Soviel vorweg: Wer sich mit Gewehren im größtmöglichen zivil nutzbaren Kaliber .50 BMG in der Praxis beschäftigen möchte, braucht einen geeigneten, zugelassenen Schießstand und bewegt sich dabei vor allem nicht nur in der ballistischen, sondern auch in der preislichen Oberliga. Denn das hier vorgestellte Prachtexemplar kostet bereits in der schlichten Basisversion 9.400 Euro und hier sind dann die an unserer Testwaffe vorhandenen Extras wie die klappbare Schulterstütze (370 Euro) oder die justierbaren Bauteile Schaftkappe (330 Euro), -backe (270 Euro) und Erdsporn (230 Euro) noch nicht einmal berücksichtigt.
Auf solch einen extrem leistungsstarken Weitschußgiganten gehört natürlich auch ein entsprechendes Zielfernrohr und das auf unserer AX50 thronende Schmidt & Bender PM II 5-25x56 will mit einem offiziellen Verkaufspreis von 2.893 Euro (inklusive Mehrwertsteuer) berappt sein. Somit kommen also schnell Werte jenseits der 10.000-Euro-Grenze zusammen.
Auch der laufende Unterhalt kann durchaus ein Loch in die Geldbörse schlagen, wenn man bedenkt, dass eine einzige, qualitativ hochwertige Fabrikpatrone gerne mal mehr als 15 Euro kostet!
Auf der anderen Seite möchte man aber beispielsweise auf den aufpreispflichtigen Klappschaft auch nicht verzichten, denn das Transport- und Aufbewahrungsmaß wird von 137 cm auf 111 cm verkürzt, was das Schützenleben einfacher gestaltet.
Unerschütterliche Flexibilität
Aufgrund der durchdachten Schaftkonstruktion und ihren Abmessungen passte die schwere AX50 sofort perfekt im Anschlag, ohne das hier Veränderungen an der Waffe vorgenommen werden mussten. Dennoch können ausreichend feine Justierarbeiten für eine individuelle Anpassung an den Schützen erfolgen. Beeindruckend hierbei ist allerdings noch mehr die Tatsache, dass sich alle Verstellmechaniken als absolut schussfest trotz langer Schussserien mit diesem Hammerkaliber erwiesen.
Das beste Beispiel hierfür ist die Schaftbacke, die ohne Werkzeug fast stufenlos in der Höhe verstellt werden kann. Auch bei größeren Schusszahlen bleibt hier die gefundene Einstellung erhalten, wofür eine Rastmechanik verantwortlich ist, die eine fast stufenlose und präzise Einstellung in der Höhe ermöglicht.
Sobald man hier die Feststellschraube angezogen hat, ist die gefundene Einstellung absolut bombensicher geklemmt. Für ein Anziehen der Klemmschraube benötigt man noch nicht mal viel Kraft, selbst ein leichtes Anziehen ist für einen stabilen Sitz absolut ausreichend. Damit die für die Einstellung verantwortliche Rändelschraube auch nicht verloren gehen kann, ist sie gegen Herausfallen gesichert.
Zwar schien uns zunächst die Länge der Wangenauflage etwas kurz bemessen, aber im Praxistest fanden wir schnell raus, dass hier der erste Eindruck täuschte. Der Kopf konnte optimal positioniert werden, was den Testablauf deutlich vereinfachte. Die Schaftkappe lässt sich ebenfalls ohne Werkzeug justieren, indem der Schütze sie einfach nur anhebt. Sobald die Kappe wieder losgelassen wird, rastet sie in der nächstmöglichen Position wieder ein.
Mit dieser Kappe lassen sich Rastungen in 10-Millimeter-Schritten realisieren, was angesichts des Einsatzzweckes der AX50 absolut ausreichend ist. Die Schnellverstellung der Kappe erleichterte uns später auch den Praxistest, denn bei anstehenden Anschlagswechseln musste ihre Position häufig geändert werden. Im liegenden Anschlag wurde meist in der höchsten Kappenstellung geschossen, da hier die Schulter höher liegt, und im sitzenden Anschlag bevorzugten wir meist die mittlere Einstellung.
Stabilbaukasten
Die brandaktuelle AX50 baut auf dem seit der Jahrtausendwende kampferprobten Artic Warfare (AW) 50 aus gleichem Hause auf und kombiniert diese Basistechnik mit den besonderen Ausstattungsmerkmalen der neuen AX Baureihe, die auf Wunsch von professionellen Anwendern aus der Behördenwelt entstand. Die AX Serie des britischen Herstellers ist vor allem an dem neuen, den Lauf ummantelnden Achtkanthandschutz erkennbar und wurde im Vergleich zu den Vorgängern vor allem auch in ergonomischer Hinsicht verbessert.
Ein Accuracy International AX 338 im Kaliber .338 Lapua Magnum konnten wir bereits in der Vergangenheit auf 100 und 300 Meter erproben. Der aus einem hochlegierten Werkzeugstahl gefräste, mächtige Systemkasten der AX 50 mit einer Länge von 33 cm ist mit seiner planen Unterseite permanent mit dem Leichtmetallchassis verschraubt, verkeilt und geklebt, um eine höchstmögliche Stabilität und Wiederholgenauigkeit im Schuss zu erreichen.
Eine Demontage dieser Einheit in Eigenregie des Schützen ist herstellerseitig nicht vorgesehen.
In dem massiven Systemkasten sitzt die ebenfalls aus hochfestem Stahl bestehende, 28 cm lange, kannelierte Verschlusskammer mit einem Durchmesser von 3 cm sowie sechs Verriegelungswarzen in zwei Reihen. Der 27" lange Lauf aus rostträgem Stahl mit 1-15" Drall wird mit einer Gewindelänge von 39 mm in den Systemkasten eingeschraubt. Auf dem Feingewinde an der Mündung sitzt eine zusätzlich geklemmte und verschraubte Zwei-Kammer-Mündungsbremse, die ihre Effektivität im späteren Praxistest unter Beweis stellte.
Der in einem Bereich von 1.500 bis 2.000 Gramm justierbare Druckpunktabzug war werksseitig auf 1.828 Gramm eingestellt. Hierbei überzeugte die abgekapselte Abzugseinheit, die nach dem Lösen von zwei Schrauben demontiert werden kann, trotz der satten Klinkenüberschneidung durch eine sehr saubere Charakteristik sowie durch hohe Schussfestigkeit, denn auch nach ausgedehnten Serien waren keinerlei Abzugsgewichtsschwankungen spür- oder messbar.
Anstelle der Dreistellungssicherung am typisch eckigen Schlößchen am Heck der Verschlusskammer der AX 338 besitzt die AX 50 eine Zweistellungsflügelsicherung auf der rechten Systemkastenseite. Die Sicherung funktioniert nur bei gespanntem System (Schlagbolzen tritt am Verschlusskammerheck aus) und blockiert im aktivierten Zustand (Sicherung auf hinterer "S" wie "Safety" Position) den Schlagbolzen sowie die Verschlusskammer.
Abgerundet wird das Sicherheitssystem durch drei großzügig dimensionierte Gasentlastungsbohrungen auf beiden Systemkastenflanken sowie in der Verschlusskammer, die durch prägnante Kunststoffsiegel in Signalrot abgedeckt sind, die das Eindringen von Schmutz und somit potentielle Funktionsbeeinträchtigungen verhindern sollen. Sollte in einem "worst case" Szenario, aus welchen Gründen auch immer, übermäßiger Gasdruck im System auftreten, werden die ausströmenden, heißen Gase weit weg vom Schütze sicher abgeleitet.
Montageplatz satt
Auf dem mächtigen Systemkasten thront eine extrem lange Montageschiene, die viel Spielraum für die Positionierung der Zieloptik offeriert, so dass wir unser PM II Testzielfernrohr mittels der einteiligen Accuracy International Montage ganz nach Maß und individueller Vorliebe anbringen konnten.
Das lange Profilrohr, das den Lauf ummantelt, ist ebenfalls mit dem Leichtmetallchassis verbunden und sorgt konstruktionsbedingt im Vergleich zum AW 50 Vorgänger für einen geringeren Abstand zwischen der Laufseelenachse und der Vorderschaftpartie. Dies birgt schießtechnische Vorteile, denn in Verbindung mit einem kurzen Harris Zweibein, das bei unserer Testwaffe bereits im Lieferumfang enthalten war, kann ein niedriger, stabiler Liegendanschlag realisiert werden. In die Schlüssellöcher des verwindungssteifen Handschutzsystems können Montageschienen unterschiedlicher Baulänge geschraubt werden, so dass sich Zusatzausrüstung ganz nach Wunsch und Bedarf sehr flexibel anbringen lässt.
Wiederladen der .50 BMG
Vor allem durch die schnelle, unbürokratische Unterstützung des deutschen Munitionslieferanten für Behörden, MEN aus Nassau, wurde dieser umfangreiche Test erst ermöglicht, denn das Unternehmen stellte uns ausreichend frische Hülsen in 12,7x99 mm zur Verfügung, so dass wir mit den aus dem vollen Kupfermaterial mittels CNC Maschinen herausgearbeiteten Jaguar Matchgeschossen unsere Handlaborierungen erstellen konnten.
Hierbei ist einfach alles etwas größer und schwerer, wenn man bedenkt, dass man mit Pulverchargen von über 15 Gramm und Geschoßgewichten im 50 Gramm Bereich laboriert. Letztendlich arbeiteten wir während des Testverlaufs mit sieben verschiedenen .50 BMG Munitionssorten, drei Fabrik- und vier Handlaborierungen, in einem Geschossgewichtsbereich von 629 Grains (40,8 Gramm) bis 765 Grains (49,7 Gramm).
Unser besonderer Dank gebührt neben MEN aber auch RUAG Ammotec in Fürth, denn auf dem 500-Meter-Indoor-Schießstand des Unternehmens konnten wir unsere Erprobungen durchführen.
Auf dem Schießstand
Im Vergleich zu Konkurrenzmodellen setzt Accuracy International übrigens einen recht "kurzen" Lauf ein, denn bei Fabrikaten wie der McMillan TAC 50 oder auch der Desert Tactical Arms HTI werden um zwei Zoll längere 29" (737 mm) Läufe verbaut, was sicherlich etwas mehr Geschwindigkeit bringt.
Auf der 100-Meter-Bahn war die AX50 mit unseren hart geladenen, (zu) schnellen Fabrik- und Handlaborierungen einfach unterfordert, so dass nicht wirklich brauchbare Streukreise produziert werden konnten. Wesentlich erfolgreicher waren wir hier mit einer "reduzierten" Pulverladung von 210 Grains 20N29 Vihtavuori, die das 765 Grains schwere Jaguar Vollkupferprojektil nur auf 558 m/s beschleunigte, uns aber mit einer 5-Schuss-Gruppe von 18 mm belohnte. Diese "schlappe" Munition auf 500 Metern zu testen, hätte absolut keinen Sinn gemacht, weil hier der im Vorfeld berechnete Geschossfall deutlich zu groß gewesen wäre. Aus diesem Grund haben wir uns bei dem 500-Meter-Test auf die härteren Laborierungen beschränkt.
.50 BMG – ein Konzentrationskiller
Trotz oder wegen des hohen Wirkungsgrades der Mündungsbremse ist der Rücklaufweg einer .50 BMG Büchse im Anschlag nicht ohne. Das Gewehr schiebt den Schützen im Schuss einfach nach hinten, ohne daß dieser gegen diesen Effekt etwas unternehmen kann.
Weil also vor allem der Rückstoß und auch die enorme Druckwelle den Schützen sehr stark beeindruckt, kann die Patrone .50 BMG schon als "Konzentrationskiller" bezeichnet werden.
Allerdings werden derlei "Anti-Material-Waffen" auch nicht für das Schießen von Minigruppen konzipiert. Hinzu kommt, dass aufgrund der riesigen Geschossmassen von bis zu 50 Gramm und der üppigen Lauflängen die Projektildurchlaufzeit wesentlich länger als bei Büchsen in anderen Standard- und Magnumkalibern ausfällt. Das bedeutet wiederum, dass der Schütze viel Zeit und Möglichkeiten hat, den Schussablauf und damit die Schussleistung negativ zu beeinflussen.
In .50 BMG mit 50 Gramm Geschossgewichten bemerkt man als erfahrener, sensibler Gewehrschütze sogar die Drallrichtung, wenn das Geschoss im Lauf Fahrt aufnimmt. Aus diesen Gründen ist es sehr wichtig, dass der Rücklaufweg der Waffe im Anschlag vom Schützen möglichst wiederholgenau und kontrolliert gestaltet werden muss.
Entscheidend für den kontrollierten Rücklaufweg sind die Gewehrauflage und die richtige Anpassung der Waffe an den Schützen und hier lässt die AX50 keine Wünsche offen. Dennoch konnten wir aufgrund der massiven Begleiterscheinungen im Schuss immer nur gute Dreier-Gruppen realisieren und mit dem vierten und fünften Schuss schlichen sich dann wieder schützenbedingte Ausreißer ein, die den Streukreis deutlich vergrößerten.
Auf der 500-Meter-Bahn konnten wir unsere beste Drei-Schuss-Gruppe von 40 mm mit der speziellen RUAG 629 Grains Kurzbahnmunition erreichen, was von der Leistungsfähigkeit der Waffe zeugt. Bei dieser Spezialmunition für schwere Maschinengewehre und militärische Schießstände fällt aufgrund des Gasdrucks die Kunststoff-Geschossspitze im Schuss ab, so dass nur ein in aerodynamischer Hinsicht armseliges "Wadcutter" Projektil mit stärkerem Geschossfall, geringerem Gefährdungsbereich und einer Einsatzweit von 600 Metern übrig bleibt.
Der stärkere Geschossfall machte sich auch auf der Scheibe bemerkbar, denn hier lag das erste Trefferbild rund zwei Meter tiefer. Beim Schießen merkt man eigentlich nicht viel davon, dass man "nur" mit einer Kurzbahnpatrone schießt, denn der Rückstoß ist aufgrund der vollen Pulvercharge auch hier nicht gerade ohne. Das ist auch der Grund dafür, warum es auch hier nicht ganz ohne Ausreißer ging.
Das während der Erprobungen genutzte, kurze Harris Zweibein überstand den 100- und 500-Meter-Praxistest ohne jegliche Probleme. Nur überstiegen die Torsionskräfte, die beim Schuss auftreten, die Anzugskräfte des Feststellgriffes, mit dem das Zweibein geklemmt werden kann. Nach einigen Schussgruppen musste man den Griff immer wieder nachziehen, um das Drehgelenk wieder sicher zu klemmen. Die auftretenden Torsionskräfte sind beim Geschossdurchlauf so groß, das man es als Schütze sofort wahrnimmt, wenn die Klemmung des Drehgelenkes sich zu lösen beginnt.
Kleiner Ratschlag für Gewehrschützen: Im Rahmen dieser Erprobungen arbeiteten wir auch mit der ballistischen Software der US-Firma "Gun Sim", die unter www.gunsim.com auch kostenlose Applikationen der Grundversion des Ballistikprogramms für Smartphones offeriert.
Im Rahmen des 500-Meter-Tests verglichen wir die im Vorfeld von der Software angegebenen Daten zu den Geschossflugbahnkurven mit den tatsächlich auf dem Schießstand ermittelten Daten und stellten fest, dass das Gun-Sim-Programm, mit dem auch Windeinflüsse berechnet werden können, recht exakt funktionierte.
Das neue Accuracy International Scharfschützengewehr AX 50 ist eine beeindruckende Erscheinung, die in Sachen Verarbeitungsniveau, Abzugskultur, Schussfestigkeit der Verstellmechaniken sowie Präzision keine Wünsche offen lässt. Da wünscht man sich nur, häufiger mit diesem Giganten auf Weitdistanzen trainieren zu können, um seine eigene Leistungsfähigkeit zu verbessern.
Viel Spaß beim Video:
Ein All4Shooters-Beitrag von