Die ultraleichte Beretta Ultraleggero Bockflinte im Test

Eisenschaft im Handschutz
Beretta Ultraleggero in Kaliber 12/76: Der Eisenschaft im Handschutz besteht aus zwei getrennten Elementen. An der Unterseite des Laufbündels sind die entsprechenden Gegenstücke zu sehen.
Flankenverschlusses der Ultraleggero von Beretta 
Auch die Beretta Ultraleggero verriegelt mithilfe des für eine Beretta-Bockflinte typischen Flankenverschlusses.

Sowohl Stahl als auch Aluminiumlegierungen sind aus dem modernen Waffenbau nicht weg zu denken. Stahl gilt dabei aufgrund seiner Materialeigenschaften als belastbarer und haltbarer als besagte Leichtmetalllegierungen. Auf der anderen Seite wiegt Aluminium nur etwa ein Drittel von dem, was Stahl auf die Waage bringt. Mit Blick auf eine Bockflinte hatte die Jägerschaft bisher nur die Wahl zwischen einer Waffe mit einer Basküle aus schwererem Stahl oder einer aus leichtem, aber dafür weniger robustem Alu. Klar, dass hier schon lange der Wunsch nach einer leichten und dennoch extrem stabilen Alternative im Raum stand. Um dem Jäger diesen Traum zu erfüllen, musste Beretta technisch neue Wege gehen. Also machte sich ein zwölfköpfiges Entwicklerteam daran, nach Möglichkeiten zur Einsparung von Gewicht zu suchen. Inspirieren ließen sich die Konstrukteure dabei von ihren Kollegen aus dem Feld der Architektur und des Uhrenbaus. So sollen sie insbesondere die Bauweise des Eiffelturms und das Design von Skelettuhren auf die Idee zu der neuen Flinte gebracht haben. Das Ziel war schnell definiert: Eine Waffe, die mindestens 400  Gramm leichter sein sollte als ein vergleichbares Modell aus dem bisherigen Portfolio. Die Wahl fiel hier dem äußeren Erscheinungsbild nach auf eine Flinte der Modellreihe  690. Auf dem Weg zu der neuen Flinte entstanden etliche virtuelle und reale Prototypen, die auch immer wieder unter realen Schießstand- und Revierbedingungen getestet und verbessert wurden. Mittels Computersimulationen und digitalem "Tayloring" (Maßschneidern) wurde immer wieder analysiert, wo und an welchen Teilen man noch Material und somit Gewicht einsparen konnte, ohne die nötige Stabilität zu gefährden. Nach rund 11.400  Stunden Entwicklungsarbeit und insgesamt 42  physisch tatsächlich gefertigten Prototypen war die neue Flinte schließlich serienreif. Sie erhielt von Beretta den Namen Ultraleggero, was nichts anderes heißt als "ultraleicht". 

Wo konnte bei der Beretta Ultraleggero Gewicht eingespart werden?

Vorderschaftsnapper der Ultraleggero von Beretta
Die Beretta Ultraleggero nutzt die gleiche Konstruktion zum Fixieren des Vorderschaftes wie die 694. Bei der „Ultraleichten“ wurden einige Stahl- durch Alu-Teile ersetzt.

Um zu schauen, wo die Beretta-Konstrukteure bei der Ultraleggero überall Material eingespart oder auch schwerere gegen leichtere Werkstoffe ausgetauscht haben, sei zunächst der Blick auf das Bauteil gerichtet, das bislang den Unterschied zwischen einer leichten und schweren Bockflinte ausmachte: die Basküle. Von den äußeren Dimensionen her unterscheidet sich der ganz in Schwarz gehaltene Kasten nicht von dem der 690er Modelle. An den seitlichen Bäckchen finden sich bei der Ultraleggero florale Gravuren, an der Unterseite eine Fläche, die neben Ranken auch das Hersteller-Logo und die Modellbezeichnung zeigt. Aber Halt: Bei sehr genauem Hinsehen und beim Berühren merkt man, dass es sich bei diesen verzierten Flächen um Kunststoffteile handelt, die mit einem holografischen 3D-Effekt die Lichtreflexe einer Gravur imitieren. Genauer gesagt, sind es Abdeckplatten aus sogenanntem Techno-Polymer, die großzügige Ausfräsungen im Stahl der Basküle kaschieren. Im Vergleich zur originären 690er-Basküle konnten so 94  Gramm an Gewicht eingespart werden. Weitere 65  Gramm holten die Designer durch den Austausch der stählernen Trägerplatte für die Abzugsgruppe durch eine aus Aluminium heraus. Alle Funktionsteile des Abzuges vom Züngel bis hin zum selektiven Einabzug der Ultraleggero blieben dabei aber unverändert.

Mann mit der Bockflinte Ultraleggero von Beretta
Beretta Ultraleggero: Die Laufbündel entsprechen dem hauseigenen Steelium-Profil.

Fürs Laufbündel greift Beretta auf das hauseigene Steelium-Profil zurück. Diese Läufe verfügen über einen doppelstufigen Übergangskonus von rund 80  Millimetern Länge, bevor der zylindrische Teil des Schrotlaufes beginnt. Hinten fasst ein Monobloc die beiden Läufe, die an der Mündung und im Bereich der Vorderschaftarretierung jeweils noch von einer rund fünfeinhalb Zentimeter langen Schiene zusammengehalten werden. Ansonsten verzichten die Entwickler hier aus Gewichtsgründen gänzlich auf eine weitere Verbindung zwischen den Läufen. Zusammen mit der durchgängig nur sechs Millimeter breiten, ventilierten Visierschiene ließen sich beim Laufbündel insgesamt dadurch rund 68  Gramm einsparen. 

MicroCore-Schaftkappe von der Bockflinte Ultraleggero von Beretta
Die bisherige MicroCore-Schaftkappe wurde durch eine leichtere, aber nicht unbedingt komfortablere ersetzt.

Bisher ist die Ultraleggero nur im Magnum-Kaliber 12/76 am Start. Beretta-Importeur Manfred Alberts bringt sie in den hierzulande üblichen Lauflängen 66, 71 und 76 Zentimeter in den Fachhandel. Standardmäßig stattet Beretta die Ultraleggero mit einem Rechtsschaft aus Nussbaumholz der Klasse  2,5 aus. Der Hinterschaft besitzt einen geraden Rücken und einen Pistolengriff. Die Senkung beträgt 35/55  Millimeter. Auf beiden Seiten des Pistolengriffs wie auch am Vorderschaft sorgt je eine Fischhaut für guten Halt. Bereits bei der Auswahl des Schaftholzes für die Ultraleggero greift Beretta gezielt auf Blöcke aus weniger dichtem, sprich: leichterem, Holz zurück. Damit der Hinterschaft am Ende noch weniger auf die Waage bringt, schabt der Fräser darin eine sehr großzügig bemessene Kaverne aus, die dann in der Bohrung für die Schaftschraube mündet. Der vergrößerte Hohlraum und das leichtere Holz sparen etwa 129  Gramm an Gewicht ein. Neben der Standardausführung gibt es die Ultraleggero in den Lauflängen 66 und 71  Zentimeter auch mit dem speziell für Damen und nicht ganz so hochgewachsene Herren konzipierten Vittoria-Schaft mit höherem Rücken und Monte-Carlo-Effekt (Senkung: 35/45/55  Millimeter). 

Preislich macht der Importeur keinen Unterschied zwischen den rechtsgeschäfteten Ultraleggero-Modellen und listet sowohl die Standard- wie auch die Vittoria-Versionen mit jeweils 2550,-  Euro im Katalog. Gegen 95,-  Euro Aufpreis sind alle bisher genannten Varianten auch mit Linksschaft zu haben. Im Vergleich zu den bisherigen Schaftkappen wiegt die neue "Xtra-Light"-Kappe etwa 30  Prozent weniger. Bei einer 20-Millimeter-Kappe macht das 15  Gramm weniger.

Mit Blick auf den britischen Markt stattet Beretta die neue Jagdflinte nicht mit ab Werk montierten Riemenbügeln aus 

Mündungsbereich der  Ultraleggero von Beretta
Auf der durchgängig sechs Millimeter breiten und guillochierten Schiene der Beretta Ultraleggero sitzt ein Perlkorn aus Neusilber.

Die Briten tragen ihre Flinten lieber in einer speziellen Tasche ins Revier  –  die Waffe am Riemen über der Schulter zu tragen gilt auf der Insel als unfein. Allerdings legt der Hersteller jeder Flinte gleich einen Riemenbügel samt Schelle für den Lauf und einen Bügel zum Einschrauben in den Hinterschaft bei. So kann der Kunde letzten Endes selbst entscheiden, ob er die Halter anbringt oder nicht. Beim Handschutz der Ultraleggero orientiert sich Beretta an der eigens für das Modell  694 entwickelten Vorderschaftkonstruktion. 

Sicherungsschieber der Bockflinte Ultraleggero von Beretta
Per Schalter im Sicherungsschieber wählt man den Lauf, der vom Abzug zuerst abgefeuert wird.  

Bei dieser besteht der sogenannte Eisenschaft aus zwei getrennten Elementen. Üblicherweise bildet dieses  Bauteil, das als Gelenkschale zum Ansetzen an die Basküle dient und auch den meist zum Fixieren des  Vorderschafts am Laufbündel genutzten Patentschnäpper beherbergt, eine Einheit. Das Hakenstück am Lauf, in das der Schnäpper einrastet, fungiert dabei in der Regel als Gegenpart für ein federbelastetes Klemmstück. Dieses drückt den Eisenschaft gegen die Basküle und sorgt so für den gewünschten Widerstand beim Brechen (Öffnen) und Schließen der Flinte. Anders bei der 694er Konstruktion: Hier stützt sich das Stahlgelenk mittels einer gehärteten Querwelle auf einem unten am Laufbündel angebrachten Gegenstück ab. Dieses Gegenstück besteht aus mehreren Komponenten: einem fest mit dem unteren Lauf verlöteten Stahlblock, einer Justierschraube und einem verstellbaren, ebenfalls gehärteten, Anpressstück. Damit lässt sich das Teil, das gegen die Welle drückt, nachjustieren, und  –  bei Erreichen der Verschleißgrenze  –  ohne großen Aufwand austauschen. So kann der vom Schützen präferierte Widerstand beim Brechen und Schließen der Beretta-Flinte auch bei regem Gebrauch über Jahre konstant gehalten werden. Anstelle des Patentschnäppers kommt bei der 694 ein Schieber mit einem sich selbst nachstellenden Keilriegel zum Zuge. Die Oberfläche des Schiebers, die an der Unterseite des Handschutzes zugänglich ist, fällt deutlich kleiner aus als beim Patentschnäpper, sodass die Hand hier mit weniger heißgeschossenem Metall in Berührung kommen kann. Während beim Vorderschaft der 694 die besagten Teile alle aus Stahl bestehen, verwendet Beretta bei der Ultraleggero Stahl nur bei den stark beanspruchten Komponenten und ansonsten Alu. Dadurch konnten bei dieser Version weitere 33  Gramm an Gewicht eingespart werden. Addiert man alle hier aufgezeigten Maßnahmen zur Gewichtsreduktion, kommen unterm Strich 404  Gramm zusammen. Damit hat das Entwicklerteam die selbst gesetzte Vorgabe klar erfüllt. 

Zubehörkoffer der Beretta Ultraleggero mit 5 Wechselchokes

Wechsel-Chokes samt Schlüssel und Ölfläschchen
Zum Serienzubehör der Beretta Ultraleggero gehören neben Wechsel-Chokes samt Schlüssel auch Ölfläschchen und Riemenbügel.

Im Koffer der Ultraleggero liegen insgesamt fünf Wechselchokes des laufbündig ausgeführten OCHP-Typs in den Größen F (Full = 1/1), IM (Improved Modified = ¾), M (Modified = ½), IC (Improved Cylinder = ¼) und Cylinder. Alle Chokes eignen sich für Stahlschrot. Ab einer Schrotgröße von mehr als 3,5  Millimetern rät Beretta jedoch nur die offeneren Würgebohrungseinsätze bis einschließlich Größe ½ zu verwenden. 

Es können natürlich auch alle anderen OCHP- und OCHPe-Einsätze genutzt werden. Darunter auch die neuen Paradox-Chokes. Bei diesen sorgt ein spezielles Feld-Zug-Profil innerhalb des Wechseleinsatzes dafür, dass bereits auf kurze Distanzen von 10 bis 15  Metern die Schrotgarbe eine wirkungsvolle Deckung erzielt. Für die mündungsbündigen Paradox-Chokes fallen pro Stück 64  Euro und für die 21 Millimeter über die Mündung hinausragende OCHPe-Version jeweils 89,- Euro an.

Die Bockflinte Beretta Ultraleggero in unserem Praxistest:

Einlagen aus Techno-Polymer von der Bockflinte Ultraleggero
Die Ausfräsungen in der stählernen Basküle deckt Beretta bei der Ultraleggero mit leichten  Einlagen aus Techno-Polymer ab.

Beim Schießtest auf dem Wurftaubenstand gab sich die neue Ultraleggero in Sachen Funktion keine Blöße. Ejektoren und Laufwahlschalter arbeiteten einwandfrei. Der Abzug löste bei beiden Läufen jeweils bei einem adäquaten Abzugsgewicht von rund 1.800  Gramm aus. Insbesondere beim schnellen Richtungswechsel bei Skeet-Doubletten machte das Mitschwingen mit der 2,9  Kilogramm leichten und führigen Flinte so richtig Spaß. Nach ein paar 25er Runden melde sich aber auch schon beim Abfeuern der Skeetpatronen mit leichten 24-Gramm-Vorlagen die Schulter des Testers und verlangte nach der Pause, die sie bei der ihm vertrauten 3,6  Kilogramm schweren Sporting-Flinte wohl erst nach der doppelten Schusszahl eingefordert hätte. Solch hohe Schusszahlen sind jedoch in hiesigen Revieren kaum zu erwarten, so dass der gefühlt stärkere Rückstoß angesichts des Gewichts, das man weniger mit sich rumschleppen muss, durchaus zu verkraften ist.

Modell:

Beretta Ultraleggero (insgesamt gibt es 10 verschiedene Modelle)

Preis:2.550.- Euro
Kaliber:12/76
Kapazität:2 Patronen
Länge:1.100 Millimeter
Lauflänge:66 Zentimeter (71 und 76 cm ebenfalls verfügbar)
Schaftlänge:356 Millimeter
Abzugsgewicht: (U/O):1.797 / 1.895 Gramm
Gewicht:2.895 Gramm
Ausführung:rechts, (Linksausführung 2.645,- Euro)
Ausstattung: Flankenverschluss, Stahlbasküle, geölter Nussbaumschaft, Einabzug mit Laufwahlschalter im Sicherungsschieber, selektive Ejektoren, 5 Wechsel-Chokes.

Fazit: Unser Gesamteindruck zu der Beretta Bockflinte Ultraleggero

Das Entwicklungsziel wurde eindrucksvoll erreicht - mit 2.895 Gramm ist die Waffe wirklich leicht. Wer Magnum-Ladungen nur hin und wieder oder gar nicht braucht, bekommt mit der Ultraleggero nicht nur eine besonders leichte, sondern auch eine robuste und führige Bockflinte in gewohnter Beretta-Qualität. Ob als treuen Begleiter fürs Revier oder für sportliche Flintendisziplinen. Auch der Preis geht in Ordnung. Es gibt 3 Lauflängen, Ausführungen mit Linksschaft und auch die Damenmodelle mit der Modell-Bezeichnung "Vittoria". 

 Das hat uns gut gefallen:   Das fanden wir weniger gut:                  
- leichte und führige Flinte für Jagd und Sport
-  gefühlt  harter Rückstoß bei stärkeren Magnum Ladungen
- exakte Passungen und Verarbeitung
- Bedienungs-Manual nur als Download vorhanden
- Stahl bei stark beanspruchten Teilen

Die Testwaffe stellte uns der deutsche Beretta Importeur Manfred Alberts GmbH zur Verfügung.

Dieser Beitrag stammt aus der Visier 03/2022. Sie können das Heft – auch als Digitalausgabe – ganz bequem im VS Medien-Onlineshop bestellen.

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