KNIFE 2023 – die Klingenmesse in Solingen: Neue Firmen, alte Bekannte und die aktuellen Highlights von PUMA

Helmut Klein
Helmut Klein aus Kreuznach (rechts im Bild) gehört seit Jahren zur Creme de la creme der Deutschen Messermacher-Gilde. Seine Jagd- und Sammlermesser sind allesamt Unikate.
Jürgen Schanz
Jürgen Schanz aus Stutensee zeigte sich zufrieden: Der Custom-Messermacher hat Aufträge aus aller Welt, bietet aber auch Material für den Eigenbau von Messern an.

Der Plan ging auf: Bei der nach 2022 zweiten "KNIFE"-Ausstellung am 6. und 7. Mai 2023 bot das Theater und Konzerthaus Solingen 170 Ausstellern ausreichend Platz, selbstgefertigte Messer, Klingen, Schwerter oder Dolche zu präsentieren (zur Aussteller-Liste). Aber auch industriell hergestellte Schneidwaren gab es zu sehen, wobei vorwiegend die ortsansässigen Solinger Hersteller diese Chance nutzten, die Kunden direkt kennenzulernen. Bei den bis 2019 im Deutschen Klingenmuseum veranstalteten Messermacher-Treffen konnten maximal 100 Aussteller teilnehmen, und bei den meist großen Besucherzahlen wurde es den Gängen oft viel zu eng (2021 war Corona-Pause). Der Theater-Saal samt der mitgenutzten Bühne, der Vorraum im 1. Stock und das geräumige Foyer im Erdgeschoss boten dagegen sowohl den Ausstellern wie auch den zahlreichen Besuchern genügend Raum. Dennoch waren am Samstag bereits nach zwei Stunden 1000 Tickets verkauft, 3000 waren es bei Ausstellungsende am Sonntag um 16 Uhr (die aus aller Welt angereisten Aussteller, die Fachpresse und die geladenen Ehrengäste sind hier nicht mitgerechnet).

Die Anreisestrecken waren höchst unterschiedlich: von Finnland bis Italien, von Frankreich über die Niederlande bis Slowenien, vom kleinen San Marino bis zu den USA. Die Besucher durften indes auch fahren, und zwar mit einem Oldtimer-O-Bus (Oberleitungsbus), der sie kostenlos zwischen dem Theater- und Konzerthaus und dem Deutschen Klingenmuseum hin- und her transportierte, wo unter anderem Schmiede-Workshops und Vorführungen in der Zinngießerei angeboten wurden.

Luxus-Laguiole-Messer
Luxus-Laguiole-Messer: Klappmesser im traditionellen französischen Stil, hier aber nach Kundenwünschen von Hand gefertigt von Dr. Roland Wagner aus Potsdam. Die schlanken französischen Messer werden also nicht nur im Ursprungsland gebaut (was etwa Wolfgang Lantelme von Passion France aus Darmstadt mit zahlreichen Prachtstücken belegte), sondern auch in Deutschland. So etwa von Uwe Göring, der seine durchweg handgefertigten Stücke unter "Lagiole Germany" vertreibt.

Heimspiel für die PUMA-Manufaktur bei der "KNIFE 2023"

Eine kurze Anreise hatte die PUMA-Messermanufaktur, die ebenfalls auf der KNIFE 2023 ausstellte. Die Solinger Firma konnte schon 2019 das 250-jährige Bestehen feiern, ruht sich aber nicht auf ihrer traditionsreichen Geschichte aus. Immer wieder kooperiert das heute von Heinrich-Ernst Hiepass-Aryus und seinem Sohn Hendrik Hiepass-Aryus geführte Haus mit bekannten Messermachern, um deren Entwürfe in die Serienfertigung umzusetzen und so einem breiteren Kundenkreis zugänglich zu machen. Olaf Zwätz zum Beispiel, der die Jagdmesser Ben und Olo entwarf, hatte 2018 einen Design-Wettbewerb für ein feststehendes Jagd- und Outdoormesser gewonnen. Das Modell Ben wird inzwischen schon in einer limitierten Neuauflage produziert. Das eher alltagstaugliche Modelle Olo bekam statt der Neusilber-Backen und dem Hirschhorn-Griff einen längeren Micarta-Griff sowie eine moderne Kydex-Scheide.

Beim nun ins 21. Jahrhundert transferierten PUMA-Klassiker Rüdemann, als IP Rüdemann mit orangefarbenem Micarta-Griff, war sogar eine Familie im Spiel: Schon 1975 entwarf Walter Tassius, Förster und Schweisshundführer, das Urmodell als Werkzeug zum Abfangen von Wild. Sein Enkel Philipp Tassius gestaltete jetzt die Neuauflage, die aber die klassischen Eigenschaften behielt: Das Messer muss Gewicht haben, darf aber nicht zu schwer sein sowie die wichtigen Eigenschaften Stabilität und Schärfe besitzen. Die Klinge sollte zudem nicht vollständig auf beiden Seiten geschärft sein. Deswegen ist nur die Spitze auf beiden Seiten geschliffen, um ein rasches Eindringen in den Wildkörper zu ermöglichen. Wer bereits ein PUMA-Messer zum Messestand (oder dort eins kaufte) mitbrachte, konnte es dort kostenlos mit einer Namensgravur (oder den Initialen) versehen lassen.  Alle PUMA-Neuheiten dieses Jahres sind hier zu finden.

Die PUMA-Neuheiten am laufenden Bilder-Band:

Die beiden verwandten PUMA-Modelle Ben (oben, UVP 329,- Euro) und das neue Olo im Vergleich, beide wurden von Olaf Zwätz entworfen. Beim Gebrauchsmesser Olo (UVP 239,- Euro) wurden die in der Jagdpraxis empfindlichen Horn-Griffschalen gegen Micarta getauscht, darunter eine auffällige rote Fiber-Unterlage.
Die Kydex-Scheide für das PUMA Olo von der Rückseite, sie besitzt eine demontierbare Koppelaufhängung.
Die 98 mm lange Olo-Klinge besteht aus CPM S90V Stahl mit einer Härte von 60-62 HRC. Die Gesamtlänge dieses PUMA-Messers  beträgt 210 mm, das Gewicht nur 156 g.
Der PUMA-Klassiker IP Rüdemann (UVP 239,- Euro) mit seiner charakteristischen Klinge aus 440er Stahl. Die Klingenlänge beträgt 19 cm bei einer Messergesamtlänge von knapp 33 cm. Die auffälligen Micarta-Griffschalen in Orange helfen beim schnellen Zugriff, wenn man das Messer im Revier abgelegt hat.
Sascha und Jenny Stolp von WTF
Jenny und Sascha Stolp haben mit WTF ihr Hobby zum Beruf gemacht und liefern Messer, Schreibstifte und Zubehör.

Erfreulich viele neue Aussteller präsentierten ihre besten Stücke. Einige Nachwuchstalente saßen im Foyer an sogenannten "Fördertischen" der Deutschen Messermacher-Gilde, andere junge Unternehmen waren in den Sälen verteilt zu finden. Etwa Sascha und Jenny Stolp aus Essweiler mit "Writing, Turning, Flipping", kurz WTF – neben Messern aus Kleinproduktion und nach Kundenwünschen gab es hier auch exquisite Schreibgeräte mit ungewöhnlicher Mechanik oder Spezialkleber. Und viel Gesprächsstoff, denn Sascha Stolp ist nicht nur Messer-Fachmann, sondern auch ein begeisterter IPSC-Sportschütze, offenbar traf diese Kombination auch auf andere Besucher zu, wenn man den Diskussionen am Stand folgte.

Küchenmesser für Rechts- und Linkshänder auf der Knife 2023

Franz Buchmüller Adrian Stahlwaren
Frank Buchmüller, Inhaber und Geschäftsführer der Stahlwarenfabrik Paul Adrian,  widmete er sich stundenlang dem Brotschneiden mit seinen neuen DLC-beschichteten Klingen und einem Wellenschliff, der Rechts- wie Linkshänder mag.

Neben Klappmessern, Custom-Schwertern und Zubehör waren in Solingen auch überall Küchenuntensilien zu finden, und hier gibt es ständig neue Trends, von den Ausstellern auch entsprechend mit Vorführungen präsentiert. Paul Buchmüller, der Inhaber der schon 1901 gegründeten Solinger Stahlwarenfabrik Paul Adrian, schnitt an beiden Ausstellungstagen unverdrossen Gebackenes mit seinem Brotmesser, das neben einer unverwüstlichen DLC-Beschichtung (Diamond-like Carbon) auch einen speziellen Wellenschliff aufweist. Damit können Rechts- wie Linkshänder gleichermaßen saubere Brotschnitte hinbekommen – was sonst offenbar nicht immer funktioniert. Schneidetechniken für Brot, Gemüse und Fleisch konnte man sich auch am Stand der ebenfalls in Solingen ansässigen Wüsthof GmbH demonstrieren lassen. Dort hat die Farbe Einzug in das Küchenmesserprogramm gehalten. Der Renner bei den Kunststoffgriffen ist... "Pink Himayalan Salt".

Und schließlich gab es bei der KNIFE 2023 mindestens einen Gewinner: 19 Anwärter reichten ihre Kreationen bei der Jury ein. Gefordert waren diesmal handgefertigte und von der Literatur inspirierte Messer – sei es von einem Märchen oder Ritterepos, einem modernen Krimi oder einem Comic. Richard Kappeller aus Salzburg konnte den mit 2000 Euro dotierten KNIFE-Award 2023 für sein Exemplar mit zurücknehmen.

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