Schießtraining von Greyground – Jäger mit der Kurzwaffe bei Nacht: Licht ins Dunkel

"In der rechten Hand halte ich eine durchgeladene GLOCK, in der linken Hand eine Taschenlampe. Es ist dunkel und die Umgebung unwirklich. Ein Windhauch streift über meinen Nacken und erzeugt einen Schauer, der mit kalt über den Rücken läuft. Ich warte auf das Kommando…"

Nein, es erwartet Sie keine Einleitung zu einem Psycho-Thriller, sondern ein Bericht über das Schießen mit Kurzwaffen. Zugegeben der etwas anderen Art. Wenn man auf dem fast vierstündigen Rückweg von einem Seminar zirka drei Stunden und 50 Minuten angeregt, ja fast aufgeregt darüber spricht, kann es dafür eigentlich nur zwei Gründe geben: Entweder, der Kurs war besonders schlecht oder besonders gut. Was war das für eine Veranstaltung, über die so rege diskutiert wurde? Der Lehrgang "Kurzwaffenschießen bei schlechten Lichtverhältnissen/Dunkelheit". Dieser wird im Rahmen der Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen der Landesjagdschule des bayrischen Landesjagdverbandes angeboten.

Die Jägerin und der Umgang mit der Kurzwaffe – so kam ich zu meiner GLOCK

Der beschossene annehmende Keiler.
In extremen Situationen fällt man auf sein schlechtestes Ausbildungsniveau zurück. Hier zum Beispiel der annehmende Keiler: Man kann sichernachvollziehen, dass man in dieser Situation besser seine Hausaufgaben gemacht hat, sprich seine Kurzwaffe sicher beherrscht.

Wie halten Sie das mit dem Umgang mit Kurzwaffen? Haben Sie eine im Schrank oder gar deren zwei? Wie oft schießen Sie damit? Im jagdlichen Umfeld der Autorin herumgefragt, divergieren die Aussagen zum Thema Kurzwaffe sehr stark. Ein Teil der Befragten sagt, sie hätten eine oder zwei Kurzwaffen. Diese wären angeschafft worden, weil "haben" ja bekanntlich besser sei als "brauchen". Schießen? Nein. Damals, irgendwann einmal, doch seitdem liegen sie halt im Waffenschrank. Ein anderer Teil kam mit Kurzwaffen maximal in der Jagdscheinausbildung in Berührung und lehnt sowohl den Umgang als auch den Kauf rigoros ab. Die Gründe reichen von "braucht man doch gar nicht“ über "ich habe total Angst im Umgang damit" bis zu "in meinem Schrank steht schon so viel Zeug, das ich auch nicht benutze, da brauche ich nicht auch noch eine Kurzwaffe". Ein sehr kleiner, fast verschwindend geringer Anteil gibt an, Kurzwaffen zu besitzen und damit auch regelmäßig zu üben. Das Üben beschränkt sich dann allerdings meistens auf die "Vernichtung" von Munition auf dem Schießstand: Der Spaßfaktor steht im Vordergrund, weniger die Verbesserung der eigenen Fähigkeiten. Ich selbst gehöre zur ersten Fraktion: Haben ist besser als brauchen in Kombination mit "viel hilft viel". Auf meiner WBK steht eine GLOCK  36 im fröhlich am Handgelenk reißenden Kaliber .45  ACP. Zu dieser bin ich gekommen wie die Jungfrau zum Kinde: Ein guter Freund wollte sie nicht mehr, ich hatte noch keine Pistole und Zack, stand sie auf meiner Karte. Das ist jetzt knapp fünf Jahre und zwei Schüsse her. Durch einen Zufall ergab sich die Möglichkeit, an dem von Tom Nitsche und David Müller durchgeführten Seminar des BJV teilzunehmen, und ich muss schon gleich vorab gestehen: Das war eine Offenbarung.

Die Trainer von Greyground: Tom Nitsche und David Müller

David Müller (links) und Tom Nitsche.
Die Greyground-Ausbilder: David Müller (links) und Tom Nitsche.

Warum bietet das Gespann Nitsche/Müller überhaupt einen solchen Kurs an? Die Antwort ist einfach. Waren Sie schon mal in der Situation, bei widrigen Witterungsverhältnissen zu einem Wildunfall gerufen worden zu sein? Haben Sie mal versucht, mit ihrer Kurzwaffe bei Dunkelheit einen Fangschuss anzutragen? Sind Sie schon mal in die Verlegenheit gekommen, von einem Stück Schwarzwild auf einer Nachsuche angenommen worden zu sein? Sind Sie Hundeführer und tragen „sicherheitshalber“ eine Kurzwaffe am Gürtel, um Sauen auf kurze Distanz erlegen zu können?  Wenn Sie eine oder mehrere dieser Fragen mit "ja" beantworten können  -  haben Sie für diesen Ernstfall schon mal geübt? Glauben Sie, dass es einen Unterschied macht, ob man bei Tageslicht mit einer Kurzwaffe hantiert, oder bei Dunkelheit und unter zusätzlichem Einsatz von externen Lichtquellen sowie in einer extremen Stresssituation? Kurz zu den zwei freundlichen, professionell versierten Herren: Tom Nitsche ist seit knapp 20  Jahren Polizeibeamter und konnte sich dort als Schießausbilder und Taktiktrainer weiterbilden. Er ist Jäger und Kurzwaffenausbilder für den bayrischen Landesjagdverband. Der 38-jährige gibt fachlich fundierte Tipps und erscheint dabei nie überheblich. Auch bei der schwierigen, ich möchte fast sagen beratungsresistenten Teilnehmerin dieses Kurses, schafft er es mit einem Augenzwinkern, überzeugend und zielführend so zu agieren, dass sich ein merklich verbesserter Umgang mit der Kurzwaffe einstellt und auch die Schießergebnisse nicht mehr einen zufälligen Charakter haben, sondern durchaus gekonnt aussehen. Der zweite im Bunde ist David Müller. Er kann auf drei Jahrzehnte Erfahrung als Sportschütze zurückblicken und ist ebenfalls Jäger. Sein Geld verdient der 42jährige als Volljurist und Hochschullehrer. Seine Fitness erhält er sich als Trainer und Übungsleiter im Bereich Kampfsport und Selbstverteidigung. Auch er ist Kurzwaffenausbilder für den BJV.

Im Kurs steht David gefühlt einen halben Schritt weiter vorn in der ersten Reihe, insgesamt sind beide Ausbilder zu jeder Zeit auf Augenhöhe. Jeder einzelne Teilnehmer wird dort abgeholt, wo er sich mit seinem Können gerade befindet. Mit sehr guten Tipps und Tricks sowie Mantra-artig heruntergebeteten Basics sorgt er für Disziplin unter den Kursteilnehmern und verbessert so direkt und spürbar die Leistung der Aspiranten. Kurz und gut, die zwei sind ein  eingespieltes Team. Sie machen es jedem im Kurs leicht, sich auf die Übungseinheiten einzulassen, die eigenen Fehler selbst zu bemerken, zuzugeben und zu verbessern. Wem die Übungssituation in einer Gruppe nicht behagt, hat die Möglichkeit, sowohl bei Tom als auch bei David Einzeltrainingseinheiten zu buchen.

Training der vier Basics an der Kurzwaffe. 
Einer der elementaren Bausteine der Kurse von Greyground ist das Unterrichten der vier Basics an der Kurzwaffe. Konkret sind diese vier Punkte der Stand, der Grip, das Visieren und das Abziehen. Denn vor dem Schießen in der Dunkelheit muss man die Kurzwaffe zunächst im Hellen beherrschen.
Ein Trainer bei Korrekturen.
Die Trainer werden nicht müde, Korrekturen vorzunehmen, wirklich jeder merkt aber auch, wie wichtig diese Basics sind. Wenn man ehrlich ist, sind es keine schlichten Basics, sondern wirklich das Fundament beim Schießen mit der Kurzwaffe. Denn sobald man die unterwiesenen Punkte nicht mehr beachtet, wird das Trefferbild erheblich schlechter.

Das Training für den Kurzwaffeneinsatz bei Nacht startet – Sicherheit ist auch hier zentral

Der am 12.  November durchgeführte Kurs fand auf der Schießanlage Oschenberg in der Nähe von Bayreuth statt. Der Start um 14  Uhr stellte sicher, dass das Ende der Übungseinheit auch auf jeden Fall in die Dunkelheit fällt. Die Gruppenstärke war mit acht Personen perfekt. Wie von der Autorin erwartet, war das Teilnehmerfeld fast ausschließlich männlich besetzt, sechs der Teilnehmer waren bereits Mehrfachtäter und nahmen zum zweiten Mal an einem Kurs vom Team Greyground teil.

Als allererstes wurde natürlich die Sicherheitsbelehrung und Einweisung in den Stand durchgeführt, den Grundsätzen von Jeff Cooper folgend: 1.  Jede Waffe wird immer als geladen angesehen. 2.  Mündungsdisziplin  -  niemals die Mündung auf etwas richten, dass man nicht beschießen möchte. 3.  Abzugsdisziplin  -  erst wenn die Waffe auf das anvisierte Ziel gerichtet ist, wird der Zeigefinger zum Abzug geführt. 4.  Schieße nie auf etwas, das Du nicht sicher identifiziert hast oder wenn Du den Hintergrund nicht kennst. Alles läuft routiniert und getaktet wie ein Uhrwerk. Um sich einen Überblick über die Schießfertigkeiten der einzelnen Teilnehmer zu verschaffen, lassen David und Tom erstmal jeden nach seiner Fasson die ersten zehn  Schuss auf die Scheibe blasen. Bei den sechs Schützen, die erst kürzlich einen Kurs absolvierten, gab es natürlich deutlich weniger zu kritisieren. Zum Glück waren da noch zwei Novizen. Im ersten Schritt der Ausbildung wurden die Basics durchgenommen. Wie stehe ich, wie halte ich die Waffe, was passiert, wenn ich die Handhaltung verändere, wie ziele ich richtig, wie betätige ich den Abzug, ohne daran zu reißen. Aufgeteilt in zwei Rotten stellen sich die Teilnehmer an die 5-m-Markierung und schießen auf ihre Scheiben. Jedem wird dabei über die Schulter geschaut, Fehler sofort verbessert und auf Fragen eingegangen. Manchmal sind es bereits Details wie das Herausfinden des dominanten Auges, welche die Ergebnisse auf den Scheiben eklatant verbessert.

Harries Technik mit der Taschenlampe.
Schießtraining mit der Kurzwaffe: Den Teilnehmern werden verschiedene Anschlagsarten der Kurzwaffe zusammen mit einer Taschenlampe gezeigt. Hier zu sehen ist die sogenannte Harries Technik. Wobei die Ausbilder den sogenannten ...

Schneller Fortschritt beim Kurzwaffen-Kurs für Jäger - Üben macht den Unterschied

Cheek Index mit der Taschenlampe.
... Neck-, bzw. Cheek  Index empfehlen (in diesem Bild). Hierbei wird die in der Hand gehaltene Taschenlampe am Jochbein angelegt und dort fixiert. Der Vorteil: Dort, wo man hinsieht, leuchtet man auch hin. Man nutzt hier einfach intuitive Bewegungsmuster aus.

Es stellt sich schnell heraus, dass Üben übt. Aufgrund der geringen Gruppenstärke und trotz des unterschiedlichen Wissensstandes dennoch einigermaßen ausgeglichenen Leistungsniveaus, haben die Teilnehmer sehr viel Zeit zum Schießen, ohne das einer im Lernfortschritt zurückbleibt. Nachdem das beidhändige Schießen bei allen gut klappt, wird die Technik für das Schießen mit nur einer Hand vermittelt. Hatte man  eben noch das Gefühl, im Supermann-Kostüm zu stecken und wirklich schon fast olympiareif agieren zu können, wird man jetzt ganz schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Vor allem die Teilnehmerin gelangt ziemlich schnell an ihre Grenzen, da das mitgebrachte 45er  Kaliber nun noch mehr am Handgelenk zerrt. David und Tom bieten unterschiedliche Lösungen an: Die erste und wahrscheinlich leichteste wäre der Tausch der Waffe für den Rest des Kurses. Die zweite ist, sich durchzubeißen und mit einer verbesserten Grifftechnik doch die Pistole so weit zu beherrschen, dass es klappt. Als ob es nicht genug wäre, einhändig zu schießen und zu treffen, steigern die Jungs vom Team Greyground die Schlagzahl und verlangen jetzt, schnelle Schussfolgen durchzuführen und dabei unterschiedliche Ziele zu treffen. Nutzt man alle bereits erlernten Skills und traut sich, ist man erstaunt von seinem Ergebnis. Findet man bei manchen Unterrichtseinheiten erst sehr viel später heraus, wofür das erlernte eigentlich gut war, sieht man es hier sofort am eigenen Ergebnis.

Der Jahreszeit geschuldet schwindet das Tageslicht zusehends. Die Augen der Schützen haben sich langsam an die Dunkelheit gewöhnen können. Manche hadern bereits, andere scheinen durch die erschwerten Bedingungen geradezu beflügelt. Eine kurze Pause später geht es nun ans Eingemachte. Jeder der Kandidaten war angehalten, eine Taschenlampe oder Stirnlampe aus dem heimischen Fundus mitzubringen. Diese sollten jetzt zum Einsatz kommen. Ebenso unterschiedlich wie die Kurzwaffen der Mitwirkenden sind auch die mitgeführten Leuchtmittel. Für die beiden Grünschnäbel der Gruppe erfolgt jetzt der ernüchterndste Teil der Veranstaltung. Zum einen, weil man dachte, die eigene Taschenlampe erzeuge helles Licht, und zum anderen, weil man sich selbst einen riesigen Schatten zauberte, der es unmöglich machte, vernünftig zu Zielen und zu Schießen. Die im Fernsehen dargebotenen Techniken, im Tatort-Style sowohl Waffe als auch Taschenlampe zu halten, funktionieren in der Praxis so gar nicht. Das haben wir im Kurs aktiv ausprobieren können.

Wie geht’s denn nun richtig? Wenn man es weiß, ist es grundsätzlich ganz einfach. Jetzt musste nur noch an der Durchführung gefeilt werden, welche anheim ging mit der Vorliebe bezüglich der Verwendung einer Taschenlampe oder einer Stirnlampe. Nach der Pflicht, in der jeder mit der Dämmerung, der Lampe und seiner Kurzwaffe sicher umzugehen wusste, erfolgte die Kür des Tages. Alles an extra Lampen, die auf der Schießbahn für ein wenig Licht sorgten, wurde ausgeschaltet. Die eben noch beschossenen anonymen Symbolscheiben wurden durch Bilder von Schwarz- und Rehwild ersetzt. Jetzt muss alles umgesetzt werden, was vorher gebetsmühlenartig immer wieder geübt wurde. Das Kommando für das entsprechende Ziel wird gebrüllt, Licht an, zielen, schießen, Licht aus. Das nächste Kommando, dieselbe Routine abrufen. Volle Konzentration über fünf Schuss. Das Magazin ist leer, Sicherheit hergestellt und nun folgt die Stunde der Wahrheit. Gemeinsam mit den Ausbildern tritt der jeweilige Schütze nach vorn an die Wildtierscheiben und ermittelt sein Ergebnis. War ich mit den geringsten Erwartungen an das eigene Können und die eigenen Schießfähigkeiten in den Kurs gestartet, so wurde am Ende des Tages doch ein enormer Grad an Ehrgeiz geweckt. Die stetig besser werdenden Ergebnisse ebenso wie die merklich verbesserte Waffenkontrolle dank der optimierten Griffhaltung und eines viel sicheren Standes, erzeugten den Wunsch nach mehr. Beziehungsweise  weniger, denn 9  mm anstelle der 45er erscheinen ihr mittlerweile durchaus ausreichend zu sein.

Fazit: So war der Nacht-Kurzwaffen-Kurs für Jäger bei Greyground

Teilnehmer des Kurses von Greyground.
Schießtraining mit der Kurzwaffe bei Dunkelheit. Das Abschussfoto unseres Kurses beim Veranstalter Greyhound.

Wenn Sie die Möglichkeit haben, am Kurs "Kurzwaffenschießen bei schlechten Lichtverhältnissen/Dunkelheit" teilzunehmen, dann nutzen Sie diese unbedingt. Hier haben Sie die Möglichkeit, ihre Fertigkeiten mit der Kurzwaffe und unter realen Bedingungen von Dunkelheit, Witterung, Umgebungsgeräuschen und Stress unter Anleitung zu verbessern. Die Profis Nitsche und Müller haben eine sehr angenehme Art, ihr Wissen zu vermitteln, ohne dabei oberlehrerhaft zu wirken. Die Szenarien sind praxisnah, ebenso wie die Durchführung. Eventuell wäre es nicht schlecht, diesem speziellen Kurs die Teilnahme eines reinen Basic-Seminars voranzustellen. So hätten alle Teilnehmer das gleiche Vorwissen und man könnte noch mehr Zeit für die Möglichkeit des Übens von schnellen Schussfolgen bei schlechtem Licht auf verschiedene Ziele üben. Ansonsten gab es nichts zu jammern. Das hier erlernte Wissen trägt auf jeden Fall dazu bei, in der nächsten Situation mit einer Kurzwaffe und Leuchte adäquat reagieren und vor allem sicher schießen zu können  -  ein großes Lob an dieser Stelle. Und wer es nicht zu einem Basics-Training von Greyground schaffen sollte: In einem Artikel haben Tom Nitsche und David Müller schon persönlich Tipps und Tricks für die Basics des praktischen Kurzwaffenschießens gegeben.


Der Trainingsbericht erschien auch in der VISIER 1/2023. Das Heft ist klassisch als gedruckte Ausgabe und auch als e-Paper zu haben. Bestellen können Sie beides im VS Medien-Onlineshop.

Weitere Informationen zu den von David Müller und Tom Nitsche angebotenen Kursen finden Sie auf den Seiten von Greyground.