Großer Vergleich von Abzügen für das AR-System: Geissele, Hiperfire, JP Enterprise, MAK, Timney und Triggertec – was können die "Zauberzungen"?

Heutzutage erschlägt einen fast das kaum noch zu durchschauende Angebot an AR-Matchabzügen. Der Markt ist breit aufgestellt mit Direkt- und Druckpunktabzügen (Single-Stage- und Two-Stage-Triggers) oder speziellen Abzugseinheiten für die immer populärer werdenden 9x19-Pistolenkarabiner auf AR-Basis (PCC; Pistol Caliber Carbines) in unterschiedlichsten Ausführungen. Viele Hersteller – wie beispielsweise JP Enterprises, MAK, Timney oder Triggertech – offerieren besonders einfach zu wechselnde "Drop In"-Abzüge, also in einem Gehäuse gekapselte Abzugseinheiten, die teilweise beim aufgeklappten AR auch von außen justierbar sind. Andere Tuningabzüge, wie beispielsweise von Geissele oder Hiperfire, werden in Einzelkomponenten ausgeliefert – hier erfordert der Einbau schon mehr Geschick. Alle Matchabzüge reduzieren das Abzugsgewicht signifikant, und aufgrund der deutlich besseren Abzugscharakteristik wird die Produktion kleiner Streukreise erleichtert. Die Matchabzüge weisen meist eine geringere Schlagkraft auf, was teilweise vor allem in Kleinkaliber-Systemen zu Funktionsproblemen führen kann. Wir haben das für Sie getestet.

Tuning des Abzugs beim AR: Abzugsgewicht und Charakteristik

Der wohl preisgünstigste Einstieg in das Abzugstuning ist die Anschaffung und Installation eines "AR-15 Reduced Power Spring Kit"-Federsatzes für 25,90 Euro des US-Spezialisten JP Enterprises, der auch exzellente Komplettwaffen und viele weitere Tuningteile herstellt. Der Satz reduziert das Abzugsgewicht eines Standardabzuges signifikant auf etwa 1.600 Gramm. Zusätzlich kann man zur Verbesserung der Charakteristik die Klinken noch etwas polieren. Wir haben aber die Erfahrungen gemacht, dass diese Maßnahme nicht die erforderliche Dauerhaltbarkeit aufweist, weil die Abzugsteile nicht hart genug sind. Ein vernünftiger Tuningabzug reißt zwar ein vergleichsweise größeres Loch in den Geldbeutel, ist aber sehr gut investiertes Geld. 

Vor allem bei den "Drop In"-Abzügen ist zudem der Einbau von sogenannten "Anti Walk"-Bolzen empfehlenswert. Die originalen, nicht zusätzlich gesicherten Fixierpins der Abzugseinheit können im Dauergebrauch aus dem Griffstück rauswandern, was zu Funktionsstörungen führen kann. So etwas ereignet sich nach Murphys Gesetz natürlich im Wettkampf. Die "Anti Walk"-Bolzen von Firmen wie J.P. Enterprises oder CMC werden meistens geschraubt und behalten ihre Position dauerhaft bei. Der Hersteller Strike Industries bietet eine Variante an, bei der die Bolzen mit Halteblechen gesichert werden (Preis um die 24,- Euro). Doch nach unserem Gusto war hier das Bolzenspiel zu groß, sodass bei der Abzugsbetätigung die komplette Abzugseinheit minimales, spürbares Spiel aufwies. Das hat und nicht überzeugt.

Direktabzug versus Druckpunktabzug – das sind die Unterschiede bei Abzügen für das AR-15

Der Direktabzug steht trocken ohne Vorweg mit dem ganzen Gewicht an. Diese Abzugsart ist unserer Meinung nach die erste Wahl für dynamische Disziplinen, in denen schnelle, präzise Schussfolgen gefragt sind. Wer statische Präzisionsdisziplinen abdeckt, kann sich auch mal mit den Druckpunktabzügen beschäftigen. Bei dieser Abzugsart wird in der ersten Stufe auf ein paar Millimeter Vorweg ein Teil des Abzugsgewichts bereits aufgebraucht, um dann in der zweiten Stufe den Rest des Abzugsgewichtes bis zur Auslösung zu überwinden. Am Ende ein Frage des Einsatzes und der persönlichen Vorlieben.

Timney Competition,  Impact & PCC Trigger (Vertrieb Ferkinghoff International)

Der US-Pionier im Bereich von Matchabzügen für unterschiedliche Waffensysteme führt zehn verschiedene Modelle für AR-10/AR-15 im Programm. Berücksichtigt man alle Varianten sind es sogar fünfzehn Abzüge. Bei allen handelt es sich um Drop-In-Konstruktionen als Direkt- oder Druckpunktabzug und bis auf das Modell DH3 sind sie nicht einstellbar. Die Abzugszungen gibt es wahlweise in gebogener oder gerader Form und das Modell Calvin Elite besitzt einen vollverstellbaren Abzugsschuh. Wir haben uns intensiv mit den drei Direktabzügen AR-15 Curved, Impact und 681 beschäftigt, wobei letzterer Abzug für PCC konzipiert ist. Bis auf den Impact-Abzug, der im KK-System nicht funktionierte, gab es ansonsten in allen Testwaffen keine Funktionsprobleme. Bei dem günstigen Timney Impact Trigger ist die relativ schmale, kantige Abzugszunge aufgefallen, weil sie im Dauereinsatz auf dem Schießstand in der Haptik nicht so angenehm ist. Mehr zu den Triggern von Timney erfahren Sie beim Hersteller oder beim deutschen Importeur und Händler, Ferkinghoff International.

Geissele Hi-Speed National Match Abzüge für AR-10 / AR-15

Der US-Hersteller kann mit nicht weniger als 21 AR-10/AR-15-Abzügen im Portfolio aufwarten. Sie bestehen allesamt aus Einzelkomponenten und man deckt eine breite Palette vom Direkt- über den Druckpunktabzug bis hin zum volleinstellbaren Modell Hi-Speed National Match ab. Exakt letzteren Druckpunktabzug haben wir unter die Lupe genommen. Mit zwei weiteren, im Lieferumfang befindlichen Federnsätzen lässt das Abzugsgewicht von 826 bis 2.951 Gramm verändern. Bei diesem Abzug kann zusätzlich über eine Einstellschraube im eingebauten Zustand eine Feineinstellung des Durchfallweges des Abzuges nach der Auslösung ("Overtravel") vorgenommen werden. Der Abzug ist ab Werk voreingestellt, Änderungen an dieser Einstellung sollte man nur vornehmen, wenn man das nötige Wissen hat. Der Abzug hatte im Test ebenfalls Probleme mit dem Kleinkalibersystem, nicht alle Patronen wurden sicher gezündet. Mehr Infos gibt es bei Hersteller Geissele, sowie dem deutschen Importeur Brownells Deutschland.

MAKtrigger DRS - voll einstellbar und robust

Das deutsche Unternehmen MAK überraschte in diesem Jahr mit einem AR Drop-In-Abzug, der als Druckpunkt- und Direktabzug im eingebauten Zustand einstellbar ist. Alle relevanten Bauteile werden selbst gefertigt, lediglich die Normteile (Schrauben, Federn) werden zugekauft, was für eine sehr hohe Fertigungstiefe im Hause MAK spricht. Der Abzug im harteloxierten Gehäuse aus Aluminium 7075-T6 für die AR-10/AR-15-Plattform soll auch für PCC und KK geeignet sein. Er ist mit gerader, glatter oder mit gebogener, geriffelter Abzugszunge erhältlich sowie in einem Abzugsgewichtsbereich von 1.100 bis 3.000 Gramm justierbar. Über Einstellschrauben lassen sich im eingebauten Zustand von außen das Abzugsgewicht, der Abzugsweg und der Rückstellweg einstellen. Zudem lässt sich der MAKtrigger DRS ebenfalls im eingebauten Zustand von Direkt- auf Druckpunkt umstellen. Ein kleines Fenster im Gehäuse macht die minimale Klingenüberschneidung sichtbar. Laut Hersteller hat der Abzug einen Dauertest mit 20.000 Auslösungen ohne nennenswerten Verschleiß ebenso wie Fall- und Klimatests (bis -50°C) überstanden. Der neue MAK-Trigger hat in allen Testwaffen tadellos funktioniert. Durch eine Politur der Klinken lässt sich auch bei diesem Abzug nochmal was rausholen. Online kaufen können Sie den MAKtrigger direkt bei MAK oder im gut sortierten Fachhandel.

AR-Abzüge von Timney (via Ferkinghoff International), Geissele und MAK: Hier finden Sie alle technischen Daten und Preise

Triggertech Diamond Single & Two Stage Abzüge

Aus dem vergleichsweise überschaubaren Programm des kanadischen Herstellers, der sechs Drop-In Abzugseinheiten in Direkt- oder Druckpunktkonfiguration für AR-Gewehre offeriert, wählten wir einen "Single Stage"- und einen "Two Stage"-Abzug für Testzwecke aus. Wahlweise stehen sie mit werksseitiger Festeinstellung oder als von außen verstellbare Konstruktionen (681 bis 2.497 Gramm) mit gebogenen oder geraden Abzugszungen zur Verfügung. Die Einstellung geschieht über eine Einstellschraube mit Rasten im hinteren Bereich des Gehäuses. Die Rastmechanik hat zwei wesentliche Vorteile. Man erhält direkt ein Feedback, wie viel man verstellt und die Selbsthemmung minimiert das Risiko eines unbeabsichtigten Verstellens. Eine Besonderheit aller Triggertech-Abzüge ist die sogenannte „Zero Creep Technology“ (Null-Kriechweg-Technologie). Die Abzüge lösen nicht über die Reibung von zwei aufeinander gleitenden Flächen aus, denn zwischen den aufeinander gleitenden Flächen haben die Konstrukteure eine Stahlrolle eingesetzt. Diese soll die Reibung nahezu komplett eliminieren. Wir haben uns für den Diamond Trigger mit kurzer Druckpunktcharakteristik entschieden, der sich ähnlich eines 1911er-Pistolenabzuges verhalten soll. Der Abzug mit kleinem Vorweg verfügt über ein einstellbares Abzugsgewicht von 681 bis 1.816 Gramm. Zusätzlich haben wir einen der brandneuen trocken stehenden Direktabzüge aus der Diamond Serie geordert, der von 681 bis 1.681 Gramm reguliert werden kann. Die beiden Abzüge verfügen über einen sehr kurzen Rückstell- und Durchfallweg. Beide Abzüge überzeugten in allen Testwaffen durch 100% Funktion, selbst in dem KK-System bei eingestellten 700 Gramm Abzugsgewicht gab es keinerlei Probleme. Zusätzliche Informationen zu Triggertech gibt es auf der Webseite, sowie beim deutschen Importeur, Brownells Deutschland.

Hiperfire Hipertouch Eclipse Abzüge (Vertrieb: Helmut Hofmann)

Der US-Hersteller hat im Vergleich zu den länger auf dem Markt befindlichen Unternehmen schnell an Popularität gewonnen. Man führt 18 verschiedene AR-Abzüge im Programm, wobei man in der PDI-Baureihe Drop-In-Abzüge entdeckt, der Rest des Portfolios besteht aus Abzugseinheiten in Einzelbauteilen. Wir haben uns für die Erprobung das Modell Hipertouch Eclipse ausgesucht. Hierbei handelt es sich um einen erstklassig trocken, ohne Vorweg stehenden Direktabzug mit gerader Zunge und höhenverstellbarem Abzugsschuh aus Kunststoff. Mit einem zweiten Federnsatz ist er von 1.135 bis 1.589 Gramm einstellbar ist. Aufgrund der beiden Federn besitzt er genug Funktionsreserven, um immer sicher auszulösen. Der Abzug hat in allen unseren Testwaffen 100% sicher funktioniert. Um mehr über den Abzug zu erfahren, gehen Sie auf die Webseite von Hiperfire oder vom deutschen Importeur und Händler, der Helmut Hofmann GmbH.

JP Fire Control Module Curved Trigger 

Über die edlen Komplettwaffen des US-Herstellers hinaus ist der Firmengründer und Pionier John Paul für hochwertige Tuningkomponenten, wie den gewichtsreduzierten "Low Mass"-Verschluss oder die runden Handschutzsysteme aus Leichtmetall oder Karbon, weltweit bekannt. Wir haben den feinen Drop-In-Direktabzug im Set mit Sicherung, übermaßigen Anti-Walk-Pins und zwei Federnsätzen (1.500 und 2.000 Gramm) ausgewählt. Das Gehäuse besteht aus rostträgem Stahl und die auswechselbare Abzugszunge gibt es in gerader, gebogener und zylindrischer Form. Zudem kann man noch Farbe ins Spiel bringen, denn die gerade und gebogene Zunge stehen auch in Silber, Rot oder Blau zur Verfügung. In Kombination mit dem "Reduced Power Spring Kit" bricht der Abzug glasklar bei rund 1.300 Gramm bei einem kurzen Rückstellweg ("Reset"). Durch eine Politur der Klinken lässt sich das Abzugsgewicht weiter optimieren. Leider hat der Abzug im KK-System nicht immer sicher gezündet. Zusätzliche Informationen zum JP Fire Control Trigger erhalten Sie auf der Hersteller-Webseite und bei Importeur 3G Sports.

Alle technischen Daten und Preise: AR-Abzüge von Triggertech, Hiperfire (Vertrieb: Helmut Hofmann) und JP Fire

So haben wir die Abzüge für AR-15-Waffen getestet 

Alle Abzüge wurden von uns in AR-15-Waffen/Wechselsystemen in den Kalibern .223 Remington, 9 mm Luger und .22 Long Rifle getestet. Die einstellbaren Abzüge wurden auf 1.000 bis 1.300 Gramm Abzugsgewicht einjustiert. Die Abzüge mit optionalen Federnsätzen wurden für den Test immer mit dem niedrigsten Federnsatz bestückt. Danach wurden die Abzüge der Reihe nach in die verschiedenen Systeme eingebaut und im scharfen Schuss überprüft. Die gemessenen Abzugswerte und Daten der Abzüge können den Tabellen entnommen werden. 

Achtung mit Tuning-Abzügen bei KK-Systemen: Funktioniert haben nur Timney (Competition und PCC), MAK, Triggertech und Hiperfire

Wie bereits der Tabelle zu entnehmen ist, sollten Anwender, die den Einbau eines neuen Abzugs in ihr AR im Kaliber .22 l.r. planen, Vorsicht walten lassen. Aufgrund der technischen Unterschiede funktioniert nicht jeder Abzug in den Kleinkaliberselbstladern. In unserem Test sicher funktioniert haben die Abzüge von Timney (Competition und PCC), MAK, Triggertech und Hiperfire. Beim Timney Impact sowie den Triggern von Geissele und JP Fire Control Modul war keine sichere Funktion gegeben.

Alternative Abzüge für das AR-System: Unser Test-Fazit

Vor einer eventuellen Anschaffung sollte man für sich klären, ob man einen Direkt- oder Druckpunktabzug bevorzugt, wobei es heutzutage auch Hybridmodelle (z.B. von MAK) gibt, die beides können. Danach steht die Entscheidung an, ob es sich um eine festeingestellte oder nutzerseitig verstellbare Abzugseinheit handeln soll. Die Modelle mit kurzem Rückstell - und Durchfallweg haben in der Praxis vor allem in dynamischen Disziplinen mit schnellen Schussserien ganz klar ihre Vorteile. Für die AR-Karabiner im Pistolenkaliber 9x19 (überwiegend mit Masseverschluss) stehen spezielle Abzüge zur Auswahl. Für den Dauereinsatz in Kleinkaliber-Systemen können wir aufgrund des aus der Mitte verlagerten Schlagbolzens nur die Abzüge ohne Schräge am Schlaghammer empfehlen, wie es zum Beispiel beim neuen MAKtrigger DRS der Fall ist.

Dieser Test ist auch in der caliber, Ausgabe 1/2024 erschienen. Das Heft können Sie in der Print- oder Digitalausgabe im VS Medien-Shop online kaufen.