Pistolenkarabiner CZ Scorpion EVO 3 S1 in 9 mm Luger im Test – was kann der Halbautomat?

Die Ahnenreihe unserer aktuellen Testwaffe reicht zurück bis Ende der 50er Jahre, als der tschechische Ingenieur Miroslav Rybář (12.03.1924-06.12.1970) eine kompakte, aufschießende Maschinenpistole mit Masseverschluss in 7,65 mm Browning ersann, die als "Samopal Vzor 61" (SA VZ.61) – Spitzname "Skorpion" – von CZ im Zeitraum von 1961 bis etwa 1979 gefertigt wurde. Die MP mit 115 mm Lauflänge und Magazinkapazität von bis zu 30 Patronen ist auch in technischer Hinsicht aufgrund des Mechanismus für die Reduzierung der Feuerkadenz sehr interessant. Die theoretische Feuerkadenz beträgt 750 Schuss in der Minute. Es folgten Kalibervarianten in 9 mm kurz, 9 mm Makarow und 9 mm Luger. In Anlehnung an diesen MP-Klassiker mit der charakteristischen, klappbaren Bügelschulterstütze und dem nach oben erfolgenden Hülsenauswurf entwickelte CZ ein modernes "Scorpion"-Nachfolgemodell in 9 mm Luger, das 2010 vom Verteidigungsministerium der Tschechischen Republik für die Streitkräfte angeschafft wurde. Es folgten weitere Militär- und Polizeieinheiten in etwa 30 Ländern, die die CZ Scorpion EVO 3 A1 als Dienstwaffe einführten.

CZ Scorpion EVO 3 A1 – die Behörden- und Militärvariante

Diese CZ Scorpion EVO 3 A1 hat mit der frühen MP kaum noch Gemeinsamkeiten, was schon die verwendeten Herstellungsverfahren und Werkstoffe deutlich machen. Denn die nostalgisch anmutende MP SA VZ.61 besitzt ein gefrästes Stahlgriffstück und ein Stahlblechgehäuse, während die aktuelle, schnittig designte "Scorpion" vorwiegend aus Polymerkunststoff besteht. Die theoretische Feuerkadenz der modernen Maschinenpistole mit Masseverschluss, 196 Millimetern Lauflänge und Magazinkapazität von bis zu 30 Patronen liegt bei 1.150 Schuss in der Minute.

CZ Scorpion EVO 3 S1: Die Zivilversion im Detail

Auf Basis dieser EVO 3 A1 existiert auch eine in erster Linie für den US-Markt konzipierten, halbautomatischen S1-Zivilausführung, die mit 16,2"/412 mm Lauflänge der Protagonist dieses Beitrages ist. Neben der hier gezeigten Ausführung mit Mündungsfeuerdämpfer gibt es auch eine um etwa 100,- Euro teurere Ausführung mit einer Schalldämpferattrappe (1889,- Euro). Aufgrund des verstärkten Einsatzes von glasfaserverstärktem Kunststoff bei der Konstruktion bringt der Pistolenkarabiner gerade einmal rund 2,9 Kilogramm auf die Waage und dieses geringe Gewicht prädestiniert ihn für dynamische Disziplinen.

Hierbei wird die Robustheit im Dauergebrauch aber keinesfalls vernachlässigt, denn das synthetische Material ist resistent gegen mechanische Belastung und äußere Umwelteinflüsse. Eine schnelle, unkomplizierte Demontage, eine klappbare und längenjustierbare Schulterstütze sowie praxisnah angeordnete, fix erreichbare Bedienelemente sind weitere Merkmale des tschechischen Karabiners. Bei einer Zerlegung für Wartungs- und Reinigungszwecke wird am Systemgehäuse lediglich ein Demontagebolzen herausgedrückt, um dann die Abzugsbügel-Magazinschacht-Einheit nach unten herausnehmen zu können. Darauf folgend, lässt sich auch der kraftschlüssig verriegelnde Masseverschluss einschließlich Schließfeder leicht entnehmen, sodass man den Verschluss und das Systemgehäuseinnere leicht reinigen kann. Das Systemgehäuse mit inneren Verschlussführungsbahnen besteht aus zwei miteinander verschraubten Hälften, was ein Beleg für die rationellen Fertigungsmethoden in der Großserienproduktion ist, die einen günstigen Anschaffungspreis erst möglich machen. Nach intensivem Schießen fiel uns auf, dass sich nur sehr wenig Pulverrückstände und Ablagerungen in der Waffe angesammelt hatten, was ein eindeutiges Zeichen dafür ist, dass der Masseverschluss sauber seine Arbeit verrichtet. Beim Blick in das Abzugsgehäuse erkennt man den federgelagerten Ausstoßer. Durch dieses Konstruktionsmerkmal muss der Verschluss in der Laufbahn des Ausstoßers nicht komplett freigefräst werden, wodurch man wiederum Fertigungszeit einspart.

Leichte Masse, harter Abzug: So arbeitet die CZ Scorpion EVO 3 S1

Mit 600 Gramm Gewicht ist der Masseverschluss der CZ Scorpion EVO 3 S1 vergleichsweise leicht und auch die Schließfeder ist nicht wirklich hart. Stellt sich also die Frage, wie der Hersteller trotzdem die giftige 9x19 unter Kontrolle gebracht hat, denn alleine mit dem Gewicht des Verschlusses und der Schließfederkraft kann es nicht funktioniert haben. Die Antwort findet man sofort, wenn man die Waffe einmal leer abschlägt und den Verschluss nach hinten zieht. Hier fällt auf, wie schwer sich die Waffe öffnen lässt, weil man gleichzeitig noch den Schlaghammer spannen muss. Die Konstrukteure benutzen also nicht nur die Verschlussmasse, um sie der 9 mm Luger entgegenzusetzen, sondern arbeiten auch mit der Kraft der Schlaghammerfeder des Abzuges. Beim Öffnen und Schließen des Systems ist die aufzuwendende Kraft also nicht identisch, weil das Schlagstück schließlich in seiner Fangraste hängen bleibt. Der Hammer bremst den Verschluss beim Rücklauf also massiv ab, der dann aber nur noch durch seine eigene Masse und die Kraft der Schließfeder wieder nach vorne geschoben wird. Somit ist durch die geringere Verschlussmasse die Bewegung der Waffe im Schuss deutlich ruhiger. Trotz des niedrigen Waffengesamtgewichts lässt sich so der Karabiner im Schuss sehr gut beherrschen. Der Nachteil besteht darin, dass das Abzugsgewicht höher ist, weil der Schlaghammer über seine originäre Arbeit hinaus eine Zusatzfunktion erfüllen muss. Das gemessene Abzugsgewicht betrug satte 4.340 Gramm. Es fühlt sich aber nicht zuletzt aufgrund des langen Weges und der breiten Abzugszunge nach subjektivem Empfinden geringer an und gerade im dynamischen Schießsport wird man mit dem Abzug ganz gut leben können.

CZ Scorpion EVO 3 S1: Details, technische Daten und Preis

Die Ausstattung des 9 mm-Pistolenkarabiners von CZ

Hinsichtlich der Handhabungseigenschaften weiß der tschechische Karabiner zu überzeugen. Die klappbare Schulterstütze aus Kunststoff kann in zwei Stufen um insgesamt etwa 50 mm in der Länge justiert werden, sodass man je nach Anschlagart und Optik eine passende Längeneinstellung finden dürfte. Der auf der linken Waffenseite angeordnete Ladehebel lässt sich im HK MP5-Stil in seiner Endposition in einer entsprechenden Aussparung einrasten. Der Verschlussfanghebel auf der linken Waffenseite ermöglicht ein schnelles Durchladen ohne manuelle Betätigung des Ladehebels. Die beidseitige Sicherung am Griffstück kann komfortabel und schnell mit dem Daumen der Schusshand linksseitig deaktiviert und somit die Waffe feuerbereit gemacht sowie mit dem Zeigefinger der Schusshand rechtsseitig wieder gesichert werden. Ebenso überzeugt in ergonomischer Hinsicht auch der Magazinauslöser, der sich als paddelförmiges Bedienelement an der Abzugsbügelfront befindet und ebenfalls beidseitig bedient werden kann. Dieser Mechanismus in Kombination mit dem Trichter am Magazinschachteingang und den Magazinen mit großem Bodenschuh ermöglicht flotte Magazinwechsel. Die lange MILSTD-1913 Picatinny-Montageschiene auf der Systemoberseite gestaltet die Anbringung von Leuchtpunktvisieren ohne und mit Vergrößerungsmodulen oder Zielfernrohren denkbar einfach. Werkseitig wird der CZ Scorpion EVO 3 S1 mit einer mechanischen Visierung ausgeliefert, die sich mit einer Diopterkimme mit drei unterschiedlich großen Lochbohrungen und Stiftkorn sowie Schutzbacken für das hintere und vordere Visierelement durchaus sehen lassen kann. Bei Nichtbedarf kann die mechanische Visierung natürlich auch komplett von der Schiene abgeschraubt werden. M-LOK-Fensterausschnitte am Handschutz ermöglichen eine unkomplizierte Anbringung von Zusatzausrüstung wie einem Zweibein. Die in das Kunststoffchassis eingesetzten, stählernen Riemenbügelösen erlauben die Verwendung eines Trageriemens.

Mit der Scorpion EVO 3 S1 auf dem Schießstand

Wie auf dem Titelbild zu erkennen, haben wir den CZ Scorpion EVO 3 S1 mit einer Holosun-Combo, bestehend aus dem holographischen Leuchtpunktvisier HS510C-Leuchtpunktvisier und dem dreifachen Vergrößerungsmodul HM3X, ausgerüstet. Mit diesem Set-Up wurden auch dynamische Drills geschossen, doch die eigentliche Präzisionsüberprüfung erfolgte mit dem Geissele-Zielfernrohr 1-6x26. Hierzu befestigten wir außerdem ein UTG-Zweibein am M-LOK-Handschutz des Karabiners, was im Zusammenspiel mit einer hinteren Sandsackauflage für einen stabilen Anschlag sorgte. Es kamen zehn Fabrikmunitionssorten mit einem Geschossgewichtsspektrum von 95 bis 158 Grains zum Einsatz. Trotz des hohen Abzugsgewichtes gelangen uns respektable Ergebnisse, was 18 Millimeter mit der GECO 115 Grains DTX-Fabrikmunition dokumentieren. Damit dürfte man im Training aber auch im Wettkampf bestehen. Während des gesamten Testverlaufs ereignete sich keine einzige Funktionsstörung.

Fazit das kann der Scorpion EVO 3 S1

Zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Artikels läuft nach unserem Kenntnisstand noch das Verfahren für den BKA-Feststellungsbescheid, sodass der CZ-Pistolenkarabiner Scorpion EVO 3 S1 noch nicht für das sportliche Schießen zugelassen ist und somit nur von Jagdscheininhabern und Waffensachverständigen erworben werden könnte. Diese gesetzliche Einschränkung dürfte aber wohl in Kürze der Vergangenheit angehören. Der leichte, handhabungsfreundliche Karabiner schießt sich trotz des Masseverschlusses weich, funktioniert stets zuverlässig und überzeugt auch in der Präzision. Somit geht der Preis von 1.799,- Euro für die hier vorgestellte Ausführung voll in Ordnung.

Text: Stefan Perey und Michael Fischer

Dieser Test erschien zuerst in der caliber Ausgabe 01/2021. Das Heft ist als Print- sowie als Digitalausgabe im VS Medien-Shop verfügbar. Dort sind auch die Schießergebnisse aller Laborierungen enthalten.

Weitere Informationen über die Scorpion EVO 3 S1 bekommen sie auf der Seite von Česká zbrojovka (CZ).