War er ein junger Bursche, der Burenmilizionär C. van Heerden, oder war er einer der bärtigen Greise, von denen viele in jener buntgewürfelten Schar kämpften?
Wie die meisten Buren hatte Mijnheer van Heerden an einem der Tage, an dem die Männer auf den Gegner warteten, seinen Namen kunstvoll in den Schaft des Gewehrs geschnitzt. Viel mehr als das weiß man nicht über ihn, um dessen Mauser-Gewehr es hier geht.
Aber wahrscheinlich war er ein guter Schütze. Sein Mauser M 1893/95 war das beste Gewehr für seine Mission. Und es war nur eins von vielen, das seitens seines Besitzers per Schnitzmesser eine individuelle Note erhielt.
Geschnitzte Geschichte
Wenn sich Briten und Buren wochenlang im Grabenkrieg gegenüber lagen, geriet der Kampf zum Geduldsspiel. In diesen Kampfpausen bearbeiteten die Südafrikaner gern die Schäfte mit mehr oder weniger kunstvollen Beschriftungen und Verzierungen. In der Regel gehört der Name des Besitzers oder der Name seiner Farm dazu; oft auch die Orte, an denen er gekämpft hatte.
An diesen Schnitzereien erkennt man ein Burenmauser sofort. Oft finden sich Sprüche wie “Vertroue in God en die Mauser“ oder kurz “Met God en Mauser” auf den Schäften eingraviert - ein Beleg für die tiefe Religiosität und den Stolz seines Besitzers.
Meist kündet auch der Zustand der Burenmauser von den jahrelangen Strapazen, denen Mensch und Material ausgesetzt waren. Oft wurden durch Munitionsmangel nutzlos gewordene Waffen vergraben, um später gegebenenfalls darauf zurückgreifen zu können.
Auch bei dem hier vorgestellten Stück könnte das der Fall gewesen sein: Beim Zerlegen rieselte feiner Sand aus dem Schaft und ließ etwas von der rustikalen Behandlung während der Dienstzeit ahnen.
Im Veldt
Es muss eine besondere Truppe gewesen sein, in der solche teils üppigen Schnitzereien nicht nur toleriert, sondern sogar von den Anführern praktiziert wurden. Die Rede ist von der Burenarmee: einer Miliztruppe des späten 19. Jahrhunderts, gebildet von “Buren” (Landbewohner, vorwiegend Bauern) und “Burg(h)ers” (“Bürgern” gesprochen, gemeint sind Stadtbewohner).
Sie alle waren meist holländisch-, deutsch- und französisch-stämmig, redeten das als “Afrikaans” bekannte Kapholländisch und waren Bewohner des Oranje Freistaats (O.V.S.) und der Südafrikanischen Republik (Zuid Afrikaansche Republiek, kurz Z.A.R., auch Transvaal-Republik genannt).
Die Buren hatten sich nach Abtretung der niederländischen Kap-Kolonie an die Briten und wegen deren wachsendem Einfluss zwischen 1836 und 1845 ins Hinterland zurückgezogen.
1847 annektierte Großbritannien das Transvaal. Schließlich kam es zum Ersten Burenkrieg, der 1881 mit dem Abzug der geschlagenen Engländer endete.
In den Folgejahren strömten immer mehr Menschen heran, meist angelockt durch Goldfunde. Die Buren wurden flugs zur Minderheit im eigenen Land und sahen ihre Lebensweise und politische Vorherrschaft bedroht.
Daher verwehrten sie den Fremden, den verhassten “Uitlanders”, die Bürgerrechte - und provozierten so ein Eingreifen der Briten. Schließlich kam es zum Konflikt: Die englischen Kolonialisten wollten ihren langgehegten “Kairo-Kap-Plan” verwirklichen. Ein geschlossenes Kolonialreich von Ägypten bis Südafrika sollte entstehen. Und der Rohstoffreichtum des Landes schien eine lohnende Beute.
Cecil Rhodes, englischer Premierminister der Kap-Provinz, plante zum Jahreswechsel 1895/96 den “Jameson-Raid” - den Versuch, einen Putsch ausländischer Minenarbeiter gegen die Burenregierung zu unterstützen. Er misslang kläglich, weckte aber bei den Buren die Kampfbereitschaft.
Guerrillas contra Weltreich
Ende 1899 begann der Krieg. Zunächst dominierten die zahlenmäßig überlegenen Buren. Erst als die Briten 1900 Verstärkung ins Land brachten, wendete sich das Blatt allmählich.
Ein Teil der Buren gab angesichts der erdrückenden Übermacht auf - sie erhielten den Namen “die Hands-Uppers” (sinngemäß: Hände-Heber, also: Kapitulierer).
Andere machten weiter: die “Bitter-Enders”, also die bis zum bitteren Ende Kämpfenden. Sie stellten ihre Taktik um und führten einen Guerillakrieg. Ihre hohe Kampfmoral, ihre Geländekenntnis und ihre legendäre Treffsicherheit machten sie zu einem gefürchteten Gegner.
Lauter Einzelgänger
Anders als die gedrillte, gut ausgerüstete und von erfahrenen Offizieren befehligte Berufsarmee der Briten bestanden die Verbände der Buren und Burgher aus Individualisten. Dafür aber kannten sie sämtliche Stöcke und Steine ihrer Heimat. Sie waren das Leben in freier Natur gewohnt, galten als ausgezeichnete Reiter und Schützen.
Obwohl sie - bis auf die Artillerie - keine Uniformen trugen, ließ ihr Äußeres keinen Zweifel an ihrer Zugehörigkeit aufkommen: Grundsätzlich trugen sie ihre Alltagskleidung, nämlich Baumwollhose, Wolljacke sowie Stoff- und Filzhut. Die Städter zogen zunächst sogar mit Sonntagskleidung, Strohhut und ledernen Tennisschuhen in den Kampf.
Dazu gehörten das obligatorische, mit Fünf-Schuss-Ladestreifen gefüllte Patronenbandolier und die kurze Reitpeitsche, Sjambok genannt. Einziger Zierrat waren Kokarden in den Farben der Republiken oder farbige Bänder am Hut. Orden oder Rangabzeichen waren unbekannt.
Im Lauf der Zeit und mangels Nachschub griffen die Buren zusehends zu britischen Uniformteilen, oft erbeutet bei Überfällen auf Camps und Nachschublinien der Briten. So ließen sich Burenkämpfer und britisches Militär zum Kriegsende hin immer schwerer auf den ersten Blick unterscheiden.
Ihr Hab und Gut bewegten die Buren anfangs auf Ochsenkarren, die sie aber in der Guerilla-Phase aufgaben. Kleidung und Ausrüstung transportierten sie gern in runden Koffern, den “Trommeln”.
Ohnehin waren die Buren anspruchslose Gesellen: Ihre Ernährung bestand meist aus “Biltong” also getrocknetem Fleisch. Alkoholgenuss war aus religiösen Gründen verpönt. Die Religion spielte eine wichtige Rolle unter den strenggläubigen Buren. Selbst unter primitivsten Bedingungen hielten sie Gottesdienste und Liederabende ab.
Es gab in der Burenarmee keine designierten Offiziere: Die Mitglieder der “Commandos” stammten aus den jeweiligen Regionen und wählten ihre Führer selbst. Entscheidungen fielen meist gemeinsam beim “Krijgsraad”. Oft wurden Befehle ignoriert, weil die Truppe nicht einverstanden war - Konsequenzen zog das selten nach sich.
Besonders nach Niederlagen verließen Einzelne oder Gruppen die Front und zogen einfach nach Hause. Nur mit großer Mühe konnten ihre Anführer sie davon abhalten.
Der Kampf wurde von Anfang an mit verbissener Härte, aber auch bemerkenswerter Fairness geführt. Nicht nur am 11. Dezember 1899 bei Magersfontein kam es vor, dass Buren in Kampfpausen ihre Schützengräben verließen und ihren Gegnern beim Bergen der Verletzten und Gefallenen halfen.
Promis an der Front
Der Krieg brachte auf beiden Seiten besondere Persönlichkeiten hervor, die durch militärisches Geschick, aber auch durch Tapferkeit und Fairness Aufmerksamkeit hervorriefen. Einer dieser Männer war Daniël “Danie” Theron. 1872 in Tulbagh geboren, schloss er 1897 seine Anwaltsprüfung im Jahr mit Bestnoten ab.
Erste öffentliche Aufmerksamkeit erfuhr er, als er den Zeitungsredakteur W. F. Moneypenny, Herausgeber des ”Star Newspaper”, verprügelte. Denn Moneypenny hatte nach gerade mal zwei Monaten in Südafrika den polarisierenden Artikel “Der ignorante Holländer” veröffentlicht. Therons Strafe bezahlten seine aufgebrachten Anhänger noch im Gerichtssaal.
Bei Kriegsbeginn gründete Theron ein Radfahrerbataillon. Diese seinerzeit überaus innovative Einheit sollte Informationen überbringen und Kundschafterdienste übernehmen. Sie nahm an den Kämpfen von Paardeberg und Spionkop teil, wo die Briten heftige Niederlagen erlitten. Später überfiel das “Theronse Verkenningskorps” Nachschubeinheiten, zerstörte Telegrafenleitungen und Brücken. In der folgenden Zeit vom Rad aufs Pferd umgestiegen, galt der 80-Mann-Verband als buntester Haufen im Burenheer.
Der britische Oberbefehlshaber, Feldmarschall Lord Frederick Sleigh Roberts, bot nach und nach 4000 Mann auf, um Theron unschädlich zu machen. Der in den Indianerkriegen und Clanfehden Arizonas gestählte, britische Chefscout Frederick Russell Burnham lobte Theron als einen der fähigsten Scouts, den die Burennation hervorgebracht habe. Denn Theron durchquerte als Kundschafter immer wieder unentdeckt die britischen Linien.
Aber am 5. September 1900 traf er bei Gatsrand, dem heutigen Fochville, allein auf eine siebenköpfige Patrouille der Marshall’s Horse. Er verwickelte die Briten in ein Gefecht, tötete drei und verletzte die übrigen vier. Als darauf die feindliche Artillerie in das Gefecht eingriff, fand Theron im Schrapnellhagel den Tod.
Ein anderes Beispiel für herausragende Persönlichkeiten des Burenkriegs war der britische General Horatio Herbert Kitchener. Er kam erst in der Spätphase zum Einsatz und fiel zunächst durch besondere Härte auf.
Um den Buren die Lebensgrundlage zu entziehen, ließ er deren Farmen niederbrennen, die Ernte vernichten und den Boden versalzen. Frauen und Kinder wurden in “Concentration Camps” interniert, wo Tausende von ihnen dem Hunger und Typhus-Epidemien zum Opfer fielen.
Angesichts des Elends wandelte sich Kitcheners kompromisslose Haltung. Nach Kriegsende im Jahr 1902 engagierte er sich sehr für die Belange der Buren und wurde zu einem großen Freund ihrer Führer.
Aus dem Kaiserreich
Die Bewaffnung der Burenarmee bestand vorwiegend aus Mauser-Gewehren und -Karabinern - damals ein Exportschlager: Neben der Türkei und Serbien setzten auch Spanien und die meisten südamerikanischen Armeen auf die in Oberndorf und Berlin gefertigten und stetig verbesserten Waffen.
Die Buren führten meist die Mauser-Modelle 1893/95 und 1895. Diese waren in Erwartung des Konflikts ab 1896 erst von Ludwig Loewe, danach von den Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken in Berlin an die Z.A.R. und den Oranje-Freistaat geliefert worden. Insgesamt hatten rund 44 900 Stück in mehreren Transporten den Weg ans Kap gefunden.
Als der Nachschub mit Waffen und vor allem Munition aus Deutschland schwieriger wurde und dann ganz ausblieb, waren die Aufständischen auf Beutewaffen angewiesen.
Das Modell 1893/95 ist mit dem (in Spanien ordonnanzmäßig geführten) M 1893 fast identisch - bis auf den gebogenen Kammerstängel, den alle Karabiner, aber auch manche Gewehre besaßen.
Neu im Vergleich zum Modell 1891 war das optimierte Magazin des M 1893. Es nahm fünf Patronen auf, die erstmals versetzt angeordnet waren. Dadurch ragte der Tank nicht mehr unten aus der Waffe heraus und war besser geschützt. Und dank der von Paul Mauser erfundenen Ladestreifen konnte das Gewehr schnell und zuverlässig nachgeladen werden.
In der Ausführungsbeschreibung des M 93 gibt das Werk als Schussfrequenz 25 gezielte Schüsse pro Minute an: damals ein unerhörter Wert. Kein Wunder, dass die Waffen aus Deutschland in Vergleichstests regelmäßig ganz vorn lagen.
Burenmauser tragen auf der Schlosshülse die Beschriftung “MOD. MAUSER 1895. LUDW. LOEWE & Co BERLIN.”, “MOD. MAUSER 1896. LUDW. LOEWE & Co BERLIN”, “MOD. MAUSER 1897 Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken Berlin.” oder nur “Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken. Berlin”. Dazu gehört auch der Stempel “OVS” für Oranje Vrij Staat oder “ZAR”, darunter eine Linie und die Seriennummer. Das vorliegende Mauser mit Nummer 5649 gehörte zur dritten Lieferung der DWM an die Z.A.R., obwohl die Waffe mit “OVS” bestempelt ist.
Da die Briten die Häfen kontrollierten, gelangte ein letzter Teil der georderten Gewehre von 4000 Stück (und später der gesamte Munitionsnachschub) nicht mehr an die Besteller. Diese Gewehre gingen nach Deutschland zurück und von da weiter nach Chile, nunmehr versehen mit dem Staatswappen des Andenstaats. (Die später an Chile gelieferten Gewehre vom Modell 1895 sind weitgehend baugleich, abgesehen von der dritten Verriegelung rechts hinter dem Kammerstängel.)
Wie Nummer 5649 zeigt, kamen diese Mausers sorgfältig und aufwändig verarbeitet. Besonders zeigt sich das am Verschluss, der auch bei recht ramponierten Exemplaren meist spielfrei und seidenweich schließt. Auch der Lauf spiegelt diese gediegene Verarbeitung wider.
Das manifestierte sich in einer legendären Schussleistung: In der Regel eröffneten die Buren bereits auf 300 Meter das Feuer. Das konnten die Briten mit ihren Martini-Henry-Einzelladern und Lee-Metford-Repetierern nicht ebenso wirkungsvoll erwidern. Unter anderem auch, weil die Soldaten von Königin Victoria und König Edward VII. nicht auf präzises Einzelfeuer geschult waren - hatte man es doch bisher in den Kolonien mit in Haufen anstürmenden Kriegern zu tun, oft nur mit Schild und Speer bewaffnet.
Ganz anders dagegen die Buren. Es hieß, dass sie vor Eintreffen der Gegner je nach Entfernung verschiedenfarbige Markierungen im Gelände anbrachten und so eine genaue Visiereinstellung vornehmen konnten. Die einfache Bedienung ihrer feuerkräftigen Mauser waren weitere gravierende Vorteile gegenüber den Waffen ihrer Gegner - ebenso auch die Munition.
Die 7 x 57 Mauser
Wie es schien, hatten die schwäbischen Ballistiker auch bei der Patrone alles richtig gemacht. Die 7 x 57 zählt zu den ersten Nitropatronen und erreicht eine Mündungsgeschwindigkeit von 700 Metern pro Sekunde. Eigenschaften, denen Briten, Australier und Neuseeländer am Kap bald hohe Verluste verdanken sollten (wie bereits die Amerikaner auf Kuba im US-Spanischen Krieg von 1898).
Die 7 x 57er Mausers gelten durch die Bank als Präzisionswunder. Ob für Brasilien oder für Chile, ob in Gewehrlänge oder als Karabiner, ob neuwertig oder in Dutzenden Dienstjahren malträtiert - sie treffen alle, solange es der Steuermann drauf hat und der Lauf noch gut ist.
Derjenige des hier vorgestellten Burenmausers aber hat arg gelitten (was auch für das Eingraben spricht). Daher wurde eine baugleiche Waffe mit chilenischem Staatswappen zum Test herangezogen. Das Muster glänzte mit spiegelblankem Laufinnern und ordentlichem Gesamtzustand, folglich waren die Erwartungen hoch.
Schon beim ersten Anschlag fällt die Verwandtschaft zum allbekannten Schwedenmauser auf: Der Schaft liegt trotz der fehlenden Griffrillen gut in der Hand. Aber der Sportschütze vermisst ebenso wie beim Schweden einen Pistolengriff. Der Schaft ist zwischen Abzug und Kolbenplatte etwa zwei Zentimeter kürzer als beim skandinavischen Vetter.
Ein Blick über das einfache, später immer wieder von Mauser modifizierte Leitervisier offenbart dagegen die Probleme, die ältere Schützen mit offenen Visierungen haben: Die V-Kimme in Verbindung mit dem Spitzkorn ist dem militärischen Verwendungszweck geschuldet. Dazu ist der Kimmenausschnitt klein, und das Visierblatt ragt nur wenig über den Handschutz heraus.
Schwierige Lichtverhältnisse machen das Zielen zur Herausforderung. Weil die Mindest-Entfernungsangabe 400 Meter beträgt, schießen die Waffen auf 100 Meter zu hoch - in diesem Fall etwa 15 cm über dem Scheibenzentrum.
Der Abzug steht mit einem Abzugsgewicht von etwas über 3000 Gramm bei sehr geringem Vorweg sauber und ist für sportliche Zwecke bereits “ab Werk” akzeptabel. Wer mehr möchte, wendet sich an den Büchsenmacher; der Aufwand ist gering und das Geld wert.
Per hohem Balkenkorn ist auch die Visierung leicht für sportliche Zwecke anzupassen: Statt über die Standkimme kann nun über die Leiterkimme gezielt werden (Balkenkorn und Kornschieber: Sportarms).
Der probierte 7 x 57er verfeuerte zwei Fabrikpatronen:
- 175 Grains Prvi Partizan, Boattail-Vollmantel
- 175 grs PPC PSP Teilmantel. Außerdem zwei nach DEVA-Vorgaben laborierte Handladungen:
- Geschoss: 150 grs Sierra Matchking, Pulver: 42,5 grs Rottweil R 903, Zündhütchen: CCI 200, Patronengesamtlänge (PGL): 76,2 mm.
- Geschoss: 139 grs RWS SG, Pulver: 43,5 grs Vihtavuori N 140, Zündhütchen CCI-BR 2, PGL: 75,0 mm.
Wiederlader begegnen dem Mauser-typischen Flimmern bei heißgeschossenem Lauf mit entsprechend angepassten Ladungen.
Schon mit Fabrikmunition liefert das Gewehr ordentliche Ergebnisse: Auf 100 m Distanz landeten 10 Schuss mit der günstigen Prvi Partizan auf Anhieb in einem Rechteck von 50 x 90 mm. Respekt!
Höhenstreuung und ein Ausreißer gehen dabei auf das Konto des (älteren) Schützen.
Fazit: Die 7 x 57er Mausers bieten Geschichte und taugen zum Sport. Aktuell finden sich gut erhaltene, nicht nummerngleiche Mauser M 1895 ab etwa 150 Euro - für die handgeschnitzten Burenstücke zahlt man freilich ein Vielfaches.
Apropos - was wurde aus dem Besitzer der gezeigten Waffe, aus C. van Heerden?
Nachforschungen des Burenmauser-Fachmanns Dave C. George ergaben, dass es nicht weniger als drei Milizionäre dieses Namens gab. Wem aus diesem Trio nun die vorliegende Waffe gehörte, ließ sich nicht mehr feststellen. Aber immerhin dies: Alle drei gerieten in englische Gefangenschaft und kamen mit dem Leben davon.
Vorbild für andere Waffen
Nicht nur in Südamerika und Südafrika spielten die 7 x 57er Mausers ihre Stärken aus: Im als “Splendid Little War” bezeichneten Spanisch-Amerikanischen Krieg von 1898 legten sich die USA mit dem schwindenden spanischen Kolonialreich an. Dabei kam es am San-Juan-Hügel zur Schlacht.
700 spanische Verteidiger empfingen den Gegner unter anderem mit einem Geschosshagel aus ihren weittragenden Mausers 1893 - 14 000 anstürmende Amerikaner, darunter der spätere US-Präsident Theodore Roosevelt. Die mit Krag-Jørgensen- und Springfield-Trapdoor-Karabinern gerüsteten Amerikaner verzeichneten in kürzester Zeit 205 Gefallene und über 1100 Verwundete.
Als eine Folge begann das US-Zeugamt mit der Arbeit an einem neuen Ordonnanzgewehr: für rauchlose Munition mit randloser Hülse, mit hoher Reichweite und Durchschlagskraft sowie für Ladestreifen geeignet. So kam es zum Springfield Modell 1903, das viele Konstruktionsmerkmale der Mausers M 1893/95 und 1898 enthält.
Was zu lesen
“Carvings from the Veldt” - zu Deutsch: “Schnitzereien aus dem Feld”, das ist das Thema einer Buchreihe zu dem Zierrat der Burengewehre. Davon gibt es eine schier unendliche Menge: Mal steht da der in groben, ungelenken Lettern eingekerbte Name des Besitzers. Mal finden sich kunsthandwerklich perfekte Arbeiten - die Schrift fein, verschnörkelt und erhaben, der Hintergrund abgesetzt und durch Punzierung abgedunkelt, das Ganze noch mit Arabesken und sonstigen Ornamenten umgeben.
Mitunter steht die Schrift auch in bannerartige Wappen eingebettet. Außer den Namenszügen der Eigentümer und/oder Schnitzer finden sich Verweise auf wichtige Schlachten. Es gibt Staatswappen (außer dem der Z.A.R. auch das des australischen Queensland) und patriotische Sinnsprüche.
Ja, selbst die im Halbrelief ausgeführten Portraits von Queen Victoria, King Edward VII. oder “Oom Paul” Kruger fehlen nicht. Dementsprechend entstanden diese Arbeiten nicht alle durch Laien. Es gab am Kap Fachleute, die sich zumindest halbprofessionell auf das Schnitzen spezialisiert hatten.
Allen Klischees zum Trotz führten Buren und Burghers nicht nur Mauser-Repetierer, sondern noch jede Menge andere Typen. Und auch einige britische Offiziere scheinen Freude daran gefunden zu haben, ihre mitgeführten Privat-Büchsen beschnitzen zu lassen. Mancher Kolonialsoldat ließ auch ins Schaftholz erbeuteter Buren-Waffen Rang, Namen und Regiments-Nr. schneiden.
Und weil manche dieser Soldaten ihre Lee-Enfields bei der Entlassung behalten durften, konnten sie auch ihre Namen einkerben. Insgesamt prangen solche Verschneidungen außer auf Mausers auch auf den Schäften von Waffen der Typen Martini-Henry, Westley Richards, Martini-Metford, Martini-Enfield, Guedes, Mannlicher, Lee-Metford oder Lee-Enfield.
Was lang fehlte, war eine Übersicht zu solchen Waffen und ihrer Geschichte.
Diese Lücke schloss der von all dem faszinierte Journalist und Schriftsteller Dave C. George: Ein gebürtiger, heute im australischen New South Wales ansässiger Südafrikaner, dessen Urgroßvater auch am Burenkrieg beteiligt war. Was Wunder, dass sich George schon als Jugendlicher für die Geschichte dieses Kriegs interessierte. Er begann, neben Waffen und Militaria Bilder von Buren-Waffen zu sammeln und das Schicksal ihrer Besitzer zu dokumentieren.
Nach jahrelanger Recherche und dank der Kooperation der Besitzer der historischen Stücke entstanden bislang zwei Bände mit einer Fülle von Abbildungen von phantasievoll beschnitzten Gewehren (und sonstigen, oft in Kriegsgefangenschaft verschönerten Utensilien), historischen Bilddokumenten sowie umfangreichen Informationen zum Burenkrieg und zur Ausrüstung beider Seiten:
Das erste Werk hat 140 Seiten und bietet über 320 Fotos. Das zweite kommt auf üppige 349 Seiten mit gleich 1400 Bildern - beide gebunden und im A4-Format: Nicht nur für Ordonnanzgewehr-Fans eine Fundgrube, sondern auch für Reenactors (denen sich Dave George ebenfalls widmet) und jedem an Ära und Region Interessierten. Die Bücher gibt es leider nicht direkt im deutschen Buchhandel.
Aber man kann sie bestellen: entweder beim Autor (www.boerwarcarvings.bravehost.com) oder bei der Buchhandlung Jeremy Tenniswood (www.militaria.co.uk).
Ein All4Shooters-Beitrag von