Bei der CZ 600 Trail muss man schon zweimal hingucken, bis die Erkenntnis reift, es handelt sich hier nicht um einen Halbautomaten, sondern um einen Zylinderverschluss-Repetierer im Kleid eines Sturmgewehrs. Ähnliches gibt es zwar auch von einigen anderen Herstellern, vor allem aus den Vereinigten Staaten. Da orientiert man sich bei an Selbstlader angelehnten Repetierern aber eher am ausgewachsenen AR-10-Stil. Česká zbrojovka (CZ) geht es mit der Trail eine Nummer kleiner an.
Das Chassis-Design der CZ 600 Trail in .223 Rem.
Die tschechische Waffenschmiede offeriert das kleine Kaliber .223 Remington in sämtlichen Schaftoptionen, die man von den "großen" 600ern kennt. Die Trail-Version ist aber das einzige 600er Schaftsystem, das ausschließlich auf die kleinen Sturmgewehrpatronen ausgelegt ist. Und: Im Gegensatz zu den 600er Modellen Ergo, Lux, Alpha und Range spricht der Hersteller nur bei der Trail nicht von einem Schaft, sondern von einem Chassis: Hergestellt wird es aus Glasfaser-verstärktem Kunststoff. Die 600 Trail fertigt CZ ausschließlich in den Kalibern .223 Remington und 7,62 x 39 mm. Ihren Munitionsnachschub erhält sie in 7,62 aus den für CZ proprietären 7,62er-Einsteckmagazinen des automatischen BREN 2-Gewehrs. Anders das Testexemplar in .223 Remington, hier entspricht das Magazin dem AR-15-Standard, letzteres kommt ab Werk als zehnschüssiges Exemplar vom renommierten US-Hersteller Magpul. Drei Warzen im Verschlusskopf halten den Öffnungswinkel der Kammer gering. Die rechte Verschlusswarze ist deutlich schmaler als ihre beiden Kollegen, so bleibt neben ihr im Verschlusskopf ausreichend Platz für eine vertrauenerweckend breite Auszieherkralle. Die Systemhülse wird aus Stahl gefertigt, der Verschluss verriegelt in der Laufverlängerung. Der Lauf wird über seitliche Schrauben mit dem Verschlussgehäuse verbunden. Schwierig wäre ein Laufwechsel nicht, aber aus Gründen der Sicherheit werden die Schrauben durch Sicherungslack vor einem versehentlichen Losdrehen geschützt und ein Laufwechsel muss bei der CZ 600 vom Fachmann durchgeführt werden, nicht vom Nutzer selbst.
Der Handschutz aus Leichtmetall erlaubt dem Rohr freies Schwingen und könnte konzeptionell auch von einem modernen AR-15 stammen. Aber nicht in seinem Durchmesser: Weil er innen nur ausreichend Platz für den gehämmerten Lauf mit BobOx-Beschichtung und Mediumkontur (18,5 mm Durchmesser) bieten muss, ohne Rücksicht auf die Gas-Systeme eines Halbautomaten, misst er lediglich 33 mm in der Breite und 42 mm in der Höhe. Ansonsten unterscheidet er sich nicht groß von einem typischen AR-Handschutz: Oktagonal in seinem Querschnitt, bietet er auf seiner Oberseite (12 Uhr) eine durchgehende Picatinny-Montageschiene, passend zur Pica-Rail auf dem Systemgehäuse. Davon abgesehen bietet er ringsum Montageschlitze nach dem von Magpul entwickelten M-Lok-Standard. In der Anleitung weist CZ darauf hin, dass eventuell nicht alles an M-Lok-Anbauteilen vom Fleck her passen wird: Der Handschutz ist sehr schmal, der Abstand im Inneren zum Lauf entsprechend knapp bemessen, im Zweifelsfall soll das Kürzen der Montageschrauben helfen. Schaftkappe aus Polymer mit Gummi-Schaftkappe und einer angeschraubten Wangenauflage, ebenfalls aus Polymer. Geführt wird der Schaft beiderseits des Gehäuses innerhalb von Kunststoff-Röhren, diese ein integraler Bestandteil des Polymer Chassis-Systems. Für die Entriegelung des Schaftes sorgt ein Druckknopf hinter dem Schlösschen. Vier Positionen stehen zur Wahl, neben komplett ausgezogen oder ganz eingeschoben auch zwei Zwischenstationen. Eine QD-Schnellverschlussaufnahme an der Unterseite dient zur Befestigung eines Tragegurts. Ein passendes Pendant am Handschutz fehlt, hier muss man sich auf dem Zubehörsektor für Riemenbügelösen mit M-Lok-Schnittstelle umschauen – Auswahl gibt es da ja reichlich. Prinzipiell erinnert das Schaftsystem ein wenig an die modernen PDW-Teleskopschäfte (Personal Defense Weapon) für extrakurze AR-15. Wem der Griff ergonomisch nicht so ganz zusagt, kein Problem: Die Griffrücken lassen sich auswechseln, sie stammen von der Pistole CZ P09. Oder man tauscht den gesamten Griff aus, die Schnittstelle zum Chassis entspricht der des AR-15, mehr Griffauswahl geht nicht.
Bedienung: Die CZ 600 Trail mit dem Teleskopschaft
Bei dem ausziehbaren Schaft gibt es eine Besonderheit, die ihn etwa von den bekannten Teleskopschäften im Stil des M4-Karabiners unterscheidet. Sobald man den eingeschobenen Schaft per Drucktaste entriegelt, kann man ihn komplett bis zur hintersten Position ausziehen, ohne den Knopf dabei gedrückt zu halten. Denn in beide Richtungen, also vor und zurück, verriegelt der Schaft nur ganz ausgezogen oder ganz eingeschoben. In den beiden mittleren Stellungen arretiert der Schubschaft dagegen nur gegenüber Druck von hinten, aber nicht gegen weiteres Ziehen. So kann man die 600 Trail auch in den mittleren Positionen 2 und 3 problemlos in den Schulteranschlag nehmen, ohne dass der Teleskopschaft wieder zurück ans Gehäuse geschoben wird. Wenn man aber stattdessen in den beiden Mittelstellungen einfach an dem Schaft zieht, dann wird er ganz ohne Bedienung der Verriegelungstaste komplett nach hinten in die letzte Position vier ausgezogen. Abgesehen von der unkonventionellen Schaftbedienung gewöhnt man sich sehr schnell an das Hantieren mit Magazinauslöser und Flügelsicherung. Beides funktioniert wie bei nahezu jedem modernen Sturmgewehr und sowohl die Sicherung als auch die Magazindrücker finden sich auf beiden Seiten des Chassis-Schaftes.
Im Detail: Verarbeitung und Handling der CZ 600 Trail
Zunächst einmal die Kritik, das Lob muss sich noch etwas gedulden. Der Teleskopschaft hat deutlich Spiel in seinen Führungsröhren. Das hört man bei ausgezogenem Schaft beim Schütteln der Büchse und man merkt es auch beim Einziehen in die Schulter von sanft auf fest. Im Prinzip gibt es nur zwei Wege, die Trail richtig anzubacken und dem Schaftspiel zu entgehen: Entweder ganz zart wie bei einem Präzisionsrepetierer in einem rückstoßschwachen Kaliber. Das funktioniert aber im Prinzip nur von der Benchrestauflage mit Hinterschaftunterstützung. Alternativ zieht man den Teleskopschaft extra herzhaft in die Schulter und lässt dann bis zur Schussabgabe nicht mehr locker. Dann wäre da noch der Verschluss. Er läuft funktionstechnisch problemlos, durch den großen Metallkopf kann man ihn auch sehr bequem und schnell repetieren. Aber wie auf Schienen läuft er nicht, der Verschlussgang war zumindest bei der Testwaffe leider etwas hakelig. Punkt drei: die Schlösschenabdeckung aus Kunststoff. Das findet man bei Büchsen in dieser Preisklasse häufig, aber eine Metallabdeckung würde hier rein optisch deutlich mehr hermachen, zumal es ein (wenn auch kleines) Teil der Waffe ist, das man beim Schießen oft genug im Blickfeld hat. Das war es aber auch schon mit der Meckerei.
Abgesehen von den o.g. Problemzonen tritt die CZ 600 Trail als rundum handfest und solide verarbeitete Waffe auf. In der Detailverarbeitung und den Passungen für einen Zylinderverschluss-Repetierer entspricht das der qualitativen Mittelklasse. Sehr vergnüglich: Der trocken auslösende Druckpunktabzug, der ab Werk bei der Testwaffe auf 1.200 Gramm Auslösewiderstand eingestellt war. Der Vorweg beträgt rund sechs Millimeter und ist dabei nur relativ leicht belastet, dann landet das Abzugszüngel am sauber definierten Druckpunkt. Und auch aus ergonomischer Sicht macht der Trail-Abzug richtig Laune: Bei vielen anderen Büchsen (und manchen Flinten) merkt man an den Verrenkungen des Abzugsfingers schon, dass diese oder jene Waffe (und auch ihr Abzug) ursprünglich für einen konventionell geformten Gewehrschaft entwickelt wurde und nicht für einen Pistolengriffschaft. Bei der CZ Trail war das kein Problem. Griff und Abzug passen zueinander. Sicherung und Magazinauslöser entsprechen in Funktionsweise und Anmutung modernen militärischen Standards – das funktioniert tadellos und liegt auch griffgünstig. Das vernehmliche Klicken der Rasten der Sicherungsflügel kann man bei behutsamer Bedienung fast auf Null reduzieren.
Unser Test dem Schießstand: Was kann die kompakte CZ 600 mit dem Kahles K318i in der Praxis?
Für den Test wurde die CZ 600 Trail mit einem K318i von Kahles ausgestattet, bei der passende 34-mm-Blockmontage fiel die Wahl auf eine Black Line von EAW. Das Kahles K318i 3,5-18x50i ist ein ultra kurzes Modell für Sportschützen und Long Range das bereits seit 2018 auf dem Markt ist und auch heute noch Maßstäbe setzt. Die UVP liegt bei ca. 3.600.- €.
Dann ging es mit unserer Kombi für den Spaß auf den 50-Meter-Stand und für den Ernst auf die 100-m-Bahn. Sehr positiv fielen der schlanke, handliche Handschutz, der trockene Druckpunktabzug und der große Kammerstängel auf. Die Bedienung der CZ Trail entspricht eher einem modernen BREN2-Sturmgewehr als einem konventionell designten Zylinderverschluss-Repetierer. Aber um den Handbetrieb beim Repetieren kommt man bei der CZ 600 natürlich nicht herum. Zünftig in die Schulter gezogen und zügig geschossen machte die Trail auf beide Distanzen viel Freude. Der reine Präzisionstest auf 100 Meter mit vorn und hinten aufgelegter Waffe war nicht ganz so spaßig. An der schmalen Gummischaftkappe ist nicht viel dran, um sie reproduzierbar und fest in die Wangen des Ohrensäckchens einzuklemmen. Und durch das Spiel in der Schaftbefestigung am Chassis-Rahmen ist es doch nicht ganz einfach, das rechte Maß an Druck auf den Schaft aufzubauen, um die Trefferbilder so weit wie nur möglich schrumpfen zu lassen. Den besten Fünf-Schuss-Streukreis des Tages lieferte mit 25 mm die 55-gr-Vollmantel von Lapua ab. Funktionsstörungen traten erwartungsgemäß nicht auf, die Testwaffe kam mit allen Munitionssorten problemlos zurecht und leistete sich weder bei Zuführung, Zündung oder Hülsenauswurf Aussetzer jedweder Art. Was wäre an zusätzlichen Optionen noch wünschenswert? Eine alternative Wangenauflage für Linkshänder und Schaftkappen-Spacer für großgewachsene Schützen.
CZ 600 Trail: Technische Daten und Preis
Modell: | Česká zbrojovka CZ 600 Trail |
Kaliber: | .223 Remington |
Kapazität: | 10 + 1 Patronen |
Länge: | 690 - 890 mm |
Lauflänge: | 412 mm |
Dralllänge: | 1:7“ |
Abzugsgewicht: | 1.200 g (verstellbar) |
Gewicht: | 2.800 g |
Links-/Rechts-Ausführung: | beidseitig bedienbar |
Preis: | 1.496,- Euro |
Ausstattung: Zylinderverschluss mit drei Warzen, Polymer-Chassis, Alu-Handschutz mit M-Lok-Schnittstellen, Teleskopschaft, Druckpunktabzug, AR-Magazin-kompatibel. |
Unser Test-Fazit zur CZ 600 Trail in .223 Rem.
Das Konzept der 600 Trail ist sehr interessant, durch den Teleskopschaft ist die Büchse bei Bedarf sehr kurz und dennoch leicht, trotz Lauf in Medium-Kontur. Schussleistung, Zuverlässigkeit und Bedienung gehen voll in Ordnung. Beim Verschlussgang sollte CZ noch einmal nachlegen – wäre schön, wenn das Repetieren noch etwas geschmeidiger ginge. Das Alleinstellungsmerkmal der Trail bleibt der ausziehbare Schaft. Ob man den nun als Fluch oder Segen empfindet, da hilft nur der Selbstversuch. Dafür muss man aber nicht unbedingt mit der CZ 600 Trail zum Schießstand: Zwei Minuten Hantieren mit der Büchse beim Fachhändler vor Ort werden bei der Entscheidung zu Für und Wider deutlich helfen.
Diesen Test finden Sie auch in der VISIER 5/2023. Dort ist auch die ausführliche Schießtabelle mit allen sechs Testlaborierungen enthalten. Sie können das Heft, auch als e-Paper, im VS Medien-Onlineshop erwerben.