Test: Savage 110 Elite Precision in 6,5 Creedmoor. Wie schlägt sich die Repetierbüchse für Long-Range-Schützen?

Die US-Waffenschmiede Savage Arms, im Jahre 1894 im Bundesstaat New York von dem aus Jamaika stammenden Arthur William Savage gegründet, residiert heute in Neuengland im Städtchen Westfield (Massachusetts). Ursprünglich vor allem für den Unterhebler Savage 99 berühmt, fertigt das Werk heute vielerlei Arten von Büchsen, neuerdings auch Flinten sowie Polymer-Pistolen

Bei uns kennen die meisten Schützen und Jäger Savage wahrscheinlich durch die Baureihe 110, einen Zylinderverschlussrepetierer, der ursprünglich anno 1958 lanciert wurde. Zu den Neuheiten unter den 110ern zählt die Elite Precision. Aktuell offeriert der US-Hersteller diese Variante in sieben modernen Long-Range-Kalibern, von der kleinen .223 Remington bis zur mächtigen .338 Lapua Magnum.

Savage 110 Elite Precision: Repetierer mit Aluminum-Chassis

Der lange 661-Millimeter-Lauf der Elite Precision von Savage zehrt natürlich einiges an Gasdruck an der Mündung auf, aber die Mündungsbremse mit zwei Kammern hilft trotzdem.

Savage bedient sich eines Schaftsystems des kanadischen Chassis-Spezialisten Modular Driven Technologies (MDT). Es besteht aus der Aluminum-Knetlegierung 6061-T6. Diesem Aluminium-Typ werden hier zur Verbesserung bestimmter Eigenschaften geringe Mengen an Magnesium, Silizium und Kupfer zulegiert. Besagter Werkstoff weist eine gute Zähigkeit auf, was bei impulsartig belasteten Teilen wie einem Schaft von Vorteil ist. Weiter zeigt das Material eine gute Korrosionsbeständigkeit. 

Der Schaft wird aus einer massiven Platte auf einem CNC-Zentrum gefräst, wird danach sandgestrahlt und erhält eine Cerakote-Beschichtung. Bei der 110 Elite Precision verbaut die Firma Savage das ACC-Chassis von MDT. Da hier die Schulterstütze stark skelettiert ist, denkt man im ersten Moment an eine Gewichtsersparnis. Schaut man sich aber an, wofür ACC steht, ist genau das Gegenteil der Fall. 

ACC heißt "Adjustable Core Competition" und wurde eigens für die in den USA stark anwachsende Gemeinde der Precision Rifle Series-Wettbewerbe (PRS) entwickelt. Bei PRS geht‘s unter Zeitdruck auf kleine Ziele bei bekannten und unbekannten Distanzen zwischen 10 und 1.200 Meter. Das ACC-Chassis ohne System und Lauf wiegt 2.040 Gramm und hat viele Aufnahmen für Zusatzgewichte am Handschutz. Voll aufgerüstet ließe sich das Chassis so bis auf 6.123 Gramm beschweren. 

Das Zusatzgewicht soll zwei Funktionen erfüllen: Im Schuss wandert eine schwere Waffe weniger stark aus dem Haltepunkt heraus, was zu einer besseren Zielbeobachtung direkt nach dem Schuss durch den Schützen selbst und bei schnellen Schussserien zu kürzerer Zielerfassungszeit führt. Zudem lässt sich durch individuelles Anbringen der Zusatzgewichte an diversen Positionen der Waffenschwerpunkt verändern: Immer dann sinnvoll, wenn an oder von Barrieren geschossen wird oder mit angestrichener Waffe. Ein für die jeweilige Schießposition angepasster Schwerpunkt des Gewehrs erlaubt ein schnelleres Zielerfassen und ein insgesamt besseres Waffen-Handling.

Das Chassis stammt von dem kanadischen Spezialisten MDT. Lauf und Systemgehäuse der Elite Precision fertigt Savage aus Edelstahl.

So ist die Savage-Büchse 110 Elite Precision aufgebaut

Vorn die eigentlichen Verriegelungswarzen der Savage 110 Elite Precision, dahinter der Front Baffle.

Der Grundkörper des ACC-Chassis besteht aus der Schulterstütze. Die ist über eine Schnittstelle mit der vorderen Baugruppe verbunden, welche Systembettung, Magazinschacht und Handschutz vereint. Der Hinterschaft ist voll verstellbar: Die Schaftkappe lässt sich um 106 Millimeter stufenlos in der Höhe justieren. Die Führung der Kappe übernimmt dabei eine Trapezschiene, massiv in Stahl ausgeführt. Damit soll zusätzliches Gewicht an der Schulterstütze positioniert werden – die Dichte von Stahl ist knapp dreimal so hoch wie die von Aluminum. Zusätzlich lässt sich die Schaftlänge stufenlos um 31 Millimeter verstellen. 34 Millimeter beträgt der ebenfalls stufenlose Höhenstellweg der Schaftbacke

Zum Verstellen des Schaftrückens und der Schaftlänge muss man zunächst jeweils zwei Klemmschrauben aus Messing lösen. Die eigentliche Verstellung wird dann über eine gerändelte Mutter und eine Gewindespindel angesteuert. Rechts und links dieser Spindel befindet sich jeweils eine Führungsstange, dadurch fällt die Führung der beweglichen Schaftelemente sehr stabil aus. Ist die jeweilige Einstellposition erreicht, werden die beiden Klemmschrauben, die radial auf die Führungsstangen drücken, wieder angezogen. 

Den Verschlusszylinder der Savage 110 Elite Precision schützt eine goldfarbene Titannitrid-Beschichtung. Der Magazinschacht ist vorn in Form einer Handhabe gearbeitet.

Es empfiehlt sich, die gerändelte Verstellmutter leicht gegen den Klemmwiderstand der beiden Klemmschrauben anzuziehen, damit sie nicht klappern kann. Der Pistolengriff steht beim ACC Chassis im rechten Winkel zur Laufachse. Die Griffschale kann jedoch nach dem Lösen von sechs Schrauben in einem kleinen Winkelbereich nach vorn oder nach hinten gekippt und außerdem um bis zu 8 Millimeter auch axial verschoben werden. So ist eine individuelle Anpassung an die Schützenhand gegeben.

Vorne am Magazinschacht der Savage 110 Elite Precision findet sich eine in der Fachwelt als "Barrier Stop" bekannte Verlängerung, damit sich zwischen dem Schacht und dem Handschutz ein deutlicher Absatz bildet. Letztgenannter dient als Anschlaghilfe, etwa beim Stehendanschlag an Barrieren. Beim ACC-Chassis weist der Barrier Stop eine profilierte Oberfläche auf und ist zudem sehr massiv. Vorn schließt das Chassis der Repetierbüchse mit einem 460 Millimeter langen Handschutz ab, dieser ist auf den Positionen drei, sechs und neun Uhr mit je zehn Schnittstellen im M-Lok-Design ausgestattet. Daran lassen sich die eingangs erwähnten, äußeren Zusatzgewichte montieren oder jedes andere erdenkliche Zubehör. Die Zusatzgewichte können hier aber auch im Inneren des Handschutzes befestigt werden. Zusätzlich ist über die gesamte Länge des Vorderschaftes eine Arca-Schiene für Zubehör montiert.

Lauf und System der Savage 110 Elite Precision in 6,5 Creedmoor 

Der Schieber hinter dem Kammergriff fungiert als Zwei-Stellungs-Sicherung. Rechts direkt vor dem Kammergriff findet sich die Verschlusssperre der Savage 110 Elite Precision.

Das Edelstahlrohr zeigt sich glasperlengestrahlt, also mit fein mattierter Oberfläche. Mündungsseitig findet sich ein Feingewinde (5/8" x 24), hier bestückt mit einem Zwei-Kammer-Feuerdämpfer. Wegen der 661-Millimeter-Lauflänge ist der Gasdruck an der Laufmündung der Büchse aber schon sehr niedrig. Der dem Rückstoß entgegenwirkende Gasimpuls auf die Prallflächen des Mündungsfeuerdämpfers fällt somit geringer aus, als es bei kürzeren Läufen üblicherweise der Fall ist. 

Direkt hinter dem Gewinde misst der Durchmesser des Laufs 22 Millimeter, direkt vor dem System wächst das Maß auf 28,3 Millimeter an. Der ACC-Handschutz der Elite Precision könnte alternativ auch Läufe mit einem Durchmesser von bis zu 34,3 Millimeter aufnehmen. Die Rotation des Geschosses übernehmen sechs Felder mit Rechtsdrall. Nach acht Zoll (203 Millimeter) Weg dreht sich das Projektil einmal um seine Längsachse.

Der Mündungsfeuerdämpfer auf dem zölligen 5/8"x24-Gewinde gehört bei der Savage 110 Elite Precision mit zur Werksausstattung.

Außer dem Lauf besteht auch die Systemhülse der Savage 110 Elite Precision aus Edelstahl. Ihre Oberfläche ist zwecks Verschleißfestigkeit nitriert. Vier Schrauben verbinden die 170 Millimeter lange Toprail nach MilStd 1913 mit der Oberseite des Systems. Die Vorneigung dieser Picatinny-Schiene beträgt 20 Winkelminuten (Minutes of Angle, MOA). Hinten am System der Repetierbüchse sitzt eine Zwei-Stellungs-Sicherung, die im gesicherten Zustand den Abzug blockiert. Bei der Abzugsgruppe handelt es sich um den AccuTrigger von Savage. Dieser Direktabzug lässt sich auf Auslösewerte zwischen 680 und 1.814 Gramm einstellen. Etwas, das der Besitzer selber justieren kann – allerdings geht das erst nach dem Ausschäften.

Das Abzugsgewicht des AccuTrigger der Savage 110 Elite Precision lässt sich zwischen rund 700 und 1.800 Gramm einstellen.

Mittels eines Stiftes aus dem mitgelieferten Zubehör der Büchse wird die Abzugssperrfeder dann entsprechend ge- oder entspannt, ein Drehen gegen den Uhrzeigersinn senkt den Abzugswiderstand. Der AccuTrigger der Savage ist zusätzlich mit der in das Züngel integrierten Sicherheitseinrichtung namens AccuRelease ausgestattet, die auf den Abzugsstollen wirkt. Nur wenn der Accu-Release und das Abzugszüngel gleichzeitig durchgezogen werden, lässt sich der Schuss auslösen. Dies soll bei niedrig eingestelltem Abzugswiderstand ein ungewolltes Feuern bei Umfallen oder hartem Aufsetzen der Waffe verhindern.

Der skelettierte Hinterschaft des ACC-Chassis lässt sich bei der Savage 110 Elite Precision über die Schaftkappe und den Schaftrücken mehrfach verstellen.

Die gelbe Farbe des Verschlusszylinders verweist darauf, dass es hier eine Titannitrid-Beschichtung gibt. Diese sehr dünne Schicht ist extrem hart und somit verschleißfest. Weiterhin bietet sie sehr gute Gleiteigenschaften und ist äußerst beständig gegenüber Chemikalien. Die Verriegelung im System der Savage 110 Elite Precision erfolgt über zwei Warzen. Hinter dem eigentlichen, für die Verriegelung zuständigen Warzenpaar finden sich noch zwei weitere Warzen, letztere sind jedoch frei drehbar. Dabei handelt es sich um den sogenannten "Front Baffle". 

Dieses Element soll die Freiflächen zwischen den systemseitigen Verschlusswarzen abdecken. Beim Verriegeln drehen sich die beiden eigentlichen Verschlusswarzen ins System der Büchse hinein. Der Front Baffle rotiert dabei aber nicht mit und verdeckt somit den Warzenzwischenraum, erfüllt folgerichtig eine sicherheitsrelevante Aufgabe, da er im Fall eines Hülsenreißers oder eines Zündhütchen-Durchbläsers den Schützen von den frei werdenden Pulvergasen abschirmt. 

Zwei Schrauben verbinden das Verschlussgehäuse und das Chassis der Büchse. Die Systembettung übernimmt eine im Chassis eingebrachte Bettungsmasse. Ein systemseitiger Rückstoßstollen überträgt den Rückstoßimpuls auf den Schaft der Repetierbüchse. Das Zehn-Schuss-Stahlblechmagazin der Waffe fällt auf Knopfdruck glatt aus dem Magazinschacht hinaus ins Freie und entspricht somit militärischen Vorgaben.

Das zehnschüssige Blechmagazin der Savage 110 Elite Precision folgt dem international für Repetierer gängigen AICS-Standard.

Test auf dem Schießstand: die Long-Range-Büchse Savage 110 Elite Precision in 6,5 Creedmoor in der Praxis

Das luftige Design der Savage 110 Elite Precision täuscht: Trotz der Bauweise und dem Mix von Alu mit etwas Stahl ist der Sporthinterschaft von ACC nicht leicht.

Wenn in den Geschäften der USA derzeit etwas so richtig Erfolge feiert, dann handelt es sich um den Verkauf von Munition. Folglich sind fabrikgefertigte Patronen anderswo knapp. Daher fertigten unsere Tester für die Erprobung dieser Büchse des Kalibers 6,5 Creedmoor verschiedene Handlaborierungen mit Match- und Jagdgeschossen an. Laboriert wurden dazu Patronenhülsen von Lapua mit Small-Rifle-Zündglocke und einem 1,5-Millimeter-Zündkanal. Die große Geschossgewichtsspanne von 93 bis 153 Grains erforderte unterschiedlich schnell abbrennende Treibladungspulver, so dass hier fünf Sorten benutzt wurden, drei von Reload Swiss und zwei von Vihtavuori. Geladen wurde auf einer Präzipress mit Matrizen von Redding.

Die Savage 110 Elite Precision im Einsatz: Das Zielfernrohr stammt von ZCO, die Montage mit variabler Vorneigung von EraTac, das Zweibein One Evo FTR von Tier-One.

Als Optik diente für den Test der Savage 110 Elite Precision ein Zielfernrohr-Modell 527 von Zero Compromise Optics (ZCO) mit dem Absehen Target 1, das Glas saß auf einer EraTac-Blockmontage mit verstellbarer Vorneigung. Beim Ausprobieren auf der 100-Meter-Bahn erwies sich die Savage 110 Elite Precision als sehr präzise. Sieben der im Test benutzten acht fabrikgefertigten Match-Laborierungen lieferten Fünf-Schuss-Streukreise unter 0,75 MOA (Winkelminuten), zwei Munitionssorten blieben mit Schussgruppen von jeweils 14 Millimetern sogar unter einer halben Winkelminute. Nur die Match-Ladung von Winchester harmonierte mit der leider Testwaffe nicht.

Auch bei den Handlaborierungen zeigte die Savage Elite Precision ihr Präzisionspotenzial: Der mit 13 Millimeter beste Streukreis gelang dem KJG-SR-Kupfergeschoss mit Führungsbändern von Sax Munition. Insgesamt gab es auf dem Schießstand nichts zu kritisieren. Die Büchse funktionierte reibungslos, alle Schafteinstellungen blieben in Position.

Technische Daten und Preis der Savage 110 Elite Precision Repetierbüchse für Sportschützen

Modell:Savage 110 Elite Precision
Preis:
2.549,- Euro
Kaliber der Testwaffe:
6,5 Creedmoor (viele weitere verfügbar)
Kapazität:
10 + 1 Patronen
Länge:
1.213 mm
Lauflänge:
661 mm Stoßboden bis Mündung
Dralllänge:
203 mm (1:8"), 6 Züge, Rechtsdrall
Abzugsgewicht:
1.095 g / 10,7 N Direktabzug
Gewicht:
5.901 g
Links-/Rechtsausführung:Kammerstängel nein, Bedienelemente ja
Ausstattung:
MDT ACC Aluminium-Chassis, Schaftlänge, Schaftkappe und Schaftbacke verstellbar, Zwei-Warzen-Zylinderverschluss, Zwei-Stellungs-Sicherung, Toprail mit 20 MOA Vorneigung, justierbarer Direktabzug, Edelstahllauf, Mündungsgewinde 5/8"x24, Zwei-Kammer-Mündungsbremse.

Unser Fazit zum Savage 110 Elite Precision Long-Range-Repetierer

Das Savage Modell 110 Elite Precision bietet eine Top-Präzision und auch die sehr gute und saubere Verarbeitung aller Metallteile überzeugte. Der Hinterschaft lässt in Sachen individueller Einstellungen keine Wünsche offen und durch das Anbringen von Zusatzgewichten lässt sich das Waffen-Handling noch optimieren. Für 2.549,- Euro erhält man eine äußerst präzise Waffe mit vielen Verstellmöglichkeiten und somit einen erstklassigen Einstieg in das Long-Range-Segment.

 Das hat uns gut gefallen:

 Das fanden wir weniger gut:

- umfassende Schafteinstellungen
- sehr gute Präzision
- gutes Preis-/Leistungsverhältnis
- Chassis-Oberfläche etwas rauh 
(auch wenn das Geschmackssache ist)

Text: Christopher Hocke, Hamza Malalla und Matthias S. Recktenwald

Weitere Informationen zur Repetierbüchse gibt es auf der Seite des Herstellers sowie auf der Homepage des deutschen Importeurs.

Dieser Artikel erschien zuerst in der VISIER, Ausgabe 02/2022. Das Heft kann über den VS Medien-Onlineshop erworben werden. Es ist außerdem in einer digitalen Version verfügbar. In beiden Ausgaben finden Sie auch Tabellen mit den Schießergebnissen der Long-Range-Büchse im Detail.

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