Test: Benelli 828U Bockflinte im Kaliber 12/76

Benelli 828U Lieferzustand
Die Benelli 828U Bockflinte wird zerlegt mit an die Läufe angesetztem Vorderschaft im gepolsterten Kunststoffkoffer geliefert.
Benelli 828U Zubehörbox offen
Benelli 828U Bockflinte: In der Zubehörbox befindet sich allerlei nützliches Zubehör.

Die Benelli 828U kam im dezenten jagdlich grünen Waffenkoffer. In diesem bewahrten vorgegebene Fächer mit einer Polsterung unter Stoff mit Schotten-Karo-Muster die zerlegte Waffe vor Schaden beim Transport. Wie üblich, lagen das Laufpaar mitsamt Vorderschaft und der Hinterschaft mit der Basküle getrennt darin, um den Waffenkoffer möglichst kurz und handlich zu halten. Das Ganze macht einen sehr aufgeräumten Eindruck. Unten links in einem Fach des Koffers befindet sich zudem eine Zubehörbox aus transparentem Acryl mit schwarzem Deckel in moderner Karbon-Optik. In dieser ebenfalls gut aufgeräumten Box sind die Bedienungsanleitung, drei Wechsel-Chokes (zwei befinden sich in den Läufen), ein komfortabler Choke-Schlüssel, ein Ölfläschchen und weitere Zubehörteile zur Schaftanpassung klapperfrei untergebracht. Unter den insgesamt fünf Chokes befinden sich die Typen Full, Improved Modified, Modified, Improved Cylinder und Cylinder, wobei lediglich die drei letztgenannten auch mit Stahlschrot verwendet werden dürfen.

Preislich positioniert Benelli-Importeur Manfred Alberts die Basisvariante der 828U hierzulande bei 2.648,- EUR. Damit tritt die neue Benelli in direkten Wettbewerb etwa mit der Browning 725, aber auch den Beretta Modellen 690 oder Silver Pigeon.

Benelli 828U: Aufbau der Testwaffe

In Sachen Zusammenbau unterscheidet sich die neue Benelli-Bockflinte nicht von den gängigen Modellen der Mitbewerber. Ist die Flinte einsatzbereit, hält man eine elegante, gut ausgewogene Bockflinte in der Hand, die nicht zuletzt durch ihr geringes Gewicht von nur rund 2,9 Kilo überrascht. Dieses verdankt die Benelli dem Umstand, dass nur Teile, bei denen es aus Verschleißgründen nicht anders geht oder die den starken Schussbelastungen unmittelbar ausgesetzt sind, aus starkem und damit schwerem Stahl hergestellt werden. Hierzu zählen insbesondere die Läufe und der Kippblock des Verschlusses, der auch die federgelagerten Schlagbolzen beherbergt.

Benelli 828U Kippblock
Die Benelli 828U verriegelt mit Hilfe eines Kippblocks, der beim Schließen der Flinte in eine Aussparung an der Unterseite des Monoblocks greift.
Benelli 828U Abzugsgruppe
Benelli 828U: Zum Reinigen lässt sich bei Bedarf die komplette Abzugsgruppe der Benelli 828U aus der Basküle entnehmen.

Richtig: Die Benelli 828U besitzt einen innovativen Kippblockverschluss. Beim Zuklappen der Flinte richtet sich der zuvor durch Federn in der Basküle nach vorn geneigte L-förmige-Block auf. Dabei greift eine bogenförmige Nocke in der Sohle des Blocks in eine korrespondierende Aussparung an der Unterseite des Monoblocks. Gleichzeitig greift die lippenförmige Blockoberseite in die Basküle ein. Zwei mit dem Top Lever verbundene kleine Verschlussbolzen verhindern, dass die Läufe ungewollt abkippen. Sie halten somit indirekt auch den Block in der verriegelten Position. Damit dient der stählerne Block als Stoßboden und nicht die Basküle wie bei anderen Verschlusskonstruktionen. Dieses erlaubt es jedoch, dass Benelli die Basküle der 828U sehr schlank und zudem aus leichtem und schwächerem Aluminium fertigen kann. Sowohl der Verschlussblock als auch das Basküleninnere sind absolut sauber verarbeitet und machen einen sehr stabilen Eindruck, was eine hohe Lebensdauer erwarten lässt.

Die Basküle selbst besteht aus einer schwarz anodisierten, in diesem Fall dann genauer gesagt eloxierten, Aluminiumlegierung. Bei der Testwaffe kommt sie mit Ausnahme der dezenten und weiß unterlegten Modellbezeichnung "828U" auf beiden Seiten ohne Gravuren aus. Die Kontur der Basküle folgt einem kurvenreichen Design mit sich abwechselnden matten und polierten Flächen. Bei diesen sucht man nahezu vergeblich nach vollkommen ebenen Flächen. Lediglich ein Teil der Unterseite der Basküle ist plan ausgeführt und auch der "Schwung" des Abzugsbügels passt dazu. Sogar der Top Lever kommt hier in Form eines langgezogenen, leicht gebogenen Tropfens daher, was die hier aufgebrachte Liebe zum Detail und die moderne, dynamische Anmutung der 828U noch unterstreicht. Die Brünierung der Läufe folgt dem gleichen schwarzen Farbton wie die polierten Flächen der Basküle und fügt sich optisch passend genauso daran an wie die nun wieder matt schimmernde Visierschiene aus leichtem Karbon. Auch der ergonomisch gestaltete Vorderschaft mit Biberschwanzprofil greift das kurvige Design der Basküle auf. Wem die schwarze Eleganz nicht zusagt, der kann die Benelli 828U auch mit einer silbrig glänzenden, vernickelten Basküle haben. Hier sogar mit einer ans moderne, kurvige Design angepassten Gravur, die am Übergang zum Pistolengriff dessen Fischschuppenmuster aufgreift und an den Flanken und im Bereich des Top Levers ein Muster aus in sich verschlungenen Eichenranken mit Eicheln und Blättern aufweist. Dafür muss man aber 3.110,- EUR, also 462,- EUR mehr, hinlegen als für die Variante in Schwarz.

Benelli 828U: Abzug

Ganz hinten auf der Basküle sitzt ein gut erreichbarer Sicherungs- mit integriertem Laufwahlschieber. In der hinteren Position signalisiert ein "S" vor dem Schieber, dass die Waffe gesichert ist. Oben auf dem Schieber sitzt der quer zur Schussrichtung zu bedienende Laufwahlschieber. Hier zeigt ein roter Punkt in Verbindung mit einem weißen jeweils an, welcher Lauf über den Einabzug der Flinte abgefeuert wird. Der Form halber: Unter Einabzug versteht man eine Abzugsgruppe, bei der mehrere Schlagstücke nach einander mit nur einem Abzugszüngel angesteuert werden können.

Benelli 828U: Schaft

Benelli 828 U Dämpfungsystem
Benelli 828U: Neben der hier ganz rechts liegenden Gummikappe mindert vor allem das Progressive-Comfort-Dämpfungssystem den Rückstoß.
Benelli 828U Schaftkappe
Benelli 828U: Die weiche Schaftkappe weist ein Muster mit Reptilienschuppung auf und sitzt sicher in der Schulter.

Der Schaft besteht aus geöltem Walnussholz. Den Kontaktflächen an Pistolengriff und Vorderschaft verhilft eine exakt geschnittene, geschuppte Fischhaut zu einem sicheren Halt, auch bei feuchten Händen. Auf dem Rücken des Hinterschaftes schützt eine schwarze Elastomereinlage die Wange und insbesondere das Jochbein des Schützen. Die werkseitig montierte Einlage verleiht dem Schaft eine gerade Rückenkontur. Das Elastomerelement kann aber wie etwa auch bei der Benelli-Selbstlade-Büchse Argo gegen eine höhere, optional zu beziehende Einlage ausgetauscht werden. Im Hinterschaft sitzt das vor ein paar Jahren von Benelli vorgestellte Dämpfungssystem Progressiv Comfort. Bei diesem absorbieren mehrere Reihen ineinander verzahnte Kunststofflamellen einen guten Teil des Rückstoßes und auch die weiche, auswechselbare Gummikappe trägt zum sanften Schussverhalten der leichten Flinte bei.

Gerade beim Schrotschuss auf sich schnell bewegende Ziele ist es von eminenter Bedeutung, dass der Schaft instinktiv in die Schulter gleitet und das Auge flach über die Laufschiene sieht. Das geht nur, wenn dem Schützen der Schaft passt. Den "Maßschaft" von der Stange hat die neue Benelli daher gleich mit im Gepäck. "Perfect Fitting" nennen die Italiener dieses Konzept, bei dem mit Hilfe von diversen Kombinationen mitgelieferter Zwischenscheiben die Senkung und Schränkung des Schaftes individuell auf den Schützen abgestimmt werden kann. Insgesamt sind 40 verschiedene Einstellungen möglich, die eine Tabelle in der Bedienungsanleitung detailliert beschreibt. Dabei können die Schränkung von 3 oder 6 mm nach links oder rechts und die Senkung von 42,5 in 2,5-mm-Schritten bis 65 mm verstellt werden. Hört sich in der Theorie einfach an, stellt sich in der Praxis jedoch etwas schwieriger dar, da man, um die Einstellscheiben zu wechseln, jedesmal auch das komplette Progressive-Comfort-System aus dem Hinterschaft ausbauen muss. Da man aber diese Einstellarbeiten samt Korrekturversuchen in der Regel ja nur einmal durchführen muss, lohnt sich der Aufwand.

Um die Benelli 828U besser reinigen zu können, lässt sich auch die Abzugseinheit mit einem einfachen mitgelieferten Werkzeug ausbauen. Die Waffe sollte sich dazu stets im verriegelten Zustand befinden. Das aus einem Federring mit langem Drahtfortsatz bestehende Werkzeug wird in ein Loch hinter dem Abzugsbügel eingeführt und hineingedrückt, bis ein federbelasteter Haltebolzen die vorn lediglich in die Basküle eingehängte Abzugsgruppe frei gibt.

Benelli 828U: Lauflängen und Mündung

Bei den Lauflängen stehen dem Kunden bei beiden 828U-Varianten jeweils 71 cm und 67 cm zur Wahl. Die innen hart verchromten Läufe sind, wie bereits mehrfach erwähnt, baskülenseitig in einen Monoblock eingelassen und zudem fast über die ganze Länge frei ventiliert. Erst kurz vor der Mündung verbindet sie ein eingelöteter keilförmiger Block wieder miteinander.

Der Monoblock nimmt auch die "impulsgesteuerten" Ejektoren auf. Zum Aktivieren der Ausstoßerstangen wird der Impuls der sich im Patronenlager ausdehnenden Hülse genutzt. Somit werden auch nur die Patronen aus den tatsächlich abgefeuerten Läufen ausgestoßen. Im Gegensatz dazu nutzt die automatische Laufumschaltung des Abzuges den Rückstoßimpuls. Was sich bekanntermaßen auch durch einen Schlag auf die Schaftkappe simulieren lässt. Bei Bockflinten mit Einabzug ohne Laufwahlschalter lassen sich übrigens beide Abzüge nur mit Hilfe dieses Prozederes ohne zu schießen entspannen.

Auf der nächsten Seite erfahren Sie alles zum Praxistest der Benelli 828U.

Die Benelli 828U in der Praxis 

Da in rheinland-pfälzischen Gefilden spätestens am 20. Februar die Jagdsaison für die verschiedenen Federwildarten endet, konnte die Benelli 828U leider nicht mehr im jagdlichen Betrieb getestet werden. So blieben nur ein paar Runden Skeet und Trap, zusammen mehr als 300 Schuss, auf dem Wurfscheibenstand übrig. Das natürlich nach einem obligatorischen Probeschuss aus jedem Lauf auf eine ein mal ein Meter große Scheibe in etwa 20 m Entfernung mit Halbchoke und sportlicher 24-Gramm-Vorlage. Dabei zeigten beide Rohre jeweils eine gute Treffpunktlage und gleichmäßige Verteilung der Schrote. Schon hierbei fiel bei beiden Läufen der nahezu widerstandslose Vorzug des Abzuges bis zu einem ersten Druckpunkt nach etwa zwei Millimetern auf, dem sich ein einen Millimeter langer, leicht kratziger Weg anschloss, bis der Abzug trocken stand. Nach dem Auslösen fiel das Züngel dann nochmals einen Millimeter durch, was dem Schießen auf Wurfscheiben aber keinen Abbruch tut. Der Abzug des oberen Laufs löste im Schnitt bei 2.490 g und der des primär eingesetzten unteren bei rund 100 g mehr aus.

Benelli 828U im Einsatz
Die Benelli 828U verfügt über impulsgesteuerte Ejektoren. Nur wenn auch aus dem jeweiligen Lauf eine Patrone abgefeuert wird, wird der jeweilige Ausstoßer aktiviert und die leere Hülse beim Brechen der Flinte ausgeworfen. Hier wurde aus nur einem Lauf geschossen.

Die Waffe gleitet gut und schnell in die Schulter und lässt sich noch korrigieren, wenn der Anschlag einmal nicht so gut gelungen ist, sprich: Die Schaftkappe "klebt" nicht an der Schießweste. Die Flinte ist sehr gut ausbalanciert und schwingt sehr gut mit. Aufgrund des Rückstoßdämpfers zeigte sich die leichte Flinte überdies sehr "schulterfreundlich". Und das nicht nur bei den 24-g-Sportpatronen, sondern auch noch bei zu Versuchszwecken abgefeuerten 12/76er Jagdpatronen mit 52 g Bleivorlage. Dennoch müssen sich Schützen, die eine schwerere Flinte gewohnt sind, bei diesem Leichtgewicht umstellen. Dafür werden sich insbesondere zierliche Damen darüber freuen, dass sie bei der Benelli 828U keinen Rückstoß fürchten müssen.

Auch wenn sie auf dem Wurfscheibenstand eine sehr gute Figur macht, Benelli betont, dass man die 828U primär für die Jagd konzipiert hat. Bei ihrem geringen Gewicht erscheint sie für diesen Gebrauch auch prädestiniert. Bei der Jagd muss man seine Waffe den ganzen langen Tag durchs Gelände – wenn auch in diesem Fall nicht besonders mühsam – "schleppen". Während man vielleicht anderen Orts "very british" die gebrochene (geöffnete) Flinte lässig im Armwinkel oder über der Schulter trägt, könnte Benelli dem deutschen Durchschnittsjäger sicher eine Freude machen, wenn man der 828U fürs Revier noch ein Paar abnehmbare Riemenbügel oder zumindest -ösen spendiert.

Benelli 828U: unser Test-Fazit

Mit der Benelli 828U haben die Benelli-Konstrukteure unter Federführung von Marco Vignaroli gezeigt, dass sie nicht nur Selbstlade-Flinten und -pistolen, sondern auch eine waschechte Bockflinte bauen können. Und die Benelli 828U wird sowohl den Ansprüchen von Jägern als auch von jagdsportlich ambitionierten Wurfscheibenschützen gerecht. Mit dem Preis von 2.648,- EUR erklimmt die neue Benelli die Schwelle zu Bockflinten im mittleren Preissegment, ist aber für das, was sie mitbringt, sicher sehr fair veranschlagt.

Wer eine leichte und führige Flinte fürs Revier sucht, der wird an der neuen Benelli bestimmt seine Freude haben.

Benelli 828U: DIe technischen Details in der Übersicht

ModellBenelli 828U
Kaliber12/76
Kapazität2 Patronen
Gesamtlänge1.160 mm
Lauflänge710 mm
Abzugsgewichte2.430 g (oberer Lauf)
2.530 g (unterer Lauf)
Schaftlänge275 mm
Gewicht2.900 g

Ausführung: Bockflinte mit Kippblockverschluss und Einabzug. Schwarz eloxierte Alu-Basküle mit entnehmbarer Abzugsgruppe. Nussbaumschaft mit Rückstoßdämpfer und Gummikappe sowie Fischhaut an Vorderschaft und Pistolengriff. Carbon-Visierschiene mit Fiberglas-Korn. Wechselchokes.

Die Benelli 828U überzeugte im Praxistest.

Weitere Informationen zum Test der Benelli 828U Bockflinte finden Sie in der VISIER-AUSGABE 04/2016. Das Heft können Sie HIER im Online-Shop von VS-Medien bestellen.

Warum die Benelli 828U zur "Shotgun of the Year 2016" ausgezeichnet wurde können Sie hier auf all4hunters.de lesen.

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