Wie alle amerikanischen Waffen des 19. Jahrhunderts wurde auch die Sharps für militärische Zwecke entwickelt. Sie gehört zu der kleinen Familie von Büchsen mit Fallblockverschluss, für die Christian Sharps ein Pionier war. Ein erstes Patent wurde schon Mitte des Jahrhunderts eingetragen. Es wurde zunächst für Schwarzpulverpatronen mit Papier- oder Leinenhülse und separatem Primer konzipiert und verschoss 475 Grain schwere Kugeln vom Minié-Typ im Kaliber .52. Das Modell von 1859 wurde als Infanteriewaffe im Amerikanischen Bürgerkrieg bekannt, weil seine Feuerkraft höher war als die der Vorderlader. Doch seinen bis heute guten Ruf verdankt es vor allem dem 34 Zoll langen Oktogonlauf und seiner Präzision auf große Distanzen – und das, obwohl wegen der hohen Produktionskosten damals nur 11.000 Stück davon hergestellt wurden. Die kürzere Kavallerieversion wurde von den Armeen der Nord- und der Südstaaten und in den Indianerkriegen nach dem Ende des Bürgerkrieges eingesetzt.
Die Geschichte der Sharps-Büchse…
Aufgrund der Entwicklung von Metallpatronen Ende der 1860er Jahre wurden die älteren Modelle auf das Kaliber .50-70 umgestellt. Gleichzeitig hat man die Produktion der Büchsen wiederbelebt, die nun in verschiedenen Varianten hergestellt wurden. Vielleicht war es die Ankunft von einigen tausend Büchsen dieses Typs für die gegen die Preußen kämpfenden Truppen Napoleons III., die einige Büchsenmacher in Europa auf den Fallblockverschluss aufmerksam machte. Den Anfang machte der Belgier Hubert-Joseph Comblain, der 1870 in Lüttich eine – jedenfalls im Hinblick auf den Verschluss – der Sharps sehr ähnliche Büchse herstellte, die dann als M1870 Belgian Comblain bekannt wurde (1873 kam eine brasilianische und 1874 eine chilenische Version heraus). Allerdings gab es Unterschiede beim Spannen und Abfeuern, denn Comblains Modell hatte keinen Hahn. Efstathios Mylonas, Major der Artillerie, führte eine weitere Modifikation des Comblain-Gewehrs ein. Er betraute die belgische Waffenfabrik der Brüder Émile und Léon Nagant mit der Produktion. Dies führte zu einem Rechtsstreit mit der russischen Regierung. Am Ende bekam eine andere bei Schützen wohlbekannte Büchse unrechtmäßigerweise den Namen Mosin-Nagant. Aber das ist eine ganz andere Geschichte. Wie auch immer: Die Fallblockbüchse M1872 Mylonas aus der Produktion der Brüder fand nur schwache Verbreitung, und auch das nur in Griechenland.
Im gleichen Jahr erblickte eine der berühmtesten europäischen Varianten dieses Modells das Licht der Welt: die Farquharson. John Farquharson ließ sich das Patent für diese Büchse mit innenliegendem Hahn 1872 im schottischen Daldhu eintragen. 1875 wurde der berühmte Büchsenmacher George Gibbs aus Bristol daran beteiligt. Weniger als 1.000 Stück dieser Gibbs Farquharson Büchsen wurden hergestellt, die letzte davon 1910. Das Patent lief 1889 aus, und sofort boten einige englische Hersteller – darunter so klingende Namen wie Westley Richards und Jefferey – ihre eigenen Varianten dieses Modells in großen Kalibern an, die vor allem für die Großwildjagd in Afrika gedacht waren. Der berühmte englische Jäger, Naturforscher und Entdecker Frederick Courteney Selous verwendete regelmäßig eine Gibbs Farquharson im Kaliber .461 für seine Jagdsafaris auf Büffel und Elefanten. 1878 stellte Sharps die neueste Version seiner einschüssigen Fallblockbüchse vor. Sie basierte auf dem Patent des deutschen Ingenieurs Hugo Borchardt, der dafür sorgte, dass der außenliegende Hahn verschwand. Trotz der – dank der hier erstmals verwendeten Spiralfedern – für die damalige Zeit revolutionären Qualität dieser Büchse wurde sie ein kommerzieller Fehlschlag. Denn schon am Ende des Bürgerkrieges und in der Zeit danach war mit der Einführung der Büchsen mit Spencer-Magazin 1864 und der Winchester 1866 deutlich geworden, dass das Zeitalter der einschüssigen Waffen zu Ende ging. Die Sharps Rifle Manufacturing Company schloss 1881 ihre Pforten.
Die Sharps 1874 wurde die Büchse par excellence für die Büffeljagd – dank ihrer Genauigkeit und dem großen Kaliber, mit dem man die Tiere aus sicherer Distanz erlegen konnte. Dadurch sank die Gefahr, dass der Jäger selbst angegriffen wurde und die Herden zerstreuten sich nicht so schnell. Die Büchse begleitete den Untergang des Wilden Westens, mit dem sie untrennbar und auf gleichzeitig tragische und außergewöhnliche Weise verbunden war. Diese Epoche wurde zu einem Teil des kulturellen Erbes und bis vor wenigen Jahren noch in zahllosen Cowboy- und Indianer-Spielen lebendig erhalten.
Übrigens haben wir auch die Sharps-Büchsen Little Betsy, Overbaugh und Quigley von Pedersoli getestet.
Pedersolis Replika der Sharps-Büchse:
Es war sehr befriedigend, mit der Replika dieser Büchse von Pedersoli zu schießen. Ich dachte mir, dass jemand, der diese Spiele in seiner Kindheit nie gespielt hat und den historischen Hintergrund nicht kennt, nicht so richtig zu schätzen weiß, was es heißt, ein Ziel aus 300 m mit dieser Büchse zu treffen. Aber das ist nur mein persönlicher Eindruck.
Ich möchte Sie nicht mit den speziellen Details langweilen. Wer will, kann die Website von Pedersoli besuchen, da ist alles verständlich erklärt. Bei der getesteten Version handelt es sich um das Modell 1874 Sharps Competition im Kaliber .45-70 mit Malcolm-Zielfernrohr mit vierfacher Vergrößerung, einem Nachbau des von William Malcolm 1855 in Syracuse hergestellten Modells. Auch wenn ich gern mit Kimme und Korn geschossen hätte, muss ich sagen, dass das Zielfernrohr das Zielen und Schießen natürlich einfacher gemacht hat. Allerdings traten nach ein paar Schüssen Ungenauigkeiten auf, so dass es neu eingestellt werden musste.
Diese Büchse ist elegant, schön und handwerklich sauber gearbeitet. Es macht schon Spaß, sie nur in der Hand zu halten und zu betrachten. Mit ihr zu schießen – das ist ein Erlebnis, das man sich nicht entgehen lassen sollte.
Weitere Informationen zur Pedersoli Sharps Competition im Kaliber .45-70 finden Sie direkt auf der Website des Herstellers.
Pedersoli Continental Target: eine Vorderlader-Pistole für jedermann!