Nicht nur wegen des Oktoberfests, das außer in München inzwischen auch in anderen Städten stattfindet, gilt der Herbst als klassische Kirmeszeit. Schießbuden gehören natürlich mit dazu, und neben dem bereits vorgestellten "Oktoberfestgewehr" von Diana gab es von diesem Rundkugel-Repetierer über all die Jahrzehnte stets auch eine Luxusausführung, das sich vor allem durch das linksseitig durch ein Schaftfenster ablesbare Zählwerk unterschied. Dieses Diana 30 kam erstmals vor genau 50 Jahren, also 1972, auf den Markt und war sozusagen der Porsche bei den Schießbuden, die ansonsten mit betagten Haenel- und Anschütz-Repetierern bestückt waren, erstere oft noch aus DDR-Produktion.
Das 1972er Diana 30 wurde bis zum Jahr 2000 gefertigt, den Restbestand von wenigen Dutzend Modellen kaufte damals der Geschosshersteller Haendler & Natermann auf, der ohnehin die Schausteller mit den benötigten Rundkugeln belieferte und jetzt eben auch noch ein paar Jahre Gewehr-Nachschub liefern konnte. Die 72er Generation besaß noch zwei separate Zählwerke, eins rückstellbar für den aktuellen Schützen, das links davon eingesetzte Hauptzählwerk notierte die Gesamtschusszahl.
Das Diana 30 neo: aufwändig, aber unverzichtbar für Schießbuden
Wegen der aufwändigen Technik und des dadurch notwendigen hohen Preises, aber auch hausinterne Umstrukturierungen wie den Umzug von Diana von Rastatt nach Ense in NRW lohnte sich eine Neuauflage des Zählwerk-Repetierers zunächst nicht. Also brachte Diana zunächst 2018 das einfachere Oktoberfest-Modell heraus, plante aber auch schon die Neuauflage des Diana 30, erkennbar am passenden Zusatz "neo". Das zur IWA 2022 angekündigte Modell ließ bis jetzt auf sich warten, soll aber nun ab vermutlich Ende September in den Handel gehen.
Die Nachfrage ist trotz des Preises (UVP 1.299 Euro) recht hoch, denn die Hauptnutzer an den Schießbuden versprechen sie eben einen Dauerbrenner, der möglichst viele Jahre klaglos seinen Dienst an den Tonröhrchen und Klappschweinchen versehen muss. Insofern verwundert es auch nicht, dass neben dem Zählwerk (nur noch eins, dreistellig und für den aktuellen Verbrauch) auch das äußerst praktische Füllgerät wieder ins Programm genommen wurde. Das kostet etwa 100 Euro extra, sorgt aber für ein rasches Nachfüllen des Röhrenmagazins. Und man kann mit diesem Gerät, das vorn auf das Füllrohr aufgesetzt wird, das Diana 30 neo auch wieder entladen, was sonst, nur mit dem mitgelieferten Metalltrichter, eine mühevolle Angelegenheit ist. Dass die künftigen "Power-User" auch bei leichten Störungen ihre Arbeitsgewehre nicht zum Service ans Werk schicken wollen, weil das zu viel Ausfallzeit bedeuten würde, mag man daran ablesen, dass es für die Pflege- und Justierarbeiten im täglichen Betrieb (neben der eigentlichen Anleitung) auch ein eigenes Heftchen mit den wichtigsten Hinweisen gibt.
Wie funktioniert das Luftgewehr Diana 30 neo?
Muss man das den regelmäßigen Kirmesschützen noch erklären? Also: Das Nachladen beim Diana 30 neo funktioniert per Schwerkraft – die jeweils unterste/erste BB-Kugel im Magazinrohr wird beim Nachladen in den Lauf befördert; gleichzeitig wird der innenliegende Federkolben zurückgezogen und rastet hörbar ein. Beim Auslösen saust der Kolben vor, drückt blitzartig die vor ihm liegende Luft im Kolbenraum zusammen und presst dadurch das quasi als "Pfropfen im Flaschenhals" sitzende Geschoss in und durch den Lauf.
Der Abzug lässt sich übrigens mit dem beiliegenden Sechskantschlüssel SW 1,5 justieren. So lässt sich der Vorzugsweg bis zum Druckpunkt verändern, der Druckpunkt feiner oder gröber stellen und insgesamt der Abzugswiderstand verändern. Auch die Treffpunktlage (ein oft gehörter, aber selten berechtigter Kritikpunkt nach Fehlschüssen) kann verstellt werden: die Kimme lässt sich seitlich verschieben, das Korn tiefer einschrauben oder aber weiter herausschrauben. Die zweigeteilte Korrektur ist zwar gewöhnungsbedürftig, ersetzt aber eine noch teurere Kimme, die beide Korrekturrichtungen beherrschen würde.
Geübte Schützen sollten nach ein, zwei Fehlschüssen wissen, wohin “ihr” Luftgewehr trifft und Abweichungen durch seitliches Anhalten korrigieren (weil nur der Schießbuden-Chef an der Visierung herumschrauben wird). Psst, hier unser Tipp: Die Ton-Röhrchen müssen einen Hauch über oder unterhalb der Mitte getroffen werden, sonst teilen sie sich nur und fallen nicht komplett ab...
Die Vorgeschichte der verschiedenen Diana 30-Modelle
Das Dianawerk, 1892 gegründet und heute kürzer als Diana bezeichnet, hat schließlich eine über 130-jährige Firmengeschichte. Und wie Sammler es auch von den Diana-Luftgewehren 22, 23, 26, 28, 46, 50 oder 58 her kennen, gibt es zum einen nummerngleiche Modelle vor und nach den Weltkriegen, und diese zudem auch mit unterschiedlichen Konstruktionen. Vom Diana 30 gab es sogar drei voneinander abweichende Ausführungen. Das allererste 30er Modell wurde von 1913 bis 1935 als sogenannter Bügelspanner angeboten. Es funktionierte mit Hilfe eines Spannhebels, dessen Gelenk hinten unter dem Schaft saß. Das vordere, schwenkbare Ende bildete auch den Abzugsbügel. Der Federkolben im Metallsystemgehäuse (meist hatten diese Waffen noch keinen Holz-Vorderschaft) wurde mit dem geschwenkten Bügel zurückgezogen und gespannt. Man lud einzeln, jede Rundkugel (Diabolos kamen erst in den 1930er Jahren in Mode) musste in den leicht nach oben abklappenden Lauf geschoben werden. eine Länge von 106 Zentimetern bei 2,8 Kilo Gewicht, einen brünierten Achtkantlauf im Kaliber .25 (6,3 mm) und ein vernickeltes Gehäuse. Der Buchenschaft besaß sogar eine recht ausgeprägte Schaftbacke, die Kimme war verstellbar.
Die zweite Auflage des Modells 30 kam ab etwa 1935 statt des bisherigen Modells 30 — wohlgemerkt nicht einmal als deklarierte “Weiterentwicklung” oder Verbesserung. Denn dieses Dritte-Reichs-Modell 30, als “Präzisions- oder Sportmodell” angepriesen, sollte an den Mauser Karabiner 98 angelehnt sein. Da musste auch die Spannkonstruktion geändert werden. Jetzt sorgte ein geschickt im Vorderschaft verborgener und nur 15 Zentimeter kurzer Spannhebel, dessen Ende zur Mündung wies, für den nötigen Federdruck hinter dem innenliegenden Kolben. Das kleinere Kaliber 4,5 mm eignete sich besser für das neue Ladesystem: Die Diabolos wurden über eine vor der Kimme platzierte Ladewalze eingelegt und mit einem kleinen Hebel gegen den Uhrzeigersinn vor den Laufansatz geschwenkt. Der Preis von gerade 35 Mark war eher auf die militärische Ertüchtigung der Massen ausgelegt, 1940 wurde das zweite Modell 30 eingestellt. Mayer & Grammelspacher, wie Diana ursprünglich hieß, war damals schon stark in die Militärwaffenfertigung eingebunden. Heute zahlen Sammler für eine gut erhaltene 30er Militärausführung weltweit oft bis zu 700 oder 800 Euro. Die dritte Auflage war dann der Kirmesrepetierer ab 1972 (und einen Mauser K98 als Pressluftgewehr baut Diana inzwischen auch).
Man muss also neben der Modellbezeichnung stets das ungefähre Baujahr und weitere Indizien heranziehen, um ein Luftgewehr klar zu identifizieren (die ausführliche Diana-30-Story finden Sie in VISIER 11/2004, der Beitrag ist digital als PDF für nur einen Euro zu kaufen).
Technische Daten des Federdruck-Luftgewehrs DIANA 30 neo
Modell: | Diana 30 neo |
Preis: | 1.299 Euro (UVP) |
System: | Federdruck, obenliegender Spannhebel |
Lauf: | Lothar Walther Lauf |
Kaliber: |
4,4 mm (.173) BB's (nur verkupferte Bleigeschosse, keine Stahl-BB's!) |
Magazinkapazität: | 120 Schuss |
Visierung: | Kimme mit Seitenverstellung, Korn mit Höhenverstellung |
Gewicht: |
ca. 3.800 g |
Schaft: | Rechts-/Linksausführung, Hartholz im Buchen-Look |
Gesamtlänge: | 1.115 mm |
Lauflänge: |
570 mm |
Max. Geschwindigkeit |
110 m/s |
Max. Energie |
2,5 Joule |
Ausstattung: | Fülltrichter, dickerer Spannhebelknauf, Rückstellstift für Zählwerk, Füllgerät (optionales Zubehör) |
VIDEO: Premiere des DIANA 30 neo auf der Rhein-Kirmes in Düsseldorf
Hier geht's zur eigenen Diana-30-Website, dort gibt es auch die umfangreiche Anleitung und Ersatzteillisten. DIANA gehört heute zu German Sport Guns, und beide Firmen sitzen in Ense im Sauerland.
Hier brachte all4shooters.com bereits Infos zum DIANA Oktoberfestgewehr, dem einfacheren und deutlich kostengünstigeren Repetierer. Dazu gibt's auch Hinweise, wo Sie die notwendigen Tonröhrchen, Sterne, Kirmes-Blumen und natürlich die Munition bekommen.
Die Auslieferung an die Schausteller und auch an den Fachhandel hat jetzt - Mitte September 2022 - bereits begonnen.