Im Jahr 2010 wurde auf Behördenanfragen hin vom Suhler Waffenbauer C.G. Haenel das Präzisionsgewehr RS8 auf den Markt gebracht. "RS" steht hierbei für Rifle System. Die Modellreihe RS8 gibt es aktuell in den drei Ausführungen Basic, Compact und Subsonic. Das RS8 Basic ist in den Kalibern 6,5 Creedmoor und .308 Winchester, jeweils mit 600 mm Lauflänge und einem 1:8“- beziehungsweise 1:12“-Drall erhältlich. Das Compact wird mit einer Lauflänge von 510 mm und 1:12“-Drall nur im Kaliber .308 Winchester angeboten. Die dritte Variante, das RS8 Subsonic, ist eine integral schallgedämpfte Repetierbüchse und mit einer Lauflänge von 387 mm und einem 1:8“-Drall speziell auf das Verschießen von Subsonic-Munition ausgelegt. Die zu Beginn eingeführte Variante des RS8 im Kaliber .300 Winchester Magnum wird inzwischen nicht mehr hergestellt. Aufgrund der erhöhten Nachfrage für das Kaliber .338 Lapua Magnum wurde auf der IWA 2011 schließlich das RS9 vorgestellt. Sowohl das RS8 als auch das RS9 unterlagen im Laufe der Zeit kontinuierlichen technischen Anpassungen, um den Bedürfnissen der behördlichen Anwender gerecht zu werden.
Die neue Repetierer Baureihe Hanel HLR stellt eine Weiterentwicklung der bewährten RS-Serie des Herstellers dar
Ganz aktuell bringt Haenel die neue HLR-Baureihe auf den Markt. Diese versteht sich als Weiterentwicklung der RS-Serie. Lauf, System und Verschluss sind jedoch identisch zu den RS-Modellen. Daher ist auch der Seriennummer der Testwaffe die Bezeichnung RS9 vorangestellt. Die hauptsächlichen Änderungen bei der HLR-Reihe fanden im Bereich des Handschutzes und der Schaftanbindung statt. Dadurch wird die Waffe leichter, ergonomischer und modularer. Präzision und Haltbarkeit sollen dabei unverändert zu den RS-Modellen auf dem gleichen hohen Niveau bleiben.
Auch bei der Haenel HLR sind unterschiedliche Ausführungen erhältlich: Die HLR Basic ist mit 600 mm Lauflänge in den Kalibern 6,5 Creedmoor (1:8“-Drall) und .308 Winchester (1:12“-Drall) sowie in .338 Lapua Magnum mit 690-mm-Lauf (1:10“-Drall) zu haben. Die mit einem Klappschaft ausgestattete „HLR Pro“ gibt es in den Kalibern .308 Winchester und .338 Lapua Magnum, Lauf- und Dralllängen entsprechen der HLR Basic. Schlussendlich gibt es sowohl bei der HLR Basic als auch der HLR Pro auch noch eine Ausführung namens "Compact" in .308 Winchester mit 510 mm Lauflänge und 1:12“-Drall. Worin genau die Unterschiede der HLR Basic und der Pro liegen und wie sie sich vom RS-Vorgängermodell unterscheiden, verraten die nächsten Zeilen.
Die Konstruktionsmerkmale der neuen Haenel HLR-Baureihe
Alle Läufe der RS- und HLR-Baureihe werden kalt gehämmert. Durch die Kaltverfestigung des Stahlgefüges beim Hämmern wird die Oberfläche des Laufinneren härter und somit verschleißfester. Beim Hämmern entsteht eine Oberfläche, die nicht nur sehr hart, sondern auch sehr glatt ist, was die Anhaftung von Geschossmantelmaterial verringert. Neben demselben Herstellungsverfahren verfügen die 22 mm starken Läufe aller Modelle über ein M18x1,5-Mündungsgewinde. Die darauf montierte Drei-Kammer-Mündungsbremse lenkt die Treibladungsgase im rechten Winkel ab. Damit ist die Reduktion des Rückstoßimpulses zwar etwas geringer als bei Bremsen mit in Schützenrichtung angestellten Prallflächen. Dafür werden aber der Mündungs-Blast und aufgewirbelter Dreck nicht in Richtung Schütze geblasen. Die Bremse weist ein M28 x 1-Feingewinde und direkt dahinter einen Anlagebund zur Aufnahme und Zentrierung eines Schalldämpfers auf. Im Vergleich zu den frühen RS-Modellen bietet Haenel aktuell weder bei der RS- noch der HLR-Linie kannelierte Läufe an. Den Korrosionsschutz bei allen Modellen dieses Repetierertyps übernimmt eine Ilaflon-Beschichtung in den Farben Sand oder Schwarz. Zur Anbindung wird die Laufwurzel mit dem System verschraubt.
Die Systemhülse der Haenel HLR 338 Basic besteht aus Werkzeugstahl und trägt wie der Lauf der Testwaffe eine sandfarbene Ilaflonierung. Die Gegenstücke der Verriegelungswarzen sind aus dem System herausgearbeitet. Auf dem System befindet sich eine 182 mm lange, integrale Picatinny-Schiene ohne Vorneigung. Am Kopf des 463 g schweren Verschlusses befinden sich 6 Verriegelungswarzen in 2 Ebenen. Der Öffnungswinkel der Kammer entspricht somit 60°. Der Auszieher sitzt in einer T-Nut-Führung und wird nicht wie üblich von einer federbelasteten Kugel arretiert, sondern von einem Federdraht, dessen Ende sich um die Verschlusskopfbasis legt. Das Auswerfen der Patronenhülsen übernehmen zwei federbelastete Ausstoßerstifte. Der demontierbare Kammergriff der Haenel HLR 338 Basic ist zweifach abgewinkelt und legt sich bei geschlossener Kammer sehr nah an den Systemträger an. Den Abschluss des Griffes bildet eine große Kunststoffkugel. Am Schlösschen ist eine Drei-Stellungs-Flügelsicherung montiert. In der vorderen Rastposition ist die HLR entsichert und feuerbereit. In der mittleren Stellung ist der Schlagbolzen blockiert, die Kammer lässt sich öffnen. Die hinterste Position sperrt Schlagbolzen und Kammer.
Der Systemträger aus einer hochfesten Aluminiumlegierung nimmt das System über sogenannte Bettungsstreifen auf. Obwohl sich die beiden Schrauben des Systems lösen lassen, kann der Anwender die beiden Teile nicht voneinander trennen. Das zweireihige Stahlblechmagazin nimmt 10 Patronen auf. Gemäß militärischen Vorgaben ist das Magazin nach Betätigen der Entriegelung frei fallend. Es hat im Magazinschacht radial etwas Spiel, sodass das es bei schnellen Seitwärtsbewegungen der Waffe etwas klappert. Die Innenlänge des Magazins erlaubt eine Patronenlänge bis zirka 96,5 mm für Handlaborierungen. Bei leer geschossenem Magazin und komplett geöffneter Kammer blockiert der Magazinzubringer den Verschluss. Der Pistolengriff verfügt über die weit verbreitete AR-Schnittstelle und lässt sich somit bei Bedarf austauschen. Beim werkseitig montierten Griff lassen sich Umfang und Größe durch Wechseleinsätze am Rücken und den Fingerrillen anpassen. Der verbaute Druckpunktabzug verdient das Prädikat "hervorragend". Der Abzug bricht am Druckpunkt definiert, seine Charakteristik ist ausgezeichnet. Der Abzugswiderstand lässt 1.019 und 2.039 g justieren.
Je nach Version gibt es zwei Handschutzlängen. An der hier beschriebenen HLR 338 Basic war die lange Ausführung mit einer Gesamtlänge von 483 Millimeter montiert. Der Querschnitt der Handguard ist oktagonal und besitzt einen Durchmesser von 49 mm. Oben befindet sich − teilungsgleich zur Systemschiene − eine weitere 496 mm lange Picatinny-Schiene. Auf den restlichen Handschutzflächen sind jeweils 10 M-Lok-Schnittstellen herausgefräst. Bei der kurzen Variante sind es nur acht M-Lok-Slots je Fläche. Ein massiver Aluminiumblock verbindet den Handschutz über fünf Schrauben mit dem Systemträger. Die Schrauben sind verklebt und sollten daher nur vom Hersteller oder von einem Büchsenmacher gelöst werden. Die Anbindung der in sechs Rastpositionen um insgesamt 75 mm ausziehbaren Teleskopschulterstütze erfolgt über eine AR-15-Schnittstelle. Der Schaftrücken kann um insgesamt 21 mm in der Höhe verstellt werden. Die Schulterstütze hat etwas Spiel auf dem Trägerrohr. Bei den HLR-Pro-Modellen verbaut Haenel den Klappschaft der RS8/9. Dieser lässt sich ebenfalls ohne Werkzeug in Länge und Höhe verstellen.
Technische Daten und Preis des Longe-Range-Präzisions-Repetierers Haenel HLR 338 Basic im Kaliber .338 Lapua Magnum
Modell: | Haenel HLR 338 Basic |
Preis: | 5.606,- Euro |
Kaliber: | .338 Lapua Magnum |
Kapazität: | 10 + 1 Patronen |
Länge: | 1.237 bis 1.313 mm |
Lauflänge: | 690 mm (Stoßboden bis Mündung) |
Dralllänge: | 254 mm (1:10" Drall), 6 Züge, Rechtsdrall |
Abzugsgewicht: | 1.383 g (13,6 N) |
Gewicht: | 6.630 g |
Links-/Rechts- Ausführung: | nur als Rechtsausführung verfügbar |
Ausstattung: Repetierbüchse mit Sechswarzenverschluss, 60°-Öffnungswinkel, 10-Schuss-Magazin, Picatinny-Top Rail, Drei-Stellungs-Schlagbolzensicherung, einstellbarer Druckpunktabzug, Teleskopschulterstütze mit höhenverstellbarer Wangenauflage, Drei-Kammer-Mündungsbremse, M-Lok-Handschutz. |
Im Test: Die Repetierbüchse Haenel HLR 338 Basic mit dem neuen Zielfernrohr ZEISS LRP S3 636-56 auf dem Schießstand:
Wegen der andauernden Munitionsknappheit nutzten die Tester neben den neun Fabriklaborierungen noch vier Handlaborierungen. Als Geschosse wurden die jeweils 250 Grains schweren MatchKing von Sierra sowie das OTM Scenar von Lapua verwendet, beides HPBT-Geschosse. Laboriert wurde mit den zweibasigen Treibladungspulvern RS 76 von Reload Swiss und N565 von Vihtavuori, stets in Norma-Hülsen. Als Optik diente das brandneue LRP S3 636-56 aus dem Hause ZEISS mit dem mrad-basierten MRi-Absehen. Das ZEISS LRP S3 636-56 ist eine ausgezeichnete Optik für das Schießen über mittlere bis extrem lange Distanzen. Es bietet einen Vergrößerungsbereich von 6-fach bis 36-fach und hat einen extrem großen Höhenverstellbereich von 32 mrad oder 110 MOA. Die ZEISS LRP S3 Zielfernrohre nutzen den bewährten ZEISS Ballistikstopp und lassen sich selbstverständlich präzise Nullen. Der manuell verriegelbare Seitenverstellturm ermöglicht ein schnelles Vornehmen von Windkorrekturen. Um auf alle erdenklichen Lichtverhältnisse reagieren zu können, verfügt das von Rot auf Grün umschaltbare Leuchtabsehen über jeweils 5 Intensitätsstufen in diesen beiden Farben. Dabei wird nur der zentrale Ausschnitt des in der 1. Bildebene positionierten Absehens illuminiert, um so einen besonders präzisen Haltepunkt zu bieten. Alternativ zum genannten MRI-Absehen ist das LRP S3 636-56 übrigens auch mit einem MOA-basierten Absehen verfügbar. Das neue ZF wird momentan (Frühjahr 2023) gerade an den Handel ausgeliefert. Die UVP beträgt 2.700.- €.
Das Zielfernohr wurde mittels einer ERATAC-Blockmontage mit verstellbarer Vorneigung zwischen 0 und 20 MIL respektive mrad auf die Top Rail der HLR Basic gesetzt. Die im Neigungswinkel verstellbare ERATAC-Block Montage aus dem Hause Recknagel haben wir hier auf all4shooters.com bereits ausführlich vorgestellt.
Die Mündungsbremse des Haenel HLR arbeitet trotz der im rechten Winkel angestellten Prallflächen effektiv und reduziert den Rückstoßimpuls deutlich. Der Verschluss läuft satt und gleichmäßig ohne Hakeln oder Ruckeln im System. Der Abzug ist hervorragend und ermöglicht eine saubere Schussabgabe. Die Verstellungen der Schulterstütze sind ausreichend und haben ihre eingestellte Position während des Tests sicher gehalten. Die Präzision der Testwaffe kann als durchweg gut bis sehr gut bezeichnet werden. So ließ sich mit der Fabrikpatrone 285 grs Hornady ELD Match ein Streukreis von etwa 15 mm auf 100 m Distanz möglich. Mit 13 mm noch etwas besser gelang der Streukreis mit einer unserer Handlaborierungen mit besagtem 250-grs-MatchKing-Geschoss, die auch auf der 300-Meter-Bahn mit einer 5er-Gruppe von 42 mm Durchmesser die Nase vorn hatte.
Dieser Testbericht ist auch in der VISIER-Ausgabe 4/2023 erschienen. Dort finden Sie noch weitere Detailinformationen zur Testwaffe, die vollständigen Ladedaten der Handlaborierungen und eine Tabelle mit den Schießergebnissen von insgesamt 13 Fabrik- und Handlaborierungen, ermmittelt auf jeweils 100 m und 300 m Distanz. Das Heft können Sie hier im VS Medien-Shop als digitale oder Print-Ausgabe beziehen.
Weitere Information zur Haenel HLR 338 Basic finden Sie hier auf dieser Produkt-Webseite von C.G. Haenel.
Auf der Produktseite des Herstellers erfahren Sie mehr über das Zielfernohr ZEISS LRP S3 636x56.
Hier erhalten Sie weitere Infos zu der ERATAC-Blockmontage mit verstellbarer Vorneigung und anderen Montagen dieses Herstellers.