Vorderlader, Zylinderverschlussrepetierer, Halbautomaten, Jagdzubehör und dann Kipplaufwaffen wie die Encore-Linie, die sich durch rasch abnehm- und montierbare Läufe und Schaftelemente von einer Pistole zum Gewehr und retour umwandeln lassen – dies alles sind Produkte der 1967 gegründeten Firma Thompson/Center, (kurz: T/C). Heute in Springfield, US-Bundesstaat Massachusetts ansässig, wirbt das Werk mit kompromisslosem Design und hoher Qualität der verbauten Materialien. Die Waffen gelten als zuverlässig in der Funktion. Und der Hersteller gewährt in den USA eine lebenslange Garantie, sachgerechten Umgang selbstverständlich vorausgesetzt. Fragt sich, ob sich der Kauf auch bei dem Repetierer der Bauserie Compass II lohnt. Hierfür hat uns Importeur WAIMEX ein Test-Modell zur Verfügung gestellt.
Die Testwaffe: Thompson/Center Compass II im Kaliber .30-06 Springfield von der WAIMEX GmbH
Diese Büchse kommt im Kaliber .30-06 Springfield, hat eine Lauflänge von 550 Millimetern und misst insgesamt 1.055 Millimeter. Das Gewicht beträgt 3,28 Kilo, ein typischer Wert für einen Jagdrepetierer. T/C hält den Kunststoffschaft der Compass II klassisch-schwarz und raut dessen Oberflächen griffig an. Der Hinterschaft schließt mit einer zwei Zentimeter dicken Gummischaftkappe mit Logo-Einprägung ab. Eine Aufnahme für einen Riemenbügel findet man am hinteren unteren Drittel des Schaftes. Der Pistolengriff ist mit einer Art Fischhaut versehen, bestehend aus grob angedeuteten Dreiecken. Auch das Werks-Logo findet beidseitig auf dem Pistolengriff seinen Platz, ebenso auf dem Abschlusskäppchen des Pistolengriffes. Hier ist das Logo jedoch farblich gestaltet, ein sehr kleines farbiges Highlight an der ansonsten streng in Schwarz gehaltenen Büchse. Auch der Vorderschaft bietet seitlich die angedeuteten Dreiecke als Handhabe. Zudem hat er eine ergonomisch wirkende, leichte Vertiefung. Die Thompson/Center wirkt insgesamt optisch etwas grobschlächtig. Die als Fischhaut aufgetragenen Dreiecke beherrschen die Optik, erfüllen jedoch sicher ihren Zweck.
Rechts seitlich hinter dem Kammerstängel findet sich die Drei-Stellungs-Sicherung. Zieht der Schütze den kleinen Hebel zu seinem Körper, lassen sich weder der Verschluss öffnen noch der Abzug betätigen. In der Mittelstellung kann man die Waffe laden und entladen, jedoch nicht damit feuern, der Abzug bleibt blockiert.
Schwenkt man den Flügel komplett in Richtung Mündung, ist die Compass II feuerbereit. Der Sicherungshebel lässt sich nur bei gespanntem Schloss manipulieren; der Drei-Warzen-Verschluss ermöglicht übrigens einen Öffnungswinkel von lediglich 60 Grad. Das einstellbare Abzugsgewicht liegt laut Hersteller zwischen 1.360 und 1.814 Gramm. Der Direktabzug bietet eine ins Züngel integrierte Sicherung. Der Abzug löst also nur aus, wenn man ihn bewusst betätigt und dabei das Sicherungszünglein eindrückt. Unter dem System findet das Einsteckmagazin aus Polymer seinen Platz. In Standardkalibern nimmt die Trommel fünf Patronen auf, in Magnum-Kalibern immerhin noch vier.
Der schwarz brünierte Lauf der Thompson/ Center Compass II hat einen 1:10-Drall. Das zöllige 5/8-24 UNEF-Mündungsgewinde wird von einem Käppchen geschützt. Oben in Laufmitte sind Hersteller-Logo, Fabrikat sowie das Kaliber eingelasert. Die Compass II verfügt über ein 5-R-Feld-Zug-Profil Dieses von dem US-Laufhersteller Barrett "Boots" Obermeyer entwickelte Innenprofil für Läufe soll eine besonders gute Präzision ermöglichen. In Deutschland gibt‘s das Modell wie bei der Testwaffe in Kaliber .30-06 und dann vor allem in .308 Winchester und .300 Winchester Magnum. Der Hersteller produziert den Zylinderverschlussrepetierer aber auch in .223 Remington, .243 und .270 Winchester, 6,5 Creedmoor und in 7 mm Remington Magnum. Die Hülsenbrücke der Compass II bestückt Thompson/Center mit Weaver-Sockeln – bei der Testwaffe kam darauf ein GECO-Zielfernrohr im Verstellbereich 1,7-9x44i. Das kompakte Glas wiegt nur 600 Gramm, inklusive der Montage steigt so das Einsatzgewicht auf 4,15 Kilogramm. So weit, so gut – nun zuerst ab auf den Schießstand, um festzustellen, was der preisgünstige Repetierer zu leisten imstande ist.
Am Schießstand mit der T/C Compass II
Die Auswahl der auf der T/C ausprobierten Laborierungen bildete einen Querschnitt durch die gängige Fabrikmunition und sollte zeigen, ob der Lauf unterschiedlich auf verschiedene Geschosse und Pulver reagiert: GECO Plus, RWS H-Mantel, Sellier & Bellot SPCE, Hornady Custom mit Teilmantelrundkopf und Sax KJG. Diese Patronensorte mit ihrem Kupfer-Jagdgeschoss ging am Testende durch den Lauf, nachdem die Prüfer ihn gut gereinigt hatten. Das beste Ergebnis lieferte in diesem Fall tatsächlich die bleifreie Munition von Sax mit einem Streukreis von 19 mm. Jagdlich ebenfalls sehr gut brauchbare Streukreise lieferte die T/C mit den Laborierungen von GECO, RWS sowie Sellier & Bellot. Völlig aus der Reihe tanzte die Munitionssorte von Hornady mit extra schweren Teilmantelrundkopf-Projektilen von 220 Grains Gewicht (61 mm).
Die T/C Compass II von WAIMEX im Revier:
Selbstverständlich sollte die Thompson/Center bei unserem Test auch unter realen Bedingungen zum Einsatz kommen. Aufgrund der besten Schießstandpräzision wurde die Waffe mit der bleifreien Laborierung von Sax kombiniert. Leider ließ starker Regen das Jagen kaum zu. Am letzten Abend vor Rückgabe der Büchse erhoffte sich die Testerin Erfolg im Feldrevier eines befreundeten Jägers. Mit sensationellem Blick in Richtung Berge des Tannheimer Tals und dessen noch verschneiten Kuppen ließ sich der schwüle Abend auf einem Sitz an der Feldkante sehr gut aushalten. Die Freigabe lautete auf Schmalrehe und schwächere Böcke, von denen laut Revierinhaber am "Panoramasitz" deren zwei regelmäßige Auftritte hatten. Auch dem Rehwild war es an diesem Abend zu warm und so machte sich die Testerin mit dem Gedanken vertraut, den mückenverseuchten Abend ohne Beute zu beschließen. Die Ausrüstung also wieder im Rucksack verstaut, ließ sie ein letztes Mal den Blick über die Wiese schweifen und erblickte den quasi versprochenen schwachen Bock. Nun hieß es, Nerven bewahren und das Gewehr in Zeitlupe wieder in Schussposition zu bringen. Mit dem letzten Büchsenlicht schwand auch das Leben aus dem Körper des Stückes. Die T/C hatte ihre Arbeit gut gemacht. Der Zwischenstand: Die Compass II arbeitete die an sie gestellten Aufgaben solide ab. Um auf die im Vorspann des Artikels gestellte Frage zurückzukommen, ob derjenige, der billig kauft, dies zweimal tut – bei der Testwaffe lautet die Antwort: nein. Mit passender Munition erzielt sie gute Resultate. Das von uns verwendete Allround-Zielfernrohr war ein GECO 1,7-9x44i - ein besonders leichtes und kompaktes Modell in der Klasse um 800.- €. Hier geht's zum Test des GECO 1,7-9x44i.
Verarbeitung der Compass II von Thompson/Center
Bekanntlich liegt Schönheit im Auge des Betrachters, aber solch ein Urteil wird umso zutreffender, je mehr Personen etwas bewerten. So auch hier: Neben der Testerin begutachteten noch diverse Prüfer die Büchse. Einhelliges Urteil: Die Testwaffe ist kein Hingucker, ist eher "schlicht". Ihr Abzugsbügel besteht aus Kunststoff, für zwei der am Test beteiligten Personen eine Premiere, da sich bei den bislang von diesem Duo gecheckten Büchsen auch aus dem unteren Preissegment stets Abzugsbügel aus Metall fanden. Immerhin bricht der T/C-Abzug leichtgängig und kratzt nicht. Zwar öffnet die Kammer wie erwähnt nach einer Sechstelkreis-Drehung. Aber der Kammerstängel fällt etwas kurz aus, lässt sich bei verriegeltem Verschluss nicht ideal umfassen und bedienen. Im Gegensatz zur grundsätzlich sehr handfest designten Compass II ist er sehr filigran gehalten. So wie es aussieht, lässt sich der Kammerstängel aber leicht ausbauen und bei Bedarf gegen einen anderen Griff tauschen. Der Umgang mit der Drei-Stellungs-Sicherung gerät etwas schwerfällig. Vor allem die Rast der mittleren Stellung greift nicht so präzise wie wir uns das gewünscht hätten. Der Sicherungshebel sollte daher stets mit mindestens zwei Fingern bedient werden.
Mit dem Kunststoffmagazin gibt es keine Probleme. Die kompakte Trommel nimmt die Patronen sauber auf, auch wenn das Befüllen etwas straff geht. Das Einführen funktioniert problemlos, der Magazinschacht ist recht großzügig bemessen. Ja, und beim Repetiervorgang hakt nix. Jedoch sitzt der Drücker direkt bei der vorderen Systemschraube. So geht es dort haptisch etwas beengt zu. Immerhin arbeitet der Magazindrücker leichtgängig, der Vorgang wird mit sanftem Klick quittiert. Der Vorderschaft macht in seinen Maßen einen gewaltigen Eindruck. Dies ist nicht zuletzt der Fischhaut geschuldet, die deutlich aufträgt. Lässt man die Hand über den Schaft gleiten, fühlt es sich ein bisschen matt und rau an. Es klingt auch irgendwie ganz hohl und macht keinen wirklich wertigen Eindruck. Dass es sich um einen gegossenen Kunststoffschaft handelt, verraten die kleinen Gussnähte.
Jedoch gibt es für die T/C Compass II auf dem US-Markt eine Reihe von Schaftalternativen. Optisch besonders reizvoll sind die Schäfte von Boyds. Man kann sie in den USA bereits für deutlich unter 200 Dollar erstehen, ein Selbstimport nach Deutschland würde den Preis aber weit in die Höhe treiben. Das Schutzkäppchen des Mündungsgewindes fertigt T/C (wie neben dem Schaft auch viele Kleinteile der Waffe) aus Plastik. Benutzt man die Waffe mit Schalldämpfer oder Ähnlichem, ist der Mündungsschutz schlicht nebensächlich. Ohne Dämpfer kommen jedoch Bedenken auf, dass nach einem zu festen Anziehen der Deckel zerbrechen könnte. Als Montage hatte die T/C bereits Basen für Weaver-Ringe verbaut. Hier lässt sich ein Zielfernrohr einfach und günstig montieren. Aufgelegt ist das Schießen mit der .30-06er Testwaffe nicht immer einfach. Wegen der relativ leichten Bauweise war der Rückstoß ziemlich heftig. Auf dem Hochsitz und mit einer entsprechenden Dosis Adrenalin im Blut geht das aber ganz gut.
Thompson/Center Compass II von WAIMEX: Die technischen Daten
Modell: | Thompson/Center Compass II |
Preis: | 765,- Euro |
Kaliber: | .30-06 Springfield |
Kapazität: | 5 + 1 Patronen |
Länge: | 1.054 mm |
Lauflänge: | 550 mm |
Dralllänge: | 1:10“ (1:254 mm) |
Abzugsgewicht: | ca. 1.360 – 1.814 g |
Gewicht: | 3.280 g |
Links-/Rechts-Ausführung: | Rechtsausführung |
Ausstattung: | Gummischaftkappe, Drei-Stellungs-Sicherung, Öffnungswinkel 60 Grad, ergonomischer Pistolengriff und Vorderschaft, 5/8-24 UNEF Mündungsgewinde |
Fazit: Das kann die günstige Repetierbüchse von Thompson/Center
Mit der Compass II holt man sich eine universell einsetzbare, sehr günstige Waffe nach Hause. Man bekommt das, was man sieht: Einen einfachen Repetierer, der sehr robust wirkt und zuverlässig funktioniert. Das von T/C als "zeitlos" bezeichnete Design gefällt nicht jedem - aber das muss man sehen und dann selbst entscheiden. Insgesamt funktioniert die Compass II gut und sicher. Die erzielten Schießergebnisse können sich sehen lassen. Aus diesem sehr günstigen Grundmodell kann man sich ohne große Investitionen eine gute, an die eigenen Bedürfnisse angepasste Waffe zusammenstellen, die dann kaum noch Wünsche offen lässt.
Das hat uns gut gefallen: | Das fanden wir weniger gut: |
Gute Präzision | Grobes Äußeres |
Ideale Basis für eine angepasste Büchse | |
Sehr gutes Preis-/ Leistungsverhältnis |
Text: Carola Rathjens, Hamza Malalla und Matthias S. Recktenwald
Dieser Test findet sich auch in der VISIER 8/2021. Dort sind auch alle Schießergebnisse im Detail enthalten. Sie können das Heft, auch als Digitalausgabe, im VS Medien-Onlineshop bestellen.
Weitere Informationen zur Compass II bekommen Sie auch auf den Seiten von Thompson/Center. Außerdem natürlich beim Importeur, der WAIMEX GmbH.