Wenn schon das Basismodell das aktuell erfolgreichste Kleinkaliber-Gewehr der Welt ist – was soll daran noch verbessert werden können? Eine Menge, dachten sich die Konstrukteure beim Ulmer Hersteller Carl Walther und stellten auf der letzten IWA Outdoor-Classics in Nürnberg das Walther KK500 Carbon vor. Jetzt, ein halbes Jahr später, ist es auf Anfrage lieferbar, und das Videoteam von all4shooters.com reiste in die Donaustadt und ließ sich das Konzept und die Funktion von Mike Pries im Detail erklären. Pries, selbst früher erfolgreicher Gewehrschütze, gehört zum Entwicklungsteam Sportwaffen bei Walther, das von Thomas Bretschneider geleitet wird. Im engen Kontakt mit einigen der weltbesten KK-Schützen optimierten sie ihr Erfolgsmodell KK500 und setzten hier und da noch ein Sahnehäubchen auf: viele winzige Änderungen machen sich addiert deutlich positiver bemerkbar.
Zur Erinnerung noch einmal die Grundlagen, die das KK500 zum erfolgreichsten Matchgewehr der letzten Jahre in den Kleinkaliber-Disziplinen machte – so gewann die Schweizerin Chiara Leone Olympia-Gold in Paris im Dreistellungskampf, bei den Herren wurden gar alle drei Medaillen von Schützen mit KK500-Gewehren errungen, alle in der am meisten verwendeten Ausführung mit dem hellen Aluminium-Schaft (das Carbon-Modell war im Sommer noch nicht lieferbar, zudem hätte kaum ein Top-Sportler so kurz vor Olympia noch sein Sportgerät gewechselt). Einen Testbericht des KK500 mit Alu-Schaft hat all4shooters.com bereits hier veröffentlicht.
Es handelt sich unabhängig vom Schaftmaterial (es gibt auch Schichtholz als Version "Anatomic") um ein einschüssiges Gewehr im Kaliber .22 long rifle mit einem Zylinderverschluss, dessen Kammerstängel wiederum wahlweise nach rechts oder links gestellt werden kann. Dieser Ambi-Verschluss, wie Walther ihn taufte, erlaubt auch das Zuführen der nächsten Patrone von beiden Seiten, je nachdem, was der Schütze bevorzugt. In der Anschlagsart "Stehend" wird zum Beispiel das Gewehr in den Schießpausen auf einem seitlich platzierten Stativ abgelegt. Da ist es für Rechtsschützen praktischer, mit der linken Hand von links zu laden, während die rechte Hand am Pistolengriff verbleibt, denn auch deren Platzierung sollte stets gleichmäßig bleiben. Im Liegend- und Kniendschießen wiederum ist es hilfreich, wenn die Lademulde für die Patrone möglichst dicht am Kopf platziert ist, damit der zuführende Arm keine weit ausholenden und unnötigen Bewegungen absolvieren muss, wie es früher der Fall war. Diese veränderte Verschlussposition beim KK500 wird bei Walther in Ulm als "Backtake-Verschluss" bezeichnet.
Keine Kompromisse: Das Walther KK500 wurde auf die optimale Match-Leistung im Dreistellungskampf ausgerichtet
Der gesamte Aufbau des KK500 wurde auf die Anforderungen im Dreistellungskampf hin getrimmt, bei dem (inzwischen Herren wie Damen mit dem gleichen Programm) je 20 Schuss kniend, liegend und abschließend stehend geschossen werden. Die jeweils besten acht Sportler aus der Qualifikationsrunde kommen ins entscheidende Finale. Die Umbauzeiten zwischen den einzelnen Teildisziplinen sind kurz, daher nutzen die Schützen bereits vorab korrekt eingestellte Module – so werden die für jede Anschlagsart unterschiedlich justierten Schaftkappen einfach am Hinterschaft gelöst und einfach gegen das entsprechende Gegenstück getauscht. Die Vorderschafterhöhung lässt sich mit wenigen Handgriffen entfernen, die Position der Schaftbacke je nach dem Augenabstand zum Diopter im Anschlag verändern. Dieser Aufwand ist allerdings mit Zusatzkosten, etwa für eine bis zwei Wechselschaftkappen, verbunden und wird erst dann lohnenswert, wenn der KK500-Besitzer tatsächlich an hochkarätigen nationalen und internationalen Wettkämpfen mit Finale teilnimmt, denn nur dort drängt die Zeit für den raschen Umbau.
Was ist beim Carbon-Schaft des Walther KK500 anders als bei Aluminium oder Schichtholz?
Warum nun der Aufwand mit dem mit viel Handarbeit (und dadurch hohen Kosten) hergestellten Carbonschaft? Beim Kleinkaliber-Schießen auf internationalem Top-Niveau liegen die besten Ergebnisse heute so eng zusammen und nahe des Maximums von 600 Ringen, dass im Finale zur genaueren Unterscheidung Zehntelringe gewertet werden (hier unsere Eindrücke vom olympischen Dreistellungskampf in Paris vor wenigen Monaten). Also ist es unerlässlich, während des Wettkampfes jeden einzelnen Schuss richtig "zu lesen", also anhand des Rückstoßverhaltens und des Hochspringens des Korntunnels zu beurteilen, ob alle Haltekräfte das Gewehr immer noch gleichmäßig stabilisieren oder nicht vielleicht etwas verspannt ist oder sich minimal verschoben hat. Von der Konstruktion her unvermeidlich, entsteht bei üblichen Schäften ein "Stimmgabeleffekt" zwischen dem im Schuss schwingenden Lauf und dem Schaft. Diese Vibration macht oft das Lesen des Rückstoßes schwierig; einige Schützen haben daher in der Vergangenheit versucht, durch andere Metallschaft-Konstruktionen oder auch durch das nur minimal nachgebende Schichtholz diese wichtige Rückmeldung zur möglichen Korrektur des Anschlags zu bekommen. Die Carbon-Eigenschaften erlauben es nun, trotz dünnster Wandungen einen absolut schwingungsfreien Vorderschaft zu bauen. Der passt zudem besser in die haltende Hand (die linke bei Rechtsschützen) und erlaubt das ermüdungsfreie Halten. Und Carbon spart Gewicht (80 Prozent im Vergleich etwa zu Stahl), das man dann zur besseren Ausbalancierung irgendwo anders einsetzen kann.
Der Einsatz von Carbon bei Sportwaffen ist ja beileibe nicht neu, schon die Hämmerli-Sportpistole Modell 280 nutzte 1988 ein Kohlefasergehäuse. Technisch hinkt der Vergleich natürlich, weil die Zusammensetzung des Materials damals anders war. Das Walther KK500 Carbon dürfte eher mit heutigen Formel-1-Autochassis zu vergleichen sein. Und auch die ja ebenso ausgeklügelten Aluminium- und Schichtholzschäfte aus dem gleichem Haus haben ja bereits bei zig Medaillen und Weltrekorden ihre Tauglichkeit zu Höchstleistungen bewiesen. Das Walther KK500 Carbon zeigt aber, was technologisch heute möglich ist, und es wird daher sicher auch entsprechende Bestellungen geben. Und die anderen Kleinkaliber-Schützen, die keinen fünfstelligen Eurobetrag investieren möchten oder können, haben was zu träumen, was auch sie auf's Siegertreppchen bringen könnte...
Die technischen Daten, Ausstattung und Preise des Kleinkaliber-Matchgewehrs Walther KK500 Carbon
Grundausstattung des Systems Walther KK500:
- Maße: 1160-1180/210-230/80 mm
- Gewicht: 5.750 Gramm
- Lauflänge: 690 mm (770 bis 940 mm mit Tube)
- AMBI-Action-System: Hülsenauswurf und Bedienung rechts oder links durch Umstellung des Kammergriffs
- Weit hinten und tief im Schaft liegendes BACKTAKE System – zum einfachen Nachladen aus der Schussposition
- Hinterschaft über Parallelogrammgelenk zuverlässig verschränkbar
- Punzierter 3D-Griff in drei Griffgrößen
- Unten liegende Zündung (6-Uhr-Position) für gleichmäßiges Abbrandverhalten
- Gewichtsoptimierter Schlagbolzen garantiert kürzeste Schussauslösezeit
- Neues VISIONIC-Diopter mit tiefliegenden Stellschrauben und "Kimme" zum Vor-Zielen
- Sehr kurzer und hoch ausgeschnittener Hinterschaftbereich – ideal auch für kleinere Schützen
- Minimierter Abstand zwischen Vorderschaft und Laufachse – für maximale Stabilität, besonders im Liegendanschlag
- Hakenkappe EXPERT – schneller Austausch durch manuelles Lösen einer einzigen Klemmschraube
- Backen-Feineinstellung (Winkel – Kante – Radius) und Schnellwechselfunktion
- Elektronischer Matchtrigger (30 - 130 g) mit Triggerstop, Druckpunkt oder Direktabzug sind einstellbar
- Minimaler Abstand der Fingerlage zur Laufachse
- MEC Handstop und CENTRA Visierlinienerhöhung „BLOCK CLUB” (höhen- und seiteneinstellbar)
Zusätzliche Features beim Walther KK500 CARBON
- Neu entwickelte, seitlich stufenlos einstellbare Schaftbacke aus Carbon
- Neu entwickelte Carbon-Tube in zwei Längen, mit Metall-Innenrohr, Scatt-Schiene und Barrel-Tuner
- Runde, für das Dreistellungsschießen optimierte Vorderschaftkontur
- Sprungverhalten durch den Einsatz von Carbon optimiert
- Die Preise (UVP):
Walther KK500 Carbon mit mechanischem Abzug: 9.399,- Euro
Walther KK500 Carbon mit elektronischem Abzug: 9.998,- Euro
Das Fazit von all4shooters.com: Mehr als beim Walther KK500 Carbon ist technisch (derzeit) kaum machbar
Das Walther Kleinkaliber-Matchgewehr KK500 Carbon ist die Crème de la Crème im Sportgewehrbau, sozusagen ein Technologiemuster, das zeigt, was ungeachtet der Kosten heute machbar ist. Alle wesentlichen (oder zumindest die nach heutigem Stand bekannten) Funktionen wurden optimiert – aber schließlich ist der entscheidende Faktor weiterhin der menschliche, denn es ist nach wie vor der Schütze, der manuell das Abzugszüngel drückt und vielleicht doch zu sehr wackelt und schwankt.
Weitere Informationen:
Die 10 aktuellen Versionen des Walther KK500 auf der Firmenwebsite, mit Bestellmöglichkeit