Praxis-Test: GPO Spectra 6x 4,5-27x50i. Ein Long-Range Zielfernrohr mit Universalcharakter für Jagd und Sport

Nahe des bayerischen Ammersees ist German Precision Optics (GPO) beheimatet. Im Portfolio der jungen Firma finden sich Zielfernrohre für fast jeden sportlichen, jagdlichen oder taktischen Zweck. GPO hat es sich zum Ziel gemacht, hochwertige Produkte zu fairem Preis-Leistungs-Verhältnis anzubieten. Erfahrene Entwickler ermöglichen neben einer schlanken Unternehmensstruktur das Design moderner und innovativer Zielfernrohre. In einem umfassenden Test überprüfte VISIER das Modell Spectra 6x 4,5-27x50i.

Die technischen Eckwerte des GPO Spectra 6x 4,5-27x50i 

Sechsfach-Zoom, 50  Millimeter Objektivdurchmesser, beleuchtetes Absehen (Firmenbezeichnung: "LRPro") in der ersten Bildebene, dazu ein Mittelrohrdurchmesser von 34  mm. Das Zielfernrohr-Gewicht beträgt rund 820  Gramm bei rund 355  mm Länge  –  eine recht kompakte Bauweise. Der Aluminium-Korpus zeigt sich schwarz eloxiert, serienmäßig verbaut GPO in der Baureihe Spectra nullbare Target-Türme. Die Seiten- und Höhenverstellungen sind nicht mit Abdeckkappen versehen und arretierbar. Zum Verstellen ausziehen, dann erzeugt eine feine Rasterung beim Drehen ein sauberes Klicken. Ein Klick entspricht einer Verstellung in Höhe  /  Seite von 0,1  Milliradiant (mrad), also von rund einem Zentimeter des Zielpunktes. Der Stellbereich des Absehens auf 100  Meter Entfernung beträgt seitlich sowie in der Höhe beachtliche 3,2  Meter. Nach dem Lösen der oberen Turmverschraubung lassen sich die Türme in beliebiger Stellung nullen. Die Trommeln der Verstellung sind sauber skaliert, die Drehrichtungen leicht abzulesen. Die Parallaxeneinstellung findet sich im linken Turm, markiert sind Distanzen zwischen 25  Meter bis unendlich. Die Verstellung erfolgt stufenlos, jedoch so schwergängig, dass dies unabsichtliches Verdrehen verhindert. Ebenfalls im linken Turm befindet sich die stufenlos justierbare Einstellung zum Beleuchten des Absehens.

GPO Zielfernrohr Spectra 6x 4,5 – 27 x 50i auf eine Jagdbüchse Sako AV in .30-06 Springfield
GPO Zielfernrohr Spectra 6x 4,5 -27x50i auf eine Jagdbüchse Sako AV in .30-06 Springfield und führten diese Kombination zu diversen Anlässen im Revier. 

Das ballistische Absehen LRPro in der ersten Bildebene zeigt ein feines beleuchtetes Mittelkreuz mit unteren und seitlichen Balken. Das rot beleuchtete Absehen ist auch am hellen Tag gut zu sehen, überstrahlt bei nächtlichem Herunterdimmen aber nicht. Eine Automatik namens "iControl" übernimmt das Abschalten bei Bewegungslosigkeit von mehr als drei Stunden und warnt, sobald die Restenergie der CR  2032-Batterie 15  Prozent und weniger beträgt. Faserabsehen sowie iControl sind GPO-eigene Entwicklungen und werden in Deutschland gefertigt. Die Zoom-Verstellung findet sich in Form des bewährten Drehrings vor dem Okular, hier zusätzlich mit einem "Throw Lever". Also einem kleinen aufgesetzten Hebel, der die Bedienung des Rings erleichtert. Klassisch auch die Dioptrienverstellung  –  hierzu das Okular drehen und entsprechend regeln. Ein Herzstück und bestimmendes Bauteil jedes Zielfernrohrs sind die jeweiligen Linsen. GPO verwendet hochwertige Glassorten sowie die hauseigene "GPObright"-Beschichtung. Die Transmission liegt laut Werk bei rund 90  Prozent und ergibt ein helles, klares und kontrastreiches Bild. Die optischen Angaben lassen sich mit der Angabe der Austrittspupille von 9,5 bis 1,5  mm vervollständigen, der Augenabstand beträgt komfortable 100  mm. 

Praxistest des GPO Zielfernrohr Spectra 6x 4,5-27x50i

GPO Spectra auf einer 308er Match-Büchse
Nullbare Target-Türme gehören ebenso zur Ausstattung wie der als "Throw Lever" bezeichnete Schnell-Verstellhebel am Zoom-Ring des GPO Spectra 6x 4,5-27x50i.

Doch neben den technischen Daten interessierte besonders eins  –  was kann das Glas auf dem Schießstand und im Jagdbetrieb? Zunächst wurde das Spectra zum Präzisionstest auf eine Menke-Büchse des Kalibers .308  Winchester montiert und auf einem 100-Meter-Indoor-Stand getestet. Mit bewährten Handlaborierungen zeigt sich die Menke bestens dazu gerüstet, mechanische oder optische Mängel des Glases sichtbar zu machen. Das Einschießen ging dabei schnell vonstatten, der Verstellweg über die Klicks der Seiten- und Höhenverstellung ergab exakt die vorgegebenen Werte. Aufgrund des Absehens in der ersten Bildebene wird dieses beim Zoomen mit vergrößert, das feine Absehen verdeckt dabei auch in der höchsten Vergrößerung von 27-fach wenig vom Zielpunkt. Absehen in Bildebene eins zeigen erfahrungsgemäß schnell Herstellungs- und Qualitätsmängel wie Staubeinschlüsse  –  beim montierten Glas gab’s derlei nicht zu sehen. Das Zielbild auf dem mit Kunstlicht ausgestatteten Stand erwies sich als hell und klar. 

Zielfernrohr GPO Spectra 6x 4,5 – 27 x 50i mit EAW Montage
GPO Spectra: hier mit Montageringen von Tier-One und einer Picatinny-Schiene von EAW, dazu zur Montage benutztes Werkzeug.

Getestet wurde die Wiederholbarkeit der Absehenverstellung: Nach dem Verstellen über eine beliebige Anzahl Klicks und dem entsprechenden Zurückdrehen zum Ausgangspunkt war der Treffpunkt stets gleich. Gleichmäßig verstellt, ergibt sich so der beliebte "Viereck"-Test: Jeweils drei Schuss bilden nach dem entsprechenden Verstellen der Seite und Höhe die Ecken eines Quadrats. Dabei liegen im Idealfall die letzten drei Schüsse im Treffpunkt der ersten drei  –  dies war beim GPO der Fall. Prädestiniert ist das GPO Spectra mit dem Absehen in der ersten Bildebene und bei 27x-Vergrößerung sicherlich für sportlichen Einsatz jenseits der 100  Meter, die gezeigte Qualität auf kurze Distanz zeigt jedoch eindrücklich die Möglichkeiten

Nach diesem ersten Test stand dem jagdlichen Outdoor-Einsatz nichts im Weg. Dazu wich die Menke-Büchse einer Sako  AV in .30-06  Springfield. Montiert mittels EAW-Picatinny-Schiene unter Einsatz von 34-mm-Ringen des Fabrikats Tier-One ergab sich eine ansprechende Kombination zur Jagd. So ging es mehrfach zu diversen Tageszeiten auf die Pirsch und den Ansitz. Insbesondere beim Ansitz kann ein Glas wie das Spectra mit hoher Vergrößerung punkten. Hochgezoomt lässt sich selbst auf weite Distanz jede Bewegung verfolgen und Wild sicher ansprechen, selbst wenn es zu weit entfernt ist und der Finger gerade bleibt. Das Zielbild ist hell und sehr kontrastreich, Details sind leicht erkennbar. Die Bedienung des Zoom-Rings ist durch den Throw-Lever-Hebel auch im Anschlag leicht und komfortabel. Mitgeliefert werden "Flip-up caps" für Objektiv und Okular, die Objektivkappe ist dabei durch eine Klarsichtscheibe abdeckbar. Das Objektiv verfügt zusätzlich über ein Innengewinde, so lassen sich eingeschraubte Sonnenblenden verwenden. Im harten Revieralltag scheint die Eloxierung des Gehäuses einen Hauch zu anfällig gegen Kratzer zu sein, aber dieses Manko haben heute halt selbst Gläser von Premium-Marken.

Zielfernrohren mit Absehen in der ersten Bildebene wird gern eingeschränkter jagdlicher Nutzen nachgesagt, begründet dadurch, dass sich das Absehen beim Zoomen mitvergrößert und so zu viel vom Ziel verdeckt. Bei der Jagd störte dies den Testern dank der feinen Bauart des GPO-Absehens zu keiner Zeit. Die Anordnung in der ersten Bildebene bietet bei richtigem Gebrauch einen Vorteil  –  durch das graduierte Absehen lassen sich nämlich nach ein wenig Übung problemlos Distanzen ermitteln. In gleicher Weise können so auch Haltepunktkorrekturen erfolgen, ohne das Absehen zu verstellen. Das Glas wurde öfter zum Nachtansitz genutzt, wegen der stufenlosen Verstellung der Absehenbeleuchtung lässt sich leicht eine angenehme, nicht überstrahlende Leuchtstärke wählen. Die mechanischen Verstellungen zeigten auch bei wechselnden Temperaturen keine Unterschiede beim Bedienen, gleichmäßiges Justieren war stets gegeben.

Technische Daten und Preis des GPO Spectra 6x 4,5-27x50i

Modell:

GPO Spectra 6x 4,5-27x50i

Preis:
1.399,- Euro (UVP)
Objektiv:
50 mm
Länge:361 mm
Mittelrohr:
34 mm 
Absehen:LR Pro
Klickverstellung:
1 cm/100 Meter
Höhenverstellung:3,20 Meter
Seitenverstellung:3,20 Meter
Parallaxe Einstellung:25 – ∞
Gewicht: 826 Gramm

Das Zielfernrohr GPO Spectra 6x 4,5-27x50i für Jagd oder Sport?

GPO Spectra auf einer 308er Match-Büchse
GPO Spectra 6x 4,5-27x50i für Jagd oder Sport? Die Antwort ist einfach: Dieses Modell ist für beide Anwendungsbereiche gut geeignet. Das macht es universell nutzbar.

So könnte die wichtigste Frage an die Tester lauten. Lässt man sich nicht von althergebrachten Meinungen leiten, ist das GPO Spectra 6x 4,5-27x50i ein jagdlich hervorragend einsetzbares Zielfernrohr, das in puncto Absehen, Beleuchtung und Vergrösserung zu überzeugen weiß. Insbesondere bei der Jagd auf weitere Entfernungen wie etwa der Feldjagd liegen hier klar die Pluspunkte. Aber auch im Sport ist das GPO eine ernstzunehmende Alternative im Long-Range-Bereich: Geboten wird ein qualitativ hoch anzusetzendes Glas in einem attraktiven Preissegment (UVP 1.399,-  Euro). Im Lieferumfang enthalten sind die Flip-up-Cover, ein Microfaser-Reinigungstuch, Batterie und der bereits montierte Throw Lever der Zoom-Verstellung. Unter dem Strich bleibt also festzuhalten: Dieses GPO Modell ist eine gute Wahl aus technischer Sicht und es ist besonders universell einsetzbar. Auch der Preis stimmt. Daher eine klare Kaufempfehlung.

 Das hat uns gut gefallen:  Das fanden wir weniger gut:
- Jagdlich hervorragend einsetzbares Zielfernrohr, insbesondere bei der Feldjagd
- Etwas empfindliches Oberflächen-Finish
- Sportlich ist das GPO eine ernstzunehmende Alternative im Long-Range-Bereich

Text: Michael Hammer und Matthias  S. Recktenwald

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