Ferngläser nutzt der Waidmann neben dem Aufspüren von Wild im Gelände in erster Linie zum klaren Ansprechen eines gesichteten Stückes Wild vor der Schussabgabe.
Allerdings spielt bei der Wahl des richtigen Fernglases natürlich auch der angedachte Einsatzzweck eine Rolle. So wird sich der Jäger, der nur am Tage im alpinen Gelände oder weitläufigen Revieren unterwegs ist, eher für ein leichtes Pirschglas entscheiden als für ein primär für den Ansitz in der Dämmerung ausgelegtes schweres Ansitzglas. Wer aber für alle jagdlichen Situationen gerüstet sein möchte, der wird eine Kompromisslösung suchen und dann auf eines der sogenannten Allround-Gläser zurückgreifen.
Hier stehen dann meist Optiken mit achtfacher Vergrößerung und 42 mm Objektivdurchmesser ganz oben auf der Wunschliste. Wer es sich erlauben kann, der greift dabei zu einem Glas aus dem Premiumsegment, das deutlich jenseits der 2.000,-Euro-Marke ansetzt.
Darin finden sich in der Regel Gläser mit sehr guter optischer Leistung und mit hoher Lichttransmission, um auch für den Ansitz in der Dämmerung hinreichend gerüstet zu sein. Und in diesen Markt, der hierzulande von den Herstellern Leica, Swarovski und ZEISS dominiert wird, möchte nun auch Blaser mit seinem Primus 8 x 42 vorstoßen.
Kann das Blaser Primus Fernglas für 2.145,- Euro mit dem Leica Noctivid 8 x 42 (2.580,- Euro), dem Swarovski EL 8,5 x 42 WB (2.450,- Euro) und dem Zeiss Victory 8 x 42 SF (2.545,- Euro) mithalten?
Blaser Primus 8x42 Fernglas
Das Erste, was dem Betrachter beim rund ein Kilo schweren Blaser Primus Fernglas ins Auge sticht, ist seine in den Farben Anthrazit und Schokobraun gehaltene Armierung, die das Magnesiumgehäuse umgibt. Auch der jeweils in Braun gehaltene Mitteltrieb und der hier direkt am rechten Okular angebrachte Dioptrieneinstellring fallen dank der rautenförmigen Fischhaut auf, die den Fingern des Bedieners auch bei Nässe den nötigen Halt verleiht.
Das Primus besitzt in 4 Stufen rastbare Augenmuscheln, die eine individuelle Anpassung des Augenabstandes ermöglichen und ganz eingedreht das Glas auch für Brillenträger tauglich machen.
Die Verbindung zwischen den beiden Tuben stellt eine kurze Brücke in der oberen Hälfte des Glases her. Mit dieser Brücke lässt sich natürlich auch die Pupillendistanz, sprich der Abstand zwischen den Augen des Benutzers, einstellen.
Leica Noctivid 8x42 Fernglas
Das Leica Noctivid Fernglas kam bereits 2016 auf den Markt. Auch hier schützt eine Gummiarmierung das Magnesiumgehäuse der nur rund 850 Gramm schweren Optik. Die Armierung fällt beim Leica-Glas schwarz aus und wird nur durch die weiße Beschriftung mit der Modellbezeichnung und das eingelassene Firmenlogo auf rotem Grund unterbrochen.
Das Noctivid hat einen in den Mitteltrieb integrierten Dioptrienausgleich, der durch Herausziehen des Stellrades aktiviert und durch Wiederhineindrücken deaktiviert wird. Der eingestellte Wert lässt sich an einer Skala ablesen. Auch das Leica besitzt in 4 Stufen rastbare Augenmuscheln. Die durchbrochene Brücke verfügt über zwei Scharniere.
Swarovski EL 8,5x42 WB Fernglas
Das Habicht-Logo und die waldgrüne Gummiarmierung auf dem Magnesiumgehäuse verraten beim Swarovski EL Fernglas unverkennbar, aus welchem Hause dieses 2015 vorgestellte Glas kommt.
Der Mitteltrieb sitzt am oberen Scharniergelenk und nimmt auch hier den Dioptrienausgleich auf. Das Fokussierrad lässt sich hier erst nach Lösen einer Arretierung auf der Stirnseite des Stelltriebes herausziehen, um den integrierten Dioptrienausgleich zu betätigen. Dieser besitzt eine feine Rastung und eine klar erkennbare Nullraste.
Beim knapp 870 Gramm schweren Swarovski-Glas erfolgt die Riemenbefestigung über zwei seitlich angebrachte Druckstifte, über die sich der Riemen sehr einfach und sehr schnell anbringen oder abnehmen lässt.
ZEISS Victory 8x42 SF Fernglas
Beim ZEISS Victory 8 x 42 SF stehen die beiden Buchstaben "SF" am Ende der Modellbezeichnung für Smart Focus. Damit umschreibt der Hersteller den schnellen Mitteltrieb dieser Modellreihe. Zu finden relativ weit vorn zwischen den hinteren beiden von insgesamt drei Scharniergelenken der durchbrochenen "Triple Link Bridge".
Auch bei dem 790 Gramm schweren ZEISS-Glas liegen Dioptrienausgleich und Fokussierrad auf einer Achse. Allerdings werden sie durch das hintere Scharniergelenk voneinander getrennt, wobei aber auch hier die Arretierung des Dioptrienstellrades durch Herausziehen gelöst wird. Und – wie soll es anders sein – trägt auch das ZEISS-Magnesiumgehäuse zum Schutz eine Gummihaut, in diesem Fall in mattem Schwarz. Die Augenmuscheln können in drei Stufen gerastet werden.
Optische Leistung der Ferngläser im Test
Dazu sei vorangeschickt, dass es sich hier nicht um theoretische Laborergebnisse, sondern vielmehr um die subjektiven Praxiseindrücke jagderfahrener VISIER-Tester handelt.
Alle 4 Gläser geben jeweils ein sehr farbneutrales und kontrastreiches Bild wieder. Der Blick auf die Siemensstern-Testtafel verriet, dass die Gläser sich in puncto Auflösung ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern.
Das größte Sehfeld auf 1.000 Meter bringt mit 148 Metern das ZEISS-Glas mit, gefolgt vom Blaser mit 141, dem Leica mit 135 und dem Swarovski mit immer noch sehr passablen 133 Metern.
In Sachen Randschärfe präsentierte sich das Blaser Primus sehr ordentlich, aber doch einen Hauch schlechter als die anderen drei Kandidaten – insbesondere ZEISS schafft es hier, trotz des größeren Sehfeldes eine bessere Randschärfe vorzulegen als Blaser.
Ein Verzeichnen, sprich: eine etwa durch die gekrümmte Wiedergabe von geraden Linien erkennbare Bildbeugung, war bei keinem der Gläser auszumachen. Mit Ausnahme des Swarovski EL produzierten jedoch alle getesteten Gläser im äußersten Randbereich ins Blaue gehende Farbsäume.
Bei der Dämmerungsleistung scheidet sich in der Regel die Spreu vom Weizen. Spitzenoptiken erlauben dem Waidmann bei schwindendem Tageslicht wesentlich länger ein klares Ansprechen des Wildes. Entscheidend hierfür ist die bei solchen Optiken in der Regel vorhandene hohe Lichttransmission. Vereinfacht ausgedrückt, geht hier dank der Verwendung von entsprechend hochwertigen optischen Gläsern und mehrfach vergüteten Linsen schlichtweg weniger Licht durch Reflexionen an den Glasoberflächen verloren. Oder noch einfacher: Von dem Licht, das vorn durchs Objektiv in die Optik hineingeht, kommt hier hinten mehr aus dem Okular heraus, als bei den günstigeren Modellen.
Lichttransmission im Praxistest
Für die Praxis heißt das: Je geringer die Transmission, desto dunkler ist das Bild insgesamt. Beobachten kann der Nutzer das am ehesten daran, dass das Bild bei zunehmender Dämmerung immer mehr an Farbe verliert. Am Ende sehen Sie schließlich nur noch in Graustufen. Natürlich sind mit einer hochwertigen Optik auch länger Details erkennbar.
Daher waren die Tester besonders darauf gespannt, ob das neue Blaser Primus hier mithalten konnte. Also nahmen sie alle 4 Optiken an einem lauen Spätsommerabend mit ins Revier.
Während das Tageslicht mehr und mehr schwand, konnte die Bildwiedergabe aller Optiken immer wieder unmittelbar miteinander verglichen werden. Dabei konnte allerdings kein klarer Sieger ausgemacht werden.
Obwohl es sicher nicht länger als zwei Minuten dauerte, jeweils durch alle 4 Gläser intensiv hindurchzuschauen, war schließlich die Dämmerung schneller und in allen Gläsern die Farbe weg.
Im Klartext heißt das aber, dass die Ferngläser in diesem Punkt alle sehr dicht beieinander liegen.
Test der Bedienelemente der Ferngläser
Sämtliche Mitteltriebe ließen sich beim Fokussieren leichtgängig und allein mit dem Mittelfinger drehen. Zum entspannteren Halten bei längeren Beobachtungsphasen besitzen das Blaser Primus und das Swarovski EL Daumenablagen an der Gehäuseunterseite. Beim Primus kommt dadurch der Mittelfinger nicht mehr an den Mitteltrieb, ohne umgreifen zu müssen
Bei der Anzahl der Umdrehungen, die für einen kompletten Wechsel von der Nahdistanz ins Unendliche nötig sind, schlägt das Primus das Fernglas von ZEISS: Mit nur gut 1,3 Umdrehungen beim Blaser Fernglas ist es schneller bereit. Der Smart Focus von ZEISS benötigt hierfür 1,8-mal eine Drehung des Mitteltriebs. Beim Leica sind es exakt 2 Rotationen und beim Swarovski gar 2,5.
Den Widerstand beim Knicken der Brücken hatten alle Hersteller gut bemessen, so dass sich die Pupillendistanz noch relativ leicht einstellen lässt, sich aber auch nicht ungewollt verstellt.
Fazit zum Vergleich von 8x42 Ferngläser der Marken Blaser, Swarovski, Leica und ZEISS
Unterm Strich können wir Blaser mit dem Test durchaus bescheinigen, mit seinem Primus 8 x 42 einen gelungenen Premierenauftritt in der Premiumklasse der Allround-Ferngläser hingelegt zu haben. Das gilt insbesondere für die optische Qualität, die das Fernglas zeigte.
Allerdings müssen wir auch anmerken, dass die etablierten Gläser hier in einzelnen Bereichen doch noch einen kleinen Vorsprung haben. Auch haben Leica, Swarovski und ZEISS ganz klar in puncto Gewicht und Abmessungen die Nase vorn. Da muss Blaser nachlegen.
Wen die bis zu knapp 150 g mehr um den Hals nicht stören, der muss allerdings derzeit auch rund 300,- bis 400,- Euro weniger für das Primus auf den Tisch legen als für die Konkurrenzmodelle.
Einen klaren Gesamtsieger unter den übrigen hier gestarteten Testoptiken zu benennen, fällt schwer. Sowohl das Leica Noctivid 8 x 42, das Swarovski 8,5 x 42 WB als auch das ZEISS Victory 8 x 42 SF konnten nicht in allen Feldern die Mitbewerber hinter sich lassen. Letzten Endes müssen hier also persönliche Präferenzen den Ausschlag für den Kauf geben.
Weitere Informationen zu den Ferngläser finden Sie direkt auf den Webseiten der Hersteller:
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