Der Firmengründer Dr. Roland Christensen erhielt seinen Titel in Mechanik und Metallverarbeitung, sodass es nicht weiter verwundert, dass er als passionierter Jäger und Schütze auf die glorreiche Idee kam, in die Herstellung von High-Tech-Waffen einzusteigen. Dies war 1995 die Geburtsstunde der Firma Christensen Arms in St. George (heute Gunnison) im US-Bundesstaat Utah. Vom Start an war es sein Ansinnen, durch den Einsatz hochwertigsten Kohlenfaserstoffs aus Raumfahrt und Medizin besonders leichte Waffen zu bauen, ohne dabei die Präzision zu vernachlässigen. So verpasste er Gewehrläufen eine strenge Diät, indem er eine stählerne Laufseele mit Karbon ummantelte.
Schon vor 20 Jahren konnte in der caliber 5/2000 eine Remington 700 VS Composite mit Christensen Arms Karbonlauf erprobt werden. Der namhafte US-Hersteller bot dieses serienmäßige 700er-Modell mit zugekauftem Speziallauf an, weil man sich neben der Gewichtsersparnis eine schnellere Wärmeabstrahlung sowie durch die erhöhte Laufsteifigkeit auch geringere Schwingungen und damit eine stabilere Treffpunktlage/Präzision bei langen Schussserien verspricht.
Die ohnehin üppige Modellpalette des Unternehmens wurde vor zwei Jahren durch angesagte Leichtmetallchassis-Modelle der "Modern Precision Rifle" (MPR)-Baureihe ergänzt. Die blitzsauber verarbeiteten MPR-Präzisionsrepetierer besitzen klappbare Schulterstützen, Karbonmantelläufe und –handschutze und sind in typischen Kalibern von 6,5 Creedmoor bis .338 LM erhältlich.
Erst 2019 erweiterte Christensen Arms die Linie durch ein Leichtmetallchassis mit einer Hartstoff-Oberflächenbeschichtung in "Desert Brown" sowie durch MPR-Gewehre im unterhaltsgünstigen, rückstoßschwachen Kaliber .223 Remington mit Short-Action-System, 16"/406 mm- und 20"/508 mm-Lauflänge und AICS-kompatiblem Kunststoff-Kastenmagazin mit einem Fassungsvermögen von 10 Patronen. Nahezu selbstredend kommen die MPR-Modelle mit einer vielversprechenden Präzisionsgarantie.
Christensen Arms Repetierbüchsen: Sechs Serien
Christensen Arms Gewehre werden aus den USA nach einem Wechsel von Firma Helmut Hofmann aus Mellrichstadt von Heinz Henke aus Werlte importiert. Henke offeriert die sechs Christensen Arms-Gewehrserien: Mesa, Mesa Long Range, Ridgeline, ELR, Modern Precision Rifle und BA Tactical. Neben unseren Testgewehren finden wir vor allem auch die MPR-Baureihe in fünf Kalibern interessant. Mit Preisen von 3.584,- Euro bis 3.739,- Euro sind diese Aluchassis-Präzisionsgewehre im Vergleich zu bekannten Mitbewerbern gar nicht mal so kostspielig.
Doch vorerst wollen wir uns mit unseren beiden Testgewehren in Gestalt der Mesa Long Range in 6,5 Creedmoor für 2.485,- Euro und der BA Tactical in .308 Winchester für 3.980,- Euro beschäftigen. Bei einem Preisunterschied von 1.500,- Euro wollten wir dann schon mal genauer wissen, wo hier die Unterschiede zu finden sind.
Christensen Arms BA Tactical: Repetierer mit Karbonmantellauf
Der gravierendste Unterschied zwischen den beiden Testwaffen besteht darin, dass unsere Mesa Long Range in 6,5 Creedmoor mit einem konventionellen, stählernen Lauf und die BA Tactical in .308 Winchester mit einem Lauf, bestehend aus stählerner Laufseele und einem dickwandigen Mantel aus Kohlenstofffasern, ausgerüstet ist. Das macht das letztgenannte Modell zu einem Leichtgewicht, das trotz mächtiger Abmessungen nur 3,8 kg auf die Waage bringt. Das Modell Mesa Long Range wiegt bei identischer Lauflänge von 24“/610 mm mit 4,5 Kilogramm immerhin 700 Gramm mehr.
Trotz der unterschiedlichen Laufmaterialien und -technologien wird in der Herstellung der gleiche Maximalaufwand betrieben, denn bei beiden Gewehrmodellen werden die Patronenlager mit Minimaltoleranzen geschnitten und die Innenprofile der knopfgezogenen Läufe aus dem klassischen Laufstahl X12CrS13 (US-Norm: 416R Stainless Steel) noch zusätzlich von Hand geläppt. Beide freischwingenden Läufe sind mit einem Mündungsgewinde 5/8x24 UNEF und mit unterschiedlich gestalteten Mündungsbremsen ausgestattet. Durch das AR-10-Standardgewinde können bei Bedarf aber auch andere Mündungsaufsätze, die der Markt reichlich zu bieten hat, bequem und schnell montiert werden.
Die Unterschiede der beiden Gewehrmodelle gehen natürlich noch weiter. Denn während die Mesa Long Range mit einem Schaftmagazin mit Klappdeckel mit einem Fassungsvermögen für vier Patronen versehen ist, wird die BA Tactical ihrer Modellbezeichnung gerecht werdend, mit einem Kastenmagazin im AICS-Stil mit einer Kapazität für zehn Patronen gefüttert. Somit ist dieses Gewehr beispielsweise auch für Wettkämpfe nach Precision Rifle Series-Vorbild bestens geeignet (hier finden Sie unseren Wettbewerbsbericht vom 2. PRM SpeedSteel Match 2020 in Philippsburg).
Verfeinerte Remington 700-Technik bei Christensen Arms
Beide Gewehre bauen auf einem System nach Remington 700-Baumuster auf und besitzen einen Zylinderverschluss mit zwei Verriegelungswarzen, die im vorderen Systemhülsenteil verriegeln. Der Verschluss mit einem Auszieher nach M16/AR-15-Vorbild ist spiralförmig kanneliert und der Kammerstängel skelettiert, was zum attraktiven Erscheinungsbild dieser Edelgewehre beiträgt.
Auf der Systemhülse mit vergrößertem Auswurffenster wurde bei der Mesa Long Range eine Montageschiene ohne Vorneigung aufgeschraubt. Aufgrund der Remington 700-Verwandtschaft können aber auch andere Montageschienen ganz nach Belieben angebracht werden. Bei der BA Tactical hingegen ist die Montageschiene mit 20-MOA-Vorneigung ein integraler Bestandteil der Systemhülse aus 416T Stainless Steel.
Bei beiden Gewehren wird das System mit eingeschraubtem Lauf punktuell auf Säulen gebettet. Die Säulen bestehen aber nicht aus Leichtmetall, sondern aus einer 64%-Eisen-36%-Nickel-Legierung namens "Invar" (Werkstoffnummer 1.3912) mit einem sehr geringen Wärmeausdehnungskoeffizienten. So sollen bei heißgeschossener Waffe Materialveränderungen und somit Treffpunktlageveränderungen eliminiert werden. Bei der runden Systemhülse werden die Rückstoß- und Torsionskräfte nur durch das Rückstoßgegenlager übertragen. werden.
Als wir in der Werkstatt zur Demontage und genaueren Examinierung bei beiden Gewehren die Systemschrauben entfernten, fielen die Systeme nicht direkt aus dem Schaft. Sie mussten sehr vorsichtig nach oben herausgezogen werden, denn der Bereich um das Rückstoßgegenlager war absolut sauber und toleranzarm eingegossen, wodurch eine perfekte Verbindung zwischen Systemhülse und Schaft entstanden ist.
Christensen Arms Repetierer: Justierbare Kunststoffschäfte
Die Synthetikschäfte aus Karbonfaser-Verbundstoff mit schwarzem Grundton und grauem Spinnennetz, beide mit höhenverstellbaren Wangenauflagen ausgestattet, unterscheiden sich ebenfalls in ihrer Formgebung. So ist der Schaft der Mesa Long Range als jagdlicher Allroundschaft ausgelegt, während der Schaft der BA Tactical weitaus sportlicher daherkommt.
Der geradlinige Hinterschaft bietet durch die Aussparung an der Unterseite Platz für die Unterstützungshand und der breite Vorderschaft mit planer Unterseite ist ideal für das aufgelegte Schießen. Er ist direkt ab Werk mit einer Montageschiene für die Anbringung von Zusatzausrüstung (Zweibein) ausgestattet. Während die Mesa Long Range mit klassischen Riemenbügelösen versehen ist, besitzt die BA Tactical an mehreren Positionen Buchsen für Schnellwechsel-Riemenbügel (QD: Quick Detachable).
Leider standen uns keine Zwischenlagen des Herstellers zur Verfügung, um den Schaft der BA Tactical in Länge und Höhe sowie der Mesa Long Range in der Höhe besser anzupassen. Doch aufgrund der geraden Trennflächen konnten wir uns auch mit Unterlegscheiben behelfen. Wir benötigten bei beiden Schäften einige Unterlegscheiben, um ein optimales Resultat zu erreichen. Die eingesetzten Schrauben des Herstellers sind lang genug, um selbst extreme Höhen- und Längenveränderungen zu realisieren. Mit dieser Methode kann man die Gewehre sehr genau an individuelle Präferenzen anpassen.
Auf dem Schießstand mit den Christensen Arms Repetierbüchsen
Mit den mit Sightron-Zielfernrohren ausgerüsteten Christensen Arms-Gewehren zogen wir auf den 100-Meter-Schießstand, um die Präzision mit drei Fabrikmunitionssorten und vier Handladungen in 6,5 Creedmoor sowie vier Fabrik- und vier Handlaborierungen in .308 Winchester zu überprüfen. Der Hersteller gibt eine vorsichtig formulierte Präzisionsgarantie von etwa 30 Millimeter bei drei Schuss auf 100 Meter. Es war vorauszusehen, dass wir angesichts des hohen Verarbeitungsniveaus diese Garantie auch bei Fünf-Schuss-Serien unterschreiten würden. So maß das Bestschussbild der sehr angenehm zu schießenden Mesa Long Range in 6,5 mm Creedmoor gerade einmal 9 Millimeter, erzielt mit der Hornady 140 Grains BTHP American Gunner.
Mit der BA Tactical in .308 Win. gelangen uns zwei Topstreukreise von 10 Millimeter, realisiert mit der Sellier & Bellot-Fabrikmunition mit 168 Grains Sierra HPBT-Geschoss sowie unserer Handlaborierung, bestehend aus 42,0 Grains Lovex D07.6 und 167 Grains Lapua Scenar-Projektil.
Technische Daten der Christensen Arms-Gewehre
Modell: | Mesa Long Range 6,5 Creedmoor | BA Tactical .308 Win. |
System: | Zylinderverschluss mit zwei Verriegelungswarzen, die vorne in der Systemhülse verriegeln | Zylinderverschluss mit zwei Verriegelungswarzen, die vorne in der Systemhülse verriegeln |
Lauf: | 610 mm langer, freischwingender Matchlauf mit 1-8“ Drall, 5/8x24 UNEF Mündungsgewinde und Mündungsbremse | 610 mm langer, freischwingender Matchlauf mit stählerner Laufseele und Karbonmantel, 1-10“ Drall, 5/8x24 UNEF Mündungsgewinde und Mündungsbremse |
Schaft: | Karbonfaser-Verbundmaterial, mit Distanzstücken in der Höhe justierbare Wangenauflage, Riemenbügelösen für Gewehrriemen | Karbonfaser-Verbundmaterial, mit Distanzstücken in der Höhe justierbare Wangenauflage und Hinterschaftlänge, Montageschiene an Vorderschaft-Unterseite, QD-Buchsen für Gewehrriemen |
Magazin: | Schaftmagazin mit Kapazität für 4 Patronen | AICS-kompatibles Kastenmagazin mit Kapazität für 10 Patronen |
Abzug: | Triggertech-Matchabzug, eingestellt auf 1.380 Gramm | Triggertech-Matchabzug, eingestellt auf 1.360 Gramm |
Sicherung: | 2 Stufensicherung auf dem Kolbenhals die direkt auf den Abzug wirkt. | 2 Stufensicherung auf dem Kolbenhals die direkt auf den Abzug wirkt. |
Länge: | 118 Zentimeter | 115 Zentimeter |
Gewicht: | 4,5 Kilogramm | 3,8 Kilogramm |
Preis: | 2.485,- Euro | 3.980,- Euro |
Fazit: Christensen Arms Mesa Long Range in 6,5 Creedmoor und BA Tactical in .308 Winchester
Christensen Arms offeriert ein sehr breites Portfolio an unterschiedlichen Repetiergewehren, deren gemeinsame Nenner hohe Verarbeitungsqualität, Topausstattung sowie hervorragende Funktion und Präzision sind. Ob man sich dabei für ein Gewehr in Leichtbauweise mit Karbonmantellauf oder für eine klassischere Alternative mit konventionellem Stahllauf entscheidet, ist eine Frage der persönlichen Präferenzen. Angesichts der Leistungsfähigkeit geben die Preise von 2.485,- Euro für die Mesa Long Range respektive 3.980,- Euro für die BA Tactical unserer Meinung nach in Ordnung.
Weitere Informationen zu den Long-Range-Repetierern finden Sie auf der Herstellerseite www.christensenarms.com.
Dieser Test erschien zuerst in der caliber 2/2020. Das Heft kann im VS Medien-Onlineshop erworben werden. Es ist auch als e-Paper verfügbar. In beiden Ausgaben finden Sie auch Tabellen mit den Schießergebnissen der beiden Long-Range-Büchsen im Detail.