Technische Charakterisierung der Nachtzielgeräte:
Der Terminus Nachtsichtgeräte bezieht sich auf Optroniken, die natürliches Restlicht oder mit Hilfe von zusätzlichen Infrarotaufhellern erzeugtes Licht durch ein optisches System ins Auge des Betrachters lenken. Technisch unterscheiden sich die reinrassigen Nachtzielgeräte, sei es nun eine Nachtsichtoptik oder eine Wärmebildkamera, bis auf die vorhandenen Zielmarken prinzipiell nicht von den handgeführten Geräten.
Allerdings sollte man wissen, dass es auch handgeführte Nachtsicht- oder Wärmebildgeräte gibt, die – meist per Klemmadapter – an gewöhnliche Tageslichtoptiken, also Ferngläser, Spektive oder in diesem speziellen Fall auch an Zielfernrohre montiert werden können. Solche Optroniken nennt man dann "Dual-Use-Geräte", was so viel bedeutet wie Apparate mit doppeltem Verwendungszweck. Kommen noch eine oder mehrere weitere Verwendungsmöglichkeiten, etwa die Montage an einem Helm, hinzu, spricht man von "Multiple-Use-Geräten".
Diese Mehrzweckgeräte unterscheiden sich je nachdem, wo sie im Strahlengang des Lichts angebracht werden, in Vorsatz- oder Nachschaltgeräte. Sitzt die optronische Apparatur am Objektiv, so spricht man hier von einem Vorsatzgerät. Sitzt das Teil am Okular, gilt es als Nachschaltgerät. Aber Vorsicht: Diese Unterscheidung gilt ausschließlich für Nachtsichtgeräte und nicht für Wärmebildkameras. Letztgenannte können wegen der zahlreichen Glaslinsen innerhalb einer Fernoptik, also auch eines Zielfernrohrs, nicht hinter der Optik eingesetzt werden, da das Glas die Wärmestrahlung absorbieren würde. Daher können Wärmebildgeräte auch lediglich als Vorsatzgeräte genutzt werden. Man darf hier auch nicht vergessen, dass es sich bei den Wärmebildgeräten um thermografische Kameras handelt. Das ist ein großer Unterschied, da hier die vom Zielobjekt kommende thermische Strahlung nicht wie das sichtbare Licht oder Infrarotlicht bei den klassischen (also nicht digitalen) Nachtsichtgeräten durch ein Linsensystem quasi durchgeschleust wird, sondern dass bei einem Wärmebildgerät die von einem Sensor erfasste Wärmestrahlung in ein Abbild auf einem Display umgewandelt wird. Klar, dass hier die mögliche Schussdistanz insbesondere auch von der Vergrößerungsleistung der Wärmebildkamera, aber auch der Auflösung von deren Display abhängt. Insbesondere, wenn man zusätzlich zum Zoom der Kamera auch die Vergrößerung eines variablen Zielfernrohrs nutzen möchte. So werden bei einer Erhöhung der Vergrößerungseinstellung an der Zieloptik auch die einzelnen Bildpunkte des Displays vergrößert und das Abbild verliert dadurch zwangsläufig an Detailqualität. Das trifft in einem gewissen Maß zwar auch für die Auflösung eines Nachtsichtgeräts zu, der Effekt tritt hier aber in der Regel erst später ein. In beiden Fällen gilt jedoch die Faustregel: Je weiter man mit der Vorsatzoptik schießen möchte, desto tiefer muss man in die Tasche greifen.
Noch etwas zur jagdlichen Praxis: In der Regel lässt sich mit hochwertigen Wärmebildgeräten Wild auch auf sehr viel weitere Distanzen hin detektieren (aufspüren) als mit Nachtsichtgeräten. Wenn es um das genaue Ansprechen geht, liegen die restlichtverstärkenden Optroniken heute noch aber ganz klar vorn – und mit "Ansprechen" meint der Jäger nicht das bloße Identifizieren der Wildart, sondern insbesondere das Unterscheiden zwischen Geschlechtern und zwischen jungen und alten Stücken sowie das Erkennen irgendwelcher Abnormitäten.
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Wie ist die Rechtslage zum Einsatz von Nachtzielgeräten?
Wie viele waffentechnische Entwicklungen entspringen auch die Nachtzielgeräte militärischen Bedürfnissen. Bis dato sind sie in Deutschland analog den Laser-Zielgeräten bis auf ganz wenige Ausnahmen ausschließlich Soldaten und Polizeieinsatzkräften vorbehalten. Das gilt nicht nur für die Verwendung, sondern auch schon für den bloßen Besitz.
Als Rechtsgrundlage lässt sich hier zunächst einmal das Waffengesetz anführen: So zählen nach Nr. 1.2.4.2 der Anlage 2 (zu § 2 Abs. 2 bis 4) des Waffengesetzes "Nachtsichtgeräte und Nachtzielgeräte mit Montagevorrichtungen für Schusswaffen sowie Nachtsichtvorsätze und Nachtsichtaufsätze für Zielhilfsmittel (z. B. Zielfernrohre) [...], sofern die Gegenstände einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen;" zu den verbotenen Gegenständen. Wichtig ist hierbei: Laut der derzeit vorherrschenden Rechtsauffassung werden die zuvor genannten Dual- oder Multiple-Use-Geräte erst zu verbotenen Gegenständen, wenn sie an eine Zielvorrichtung angebracht werden. Als handgeführtes Gerät oder an eine nicht zum Zielen bestimmte Optik montiert, ist der Umgang mit ihnen und damit auch der Besitz demnach erlaubt. So können solche Dual-Use-Geräte an Ferngläsern, Spektiven oder auch Digitalkameras dann auch im Jagdrevier zum Aufspüren von Wild genutzt werden.
Eine weitere gesetzliche Grundlage, die den Waidmann betrifft, bildet in diesem Zusammenhang das Bundesjagdgesetz in den sogenannten sachlichen Verboten, die dort im § 19 aufgeführt werden. Genauer gesagt findet sich im § 19 Absatz (1) Nr. 5a das Verbot: "künstliche Lichtquellen, Spiegel, Vorrichtungen zum Anstrahlen oder Beleuchten des Zieles, Nachtzielgeräte, die einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen und für Schusswaffen bestimmt sind, [...] beim Fang oder Erlegen von Wild aller Art zu verwenden oder zu nutzen [...]". Auch hier resultiert das Verbot analog zum Waffengesetz also aus der Bestimmung des betreffenden Gegenstandes für Schusswaffen. Zudem geben die "Sachlichen Verbote" in § 19 Abs. (1) Nr. 4 auch die Tageszeiten vor, in denen die Jagd auf bestimmte Wildarten untersagt ist: "Schalenwild, ausgenommen Schwarzwild, sowie Federwild zur Nachtzeit zu erlegen; als Nachtzeit gilt die Zeit von eineinhalb Stunden nach Sonnenuntergang bis eineinhalb Stunden vor Sonnenaufgang; das Verbot umfasst nicht die Jagd auf Möwen, Waldschnepfen, Auer-, Birk- und Rackelwild."
Allerdings können die einzelnen Bundesländer die sachlichen Verbote des Bundesjagdgesetzes in den zuvor genannten Punkten gemäß Absatz (2) des § 19 auch "erweitern oder aus besonderen Gründen einschränken". Und hier tut sich angesichts der sich seit Jahren steigenden Überpopulation von Schwarzwild in heimischen Revieren und der drohenden und bereits in Polen und Tschechien ausgebrochenen afrikanischen Schweinepest auch etwas auf dem Gebiet Jagd mit Nachtzieltechnik.
Noch mehr über die aktuellen gesetzlichen Regelungen für Nachtzieltechnik und Nachtsichttechnik lesen Sie hier.
Erste Feldversuche mit Nachtzielgeräten bei der Jagd:
Den Vorreiter in Sachen Nachtzieltechnik bei der Jagd machte angesichts des immer größer werden Wildschadenproblems durch Schwarzwild der Bayerische Landtag. Auf Antrag der CSU und Beschluss des Parlaments wurde die Bayerische Staatsregierung im März 2015 dazu aufgefordert, "die Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine zulässige Verwendung von Nachtzieltechnik (Nachtzielgeräte sowie fest mit der Waffe verbundene künstliche Lichtquellen) in besonderen Problemregionen für eine ausgewählte, besonders geschulte Personengruppe zur Bejagung von Schwarzwild zu erwirken."
Daraufhin wurde das zuständige Landwirtschaftsministerium des Freistaats aktiv, so dass zunächst die unteren Jagdbehörden von drei ausgewählten Landkreisen entsprechende jagdrechtliche Ausnahmegenehmigungen erteilten und als Präzedenzfälle beim BKA entsprechende waffenrechtliche Ausnahmegenehmigungen beantragt wurden. Das BKA lehnte die Anträge, auch im Widerspruchsverfahren, ab. Um das vom BKA damit bestätigte Verbot quasi zu umgehen, zog der Bayerische Landwirtschaftsminister Helmut Brunner dann rund ein Jahr nach dem Landtagsbeschluss den § 40 Abs. (2) des Waffengesetzes aus dem Hut, worin es heißt: "Das Verbot des Umgangs mit Waffen oder Munition ist nicht anzuwenden, soweit jemand auf Grund eines gerichtlichen oder behördlichen Auftrags tätig wird." Daraufhin konnten dann die Jagdbehörden entsprechende "Aufträge" und damit verbunden auch die jagdrechtlichen Ausnahmegenehmigungen erteilen. Das alles natürlich unter strengen Auflagen, wie etwa der, dass nur die legal zu erwerbenden Vorsatzgeräte und diese auch nur zur Jagd auf Schwarzwild verwendet werden dürfen. Überdies dürfen die Nachtsichtvorsätze auch erst im Revier auf die Zieloptik montiert werden und müssen vorm Verlassen desselbigen wieder abgenommen werden. Natürlich muss der so beauftragte Waidmann auch alle in diesem Zusammenhang erforderlichen Dokumente bei der Jagdausübung dabei haben. Zudem erfolgt die Genehmigung nur auf maximal drei Jahre befristet, ohne einen Anspruch auf Verlängerung.
Auch der Freistaat Sachsen beschreitet einen neuen Weg in Sachen Nachtzielgeräte für die Jagd. Dort trat am 18. Februar 2018 eine Änderung des Landesjagdgesetzes in Kraft: Demnach wird das Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft ermächtigt, "zur Durchführung dieses Gesetzes, insbesondere zum Schutz des Wildes und seiner Lebensgrundlagen, zur Verwirklichung des Hegeziels und zur Verhinderung übermäßigen Wildschadens, auch abweichend vom Bundesrecht, durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen über [...] Maßnahmen gegen die Afrikanische Schweinepest, wenn diese Tierseuche im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder einem an den Freistaat Sachsen angrenzenden Staat ausgebrochen ist; in diesem Fall können bis zur Feststellung der Seuchenfreiheit [...] die Verwendungs- und Nutzungsverbote des § 19 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe a des Bundesjagdgesetzes eingeschränkt werden, soweit die aufgeführten elektrischen und optischen Geräte der Nachtjagd dienen."
Auf die Jagd mit den für diesen Zweck sicher besser geeigneten originären Nachtzielgeräten dürfen wohl auch die sächsischen Jäger nicht hoffen, solange das Waffenrecht hier nicht entsprechend angepasst wird oder das BKA seine Genehmigungspraxis nicht ändert. Von Rechtssicherheit für den privaten Jägersmann kann man aber auch nicht bei der hier angeführten bayerischen Lösung sprechen, wenn er etwa durch einen unwissenden Gesetzeshüter in die Mühlen der Justiz geraten sollte.
Wer hier derzeit auf Nummer sicher gehen möchte, für den gibt es auch noch eine bundesweit legale Lösung: Wer in deutschen Revieren rechtlich sicher gehen will, kann derzeit auf die nachfolgende Art seine Wildschweine in Verbindung mit Nachtsichttechnik erlegen. Die Lösung besteht aus einer an einem Kopfgestell getragenen mono- oder binokularen Nachtsichtbrille in Verbindung mit einem nachtsichttauglichen Reflexvisier. Bei letzteren lässt sich die Intensität des Rotpunktes oder des holographischen Absehens soweit herunter regeln, dass sie auch durch das Nachtsichtgerät betrachtet nicht überstrahlen – wie es der Dot der meisten Reflexvisiere oder etwa auch ein Leuchtabsehen in einem Zielfernrohr machen würden. Allerdings eignet sich besagte Nachtsichtbrillen-Reflexvisier-Kombination nur für Schüsse auf kurze Distanzen, da diese Zieloptiken für den schnellen Schuss auf bewegliche Ziele oder das dynamische Schießen entwickelt wurden und meist nur eine einfache Vergrößerung bieten.
Eine Einführung in das Thema Optronik haben wir bereits für Sie auf all4shooters.com veröffentlicht und auch mit Thermografischen Optiken/Wärmebildkameras haben wir uns schon ausführlich beschäftigt.
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