"Stehen wir um 3 Uhr auf oder um halb 4 auf?" Das war unsere größte Diskrepanz am Abend des 30. April. Denn wir wussten alle bereits, wo wir sitzen wollen, welche Böcke wir erlegen möchten und wer mit wem sitzt. Letztlich einigten wir uns dann doch darauf, dass der Wecker um 2:45 Uhr klingelt – lieber 10 Minuten länger in der Dunkelheit sitzen als nur eine Sekunde zu spät sein, falls der erhoffte Bock doch schon irgendwo am Sitz plätzt.
Auftakt der Bockjagd im Revier der Hunter Brothers
Und so kam es, dass unser gesamtes Team schon um 3:15 Uhr im Pick-up saß, um ins Revier aufzubrechen. Während der 45-minütigen Fahrt war es eher ruhig im Auto, alle waren noch irgendwie im Halbschlaf. Als wir schließlich im Revier ankamen, sollte sich das aber schlagartig ändern! Denn direkt an der Hauptstraße, welche durch unser Revier führt, liegt eine Luzernefläche. Und die glasen wir gern vor dem Morgenansitz schon mal mit der Wärmebildkamera ab. Also Fenster runter und zack: alles leuchtet. Bestimmt 40 Stück Damwild stehen dort in der dunklen Nacht, außerdem eine Bache mit kleinen Frischlingen, drei Kolbenhirsche und zwei Füchse. Auch unser Vater lässt es sich nicht nehmen einen Blick zu erhaschen und schüttelt danach ungläubig mit dem Kopf. "Wir müssen dieses Jahr unbedingt mehr Damwild schießen Jungs!" Wir nicken und fahren weiter zu unseren Sitzen…
Den Anfang macht Erik mit seiner Dackeldame "Bella", die er sich vor einigen Wochen angeschafft hat. Ob die neue Begleitung wohl Glück bringt?! Wir hoffen es jedenfalls, denn Erik bezieht einen Drückjagdbock direkt im Bestand. Bestätigt sind dort zwei passende, mehrjährige Böcke. Und auch Sauen sind dort immer wieder direkt vor dem Sitz auf einer Wildkamera dokumentiert. Erik soll an diesem Platz bloß keine Chance verstreichen lassen. Denn in etwa zwei Wochen – wenn die Vegetation oben ist – sieht man dort gar nichts mehr. Erik verabschiedet sich vom Team mit einem "Waidmannsheil" und weiter geht es für uns.
Paul und Cecilia beziehen einen Stand in der Nähe unserer Grabenkamera – vermutlich geht dort ein ungerader Achter. Kein starker Bock, aber auch an dieser Stelle sieht man in einigen Tagen eh nichts mehr. Wenn dann muss dieser Bock also direkt am Anfang der Jagdzeit erlegt werden. Kurze Zeit später bezieht auch unser Vater seinen Stand, der auf einen starken Sechser waidwerken möchte. Den Bock kennen wir jetzt schon über drei Jahre und er ist heimlich. Deshalb wird unser Vater ihn wahrscheinlich heute nicht bekommen, das ist ihm aber egal. Der Bock und sonst keiner – das steht für unseren Vater fest und das verstehen wir.
Die Hunter Brothers auf Bockjagd – Jagderlebnisse am 1. Mai!
Es ist jetzt 04:30 Uhr. Alle sind auf ihren Sitzen und es fängt langsam an zu dämmern. Schnepfhähne streichen über unsere Sitze. Die Seeadler, welche bei uns im Revier brüten, erwachen und rufen weit hörbar von ihren Schlafbäumen. Die ersten Kolkraben fliegen und um 04:50 Uhr kann man so langsam sehen. 10 Minuten später fällt ein Schuss!
Nochmal 10 Minuten später kommt ein Bild via WhatsApp. Erik hat ihn! Erster Blick aufs Bild: 4- bis 5-jähriger Gabler. Und daneben sitzt die überglückliche Dackeldame. Was für ein Start in die Saison für Erik – wir sind begeistert! Gerold hält in dem Moment nichts mehr auf dem Sitz. Denn nach dem Schuss sah er auf einer kleinen Lücke eine Überläuferrotte ziehen. Wohl vom Schuss aufgeschreckt wollen sich die Wutzen in eine andere Ecke des Reviers einschieben… Doch Gerold, der sie bemerkt hat, pirscht ihnen jetzt hinterher. Wie vermutet findet er die Wildschweine nur einige Meter von der Stelle entfernt, wo er sie zuletzt gesehen hat. An einem Fichtenkuschel über welchem einige Eichen stehen. Futter und Deckung – war klar, dass die Überläufer dieses Plätzchen gut finden. Gerold schaut sich die drei Stücke genau an und sieht, dass zwei der 30-kg-Schweine wahrscheinlich tragend sind. Also entscheidet er sich letztlich für den Überläuferkeiler, welcher mit den beiden kleinen Bachen zieht… Der schallgedämpfte Schuss ist für alle im Team hörbar. 20 Minuten später kommt das Bild rein, mit der Unterschrift "Läuft". Es ist gerade erst hell geworden und wir haben schon zwei Stücke Wild – was soll da noch kommen?
Ein Keiler! Paul und Cilly saßen zwar auf einen ungeraden Achter, und der Bock kam tatsächlich auch in Anblick. Allerdings so, dass an keinen Schuss zu denken war. Deswegen wollte Paul abbaumen und einen anderen Bock anpirschen. Doch daraus wurde nichts, denn grade als Cecilia unter dem Sitz stand und Paul den Camcorder im Rucksack verstaut hatte, tauchte ein echter Basse auf. Der Keiler hatte sich deutlich verspätet und kam nun schnellen Schrittes auf die Beiden zu. Auf etwa 50 m Distanz querte der Keiler eine kleine Schneise. An einer Erle angestrichen zog Cecilia mit und schoss. Das Wildschwein sackte im Schuss zusammen und die Freude war riesig. Cillys erste Worten waren: "Zum Glück hab ich letzte Woche laufenden Keiler geübt". Denn sie hatte – wie auf dem Schießstand trainiert – kurz hinter dem Teller abgedrückt. Ihre .308 bannte die Sau mit diesem Schuss an den Platz. Und so stand die Jungjägerin wenige Minuten später vor ihrem vierten Schwarzkittel im Jägerleben. Einen gut 100 kg schweren 3-jährigen Keiler mit abgebrochenen Waffen aber dafür tollen Haderern. Zum Glück war es ein Gruppenansitz! Ansonsten hätten die beiden ein echtes Problem mit dem Bergen gehabt. Doch das sollte es immer noch nicht gewesen sein…
Paul machte auf dem Weg vom Keiler zum Auto auch noch einen passenden Bock aus. Ein Sechser wie er im Buche steht. Zwar nicht sehr stark, aber alt genug und hier im Wald ein Bock, den man guten Gewissens erlegen kann. Cecilia filmte die Erlegung und so war es schnell vergessen, dass wir die Keilererlegung leider nicht auf Film bannen konnten. Um 7:00 Uhr brachen wir dann den "Morgenangriff" ab. Schließlich lagen genug Stücke auf der Strecke. Also machten wir Bilder, brachen auf und legten Strecke. Alle hatten Waidmannsheil, außer unserem Vater. Der war aber trotzdem glücklich – denn die beiden Waldböcke von Erik und Paul machen schon mal keine Verjüngung mehr kaputt.
Leicht k.o. von der Keilerbergung fuhren wir dann alle zusammen wieder nach Hause. Was für ein Morgen, was für ein Revier – ewig dankbar müssen wir sein, dass wir sowas erleben dürfen! Auf der Heimfahrt erzählte uns unser Vater die Geschichte, wie er das Revier damals bekommen hatte. In den ersten Jahren war es dreimal so viel Wild – da ist sich unser Vater sicher. Wir können uns das kaum vorstellen, aber wenn er es sagt, wird’s wohl so gewesen sein.
Ein echter Traumbock zum 1. Mai!
Beim Frühstück warf Marcel dann plötzlich die Idee in den Raum "noch kurz eine Runde pirschen zu gehen". Wir waren nämlich spontan zu einem guten Jagdfreund eingeladen worden, welcher ein tolles Rehwildwiesenrevier hat. Und das liegt nur 10 Minuten von unserer Haustür entfernt. Etwas entsetzt blickten sich alle an. Wir waren müde und freuten uns doch alle auf unseren wohlverdienten Mittagsschlaf. Eine kurze Abstimmung zeigte aber, dass Gerold, Erik und Marcel wohl tatsächlich noch motiviert waren. Eventuell lag es daran, dass Gerold und Marcel dort im April einen Bock gesehen hatten, der wohl ein Achter hätte gewesen sein können. Damals war der Bock nur leicht angefegt und es ließ sich nichts Genaues erkennen. Also ging es los…
"Kamera, Schießstock, Spektiv, Waffe und Fernglas. Mehr brauchen wir nicht!", sagte Gerold und packte sich die 7 mm-08 Rem. Im Revier angekommen zeigte sich nichts. Offensichtlich war das Rehwild schon niedergetan im hohen Gras und so pirschten die drei etwa eine Stunde, ehe überhaupt Wild in Anblick kam. Eine Ricke sprang plötzlich am Seitenstreifen auf und flüchtete schreckend über die große Wiese. Dann wurde es spannend: Durch das Schrecken nervös gemacht, standen überall verteilt Rehe aus dem hohen Gras auf, um zu äugen. Schnell holte Gerold das Spektiv aus dem Rucksack und sprach alle Böcke an. "Ein junger Sechser, ein mittelalter Gabler und einer hat zu viel Gestrüpp im Gehörn, um etwas zu erkennen", sagte Gerold zu den beiden Kameramännern. Dann blickte er noch einmal ins Spektiv. Doch als sich der letzte drehte, stockte Gerold der Atem. Es war der bestätigte Achter!
Jetzt wurde es spannend. Auf allen vieren wurde der Bock angerobbt, welcher sich in der Zwischenzeit wieder niedergetan hatte. Etwa 500 m mussten überbrückt werden, bis die ideale Schussentfernung erreicht war. Das war zwar anstrengend und in der nassen Wiese nicht unbedingt angenehm, doch als sich der Bock hochmachte, passte alles. Gerold ließ sofort fliegen. Der Bock zeichnete, ging noch 20 m und fiel in einen Graben. Nach einigen Minuten ging es dann zum Bock. Nur eine Keule ragte aus dem braunen Wasser und Niemand konnte ahnen, was jetzt kam.
Gerold packte den Bock, zog ihn aus dem Wasser und fing fast an zu heulen. Sowas hatten wir noch nie gesehen: Kein Achter, sondern ein ungerader Zwölfer war es! Und der war auch noch Kapital! Ein waschechter Traumbock, der allerdings nicht komplett verfegt hatte. Der Grund dafür ist, dass der Bast verledert war und sich überhaupt nicht mehr lösen ließ. Schnell wurden Bilder gemacht und es ging heimwärts. Zuhause mussten dann alle aus dem Bett geholt werden, um "Den Zwölfer" zu begutachten. Dann gab es Mittagessen, wobei Gerold schon fast einschlief. Was für ein Morgen…
Wir sagen Weidmannsdank!
Eure Hunter Brothers Gerold und Paul.
P.S.: Wir haben einige Videos von der Bockjagd in der ersten Maiwoche gedreht, die auf Hunt on Demand zur Verfügung stehen.
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Sauenpirsch im Frühling: die Reilmann Brüder auf Schwarzwildjagd!