Pedersolis Boarbuster-Reihe hat sich einen festen Platz unter Fans moderner, auf Drück- und Sauenjagd abgestellter Unterhebel-Repetierer erworben. Neben Mark II umfasst das Angebot die Varianten Shadow (graue Kunststoffschaftteile, schwarzes System), Guidemaster (grüne Silikon-Tarnmusterfolierung, Metall matt verchromt), HV1 Camo (Schäftung Camo-Orangefarben, Schaftteile mattschwarz) und die hier getestete Evolution. Das ist eine Nussbaum Ausführung, transparent mit Silikon foliert. Dazu gibt’s ein Systemgehäuse aus Stainless Steel mit reflexminderndem, mattgrauen Cerakote-Finish und schick gebläuten Schrauben. Die übrigen Stahlteile zeigen sich poliert und brüniert. Der extra Pfiff: Das als "Lever" bekannte Kombinationselement von Abzugsbügel und Repetierhebel lässt sich ganz einfach abschrauben. So kann man je nach Einsatzzweck einen Lever mit größerem oder kleinerem Durchlass anbringen. Um dem Testergebnis vorzugreifen: Ein schickes Gewehr von guter Qualität.
Die von uns alsbald nur noch kurz als "Evo" bezeichnete Boarbuster-Variante von Pedersoli absolvierte zwei Schießstand-Durchläufe. Beim ersten prüften wir die Funktion mittels der Patronensorten Hornady FTX (250 Grains), Remington Semi-Jacketed Hollow Point (300 Grains) und WM Bullets Lead Flat Point (295 Grains). Zudem ging es schon mal darum, wo die Waffe über offene Visierung auf 50 Meter Distanz ablegte.
Für den zweiten Durchlauf funkten wir die Firma Helmut Hofmann an – die Mellrichstädter lieferten sofort das angefragte Scout-Glas Leupold VX Freedom 1,5-4x28 samt zweier Sets an Montageringen für die ab Werk verbaute Picatinny-Schiene.
Erste Erkenntnis: Die Pedersoli Evo ging fix in die Schulter und lag satt und fett. Zur guten Haptik trug die Schaftkonfiguration bei. Das Design der beiden Schaftteile entsprach im Wesentlichen demjenigen der Shadow, aber das Holz der Evolution wirkte wertiger und schwerer, die Folierung ließ alles sicher und warm in den Händen liegen. Eine ebenso feine Sache wie die gut puffernde Schaftkappe: Lag die Büchse im Anschlag, ließ sich das Ziel pirschgerecht im Nu erfassen, sowohl über die offene Visierung wie auch über das Glas von Leupold als auch über das hier zu Fotozwecken montierte Rotpunktvisier der Marke UTG. Dann ließ sich die Evo tadellos durch die seitliche Ladeklappe füttern, weder gab es abgebrochene Fingernägel noch musste man die letzte Patrone gegen die Kraft der Magazinfeder mit extremem Aufwand hineinwürgen: alles richtig gemacht. Beim Repetieren lief die Büchse mit allen Munitionssorten sauber, es gab keine Hakeleien, wenn die Patronen aus dem Magazin nach hinten auf den Carrier und von da nach oben hinter das Patronenlager gingen. Auch der Auswurf der verschossenen Hülsen klappte tadellos. Zweite Erkenntnis: Die Evo ließ sich gut repetieren, aber einer aus unserem Team fand es angesichts des zwar glatten, aber spürbaren Schlossganges bequemer, sie dazu aus der Schulter zu nehmen und abzusenken. Der Lever der Boarbuster Evolution erwies sich an den neuralgischen Stellen als gut ausgeführt, seine Innenseite war gerundet, die Kanten gebrochen. Dennoch würden wir uns eine Wicklung aus dünnem Leder oder Paracord-Material wünschen.
Die Abzugseinrichtung der Pedersoli 1886/71 Boarbuster Evolution in .45-70 Government
Apropos Bedienelemente: Der Abzug brach zwar erst bei soliden 3.390 Gramm, aber trocken und ohne durchzufallen. Erstklassig geriet das Design des Außenhahns, da endlich einmal alle Kanten am Sporn verrundet waren. Der Hahn ließ sich leicht spannen und rastete sauber. Direkt dahinter fand sich eine Kolbenhalsschiebesicherung und für die gab es Kritik der Tester. Zwar tat sie, was sie sollte: Sah man den roten Punkt dahinter, war die Waffe bedienbar und schussfähig, saß der Schieber über dem Punkt, waren Abzug, Lever und Hahn blockiert. Bei der Testwaffe lief dieses Teil dann aber schwergängig und blieb zudem in seinen Endpositionen einfach stehen. Das sollte Pedersoli nochmals überprüfen und nachbessern.
Die Zielvorrichtung der Pedersoli 1886/71 Boarbuster Evolution
Das Zielbild der offenen Kimme war gut – im Korn ein roter Leuchtstab, mittels zweier giftgrüner Leuchtstäbe von der Kimme eingefasst. Das funktioniert im Wald und auf dem Schießstand. Zwar steht das gesockelte Korn starr, aber die Kimme sitzt auf zwei Schienen und diese wiederum an einer Schräge vorn an der Pica Rail. Sprich: Nach Lösen einer Schraube kann man die Höhe justieren. Ab Werk schoss die Evo sitzend aufgelegt auf 50 Meter ins Schwarze, wenn auch leicht links ablegend. Die Treffer der Hornady Monoflex etwa saßen so auf gut 40 mm zusammen. So weit, so gut, aber der mitteleuropäische Jäger feuert heute kaum noch über Kimme und Korn. Leupolds Scout-Zielfernrohr ließ sich tadellos montieren und justieren, es bot ein klares, scharfes Bild ohne Farbsäume, tipptopp. Aber: Wegen der Evo-Kimme musste es um einige Raststufen nach hinten. So saß sein Okular gut zur Hälfte über dem Auswurffenster und damit dort, wo die Pedersoli nach dem Schuss die Hülsen nach oben ausspuckt. Zielfernrohr-schonendes Herausfummeln der Hülsen erwies sich als umständlich. Weil die Tester nun (mit Blick auf die durchaus empfindsamen) Leuchtstäbe nicht die Kimme abnehmen wollten, musste das gute Glas nach ein paar Schuss wieder runter und es ging "oben ohne" weiter, also via Kimme und Korn. Dabei kam trotzdem Achtbares an Treffern heraus.
Modell: | Pedersoli 1886/71 Boarbuster Evolution |
Preis: | 2.250,- Euro |
Kaliber: | .45-70 Government |
Kapazität: | 5 + 1 Patronen |
Länge: | 974 mm |
Lauflänge: | 482 mm (19“) |
Dralllänge: | 1:18“ |
Abzugsgewicht: | 3.390 g (gemittelt) |
Gewicht: | 3.600 g |
Links-/Rechts-Ausführung: | Nur für Rechtshänder erhältlich |
Ausstattung: Unterhebelrepetierer, System Cerakote-beschichtet, Schaft aus Nussbaum mit Silikonfolierung, restliche Metallteile poliert und brüniert. |
Unser Test-Fazit zur Pedersoli 1886/71 Boarbuster Evolution:
Der Knackpunkt der schönen und führigen Büchse ist also die Visierung: Beim Einsatz eines Scout-Glases muss man darauf achten, a) die Montageringe weit hinten ans Glas zu setzen (so weit es das Mittelstück mit den Türmen erlaubt) und b) die Montage möglichst weit vorn zu platzieren. Dann sollte das Okular des verwendeten Leupold gerade so nicht mehr über dem Auswurf stehen. Weil die Hülsen ja meist ohne Geschoss ins Freie kommen, sollte sich da nichts in Gehege kommen. Unbedingt müsste die Kimme runter, nur so könnte unter Verbleib der verwendeten Ringe das Scout weiter nach vorn. Oder man nehme eine deutlich höhere Montage, dann gilt es aber zu prüfen, ob das mit schnellem Anbacken zusammengeht. Man könnte auch auf den (schon vorbereiteten) Verschluss ein Ghostsight setzen oder (wie im Bild) ein Rotpunktvisier verwenden. Zuletzt: Wie die Shadow bietet auch Pedersolis Evolution Boarbuster die Option, links am Systemgehäuse eine Katamaran-Montage anzubauen. Passende Bohrungen sind vorhanden. Pedersoli bewirbt das, die Testwaffe kam aber noch ohne eine solche Seitenausleger-Montage. Hier wäre interessant zu sehen, inwieweit derlei den Co-Witness-Einsatz von Kimme und Korn zulässt und wie sich die doch deutlich unterschiedliche Winkelung der Visierelemente in Sachen Treffpunktlage niederschlägt: Test folgt, sobald verfügbar.
Das hat uns gut gefallen: | Das fanden wir weniger gut: |
- Prima Schaftelemente, sehr führig | - Sicherung etwas schwergängig |
- Tadellose Funktion, gute Qualität | - Visierteile-Arrangement unpraktisch |
- Einfach wechselbarer Lever |
Den kompletten Testbericht mit allen Schießergebnissen der Pedersoli Boarbuste Evolution lesen Sie in der VISIER Ausgabe 12/2022. Das gedruckte Heft können Sie über den VS Medien-Onlineshop bestellen, oder hier als Digital-Ausgabe erwerben.
Weitere Informationen zur Pedersoli 1886/71 Boarbuster Evolution, finden Sie auf der Internetseite des Pedersoli-Service-Deutschland.
Text: Hamza Malalla und Matthias S. Recktenwald