Traditionell wird ein Hinterschaftlader als eine Waffe definiert, deren Abzug und Handgriff sich vor dem Verschluss befinden. Dies bedeutet, dass der Verschluss, das Magazin und andere bewegliche Teile normalerweise im oder über dem Hinterschaft liegen.
Im Vergleich zum traditionellen Aufbau bietet diese Anordnung klare Vorteile hinsichtlich Länge und Ausbalancierung. Zu den Nachteilen zählen allgemein größere Probleme beim Nachladen und bei der Magazineinführung, schlechtere Benutzerfreundlichkeit für linkshändige Schützen (gelinde gesagt) und ein Patronenlager, das sehr nah am Gesicht des Schützen platziert ist.
Hinterschaftlader oder Bulpup-Gewehre waren erst nach der Einführung metallischer Patronen möglich, da damit das Zündsystem, also der Schlagbolzen, in den Verschluss der Waffe integriert werden konnte.
Der früheste bekannte Hinterschaftlader wurde in Großbritannien um 1902 vom Schotten James Baird Thorneycroft zum Patent angemeldet. Seine Absicht war es, eine kompakte Büchse zu entwickeln, die die gleiche Lauflänge und Reichweite wie ein herkömmliches Militärgewehr haben sollte. Um sein Ziel zu erreichen, setzte Thorneycroft den Verschluss und das Magazin nach hinten in den Hinterschaft und platzierte den Abzug vor dem Magazinbereich. Dafür war ein langer Übertragungsstab notwendig, der im Schaft um das Magazin herum führte.
Die Thorneycroft-Büchse wurde in mehreren Versionen von den britischen Streitkräften getestet, aber zugunsten der traditionell gestalteten SMLE-Repetierbüchse („Short Magazine, Lee-Enfield“) abgelehnt.
Im Jahr 1910 meldete der französische Konstrukteur Armand-Frédéric Faucon sein selbstentwickeltes Fusil Équilibré (ausgewogenes Gewehr) zum Patent an. Faucon hatte ein halbautomatisches Gewehr im Sinn, mit dem der Schütze wenig Angriffsfläche bieten und im Gehen, Stehen oder Knien mit weniger Anstrengung schießen sollte. Dieses Ziel wurde nach Faucons Meinung erreicht, indem der Großteil des Gewichts der Waffe auf die Schulter des Schützen gelegt wurde, anstatt es auf seine Hände und Arme zu verteilen. Der Hinterschaft befand sich am unteren Teil der Waffe, direkt vor Magazin und Verschluss, wodurch das Gewehr sein Gleichgewicht auf der Schulter des Schützen selbst finden sollte. Der Abzug und der Pistolengriff befanden sich weiter vorne. Die Faucon-Büchse war eine ziemlich fortschrittliche Waffe, die wie viele andere ihrer Zeit voraus war. Sie war im Grunde genommen jedoch lediglich eine neu gestaltete Meunier-Büchse, die in einer auch heute noch fast einzigartigen Hinterschaftlader-Bauweise neu konfiguriert wurde.
Der Erste Weltkrieg, der damals optimistisch als „Krieg, der alle Kriege beenden soll“ bezeichnet wurde, beschleunigte die Entwicklung automatischer Feuerwaffen, die besonders für den Bewegungskrieg geeignet waren. Bereits im Jahr 1918 wurden mindestens zwei interessante Hinterschaftlader in den Vereinigten Staaten zum Patent angemeldet.
Die erste dieser Waffen wurde vom relativ herkömmlichen Lewis-Maschinengewehr abgeleitet. John Rison Fordyce, ein Major im Pionierkorps der US-Armee, verfolgte dasselbe Konzept wie Armand-Frédéric Faucon und versuchte, ein „leichtes“ Maschinengewehr (das in Wahrheit ganz und gar nicht leicht war) zu entwickeln, das bequemer im Stehen oder aus der Bewegung heraus abgefeuert werden konnte.
Die einfachste Möglichkeit dazu war die Verlagerung des Gesamtgewichts auf die Schulter des Schützen, indem zwei Griffe und ein vorderer Abzug unter dem Lauf hinzugefügt wurden. In einem nächsten Schritt wurde der Schaft aus Holz entfernt, um die Gesamtlänge und das Gesamtgewicht der Waffe zu verringern. Der Schaft wurde durch eine Schulterschlaufe ersetzt, mit der die Waffe in der schussbereiten Position gestützt wird. Die abschließende und umfangreichste Konstruktionsänderung bestand aus einem besonderen, förderbandähnlichen Zuführungssystem, mit dem die Munition senkrecht zum Lauf geführt und vor dem Laden gedreht wurde. Diese Art der Zuführung entstand bereits mehr als 60 Jahre vor der auffallend ähnlichen Bauweise der belgischen FN P90.
Um ein besseres Gleichgewicht zu erreichen, sollte die Waffe unter der Achsel getragen und mit Hilfe der Schlaufe, die um die Schulter des Schützen gelegt wurde, im Gleichgewicht gehalten werden. Der Pistolengriff und der Abzug befanden sich ebenfalls vorne. Es ist nicht bekannt, ob die endgültige Version des Hinterschaftlader-Maschinengewehrs von Fordyce jemals gefertigt wurde, und sei es auch nur als Prototyp. Machbar wäre das allemal gewesen, da dazu lediglich das bereits vorhandene Lewis-Maschinengewehr hätte umgebaut werden müssen.
Der zweite Hinterschaftlader, der in den Vereinigten Staaten im Jahr 1918 erfunden wurde, ist ein Patent von von H.L. Welsh. Er hätte das Aussehen einer verlängerten halbautomatischen Pistole gehabt, deren Magazin sich in einem Buckel hinter dem Griff befand. Auch hier war das Ziel, eine bessere Rückstoßkontrolle zu erreichen, indem der Rückstoß von der Brust auf den Bizeps und das meiste Gewicht der Waffe vom Bereich der Handfläche und des Handgelenks auf den stärkeren Unterarmbereich der Hand verlagert würde. Gemäß dem Patent würde dies zu einer besseren Präzision und einer schnelleren Schussfolge führen. Auch hier ist nicht belegt, ob jemals ein Prototyp gebaut wurde, aber das Konzept wurde mit Sicherheit weiterverfolgt.
Zu dieser Zeit schienen die Amerikaner begeistert von Hinterschaftladern zu sein - dort nannte man das Prinzip "Bulpup".
Im Jahr 1920 erhielt mit Army Sergeant Paul B. Cunningham ein weiterer amerikanischer Soldat ein Patent für eine solche Waffe. Er nannte sie schlicht „Militärgewehr“.
Die Bauweise dieser Waffe war für ihre Zeit tatsächlich recht fortschrittlich: ein gasbetriebenes, halbautomatisches Gewehr mit Drehkopfverschluss und einem großen Magazin (20 Patronen, laut Patent). Für unser Thema ist entscheidend, dass Cunninghams Gewehr ein Hinterschaftlader war. Das Magazin befand sich im Schaft, der hinten mit einem bogenförmigen, horizontal angeordneten Griff versehen war. Dieser diente offenbar dazu, dass der Schütze das Gewehr bei Bajonettangriffen und Stößen besser halten konnte.
Im Jahr 1936 erhielt der Franzose Henri Delacre ein britisches Patent für „Verbesserungen tragbarer Feuerwaffen vom Typ Pistole oder Revolver“.
Sein Entwurf schien ein direkter Nachfahre der oben beschriebenen Hinterschaftlader-Pistole von Welsh zu sein: Zur Verwirklichung derselben Ziele (bessere Genauigkeit beim Feuern mit einer Hand) konzipierte Delacre eine kompakte Waffe, die nach den Patentzeichnungen wie eine kompakte Maschinenpistole mit einem Doppelabzugsystem aussieht. Auch für Delacres Waffe ist nicht bekannt, ob sie jemals gebaut wurde. Das Patent wurde allerdings sehr bekannt und taucht in mehr als einer späteren Projektbeschreibung auf.
In den späten 30er Jahren wurde ein weiteres Land vom „Hinterschaftlader-Fieber“ angesteckt: Entwickler in der Tschechoslowakei arbeiteten an einer Vielzahl von Panzerbüchsen, deren Kaliber von 7,9 mm bis 15 mm reichten.
Die Panzerabwehr benötigte hohe Geschwindigkeiten, insbesondere für kleinkalibrige Geschosse. Dafür wurden lange Läufe und noch längere Waffen benötigt. Die tschechoslowakischen Entwickler experimentierten mit der Hinterschaftlader-Bauweise, um die Waffen ein wenig leichter, kürzer und beweglicher zu machen.
Ab etwa 1938 wurden zahlreiche Prototypen angefertigt. Das führte zur Entwicklung der ersten Hinterschaftlader-Waffe, die tatsächlich weltweit von den Streitkräften eines Landes eingesetzt wurde: die Panzerbüchse M.SS.41, eine manuelle Hinterschaftladerwaffe, die das durchschlagsstarke deutsche Kaliber 7,92 x 94 mm verwendete. Die M.SS.41 wurde während der deutschen Besetzung der Tschechoslowakei bei Zbrojovka Brno für die Waffen-SS hergestellt und basierte auf Prototypen aus der Vorkriegszeit, wie z. B. der ZK-382 im Kaliber 7,92 x 145 mm, die von den Brüdern Václav und Emmanuel
Holek konstruiert wurde.
Die PzB M.SS.41 kann kaum als erfolgreiche Waffe bezeichnet werden, da die schnelle Patrone im Kaliber 7,92 x 94 mm bereits 1941 ziemlich ungeeignet für die Vernichtung alliierter Panzer war. Dies schmälert ihre historische Bedeutung nicht, da die M.SS.41 die erste Hinterschaftlader-Waffe war, die jemals offiziell in einem Krieg verwendet wurde.
Als der Zweite Weltkrieg in Europa tobte, flüchteten die Menschen in Massen vor den nationalsozialistischen Armeen, die ihre Heimatländer besetzten. Dabei kamen auch viele erfahrene Waffenentwickler über den Ärmelkanal nach Großbritannien. Es ist zwar nicht erwiesen, dass die Wiedereinführung des Hinterschaftladers in Großbritannien ausschließlich auf diese Entwickler vom Kontinent zurückzuführen ist. Allerdings traten zahlreiche interessante Hinterschaftlader während des Krieges im Königreich in Erscheinung.
Das bekannteste Gewehr unter ihnen war wahrscheinlich das automatische Gewehr EM-1 im Kaliber 7,92 x 57 mm, das durch den polnischen Flüchtling Roman Korsak entwickelt wurde. Vom mechanischen Gesichtspunkt erinnerte Korsaks EM-1 deutlich an das deutsche Fallschirmjägergewehr FG-42 im Kaliber 7,92 x 57 mm Mauser. Ansonsten war der Entwurf des EM-1 bahnbrechend. Es war mit einem Lauf mit Schnellverschluss ausgestattet. Bis heute hat mindestens ein Exemplar des von Korsak entwickelten automatischen Gewehrs in Großbritannien überlebt.
Im Jahr 1945 entwickelte eine Gruppe Ordnance Men der U.S. Army, die auf den Philippinen stationiert war, das automatische Hinterschaftlader-Maschinengewehr „Modell 45A“ und baute es von Hand zusammen. Es verfügte über herausnehmbare Browning-BAR-Magazine sowie einen Tragegriff mit eingebautem Zielfernrohr und war seiner Zeit konzeptionell weit voraus. Da es in der Praxis schlecht zusammengebaut war, konnte es das US-Militär nicht überzeugen.
Zwei weniger bekannte Entwürfe entstanden in Großbritannien gegen Ende des Zweiten Weltkriegs. Ziel war ein kompaktes und schnell nachladbares Scharfschützengewehr. Einer dieser Entwürfe ist unter dem Namen SREM-1 (Sniper Rifle, Experimental Model 1) bekannt – eine manuelle Waffe, deren Verschluss mit einem beweglichen Pistolengriff repetierte. Der andere, das so genannte „Hall-Gewehr“, war eine gasbetriebene halbautomatische Waffe, die offenbar als erste einen der wichtigsten Mängel der meisten Hinterschaftlader behob – den Auswurf.
Aufgrund der Nähe des Patronenlagers zum Gesicht des Schützen ist das Feuern mit dem herkömmlichen Patronenauswurf oben oder an der Seite für Linkshänder entweder unmöglich oder sehr unangenehm. Die Hall-Bauweise hat dieses Problem durch ein rückwärtiges Auswurfsystem behoben: das Auswurffenster befand sich über der Schulter des Schützen.
Weder das SREM-1, noch das Hall-Gewehr gingen jedoch über den Status des Prototyps hinaus. Die britische Waffenindustrie benötigte nach dem Krieg mehrere Jahre bis zur Herstellung eines ernstzunehmenden militärischen Hinterschaftladers. Diese Geschichte wird in einem der kommenden Artikel erzählt.
QUELLEN:
- Ceskoslovenski rucni palne sbrane a kulomety, Miroslav Šáda & Ludvík Vondrášek (2004) − ISBN 80-206-0745-5
- British Rifles: Catalogue of the Enfield Pattern Room, Ministry of Defence of Great Britain (1981) − ISBN-10 0117719307
- Proud Promise: French autoloading rifles 1898-1979, Jean Huon (1995) − ISBN-10 0889351864