Der Trend kommt aus den USA. Was sich im militärischen und behördlichen Bereich oder auch im Leistungssport an Zubehör und Ausrüstung bewährt hat, findet nun häufig auch Anklang in der jungen und aufgeschlossenen Jägerschaft. Das reicht von Bekleidung über Optiken bis hin zu Waffenhalterungen und -auflagen. So lassen viele Jäger inzwischen den altbewährten Zielstock in der Ecke stehen und nutzten lieber moderne Zielstöcke oder auch sogenannte Schieß- oder Waffenstative (Tripods), wie sie schon länger speziell im dynamischen Long Range-Schießen Verwendung finden. Genau um so ein solches Dreibeinstativ geht es im folgenden Testbericht.
Die technischen Merkmale des Waffen-Dreibeins KJI K800 CF
Auf den ersten Blick erinnert das KJI K800 CF an ein hochwertiges Dreibeinstativ aus dem professionellen Foto-/Videobereich. Das ist kein Wunder, denn dort kommt es ebenso auf einen möglichst festen und wackelfreien „Schuss“ an wie bei der Jagd und beim Schießsport im Allgemeinen und insbesondere auch im militärischen und behördlichen Bereich. Genau hier hat das auf Waffenstative und -aufnahmen spezialisierte US-Unternehmen seinen Ursprung. KJI wurde 2012 von zwei Berufswaffenträgern gegründet, die den Bedarf an Waffenhalterungen und Stativen erkannten, die die nötige Stabilität beim Schießen bieten, die Polizeieinsatzkräfte, militärische sowie sportliche Präzisionsgewehrschützen für ihre Zwecke benötigen. Und ja: das macht auch für Jäger Sinn – vor allem wenn die Gerätschaften leicht genug sind. Doch dazu später mehr. 2019 erfolgte die Übernahme von KJI durch Sellmark. Über deren bulgarischen Vertriebspartner Zarimex kommen die KJI-Produkte nun auch in den europäischen Groß- und Fachhandel − in Deutschland bedient der Grossist Fritzmann den Einzelhandel. Dabei hat sich der neue Eigentümer Sellmark für die Marke KJI weiterhin das strikte Ziel gesetzt, auch zukünftig hochwertige Stative und Waffenhalterungen zu fertigen und zu entwickeln, um die die Präzision beim Schießen mit Langwaffen zu verbessern und Ermüdungserscheinungen beim Schützen oder Jäger entgegenzuwirken.
Was bringt dem Jäger ein leichtes Dreibeinstativ? Was kostet das KJI K800 CF? Und was ist eigentlich ein Reaper Grip?
Fragen über Fragen, die wir Schritt für Schritt klären möchten. Beim KJI K800 CF handelt es sich um ein besonders leichtes, für den professionellen Bereich konzipiertes Dreibeinstativ. Die Beine gliedern sich jeweils in vier Rohrsegmente, die auch die aus extrem leichten, aber dennoch sehr stabilem und verwindungssteifen Kohlefaserverbundstoff gefertigt werden. Daher rührt auch das Kürzel „CF“ für Carbon Fiber in der Modellbezeichnung des KJI K800.
Die Beinsegmente bestehen aus Teleskoprohren, die durch Hebelklemmen aus Kunststoff fixiert werden. Die Klemmkraft der Kunststoffhebel lässt sich jeweils mittels einer Inbusschraube regulieren. Bei unserem Testmuster fielen die Beine nach dem Lösen der Klemmen jeweils komplett allein durch die Schwerkraft hinaus. Ebenso genügte es zum kompletten Einfahren der Beine das Stativ mit geöffneten Klemmen kopfüber zu halten. Dieses freilich nur bei angeklappten und nicht bei weit abgespreizten Beinen.
Die Schnittstellen der Stativbeine am Mittelstück verfügen über jeweils drei vorgegebene Winkeleinstellungen. Diese liegen bei rund 25°, 50° sowie 72°. Sowohl das Mittelstück als auch die Scharniere bestehen aus einer Aluminiumlegierung. Die Einstellung des gewünschten Winkles erfolgt jeweils durch U-förmige Metallschieber am Scharniergelenk des Beines. Nach unten werden die Stativbeine jeweils durch einen eingeschraubten spitzkegeligen Gummi-Stopper abgeschlossen. In der 25°-Stellung auf waagerechtem Untergrund beträgt die Stativhöhe bis zur Grundplatte zunächst 1.286 mm. Durch zusätzliches Ausziehen der Mittelsäule kann die Gesamthöhe auf rund 1.600 mm erhöht werden. Wer den Beschwerungshaken am unteren Ende der Mittelsäule abschraubt, kann das Aluminiumrohr noch um weitere 25 mm herausziehen und so die Herstellerangabe der Maximalhöhe von 1.625 mm erreichen. Bei Bedarf lässt sich das KJI K800 CF entsprechend eingefahren als Kniend- oder sogar als Liegend-Stativ mit einer Mindesthöhe von nur 190 mm (plus Waffenaufnahme) nutzen. Für den Einsatz im Liegen müssen dann die Beine des Stativs im maximalen Winkel abgespreizt und zudem auch das untere Ende des zweigeteilten ausziehbaren Mittelrohrs abgeschraubt werden. Mit zum Transport gänzlich eingefahren Beinen schrumpft das Packmaß auf 502 mm. Die passende Transporttasche liefert KJI hier gleich mit.
Apropos Beschwerungshaken: Das Teststativ selbst brachte 1.725 g auf unsere Paketwaage und ist laut Hersteller für eine Belastung von 9 kg optimiert. Im Test machte das KJI K800 CF aber einen sehr soliden Eindruck, sodass der Hersteller hier sicher noch eine gute Portion Sicherheitszuschlag abgezogen hat und der Jäger keine Angst haben muss, wenn er seine mit Zielfernrohr und Vorsatzgerät bestückte Büchse und auch noch einen Stativkopf mit robuster Waffenauflage obendrauf setzt. Und auch, wenn er zum Beschweren des Ganzen noch seinen Jagdrucksack unten an den Haken hängt, sollte es keine Probleme geben, da die Gesamttragfähigkeit des Stativ mit rund 45 kg angegeben wird.
Preislich reiht sich das Stativ mit einem UVP von 479,- Euro ganz klar im Premiumsegment ein. Dazu kommen dann noch die Kosten für eine entsprechende Waffenhalterung. Das weiß natürlich auch der Hersteller und bietet eine solche mit dem KJI Reaper Grip gleich im Set mit dem KJI K800 CF an. Für beide Teile zusammen liegt der UVP dann bei 749,- Euro. Wer den Reaper Grip einzeln kaufen möchte, muss dafür derzeit 479,99 Euro einkalkulieren. Damit spart der Käufer des Sets gegenüber dem Einzelkauf rund 180,- Euro.
Warum der KJI Reaper Grip mehr ist, als nur eine einfache Waffenhalterung für den KJI K800 CF Tripod:
Die Waffenhalterung KJI Reaper Grip besteht aus einem Stativkopf, der um 360° in der Horizontalen frei drehbar auf einer Grundplatte sitzt. Bei Bedarf kann der Widerstand für die horizontale Drehfunktion mithilfe einer seitlich am Stativkopf angebrachten Rändelschraube mit Nylonspitze erhöht werden. Um den KJI Reaper Grip gänzlich in der Horizontalen festzustellen, gibt es eine Schnellarretierung. Diese Arretierung sitzt der Feststellschraube gegenüber und arbeitet mit einem federbelasteten Sperrbolzen, der in eine von vier im Abstand von 90° angeordneten Bohrungen greift. Diese Art der Fixierung sollte auch genutzt werden, wenn der Kopf auf das Stativ geschraubt wird, um die Nylonschraube und den Drehkopf zu schonen. Als Handhabe verfügt der Sperrbolzen über einen geränderten Kunststoffknopf. Zum Entriegeln des Sperrbolzens muss dieser lediglich nach außen gezogen und durch eine leichte Drehung in einer Raste geparkt werden. So kann dann, bei ebenfalls gelöster Feststellschraube, der Stativkopf frei auf der Grundplatte gedreht werden.
Beim Stativkopf des KJI Reaper Grips handelt es sich um ein Aluminiumfrästeil, das sehr robust und massiv wirkt. Nach oben hin bildet er ein Scharniergelenk aus, das es erlaubt, die im Reaper Grip eingespannte Waffe um insgesamt etwa 115° in der Vertikalen zu neigen. Ganz nach vorne gedrückt steht die Waffe dann nahezu senkrecht mit der Mündung nach unten im Stativ und ganz nach hinten geneigt weist der Lauf dann etwa im Winkel von 15° nach oben. Am Scharniergelenk befindet sich ein als Klemmschraube ausgelegter Griff. Mit diesem können nicht nur alle Bewegungen des Reaper Grips gesteuert werden, er dient auch zur Einstellung des für die Vertikalbewegungen nötigen Kraftaufwandes. Der Hebel besitzt ein für hiesige Verhältnisse ungewohntes Linksgewinde. Das heißt: um die Klemmwirkung auf der Scharnierachse zu erhöhen, muss der Jäger den Hebel hier, wie ein Pfeil mit der Inschrift „Tighten“ verrät, gegen den Uhrzeigersinn in das Gelenk hineindrehen.
Linksgewinde kennen die meisten Jäger allenfalls von den Anschlüssen der Propangasflasche an den Gasgrill oder -radiator, ansonsten ist so etwas bei uns eher unüblich. Und deshalb sollte man den Umgang mit dem Reaper Grip unbedingt schon mal trocken üben, bevor man damit ins Revier oder auf die Schießbahn geht. Von Haus aus sitzt das Scharnier übrigens so auf der Welle, dass sich selbst leichte Waffen darin einfach und bequem bewegen lassen, aber auch schwere Waffen-Optik-Kombinationen ihren Neigungswinkel nicht ungewollt von alleine ändern.
Das Herzstück des KJI Reaper Grips bildet eine Klemmhalterung, die die Waffe am Vorderschaft von beiden Seiten wie in einem Schraubstock einspannt. Dabei erinnern die Backen dieses Schraubstocks eher an klauenartige Kämme mit jeweils drei Gummi armierten Fingern. Die Gummiarmierung weist dabei eine raue und sehr griffige Textur auf, die auch edle Holz- oder Lackschäfte sicher hält, ohne dabei irgendwelche Schäden zu verursachen. Für den nötigen Schutz des Schaftes von unten sorgt eine glatte Elastomereinlage auf der Bodenplatte des Grips. Zum Klemmen dient eine hinreichend groß dimensionierte Schraube mit dreistrahligem Sternkopf aus robustem Aluminium. Die Bodenplatte selbst wird von vier starken Senkkopfschrauben am Scharnier gehalten und kann für Linksschützen bei Bedarf um 180° gedreht werden. Dazu müssen nur die besagten vier Schrauben heraus und nach dem Umsetzen der Platte wieder hinein geschraubt werden.
Die Höhe der Waffenauflage an sich beträgt rund 116 mm über der Grundplatte des jeweils verwendeten Stativs. In der Klemmhalterung des Reaper Grips können Waffen mit einer Schaft- oder Chassisbreite von 40 bis 71 mm eingespannt werden. Wobei die 71 mm das Maß für die Schaftunterseite darstellen, die Klemmbacken oben aber nur 64 mm auseinander stehen. Sollten die Gummiarmierungen an den Haltekämmen einmal verschlissen sein, können diese, einfach wie Handschuhe über die Klauen gezogenen Schutzüberzüge, leicht ausgewechselt werden. Neben dem bereits erwähnte Kunststoffknopf am Sperrbolzen für den Stativkopf verbaut KJI am gesamten Reaper Grip nur noch ein weiteres Plastikteil. Dabei handelt es sich um die Rändelschraube, die als Schutzkappe für das Scharniergelenk fungiert, ansonsten keine weitere Funktion besitzt, und nur zur Wartung abgenommen werden muss. KJI setzt hier also auf eine Konstruktion, die größtenteils auf robusten und langlebigen Metallteilen basiert. Das schlägt sich allerdings auch im Gewicht des 174 mm langen, 153 mm breiten und insgesamt 163 mm hohen Reaper Grips nieder, der beim Testmuster satte 1.155 Gramm auf die Waage brachte. Das Reaper Grip System ist für 3/8“-Stativgewinde ausgelegt – KJI liefert aber auch einen Adapter für ¼“-Stativgewinde mit.
Unser Testfazit zum KJI K800 CF Tripod und KJI Reaper Grip Kit:
Der KJI Reaper Grip erwies sich in unserem Test als ideale Ergänzung zu dem ultra-leichten KJI K800 CF. Zum stabilen Waffenstativ mit Klemmhalterung vereint bringt die im Kit erhältliche Kombi deutlich weniger als 3 Kilo auf die Waage. Damit eignet sich die Kombination von KJI insbesondere für den Einsatz bei Bewegungsjagden mit über mehrere Stunden gehenden Treiben, bei denen dem Jäger ein fester Standplatz zugewiesen wird. Bei solchen Jagden können die Waffen schon aufgrund der möglichen Erschöpfung nicht permanent in der Bereitschaftshaltung gehalten werden. In der Praxis heißt das: Die Waffe wird oft an den nächsten Baum angelehnt oder auf dem Rucksack abgelegt und man wartet auf das anlaufende Wild. Sind wir ehrlich: Besser ist hier in jedem Fall die Nutzung eines Stativs, auf dem die gesicherte Büchse bereits grob in die zu erwartende Richtung, aus der das Wild kommen sollte, verharrt. Zumal das KJI 800 in Verbindung mit dem Reaper Grip in unserem Praxis-Check alle Anforderungen in Sachen einer stabilen und wackelfreien Waffenauflage, die sich zudem sehr schnell in Schussrichtung drehen lässt, erfüllt hat. Lediglich der gegen den Uhrzeigersinn zu drehende Feststellhebel am Reaper Grip für die vertikale Waffenausrichtung Bedarf einiges an Umgewöhnung und auch an Übung, damit es im Eifer des Jagdgeschehens hier nicht zu einer hausgemachten Erschwernis im wahrsten Sinne des Wortes kommt, weil man das subjektiv zu schwergängige Scharnier hier versehentlich noch schwergängiger macht oder gar blockiert. Wenn man die passende Einstellung immer bereits beim Einrichten des Stativs vornimmt, lässt sich das ganz einfach vermeiden. Dank der schnell lösbaren Klemmen an den Beinen bereiteten diese weder beim Aufbauen und Einrichten des Stativs noch beim späteren Wiedereinfahren irgendwelche Probleme. Auch beim schnellen Umsetzen des Stativs im Bereich des zugewiesenen Standes ließen sich die Beine – auch bei abschüssigem und unebenem Gelände - schnell so positionieren, dass wieder ein sicherer und stabiler Anschlag gefunden werden konnte. Alles in allem erscheinen die unverbindlichen Preisempfehlungen von jeweils knapp 480,- Euro für den KJI Reaper Grip als auch für das KJI K800 CF fair kalkuliert. Wer beide Teile kaufen möchte, sollte daher unbedingt zum Kit-Angebot für 749,- Euro (UVP) greifen, bei dem man fast 180,- Euro spart.
Und noch eine letzte Anmerkung zum Preisniveau: Wer meint, dass die hier genannten Preise teuer sind, der sollte sich zum Vergleich einmal die aktuellen Preise der Premiumhersteller von Foto- und Videostativen für Carbon-Dreibeine und hochwertige Stativköpfe anschauen – dort werden weitaus höhere Summen für ähnliche Stativkonstruktionen aufgerufen.
Weitere Informationen zum KJI K800 CF dem Reaper Grip und anderen KJI-Produkten finden Sie auch hier auf der KJI-EU-Webseite.