Wie findet man das richtige Fernglas? Sieben Tipps vom Experten – A.Drescher, dem CEO von DDoptics

Wenn es um das Marktvolumen von Ferngläsern in Deutschland geht, wird’s richtig spannend. Um es kurz zu machen: Die Anzahl an verkauften Ferngläsern scheint ziemlich groß zu sein, und doch ist es sehr schwierig, hier genaue Zahlen zu bekommen. Aber eines ist klar: Der Markt wächst aktuell, das Kaufinteresse ist hoch. Klammern wir jetzt einfach mal alle Billiggläser aus China aus. Beim Webportal alibaba.com geht‘s wohl schon bei 10-12 Euro los. Aber davon sprechen wir nicht. Auf dem Weltmarkt werden geschätzt jährlich rund acht bis neun Millionen Ferngläser verkauft. Unsere Jäger kennen in der Regel nur die Top-Range – nämlich Ferngläser höchster Qualität. Und das ist gut so, denn nur in diesem Marktsegment gibt es Produkte, die für den Einsatz bei der Jagd wirklich geeignet sind.

Jäger in Mitteleuropa benutzen heute meist Ferngläser mit optischen Werten zwischen 7x50 und 10x56. Die meisten Ferngläser im höchsten Preis- und Qualitätsniveau bieten daher eine brillante Optik, sind robust und dank innenliegender Fokussierung dauerhaft dicht gegenüber Staub und Wasser. Aber es gibt eben auch Unterschiede. 

Wir beschäftigen uns also mit Qualitätsoptiken aus deutscher, europäischer und weltweiter Entwicklung und Produktion – aber eben mit Qualitätsoptiken, die sich für die Ansprüche von Jägern, Naturliebhabern und Sportschützen wirklich eignen. Das erscheint uns dann auch wichtiger als die Frage nach konkreten Verkaufszahlen in Deutschland.

Die Frage ist dann natürlich, wie findet man das richtige Fernglas für den eigenen Einsatzzweck und Geldbeutel? 

Video: 7 Tipps zur Auswahl des richtigen Fernglases


An dieser Stelle noch einmal ein dickes Dankeschön an A.Drescher, den CEO von DDoptics, der sich für uns die Zeit genommen hat, die aus seiner Sicht sieben wichtigsten Tipps beim Kauf eines Fernglases zu erklären. Das Interview führte Mathias Haack im Mai 2022 in Chemnitz.

Zum Nachschlagen hier die sieben wichtigsten Tipps zum Kauf eines Fernglases noch einmal kompakt hintereinander:

Axel Drescher im Interview mit Mathias Haack.
Im Interview mit all4hunters.com gibt DDoptics-CEO A.Drescher (r.) sieben Tipps zum Kauf von Ferngläsern.

Tipp 1: Das Sehfeld

Eines der wichtigsten Kriterien beim Kauf eines Fernglases ist das Sehfeld. Man muss dazu sagen, dass es ein reales und ein scheinbares Sehfeld gibt. Das reale Sehfeld wird in Metern auf 1.000 Meter Entfernung angegeben – das ist ein technischer Messwert. Das scheinbare Sehfeld setzt sich zusammen aus dem realen Sehfeld und dem Vergrößerungsbereich, den das Fernglas bietet. Einfach gesagt: Je größer das Sehfeld ist, desto ruhiger erscheint das Bild. Ab einer Vergrößerung von 10 bis 12-fach wird das Bild jedoch oft als etwas unruhig empfunden. Abhilfe können hier Stabilisatoren schaffen, die das Bild beruhigen. Man sollte das am besten Outdoor auf eine reale Entfernung einmal ausprobieren, dann weiß man aus eigener Erfahrung, wo die Grenzen sind.

Tipp 2: Die Verzeichnung

Zwei Ferngläser der SHG-Reihe von DDoptics.
Ferngläser der SHG-Reihe von DDoptics. Field Flattener-Okulare sind selbstredend an Bord.

Damit ein Fernglas funktioniert, benötigt es optische Linsen. Wenn man an Linsen denkt, weiß man, dass diese eine gebogene Form haben. Ähnlich wie in der Fotografie, bieten besonders hochwertige Linsen auch im Randbereich ein Optimum an Schärfe der Abbildung. Zur Abbildungsleistung gehört auch das korrekte Darstellen von senkrechten Linien. Wie überprüft man das? Ganz einfach: Suchen Sie sich eine gerade Linie, zum Beispiel eine Häuserkante oder einen Laternenmast. Wenn Sie durch das Fernglas schauen und die Häuserkante oder der Laternenmast in der Mitte des Bildes ist, sollte die senkrechte Linie gerade sein. Nun bewegen Sie das Fernglas langsam nach rechts oder links. Bei hochwertigen Ferngläsern bleibt die Senkrechte eine gerade Linie, auch im Randbereich. Erreicht wird das durch sogenannte Field Flattener, die diese Verzeichnung entzerren und korrekt darstellen. Bei allen anderen Ferngläsern wird die gerade Linie gebogen dargestellt und das ist in der Praxis wirklich störend. Man spricht dann von einer kissen- oder tonnenförmigen Verzeichnung. Also bitte merken: Wenn sich im Randbereich des getesteten Fernglases die Linien biegen, dann haben Sie salopp gesagt kein gutes Glas in der Hand.

Tipp 3: Die Auflösung

Die Auflösung ist von zwei Seiten zu betrachten. Zunächst einmal kommt es auf die individuellen Voraussetzungen des Anwenders an. Gemeint ist dessen Sehstärke. Punkt zwei ist das technische Leistungsvermögen des Fernglases. Überprüfen können Sie das ganz einfach. Suchen Sie sich einen Baum mit einem Astloch in etwa 50 Meter Entfernung, wo im dunklen Bereich des Astloches noch ein wenig Struktur mit dem Fernglas zu erkennen ist. Nun vergleichen Sie ihr Fernglas mit einem anderen Fernglas und stellen fest, dass manch ein Fernglas diese dunklen Strukturen besser darstellen kann. Also bitte merken: Die Auflösung hängt von zwei Faktoren ab: Punkt 1 ist die individuelle Leistungsfähigkeit Ihrer Augen. Punkt 2 ist die technische Leistungsfähigkeit des Fernglases. Hier muss man also sprichwörtlich in die Röhre schauen und zwar idealerweise in ein "Astloch mit Struktur" – dann trennt sich bei den Ferngläsern schnell die Spreu vom Weizen. 

Tipp 4: Der Kontrast

Der Kontrast eines Fernglases ist für das Seherlebnis besonders wichtig. Niemand schaut gerne durch ein Fernglas, das die Farben falsch darstellt oder wo die Farben einfach nur "matt" wirken. Ein gutes Glas erkennt man daran, dass die Farben wirklich natürlich dargestellt werden. Kontrollieren kann man das ganz einfach über einen A/B Test. Zunächst suchen Sie sich eine farbige Fläche und schauen durch das Fernglas – das ist der A-Test. Dann schauen Sie sich die farbige Fläche in "Realität" an – das ist der B-Test. Stimmen beide Farbtöne überein, haben Sie schon mal ein gutes Glas in der Hand. Natürlich sollte man das mit unterschiedlichen Farbflächen machen und berücksichtigen, dass Farben bei unterschiedlichen Lichtsituationen auch anders wirken können. Ein guter Kontrast ist vor allem für das räumliche Sehen sehr wichtig. 

Tipp 5: Die Randschärfe

Wie wir schon in Punkt 2 gelernt haben, haben optische Linsen die Eigenschaft am Rand senkrechte Linien gebogen darzustellen. Ein weiterer Punkt ist die Schärfe der Abbildung im Randbereich. Überprüfen kann man die Leistungsfähigkeit eines Fernglases sehr einfach: Suchen Sie sich ein Verkehrsschild oder eine Werbetafel in ca. 50 Metern Entfernung. Bewegen Sie das Glas wieder langsam nach rechts und nach links. Bleibt die Schrift im Randbereich scharf, haben Sie wieder mal ein gutes Fernglas in der Hand.

Tipp 6: Die Farbbrillanz

Wie schon in Punkt 4 angemerkt, ist auch die richtige Darstellung von Farben sehr wichtig. Oftmals ist das Seherlebnis mit einem Fernglas deutlich intensiver als beim "normalen Sehen", da durch das "scheinbare Sehfeld" die Realität deutlich intensiver wirkt. Auch die Farben wirken bei manchen Optiken deutlich intensiver, so dass man schon fast von "einem gephotoshopptem Eindruck" sprechen könnte. Nichts desto trotz muss man bei der Auswahl eines guten Fernglases aber darauf achten, dass die Farben natürlich wirken, auch wenn die Farben etwas stärker leuchten als im realen Leben. Wirkt das Bild im Fernglas dagegen rot, grün oder gelb, liegt ein sogenannter Farbstich vor und man hat einfach kein gutes Glas in der Hand. In diesem Zusammenhang muss man dann auch die Lichttransmissionswerte betrachten.

Nebenaspekt Lichttransmission – mehr ist nicht unbedingt besser. Warum?

Lichttransmission 96 %! Diese Werte sind mit Vorsicht zu genießen, gaukeln sie dem Anwender doch vor, dass dieses Fernglas besonders leistungsfähig ist. Die Frage, die Anwender oftmals vergessen zu fragen ist: Zu welcher Tageszeit wurde dieser Wert gemessen? Am Tag bei Helligkeit gemessen, spielen diese Werte kaum eine Rolle. Viel wichtiger ist der Zeitraum der Dämmerung. Hier muss das Fernglas lange im Bereich bei 90 % Lichttransmission liegen und diesen Wert auch entsprechend lange halten. Schauen Sie sich dazu unser Video ab Minute 8:51 an und fragen Sie Ihren Händler oder Hersteller nach einem Transmissionsleistungsdatenblatt. Dort sieht man dann die relevanten Aspekte der Lichttransmission – und darauf kommt es in der Praxis wirklich an, wenn Sie in der Dämmerung Wild beobachten.

Tipp 7: Das Streulicht

Als Jäger, Ornithologe oder Naturbeobachter kennt man das Phänomen, dass die Sonne auch mal direkt von vorne oder seitlich in die Optik scheint. Bei Zielfernrohren kennt man die sogenannten Sonnenblenden, die das Streulicht abschirmen. Auch als Fotograf nutzt man oft Sonnenblenden, um den Lichteinfall zu beeinflussen. Bei Ferngläsern ist das kaum sinnvoll möglich und so kommt es dann vor, dass auch hochwertige Ferngläser beim Thema Streulicht oftmals Probleme haben. Ob Ihr Fernglas mit dem Streulicht klarkommt, können Sie ganz einfach überprüfen. Schauen Sie mit Ihrem Fernglas einfach in Richtung Sonne. Bitte nicht direkt in die Sonne schauen, sondern so weit, dass die Sonne im 45 Grad Winkel erscheint. Bilden sich im Fernglas jetzt milchige Bereiche, zum Beispiel am Rand, kommt ihr Fernglas mit Streulicht nicht so gut zurecht. Gute Ferngläser minimieren diesen Effekt bis nahezu "Null".

Fazit zu unseren sieben Tipps beim Fernglas-Kauf: Wie findet man denn nun das richtige Fernglas?

Drei DDoptics Pirschler Range.
Das DDoptics Pirschler Range ist in drei verschiedenen Farben erhältlich.

Wenn Sie alle sieben Punkte – plus den optionalen Punkt 8 zur Lichttransmission – für sich selbst bewerten und auch zwischen mehreren Modellen vergleichen, werden Sie beim Kauf Ihres nächsten Fernglases aus optischer Sicht sehr sicher eine gute Wahl treffen. Und Sie werden feststellen, dass es nicht immer die Premium-Modelle mit den höchsten Preisen sein müssen. Zusätzlich gibt es noch einen weiteren Aspekt, was die Ausstattung Ihres Wunschfernglases angeht. Hier sieht man immer öfter auch Modelle mit eingebautem Laser-Entfernungsmesser. Das ist in der Tat eine feine Sache, wenn man nicht bereits ein solches Gerät besitzt. Und auch DDoptics geht hier mit der Zeit:

Das neue Modell Pirschler Range 10x45 (hier vorgestellt von all4hunters.com) hat einen integrierten Entfernungsmesser: Es ist klein, relativ leicht und leistungsstark mit großer Reichweite von bis zu 2.900 m. Die UVP beträgt 1.389,- Euro.

So präsentiert sich das Pirschler Range 10x45 mit integriertem Entfernungsmesser auf der Hersteller-Website.

Tipp der Redaktion und persönliche Empfehlung des Autors ist das SHG-10x42 von DDoptics, das wir im Praxistest hatten und das in allen 7 Punkten entweder die Runde klar für sich entschied und auch alle einzelnen Aufgaben gesamtheitlich sehr gut gemeistert hat. Es kostet 1.249,- Euro (UVP).

PS: Fragen Sie den Händler einfach mal, ob er Ihnen für das Fernglas Ihrer Wahl eine Lichttransmissionkurve als Grafik zeigen kann...denn hier geht es um Praxisrelevanz der Lichttransmission in der Dämmerung und nicht um die höchsten Spitzenwerte, wie in einem Autoquartett.

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