Während unsere Freunde von all4hunters.com das NITEHOG Viper im Revier testen – wo es natürlich zu Recht hingehört –hatte ich eine verrückte Idee:
Ich habe mir die Zeit genommen, dieses kleine und superkompakte Wärmebildgerät sowohl als Aufsatzgerät, als auch aus der Hand zu testen. Aber mit Blick auf den Profi-Bereich. Wie es auch die Website des Unternehmens suggeriert, hat NITEHOG das Gerät auch für (zivile) Observierung, Ersthelfer, Einsatzkräfte und Outdoor-Aktivitäten abseits der Jagd als mögliche Anwendungsbereiche konzipiert.
Die Sensorauflösung der NITEHOG A-Core Engine ist zwar mehr als ordentlich, wird aber durch eine schnelle, progressive Bildwiederholrate von 60 Hz noch getoppt, wodurch das Viper superschnell ist und Bildverzögerungen und Ghosting vermieden werden. Kurz gesagt: Es arbeitet wirklich in Echtzeit.
Und das ist, mehr als die Bildschärfe, für den professionellen Einsatz von größter Bedeutung. Interlacing würde zwar die Bildwiederholfrequenz verdoppeln, aber auch Artefakte und Ghosting bei der Darstellung von sich schnell bewegenden Objekten verursachen.
NITEHOG Viper – Ausstattung und technische Details
Das Viper ist klein und leicht – etwa 300 Gramm mit Akku und weniger als 14 Zentimeter lang; es misst insgesamt nur 133x63x46 Millimeter.
Es ist ein schnörkelloses und sehr schlicht gehaltenes Gerät: Das NITEHOG Viper bietet nur das Nötigste. Keine komplexe Menüstruktur, nichts, was den Benutzer ablenken und die Bedienung erschweren könnte, wenn es darauf ankommt. In diesem Punkt hat das Design-Team alles richtig gemacht. Das intuitive Piktogramm-Menüsystem ist selbst für Benutzer, die das Handbuch nur überflogen haben, leicht zu verstehen und zu bedienen.
Das gesamte Gerät wird über ein einfaches Bedienfeld mit drei Multifunktionstasten auf der Oberseite (einschließlich Power) bedient. Dem NITEHOG Viper fehlen einige "Features", die durchaus nützlich sein könnten, wie etwa A/V-Aufnahme und Fernbedienbarkeit. Um ehrlich zu sein, hatte ich bei meinem Test der Optik keinen Bedarf dafür. Die Grundfunktionen und mehr sind alle vorhanden: Es verfügt über mehrere Farbpaletten, wie z. B. Red-Hot und Isotherm, sowie über die üblichen White- oder Black-Hot-Modi. Es kann im Beobachtungsmodus bis zu 4x zoomen.
Dazu sind clevere und qualitativ hochwertige proprietäre Bildverbesserungen wählbar, wie zum Beispiel Image Razor: Das verarbeitet das Rohbild des Sensors, um "eine klare und scharfe Sicht unter einer Vielzahl von Umgebungsbedingungen wie Nebel, Regen, Schnee, Rauch und völliger Dunkelheit zu gewährleisten". Es kann in jedem Betriebsmodus auf die gewünschte Stufe eingestellt werden.
Der Unterschied zwischen den beiden Betriebsmodi, einmal als Handgerät – das keine zusätzliche Hardware benötigt – und einmal als zusätzliches Aufsatzgerät für das Zielfernrohr, besteht hauptsächlich darin, wie die Firmware das Bild auf dem OLED-Mikrodisplay mit einer Auflösung von 1024×768 Pixeln wiedergibt: Im Beobachtungsmodus wird die gesamte Oberfläche des Displays genutzt, wobei die Ausgabe des Mikrobolometersensors mit 320x240 Pixeln und zwölf Mikrometern Abstand hochskaliert wird, um die volle nutzbare Auflösung des Displays abzudecken. Im Clip-On-Modus wird das Bild nur auf die Mitte des OLED-Displays skaliert, so dass es besser mit vergrößernden Optiken arbeitet. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass der Digitalzoom (2- und 4-fach) deaktiviert ist und alle Piktogramm-Menüoptionen in der Mitte des Bildes und nicht an der Seite angezeigt werden.
Die Robustheit eines solchen Geräts ist insbesondere in einem professionellen Umfeld von großer Bedeutung, und das Viper ist in dieser Hinsicht recht überzeugend. Es ist aus einer gefrästen Magnesiumlegierung gefertigt und hat eine Wasserresistenz gemäß IP-66-Zertifizierung. Bei den Akkus handelt es sich nicht um proprietäre, sondern um leicht erhältliche 18650 Li-Ion-Akkus, die das Viper bis zu 5 Stunden lang mit Strom versorgen können; zwei davon sind im Lieferumfang enthalten. Das Auswechseln der Batterie ist extrem einfach und kann bei montiertem Viper an der Optik erfolgen.
Praxistest: NITEHOG Viper Clip-On- und Beobachtungs-Wärmebildgerät
Um das NITEHOG Viper an ein Zielfernrohr oder eine andere Optik zu montieren, wird natürlich ein Adapterring benötigt. Der Hersteller bietet eine ganze Reihe von Adaptern an, die jeweils mit einem anderen Objektiv kompatibel sind und vom Spezialisten Rusan angefertigt werden. Ich habe einen 30-mm-Adapter bestellt, um das NITEHOG Viper mit einem Standard GECO Black Zielfernrohr mit variabler Vergrößerung verwenden zu können. Außerdem wurde es mit einem Leupold 1x24 Prismatic erprobt. Das entpuppte sich als Killeroptik mit dem Viper, es bleibt extrem kompakt und harmoniert gut mit dem Viper; leider ist das Prismatic nicht mehr erhältlich.
Die Leupold/Viper-Kombination wurde auf eine Waffe der AR-Plattform montiert (ich habe alle in der EU nötigen Erlaubnisse, um eine solche Waffe zu besitzen), eine .300BLK-Selbstladebüchse 7,5" SBR mit klappbarem Schaft auf der Grundlage des M4-Systems. Die gesamte Waffe ist weniger als 56 Zentimeter lang, einschließlich des Mündungsfeuerdämpfers, was sie zu einem sehr kompakten Gesamtpaket für die Verwendung in Fahrzeugen und zum verdeckten Tragen macht, wobei die Feuerkraft der Gewehrklasse erhalten bleibt.
Der flache Formfaktor bedeutet, dass es beim Viper keine unhandlichen Ecken und Kanten gibt, die vom Gehäuse der Waffe abstehen würden. Auch das Germanium-Objektiv ragt nicht über die Mündung der Waffe hinaus. Das Gewicht und die Balance sind zur Mündung hin leicht vorverlagert, aber insgesamt ist das fast vernachlässigbar. Wenn überhaupt, hilft es, die Mündung beim Schießen unten zu halten. Außerdem ist es perfekt mit den Standard-"Shorty"-Transporttaschen für Personenschutz und Sondereinsatzkommandos kompatibel.
Die drei Knöpfe auf dem Bedienfeld können mit der linken Hand bedient werden, ohne die Waffe aus der Hand zu legen.
Bemerkenswert ist die Zielerfassung und Schießerfahrung mit offenem Auge, die ich mit der montierten Viper testen konnte: Das Leupold ist eine Optik mit echter 1-facher Vergrößerung, und die Viper hat auch eine perfekte 1-fache Bildwiedergabe im Okular, so dass ich die Weitwinkelsicht meines linken Auges mit dem thermisch verbesserten engen Sichtfeld auf dem Display der Viper durch das rot beleuchtete Absehen mit meinem rechten Auge "verschmelzen" konnte.
Die daraus resultierende Geschwindigkeit beim Ansprechen, Wecheln und Verfolgen des Ziels kann mit einem Rotpunktzielgerät mithalten - aber wir verwenden eben ein komplettes Optikpaket mit Wärmebildtechnik! In städtischen Szenarien, im Einsatz von Polizei- oder Sondereinsatzkräften, wo es scharfe Kontraste durch Straßenbeleuchtung, Autoscheinwerfer und Schaufensterbeleuchtung gibt, ist das Wärmebild der Viper eine große Hilfe beim Ausmachen brenzliger Situationen. Und falls nötig, kann es dann in Sekundenschnelle entfernt werden, so dass die Waffe mit ihrer primären Optik einsatzbereit ist. Der Nullpunkt bleibt erhalten, und die Verschiebung des Trefferpunktes von weniger als drei Zentimetern pro 100 Meter Entfernung im Auslieferungszustand ohne Justierung ist ausreichend für Einsätze in typischen Szenarien von Spezial- und Militärkräften im urbanen Umfeld. Denn die überschreiten selten 30 Meter. Beamte eines Sondereinsatzkommandos waren von dem beschriebenen Paket aus Optik und Waffe ziemlich beeindruckt und haben es in einigen leichten Übungen ausprobiert. Sie konnten ebenfalls bestätigen, dass die Viper "zugelassen" ist.
Unser Fazit zum NITEHOG Viper-Test im "professionellen Umfeld"
Um meinen kleinen Test mit dem NITEHOG Viper in einem hypothetischen Polizei- und Militärszenario abzuschließen, kann ich also durchaus bescheinigen, dass das Gerät einwandfrei funktioniert und auch für professionelle Anwender viel Potenzial bereithält. Es kommt zu einem erschwinglichen Preis zum Kunden und die Flexibilität des Viper lässt es auch in extremen und Nischenanwendungen, wie in den Händen eines SEK-Beamten, glänzen.
Abschließend wollen Sie sicher wissen, wie es sich in seinem hautpsächlich vorgesehenen Anwendungsgebiet, der Jagd, geschlagen hat. Auch das werden wir natürlich in einem Video testen, also bleiben Sie dran!
Die unverbindliche Preisempfehlung für das NITEHOG Viper Clip-On-Wärmebildgerät beträgt in Deutschland 2.999,- Euro (Stand Dezember 2021, inkl. MWSt.).
Wie bei allen Wärmebild- und Nachtsichtgeräten, die direkt an einer Schusswaffe montiert werden können, müssen alle gesetzlichen Bestimmungen des Waffengesetzes und der jeweiligen Jagdgesetze (von Bund und Land) beachtet werden. Natürlich ist unserer Tester im Besitz aller erforderlichen Erlaubnisse für das Gerät und die Testwaffe.
Weitere Informationen zu den Thermalgeräten von NITEHOG, gibt es auf der NITEHOG Website. Ebenso auf den Seiten der RUAG Ammotec GmbH.