Alles über Repetierer - was Sie über diese Waffenart wissen müssen

Bevor wir ins Thema einsteigen - beginnen wir mit der Definition der Waffenfunktion und sehen uns an, wie die Waffe nachgeladen wird. Hier gibt es drei Möglichkeiten:

 

1. Der Schütze bewerkstelligt das Repetieren durch Hantieren an dafür bestimmten Hebeln.

2. Die Schuss- und Nachschubbewegung startet jedes Mal durch erneuten Druck auf den Abzug.

3. Die Bewegung läuft solange, wie man auf den Abzug drückt und Munition im Magazin steckt.

Die unter Punkt 2 genannten Waffen heißen Selbstlader oder Halbautomaten (englisch: semi automatic). Die Waffen unter Punkt 3 bezeichnet man als Vollautomaten (full auto) - um beide geht es in diesem Artikel nicht. 

Bleibt Punkt 1, also Waffen die per Hand repetiert, sprich nachgeladen werden. Das heißt aber immer noch nicht, dass so der Gegenstand dieses Artikels über „Repetierer“ damit schon hinreichend definiert wäre. Das Thema lässt sich weiter untergliedern. Etwa durch die Magazine: Die gibt es als Röhre, ob unter dem Lauf oder im Kolben. Oder als Kastenmagazin, im Mittelschaft oder Kolben, fest eingebaut oder entnehmbar. Auch erläutert der Oberbegriff nicht, wie das Repetieren in Gang kommt:

1. Durch den Unterhebel. Das ist die aus Western-Filmen bekannte Version: Der - meist mit einer Verlängerung für die Finger bestückte - Abzugsbügel lässt sich nach unten klappen und wieder aufwärts schwenken. Unterhebel-Repetierer heißen auf Englisch „lever action repeater“.

 

2. Durch den Vorderschaft: Er lässt sich längs vor- und zurück bewegen und setzt so die zum Repetieren nötigen Hebel in Gang. Vorderschaft-Repetiersysteme kennt die Fachwelt als „pump action“ oder „slide action repeater“.

3. Durch den Griff direkt am hinter dem Lauf liegenden Verschluss: Damit lässt sich letzterer axial drehen, entriegeln, nach hinten ziehen und wieder nach vorn drücken. Damit der Verschluss diese Rotation absolvieren kann, ist er zylindrisch. Daher heißt dieses System Zylinderverschluss (englisch: „bolt action“). Im 19. Jahrhundert hieß dieser Verschluss auch Kammer. Daher trägt deren Griff die Bezeichnung Kammergriff oder Kammerstengel. Um Mehrladewaffen mit dem Verschlusstyp geht es in diesem Artikel. Genauer: Um großkalibrige Zylinderverschluss-Repetierer mit Kasten-magazinen (englisch: „box magazine“).


Warum gibt es überhaupt noch Repetierer? 

Seit Jahrzehnten haben sich rund um die Erde Selbstladebüchsen durchgesetzt, die manuelles Durchladen überflüssig machen. Aber was so fortschrittlich klingt, ist es nicht unbedingt. Die Selbstlade-Funktion wird im Schuss ausgelöst, hängt also direkt mit der Munition zusammen. Wenn aber deren Leistungsparameter nicht zur Waffe passen, arbeitet der Selbstlader nicht oder nimmt auf Dauer Schaden. Repetierer dagegen verdauen im jeweiligen Kaliber üblicherweise alle Patronen. Leistung hin oder her - die Nachladefunktion hat hiermit  nichts zu tun. Somit gestattet der Repetierer eine viel direktere Kontrolle über die internen Abläufe.

Auch lassen sich stärkste Patronen viel besser aus Waffen mit diesem Verschlusstyp verfeuern. Denn der hält den anfallenden, immensen Drücken am ehesten stand. Das zeigt die Tankbüchse des I. Weltkrieges ebenso wie viele aktuelle Scharfschützengewehre, die als Bolt-Action-Version daherkommen.

Aber muss man es so praktisch sehen? Darf man nicht einfach sagen, dass das Repetieren per Kammergriff Spaß macht? Das Auf und Ab des Kammerstengels, das Gefühl beim Bewegen der Kammer, das Geräusch, wenn sich der Verschluss schließt, das macht den Reiz dieser Mehrladebüchsen aus. Es ist wie beim Autofahren - obwohl es einfacher anmutende Automatik-Getriebe gibt, wollen viele ein Schaltgetriebe. Hier wie da geht es um spielerische Begeisterung für technisch-mechanische Abläufe. Diese Begeisterung erstreckt sich nicht nur auf die Fraktion der Löchlestanzer oder der Lodengrünen, sondern auch auf die, die diese Gewehre entwickeln und herstellen. Nur so lässt sich erklären, dass ständig neue Produzenten hinzukommen und die Firmen mit nachgerade unverbrüchlichem Elan einen neuen Repetierer nach dem anderen vorstellen. Dass sie stets Wege finden, noch neue Details und Elemente zu ersinnen. Und dass sie für Absätze auf einem Markt sorgen, der eigentlich seit Jahren als völlig überfüllt gilt. Das wiederum führt manchen zu der Frage: Gebraucht oder neu?

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Die VOERE LBW gehört zu den neuesten Repetier-Generationen: Bei dieser Modellreihe setzt der Hersteller auf Hightech-Leichtbauweise, indem er wo immer möglich Stahl durch Leichtmetallfrästeile ersetzt.

Gebraucht oder neu? Sammler finden mit den Zylinderverschluss-Repetierern das wohl größte Waffenfeld überhaupt vor. Der ehemals militärische Bereich ist bestens erschlossen, der zivile kaum - bei deutschen Jagdwaffen sind es vor allem die Leute der amerikanischen „German Gun Collectors Association“, die Waffen erhalten und Fakten sammeln. Jungjägern und Sportlern bietet der reiche Fundus auch die Chan­ce, günstig an gute gepflegte Waffen zu kommen. Ein dickes „Aber“: Manche alte Mehrladebüchse verträgt nicht die neu­eren, stärkeren Ladungen oder ist auf heute seltene oder nicht mehr lieferbare Geschosstypen ausgelegt. Montagen und Optiken befinden sich oft nicht auf neu­estem Stand - wer nachrüsten will, zahlt gern mehr als für ein neues, ab Werk fer­tig ausstaffiertes Modell. Freilich bieten die alten Schätzchen ab und zu Dreinga­ben, die man so zu vergleichbarem Kurs neu nicht erhält: gutes Nussbaumholz mit handgeschnittener Fischhaut, Büf­felhornabschlüsse, Gravuren, ja mitun­ter herrlich verspielte Details wie mit Emaille ausgeführte Kimmenrückseiten.

Aber auch das ästhetische Empfinden hat sich ge­wandelt. Viele Käufer schätzen das schlichte Äußere, das noch in den 1990ern in Mit­teleuropa vor allem Scharfschützen-und Präzisionsgewehren vorbehalten war. Zumal moderne Kunststoffe jede Farbe und jedes gewünschte Tarnmuster erlauben, von den niedrigen Kosten der schnellen Formspritzguss- und Tief­zieh-Fertigungen ganz zu schweigen.

Apropos Kosten - und zum gewandelten Kaufverhalten: Noch um 1950 kauften viele Jäger ihre Repetierer mit dem Ge­danken „einer reicht fürs Leben“. Heute läuft es so: „Es gibt wieder etwas Neues. Zeit, umzusteigen und es auszuprobieren.“ Also wandeln sich die Anforderungen. Heute soll die Büchse vor allem sicher funktionieren. Früher musste sie zudem prächtig aussehen Bei Fabrikgefertigtem dominiert heute die äußere Schlichtheit. Eigentlich so, wie es zu Anfang gedacht war, denn der Repetierer kam ja als Militärwaffe in die Welt.


Die Anfänge der Repetier-Gewehre: 

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Mit Dreyses Zündnadelbüchse kam die erste Hinterladewaffe, die sich über den am Verschluss befestigten Griff entriegeln, schließen und spannen ließ. Vorn ragt aus der Verschluss-Stirn die namensgebende Nadel.

Seine technischen Wurzeln reichen bis ins Jahr 1812, in die Blütezeit des Steinschlossgewehrs. Da legte der aus der Schweiz stammende Erfinder Samuel Johannes Pauly (1766- 1821) die Basis für die Hinterlader mit Zentralfeuerzündung. „Bei der Vorführung für den Prüfungsausschuss feuerte Pauly selbst 22 Schuss in zwei Minuten ab und bewies damit die Brauchbarkeit der neuen Waffe“, so US-Autor Harold L. Pe­terson in „The Great Guns“. Doch zu früh für die Welt. Das vorausschauende Konzept erntete zwar die Anerkennung so prominenter Waffenexperten wie dem ehemaligen Artillerie-Offizier Napoléon Bonaparte. Aber es folgten keine weiteren Mili­täraufträge. 

Erst spätere Generationen erkannten, mit welcher Genialität der Schweizer zu Werke gegangen war. Auf Basis seines Schaffens entwickelte einer von Paulys Schülern den ersten funkti­onstüchtigen Hinterlader für eine Ein­heitspatrone und mit Zylinderverschluss: Johann Nikolaus Dreyse ersann zuerst die Zündnadelpatrone und dann Mitte der 1830er Jahre dafür eine hinter dem Lauf drehbar gelagerte Kammer. Sie ließ sich durch einen stabilen, fest installierten Griff drehen, ent- und verriegeln sowie geradlinig vor und zurück ziehen. 

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In Deutschland begann die eigentliche Repetierer-Entwicklung mit dem einschüssigen Hinterlader MAUSER Modell 71 und seinem mit Röhrenmagazin bestückten Mehrschuss-Ableger Modell 71/84. Der letztgenannte ist der erste reichsdeutsche Repetierer und direkter Ahnherr aller deutschen Zylinderverschluss-Repetierer.
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MAUSERs 98er System fand sich bis in die 1960er Jahre in Dutzenden von Militärmodellen. Hier das 1937 für Portugal entwickelte Modell, zu erkennen an seinen wuchtigen Kornschutzbacken.

Solche Verschlüsse verbreiteten sich, als in den 1860er Jahren Metalleinheits­patronen allgemein aufkamen. Bereits 1867 entwickelte der Schweizer Johann Friedrich Vetterli (1822-82) einen Repetierer mit Zylinderverschluss à la Dreyse und Röhrenmagazin im Winchester-Stil - als erste Armee der Welt erhielt die der Schweiz derart moderne Mehrlade-Hin­terlader. Doch der Hauptentwicklungs­schub für den in diesem Artikel behandel­ten Repetierertyp kam aus Deutschland über die Brüder Wilhelm und Peter Paul Mauser. Es begann 1871, als die deut­sche Armee deren einschüssigen Zylin­derverschluss-Hinterlader für Zentral­feuermunition einführte. Auf der Basis kreierte das Mauser-Werk in Oberndorf ab 1884 Repetierwaffen, die das Team um Peter Paul Mauser (1838-1914) schritt­weise zum ausgereiften System von 1898 verbesserten: Ein Selbstspannerschloss mit drei Riegelwarzen und Dreistel­lungssicherung, in einem Gewehr mit zweireihigem Magazin für zickzackför­mig übereinander gelagerte Patronen. Mit dem Modell 98 kam die wichtigste und am meisten verbreitete Variante des Zylinderverschlusses. Noch heute erhalten gute Sport- und Jagdwaffen das System - alt: ja, veraltet: nein.


Die Entwicklung der Repetierer vom II. Weltkrieg bis heute: 

Repetierer gingen immer mit der Zeit. Etwa bei den Schäften: Mochte Nussbaum lange „state of the art“ sein, so änderte sich das im II. Weltkrieg, als erstmals Schichtholz als Schaftmaterial aufkam. In der Vietnam-Krieg-Ära etablierte sich Kunststoff - in Europa etwa setzte das 1969 eingeführte STEYR SSG 69 neue Maß­stäbe.

Bei Jagdrepetierern blieb Holz bis vor gut 20 Jahren der Werkstoff schlechthin. Aber auch die Sparte folgt zusehends dem Kunststoff-Trend, den das US-Unternehmen RUGER derzeit am weitesten treibt: Sie verzichtet bei ihrer American Rifle auf alles Metall, das sich auch in Polymer oder Glasfaserverbundstoffen ausfüh­ren lässt. 

Auch beim Design der Repetiererschäf­tung ging es weiter: Aktuelles Beispiel ist die von SAUER initiierte Lochschäftung für Jagdwaffen. Sie soll dem Jäger einen wiederholgenaueren,

schnelleren und instinktiver zu finden­den Anschlag bieten. Viel weiter ver­breitet sind Spezialschäftungen. Erst kamen Hochleistungs-Sportbüchsen mit futuristisch anmutenden Unter-, An-und Umbauten, die manche Traditiona­listen an Raumschiff Enterprise denken ließen. Doch setzten sich Vorderschaft­schienen für Schießgurte, in Länge, Höhe und Neigung verstellbare Kolben, justierbare Kolbenkappen oder auszieh­bare Erdsporne in den vergangenen zwei Jahrzehnten auch beim Militär durch. Und seit gut zehn Jahren haben Firmen wie Ashbury Precision Ordnance auch modular aufgebaute Klappschäfte im Stil des Saber „folding rifle stock system tactical (FORSST) im Programm.

Auch immer weiter verbreitet: Die für Militär-­Sturmgewehre entwickelten Montage-­Schienen vom Typ Picatinny Rail (MilStd 1913). Sie folgen der Spezifizierung, die im Februar 1995 im US-Arsenal von Pica­tinny (New Jersey) in der Militärischen Standardisierung 1913 festgelegt wor­den ist. Als Folge fanden sich diese Schie­nen bald an jeder denkbaren Stelle: Oben, unten, links und rechts an Ge­wehrvorderschäften ebenso wie unten am Dustcover von Pistolen. Inzwischen auch auf Gehäusebrücken ziviler Repe­tierer. Der große Vorzug dieser Rails mit ihren vielen Zwischenstufen besteht da­rin, dass man Optiken und Leuchtpunktzielgeräte problemlos abnehmen und/ oder versetzen kann - wiederholgenau. Zwar klagen Vielschützen darüber, dass diese Schienen nicht gut für die unum­gängliche Verwindung mancher Optiken seien, aber das Handicap kann mit den Vorteilen nicht mithalten: So, wie es derzeit aussieht, wird die Picatinny- Schiene das Montage-Element der nächsten Jahre auch bei zivilen Jagd-und Sportbüchsen werden. 

Auch die Waffen selbst erleben einen technischen Wandel. So verriegeln die Verschlüsse vieler jüngerer Repetierer standardmäßig im Lauf und nicht mehr in der Verschlusshülse. Grund: Zwecks Gewichtsersparnis findet sich da zuneh­mend Leichtmetall, so dass eine Verrie­gelung im Lauf für mehr Stabilität sorgt. Die 98er Kammerstengel waren meist angeschweißt. Heute setzen sich im Zuge der Fertigungsvereinfachung Ver­sionen zum Anstecken oder Anklemmen durch. Zur Gewichtsersparnis besteht nicht mehr jeder Kammergriff aus ge­schmiedetem Stahl, sondern auch schon aus Feinguss. Und da ein Kaliber aus ei­ner Waffe auf Dauer langweilig ist, legen Firmen wie die spanischen BERGARA-Wer­ke immer öfter Modelle auf, die sich via Take-down leicht zerlegen und mit Wech­selläufen versehen lassen. 

Mag sein, dass der Repetierer mit Zylinderver­schluss und dem meist im Mittelschaft sitzenden Magazin auf einer Technik des ausgehenden 19. Jahrhunderts ba­siert. Doch diese Technik ist längst fit für das  21. Jahrhundert. Was die nach dieser Philosophie gebauten Waffen können und was nicht, zei­gen die folgenden Tests. Hier finden Sie eine Übersicht, der bei all4shooetrs.com veröffentlichten Testberichte.

 

Alle 40 Tests finden Sie im VISIER Special 69. Sie können diese Ausgabe aktuell nur noch im Online-Shop von VS Medien bestellen.


Repetierer für die Jagd:

MAUSER M12

SAUER S 101 Classic XT

BLASER R8 Black Edition

MAUSER M03 Extreme

BROWNING X-Bolt Hunter

RWS RÖSSLER Titan 6

SAVAGE Precision Carabine 10

MERKEL RX. Helix Alpinist

STEYR SM12

HAEENEL Jäger 10 Varmint

MERCURY 870

Repetierer für den Sport:

BROWNING A-Bolt Target

WEATHERBY Mark V

Repetierer für Behörden:

SIG SAUER SSG 3000

Repetierer fürs Militär:

VOERE X3