Neue Messermarke MotherGreen: Der Hersteller und die Messer für Jäger und Outdoor-Fans im Porträt

Forscht man in den Lebensläufen von Erfindern, Konstrukteuren oder Wissenschaftlern nach, wie sie zu ihren bahnbrechenden Ideen gekommen sind, findet man mitunter Hinweise auf Alltägliches: Isaac Newton kam seine Erkenntnis zur irdischen Schwerkraft, als ihm ein Apfel auf den Kopf fiel. Hiram Percy Maxim sah sich durch die Strudelform des aus der Badewanne ablaufenden Wassers zum Aufbau seiner Schalldämpfer inspiriert. Und Samuel Colt verdankt die Idee zu Transport und Arretieren der Revolvertrommel dem Blick auf ein Ankerspill. 

So eindeutig war es nicht bei Judith und Thomas Kurz, den Gründern des neuen Messerherstellers MotherGreen aus dem niedersächsischen Lehrte: "Das war ein längerer Prozess, der sich über mehrere Jahre erstreckte", erzählen die beiden. "Es begann damit, dass wir über ein Vierteljahrhundert hinweg selber Messer gesammelt haben, unter anderem solche von Puma. Der nächste Anreiz bestand darin, etwas Feststehendes zur Jagd zu haben. Zuerst haben wir es nur mit dem Vertrieb anderer Marken versucht, aber da allein sahen wir kein Auskommen, zumal die Internet-Konkurrenz sehr mächtig ist. Und so entstand die Idee, etwas Eigenes zu gestalten."

Feststehendes für die Jagd: Neuer Messerproduzent MotherGreen

Neue Messermarke MotherGreen: Der Hersteller und die Messer für Jaeger und Outdoor-Fans im Portraet
Robuste Jagdmesser für große und kleine Hände – das ist das Konzept hinter den MotherGreen-Modellen Hunter Man und Hunter Women.

Aber auch das ließ sich nicht von jetzt auf gleich umsetzen. Es dauerte gut zwei Jahre, bis die Entwicklung zu einem ersten marktreifen Produkt abgeschlossen war. "Beim Modell Dachs hatten wir eine Vorbereitungsphase zwischen einem halben Jahr und acht Monaten, in der es vom ersten Entwurf über Laser-Zeichnungen bis hin zum ersten verkaufstauglichen Muster ging." Im Lauf dieser Entwicklungsphasen fragen Judith und Thomas Kurz immer wieder bei versierten Jägern nach und nutzen auch Kontakte zu Personen, die als Vertriebsspezialisten und Designer auf jahrzehntelange Erfahrung in der Messerindustrie zurückblicken können. 

Und jetzt, sozusagen im Unruhestand, unterstützen sie das Projekt. Auf diese Weise entstand auch der Kontakt zu der Hersteller im spanischen Messer-Eldorado Albacete, bei der die MotherGreen-Messer gefertigt werden. Das Label umfasst derzeit die serienreifen Grundmodelle Big Tom, Enok, Dachs, Hunter Man und Hunter Women. Und angedacht sind Big M, little Tom und small Tom.

Den Unterschieden in Größe und Design zum Trotz haben diese feststehenden Messer Gemeinsamkeiten. Allen voran dies: Es sollten vor allem Messer für die Praxis sein, "extrem scharf und schnitthaltig, dabei grundsolide und robust gebaut, darauf ausgelegt, ein Jägerleben lang zu halten", so Judith Kurz. 

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Die Macher: Judith und Thomas Kurz, selber begeisterte Messerliebhaber – bei der Jagd und zuhause beim Planen ihrer Messerprojekte.

MotherGreen-Messer: Designet für den langen Einsatz auf der Jagd

Nächste Gemeinsamkeit: das Material. Alle Klingenblätter bestehen aus dem Stahl 440C, gehalten in Stärken von 4,7 bis 5,6 Millimeter. Bei diesem Werkstoff handelt es sich um einen sogenannten martensitischen Stahl mit rostträgen Eigenschaften. Die bei seiner Legierung dem Eisen beigefügten Bestandteile umfassen Kohlenstoff (0,95 bis 1,2 Prozent), Chrom (16 bis 18 Prozent) und Molybdän (0,75 Prozent). Wer auf die hiesigen Werkstoffdatenblätter blickt, findet diese Sorte unter der Bezeichnung 1.4125 (X105CrMo17) aufgeführt. 

Die Geschichte dieses in den USA entwickelten Materials reicht bis in die 1930er Jahre zurück, auch wenn sich nicht mehr exakt klären lässt, welcher Metallurge aus welcher Stahlfirma dafür verantwortlich zeichnete. Jedenfalls traf das Ehepaar Kurz die Entscheidung dafür bewusst: Es handelt sich dabei um eine Stahlsorte, die angesichts immer neuer Legierungen den Status-Wandel vom einstigen High-End-Material hin zu etwas durchlief, das heute als etwas altbacken eingestuft wird. Das geschah unter anderem auch, weil sich 440C bei sehr vielen massengefertigten Messern fand und findet. 

Fragt man aber bei Messermachern, bei Outdoor- und Jagdpraktikern und auch bei Industrie-Vertretern, dann erfährt man flugs, dass 440C nach wie vor etwas Besonderes mitbringt – nämlich die Kombination dreier wichtiger Eigenschaften: Er verfügt über eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Rost, er gilt (bei entsprechender Behandlung) als sehr schnitthaltig und er lässt sich sehr gut nachschärfen, wobei die Rockwell-Härte für 440C idealerweise bei einem Wert von 57 bis 58 HRC liegt – so auch hier. Und wie die fünf seitens der Redaktion geprüften MotherGreen-Stücke belegten, kamen sie samt und sonders à la Rasiermesser geschärft.

Robust bis in die Details: Messer von MotherGreen

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Das Big Tom: ein Abfangmesser mit 220 Millimeter langer, zirka 5 Millimeter dicker Klinge und einem Fingerrillen-Griff. Hier mit Mooreiche – es gibt auch Hirschhorn.

Dritte Gemeinsamkeit: Auch Backen und Griffnieten bestehen aus Stahl – an den MotherGreen-Messern finden sich weder Messing noch Neusilber oder sonstige Weich- und Buntmetalle. Auffällig auch: Es gibt bei jedem der Messer nicht nur einen Handschutz zur Klinge hin, sondern auch einen Stahlabschluss am Griffende. Das erhöht natürlich die Stabilität dieser Partie deutlich. 

Die Griffschalen bestehen aus Hirschhorn oder Mooreiche: Bei den Hirschhorn-Versionen ist der Stahl hochglanzpoliert, bei denjenigen mit Mooreiche matt gebürstet. Verarbeitet zeigt sich alles sehr ordentlich: Bei jedem gesichteten Stück mit sauber mittig angesetzter Schneide, die Passungen fast ritzenfrei, einige minimale Kanten zwischen Stahl und Horn/Holz konnte der Tastsinn hier und da erspüren. Aber wie schön, einmal serienmäßig verarbeitetes Hirschhorn in die Finger zu bekommen, das sorgsam angepasst ist und zudem so fein geschliffen und poliert, dass es sich regelrecht handschmeichlerisch anfasst.

Die MotherGreen-Messer kommen mit "unserem Anspruch entsprechend robust ausgeführten Sattellederscheiden." Letztere verdienen auch einige Worte: Ihr Hauptteil besteht aus einem langen Stück Leder, das zweimal gefaltet wird: Einmal oben zwecks Gürtel-Trageschlaufe, dann unten im Ort, wodurch sich hier eine Öse ergibt, um etwa einen Riemen durchzuziehen. An der Vorderseite reicht das Leder bis weit über den Handschutz hinaus nach oben – hat man also den Druckknopf der Sicherungsschlaufe geschlossen, zeigt sich der Griff auch gegen Stöße geschützt. Damit die Messer die schwarz gehaltenen Scheiden nicht zerschneiden, gibt es eine umlaufende Nahtzwischenlage (Keder).

Acht Messermodelle von MotherGreen für Jagd und Outdoor

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Der Vergleich zeigt die Größenunterschiede der Mother-Green-Messer: neben dem kleinen Dachs sieht man das große neue Modell Big M.

Wer sich die Messer anschaut, findet mit dem Modell Big Tom ein wuchtiges Abfangmesser, 350 Millimeter lang, dazu eine Klingenlänge von 220 Millimeter, alles zusammen knapp 550 Gramm schwer, zudem versehen mit einem umfänglichen Griff. Thomas Kurz: "Es ging uns bei dem Thema um ein massives Messer, auch für Leute mit großen Händen, also solche wie mich. Wir haben durchaus mit den Griffen experimentiert, haben dabei auch als Feedback die Frage gestellt bekommen, ob das nicht noch größer ginge." 

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Das Enok. Konzipiert als Allzweckmesser, hat diese Version einen Griff aus Mooreiche. Wie immer bei MotherGreen besteht die Klinge aus 440C.

Bei den Modellen Enok (Klingenlänge 145 Millimeter), Hunter Man (Klingenlänge 168 Millimeter) und Hunter Women (Klingenlänge 143 Millimeter) handelt es sich um Allzweck- und Aufbruchmesser, deren Größe auch vorgibt, wo man sie einsetzt – und wer das tut. Judith Kurz: "Bei unserem Messermodell Hunter Women werden wir noch mal über den Namen nachdenken. Im Unterschied zum deutlich größeren Hunter Man richtete sich unser Blick beim Design zuerst vor allem auf weibliche Anwender. Bis wir dann aber feststellten, dass es ja auch viele Männer mit kleineren Händen gibt – die aber taten und tun sich dann oft mit einem Produkt schwer, das das Wort 'Women' im Namen trägt."

Zu den neuen Modellen aus dem Jahr 2020 zählen das Abfangmesser Big M und das Dachs als kleines Allzweckmesser, mit einer Klingenlänge von 118 Millimeter als täglicher Begleiter konzipiert (überall tragbar außer natürlich in Waffenverbotszonen). Im Prototypenstadium Befindliches wurde bei der Ausstellungspremiere während der Messe Pferd & Jagd Ende 2019 in Hannover auch gezeigt, nämlich die ebenfalls als kleine Outdoor-Modelle ausgelegten Messer little Tom und small Tom. 

Bleibt die Frage nach den Preisen. Die reichen von 229,- Euro beim Modell Dachs samt Scheide und Verpackung bis hin zum in einer Kiste aus flambiertem Holz gelieferten Big Tom (Hirschhorn) für 289,- Euro. Wer will, erhält auch Sets, etwa Hunter Man und Hunter Women als Partnermesser oder das große Big Tom zusammen mit dem kleineren Enok.

Also alles gut? Nun, auch bei Mother-Green machten sich die Folgen der Corona-Pandemie bemerkbar: Bis Jahresmitte 2020 gab es ja keine Messen, keine Börsen und auch keine Jägerkurse, auf denen die zwei Messerenthusiasten ihre Modelle hätten vorführen können. Dennoch: Beim Debüt auf der Pferd & Jagd fiel das Feedback auf die bei aller Betonung des Robust-Stabilen formschönen Messer positiv aus. Und so sagen Judith und Thomas Kurz: "Mag sein, dass das Jahr 2020 wegen Corona nicht so gut lief, dann starten die MotherGreen-Messer eben danach durch!"


Dieser Artikel erschien zuerst in der VISIER, Ausgabe 09/2020. Das Heft kann über den VS Medien-Onlineshop erworben werden. Es ist außerdem in einer digitalen Version verfügbar.

Weitere Informationen zu den Messern von MotherGreen finden Sie auf der Webseite des Herstellers.