von Winchester hin. Als beste Jagdpatrone im Test erwies sich die 93 grs Evo Green von RWS mit einem Streukreis von 25 mm. Dabei half ein per EAW-Blockmontage auf die Pica  Rail montiertes Zielfernrohr des Typs N6  5-30x56 inception von Noblex. Der Vollständigkeit halber sei hier noch angemerkt, dass das hier abgebildete Zeiss-Glas beim Schießstandtermin aus organisatorischen Gründen nicht zur Verfügung stand. Während die Präzision mit oder ohne den Schalldämpfer in etwa gleich blieb, sorgte dieser bei allen Laborierungen für eine tiefere Treffpunktlage. Während der mittlere Treffpunkt beim 129 grs schweren Hornady  SST und dem Winchesters 140 grs Geschoss auf der 100-m-Bahn um rund einen Zentimeter nach unten rutschte, lag er bei den 93 grs Projektilen der EVO  Green von RWS gleich 4o  mm tiefer. Nach einer sehr kurzen Einlaufphase verrichtete die Cross anstandslos und  störungsfrei ihren Dienst. Lediglich bei den ersten zwei Magazinladungen akzeptierte die Waffe nur ein mit jeweils vier statt der möglichen fünf Patronen geladenes Magazin. Ab der dritten Füllung ließ sich das PMAG  5 dann auch bei verriegeltem Verschluss und allen Patronensorten mit voller Kapazität nutzen. Was sich im gesamten Testverlauf leider nicht änderte, war der zu hohe Kraftaufwand, den der Magazinlöser abverlangte.

Technische Daten und Preis der SIG Sauer Cross Rifle 18“ 

Modell:SIG Sauer Cross Rifle 18"
Preis:2679,- Euro
Kaliber:
6,5 Creedmoor
Kapazität:
5 + 1 Patronen
Länge:
925 bis 975 mm
Lauflänge:
45,7 cm (18“)
Dralllänge:

203 mm (Drall 1:8“), 6 Züge rechts

Abzugsgewicht:
965 Gramm
Gewicht:
3208 Gramm
Links-/Rechts-Ausführung:
Rechtssystem mit Universalschaft
Ausstattung: Verstellbarer Klappschaft, 2-Stage-Matchabzug, einteiliges Systemgehäuse, Picatinny-Schiene, 5/8x24 UNEF-Mündungsgewinde

Unser Testfazit zur SIG Sauer Cross Rifle 18“ in 6,5 Creedmoor

Die SIG  Sauer-Büchse erfüllt die Anforderungen an eine Kombiwaffe für die Jagd und den Schießstand voll. Wer auf der Range richtig punkten will, sollte dennoch zu einem reinrassigen Gewehr für den sportlichen Bereich greifen.

 Das hat uns gut gefallen: Das fanden wir weniger gut:

- ausgeklappter Schaft wackelt nicht

- Einstelloptionen der Schulterstütze

- weicher Schlossgang

- zu laxe Arretierung der angeklappten Schulterstütze

- schwergängiger Magazinauslöser

Diesen Artikel gibt es auch in dieser Sprache: