Das digitale Farb-Nachtsicht-Zielfernrohr Digex C50 von Pulsar hat unseren italienischen Kollegen Franco Palamaro schon vor dem Erhalt des Testgeräts in seinen Bann gezogen, vor allem, nachdem er die Videos mit den Nachtsichtszenen von Pulsar gesehen hatte. Schon da reizte es ihn, das C50 auf ein gutes Gewehr zu montieren und damit ins Revier zu gehen, um die Farbleistung der neuen Digex-Nachtzieloptik von Pulsar, insbesondere bei Dunkelheit zu testen. Hier seine Eindrücke:
Das Nachtsicht-Zielfernrohr Pulsar Digex C50: Intelligentes Akku-Management und weitere innovative Features
Die Zielfernrohre der Digex-Serie basieren auf der cleveren Idee, ein optronisches Gerät mit dem Erscheinungsbild und den Dimensionen eines klassischen Zielfernrohrs mit 30 Millimeter Mittelrohrdurchmesser zu konstruieren. Da hier 30-mm-Standardringe passen, erleichtert das die Montage auf der Waffe erheblich. Das Pulsar Thermion stellt ein Beispiel für ein Wärmebild-Zielfernrohr dar, das diese Konstruktionsweise mit dem Digex gemein hat. Beim Thermion begeisterte mich auch schon die Idee, mit zwei Akkus zu arbeiten. Es ist definitiv ein großer Vorteil, dass, dank des fest in die Optik integrierten Akkus, der zweite Akku bei eingeschaltetem Gerät einfach und schnell ausgetauscht werden kann − das hilft insbesondere bei langen Jagdeinsätzen doch sehr.
Aber zurück zum Digex C50, es besitzt die bemerkenswerte Fähigkeit, dass es dank der sehr guten Auflösung und Farbtiefe des CMOS-Sensors im Betrieb bei Tag auch wie ein herkömmliches Tagzielfernrohr verwendet werden kann. Es eignet sich somit effektiv für den Einsatz rund um die Uhr und es handelt sich nicht einfach um ein bloßes "digitales Nachtsicht-Zielfernrohr mit zusätzlicher Tageslichtfunktion": Das C50 bietet tagsüber ein Beobachtungsbild in wirklich guter Qualität. Der Unterschied zwischen der Auflösung des Sensors und des AMOLED-Displays (1928x1088 Pixel beim Sensor und 1024x768 Pixel beim Display) sorgt dafür, dass eine Erhöhung des Zooms von der niedrigsten 3,5-fachen Vergrößerung nicht zu einer Verschlechterung der Bildschärfe führt, wenn auch bei 14-facher Vergrößerung das Bild erwartungsgemäß dann doch eine gewisse Körnigkeit aufweist.
Wie alle Optiken der Digex-Serie besteht auch hier die Möglichkeit, den Absehentyp und die Farbe aus einer Palette von zehn Designs, sowohl mitvergößernt (1. Bildebene, FFP) als auch nicht mitvergrößernt (2. Bildebene, SFP), auszuwählen. Zudem besitzt das Digex C50 die komfortable Option, 5 Einschießprofile mit jeweils 10 Distanzen unterschiedlichen zu speichern. Außerdem ist das C50 mithilfe der neuen Stream Vision 2 App mit Android- und iOS-Geräten kompatibel.
Weitere technische Details finden Sie in unserer englischsprachigen Vorstellung des Digex C50
Doch nun zu unserem Test im Revier. Hier stand natürlich die Qualität des Farbbildes von Sonnenuntergang bis zur Abenddämmerung im Zentrum meines Interesses: In der Nacht ist das verfügbare Sternenlicht nicht nur zu dürftig, um ein Farbsehen zu ermöglichen, das Licht ist nachts auch quasi falsch zusammengesetzt. Wir alle sehen Farben, weil Tageslicht im Grunde genommen weiß ist (die Sonne strahlt ein breites Spektrum verschiedener Wellenlängen aus, und weißes Licht ist eine Kombination aller sichtbaren Wellenlängen − oder Farben). Objekte, auf die weißes Licht trifft, absorbieren die meisten Wellenlängen und reflektieren den Rest: Ein Fuchs erscheint uns braun, weil sein Fell alle anderen Farben absorbiert.
In der Dämmerung sinkt die Strahlung der Sonne allmählich so weit unter den Horizont, dass nicht einmal mehr die von der Atmosphäre kanalisierten und gestreuten Photonen unsere Position auf der Erdkugel erreichen können. Es wird zunehmend dunkel, also Nacht.
Das nächtliche Leuchten erreicht sein Maximum bei 1100 bis 1500 Nanometer im nahen Infrarotspektrum. Sobald der Mond aufgeht, fügt er ein Spektrum an sichtbarem Licht hinzu, das in etwa dem der Sonne entspricht. Allerdings reflektiert der Erdtrabant dabei nur die Strahlen der Sonne, und das etwa mit einer Million Mal schwächerer Intensität. Sterne leuchten zwar weißer, aber auch erheblich schwächer als der Mond.
In solchen Fällen wirkt eine externe Lichtquelle Wunder! Das erklärt dann auch, warum die meisten digitalen Nachtsichtgeräte einen IR-Aufheller besitzen − und auch, warum die meisten nur monochromes Sehen ermöglichen: Der IR-Aufheller projiziert nur eine einzige Wellenlänge, also nur eine einzige Farbe.
Weißes Licht steht also bis zur Dämmerung zur Verfügung, und bei Vollmond sogar darüber hinaus. Aber unsere Augen sind nicht in der Lage, Farbe zu sehen, wenn die Intensität dieses Lichts unter einen bestimmten Schwellenwert fällt. Dann schalten unsere Augen auf skotopisches Sehen, sprich in den Nachtmodus um, und wir sind im Grunde wieder beim monochromen Sehen angelangt. Und genau das Gleiche galt früher für die digitalen Nachtsichttechnik − bis neue und superempfindliche CMOS-Planarsensoren verfügbar wurden und Pulsar diese Technologie in das Digex integrierte!
Daher machte ich mich zunächst an einem ziemlich miserablen Wintertag daran, die Leistung des C50 zu überprüfen. Es waren die denkbar schlechtesten Bedingungen, unter denen dieses digitale Zielfernrohr von Pulsar eingesetzt werden konnte: Es gab viel Nebel, keinen Mond und einen zu 50 bis 60 Prozent bedeckten Himmel.
Für meinen Praxistest im Revier stellte ich den Einstellring am Objektiv auf "Nacht" um und wartete bis zur tiefen Dämmerung, also solange, bis ich mit meinen bloßen Augen keine Farben mehr unterscheiden konnte, sondern nur noch Formen und Schatten. Das bei bedecktem Himmel ohne nennenswertes Mondlicht und leichtem Nebel im Okular wiedergegebene Bild war verrauscht und wies eine starke Körnung auf, wie bei altem Fotopapier. Aber die Farben waren ziemlich natürlich und lebendig! Bei einem weiteren Test unter viel besseren Bedingungen (klarer Himmel, Viertelmond und kein Nebel) ist der Unterschied zu dem, was das bloße Auge dann noch sehen kann, tatsächlich enorm. Das Bild ist zwar immer noch körniger als bei Tageslicht, und die Farben sind etwas verfälscht, aber dennoch ist es sehr beeindruckend. Ich persönlich schätze, dass das C50 weitere 15 bis 20 Minuten Farbbeobachtung ermöglicht, mehr als ich normalerweise mit einem rein optischen Zielfernrohr auf dem neuesten Stand der Technik erreichen könnte.
Sobald die Dämmerung einsetzt, verschwindet natürlich das weiße Licht, das die Farbwahrnehmung ermöglicht, und das Rauschen im Bild übertönt alles. Um die Jagd fortzusetzen, muss man dann lediglich den NV-Modus im Menü auswählen und optional den mitgelieferten (und abnehmbaren) IR-Aufheller X940S mit variabler Leistung einschalten, der ebenfalls IR-Licht mit einer Wellenlänge von 940 Nanometer aussendet. Das ist für Mensch und Wild völlig unsichtbar. Optional ist auch ein IR-Strahler mit größerer Reichweite erhältlich, der X850S mit 850 Nanometer Wellenlänge, dessen dunkles, rötliches Leuchten der Strahlerlinse besser sichtbar ist. Die Aufheller haben eine Reichweite von bis zu 500 Meter, allerdings nur unter perfekten Bedingungen, denn selbst wenig Nebel sorgt dafür, dass das IR-Licht streut.
Meiner Meinung nach ist das Pulsar Digex C50 ein echtes 24/7-Zielfernrohr − das heißt, es kann sowohl für die Jagd am Tag als auch in der Dämmerung und, wo es erlaubt ist, auch in der Nacht verwendet werden. Ich kann es idealerweise auf meinem Jagdgewehr als Hauptzielfernrohr belassen, justiert und bereit für jede Jagdart, für die ich meine Büchse verwenden kann. Und das bei allen Lichtverhältnissen. Und durch bei Tag, ohne den IR-Aufheller, verleiht das C50 meiner Benelli Argo ein schlankes, elegantes und traditionelles Aussehen, wie mit einem klassischen Zielfernrohr, sodass meine eher konservativen Jagdfreunde auch nicht darüber herziehen können.
Das Pulsar Digex C50 ist zu einem sehr günstigen Preis erhältlich. In Österreich ist es beispielsweise für unter 1.250,- Euro zu haben. Tja: das ist die Zukunft in Sachen Optik und Nachtsicht - und in Deutschland macht uns der Gesetzgeber einen Strich durch die Rechnung. Schade. Auch vor dem Hintergrund, dass es um Sicherheit, Komfort und Handling der Jagdwaffe geht. Hier finden Sie alles zur Rechtssituation rund um das Thema Wärmebild- und Nachtsicht in Deutschland.
Da unter anderem die Mehrwertsteuer und die Einfuhrsteuern in jedem EU-Staat unterschiedlich sind, kann der UVP der innovativen Pulsar-Geräte in anderen Ländern abweichen. Auch gelten in den einzelnen EU-Staaten verschiedene rechtliche Bestimmungen für die Einfuhr und den Besitz. Während reinrassige Nachtzielgeräte wie das Pulsar Digex C50 in Deutschland verboten sind, sind sie etwa in Österreich in vielen Regionen für die Nachtjagd auf Schwarzwild zugelassen.
Weitere Informationen zum Digex C50 und zu anderen Nachtsicht-Optiken von Pulsar finden Sie auf der Webseite des Herstellers.