Die Savage 100 Tactical für Jäger? Ja, warum eigentlich nicht? Viele Schützen, insbesondere jene, die nicht nur dem Schießsport, sondern auch der Jagd frönen, haben längst erkannt, dass Repetierbüchsen, die durch ihre Präzision auf dem Schießstand begeistern, oft auch eine gute Wahl fürs Revier darstellen. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf werfen wir einen Blick auf das originär für die Precision Rifle Series prädestinierte Savage Modell 110 Tactical oder kurz "110 TAC" in .308 Winchester. Die Büchse zum Preis von 1.249,- Euro orderten wir beim Savage-Importeur und Großhändler Helmut Hofmann GmbH gleich mit einem vormontierten Zielfernrohr 3-18 x 56 SFP Nitro von Bushnell mit beleuchtbarem 4A-Absehen in der zweiten Bildebene (Kostenpunkt: 679,- Euro) und einem Schalldämpfer des Typs Hertz 2 von A-Tec, der mit 359,- Euro zu Buche schlägt, um eine grundsätzlich jagdtaugliche Kombination in unseren Praxistest zu schicken.
Das sind die Varianten der Repetierbüchse Savage 110 Tactical
Die Testwaffe kam mit einem 508 Millimeter langen und vor dem Übergang zum Mündungsgewinde noch satte 19 mm starken Lauf aus Carbonstahl. Sechs Kannelierungsnuten sorgen bei dem Lauf für eine größere Oberfläche und somit auch schnellere Wärmeableitung. Den Schutz des 5/8x24-UNEF-Gewindes erledigt eine kreuzgeränderte Überwurfmutter, sofern kein Schalldämpfer oder keine Mündungsbremse auf ihm angebracht werden soll. Im Savage-Werk in Westfield, Massachusetts, kommen die sechs rechtsdrehenden Züge per Knopfzugverfahren in den Lauf. Im Kaliber .308 Winchester beträgt die Dralllänge 10" (254 mm). In diesem Kaliber gibt es auch einen 61 cm langen Lauf. Die Ausführungen in 6,5 Creedmoor, 6,5 PRC (beide mit 1:8“-Drall) und in .300 WinMag (1:10“-Drall) haben serienmäßig nur den 61 cm langen Lauf. Den jüngsten Ableger der 110 TAC richtet Savage für das ebenfalls noch junge Kaliber 6 mm ARC ein und stattet diesen mit einem 18-Zoll-Lauf (457 mm) und einer Dralllänge von 7,5" aus. Die 308er- und die 6,5-Creedmoor-Variante mit 61-cm-Lauf gibt es zudem auch als echte Linksversionen.
Technikanalyse: Das Innenleben der Savage 110 Tactical
In Sachen Verschluss setzt Savage beim Modell 110 Tactical auf seine hauseigene Konstruktion eines Zweiwarzen-Verschlusses, der per 90°-Drehung in der stählernen Systemhülse verriegelt. Dabei ist ein Teil des Verschlusskopfes frei drehbar hinter den Warzen angeordnet (Floating Bolt Head) und verbleibt in der Führungsnut, um für eine bessere Ausrichtung der Patrone im Lager sowie für eine bessere Führung des Verschlusses beim Repetieren zu sorgen. Imposant erscheint der weitausladende Kammerstängel, der durch eine mächtige, zylinderförmige Handhabe ins Auge sticht. Durch seine Größe, ergänzt durch tiefe, kreuzgeränderte Nuten, greift sich der Kammergriff selbst mit nassen Händen sicher. Bei der Testwaffe ließ sich der Verschluss butterweich mit nur zwei Fingern im System bewegen. Auf der Systemhülse montiert Savage bei dem TAC-Modell eine 17 cm lange Picatinny-Schiene aus Aluminium mit 20-MOA-Vorneigung, was den Einsatz von Zielfernrohren mit geringem Höhenverstellbereich auf weitere Distanzen ermöglicht. Das System bettet Savage per AccuStock, sprich einer Aluminiumschienenkonstruktion, die das System von unten auf seiner vollen Länge umgibt, in einem anthrazitfarbenen Polymerschaft. Der Schaft lässt sich durch das AccuFit-System von Savage individuell an die Bedürfnisse des Schützen anpassen. Zu diesem Konzept gehören Zwischenstücke, mit denen sich die Schaftlänge, die im Lieferzustand 342 mm Millimeter beträgt, vergrößern lässt. Zwei solche Spacer von je 3/4 Zoll (19 mm) Stärke liegen bei, ebenso wie vier zusätzliche Schaftrücken (jeder davon jeweils 1/4 Zoll höher als der vorherige), um das Gewehr so etwa auch für besonders hohe Optiken konfigurieren zu können. An den Kontaktflächen von Pistolengriff und Vorderschaft erhöht eine schachbrettartige Textur in Verbindung mit tiefen Diagonalnuten die Griffigkeit. Neben den beiden obligatorischen Riemenbügelösen gesellt sich am Vorderschaft noch eine dritte, etwa zur Aufnahme eines Zweibeins, hinzu.
Savage verbaut in der 110er-Serie seit Jahren den bewährten, hauseigenen AccuTrigger, einen Direktabzug mit einer zusätzlichen Mittelzüngelsicherung. Savage war wohl einer der ersten Hersteller, der dieses Prinzip auch bei Büchsen einsetze. Nachdem der Abzugsfinger das Mittelzüngel gegen einen spürbaren, aber nicht allzu starken Widerstand etwa einen Zentimeter weit nach hinten bewegt hat, stößt er auf das eigentliche Züngel, das auch erst dann ausgelöst werden kann. Der Abzug stand bei der Testwaffe knochentrocken und brach ultra knackig. Die Abzugswaage zeigte nach fünf Messungen einen Durchschnittswert von 630 Gramm an: Das unterstreicht nochmals den sehr guten Gesamteindruck, den der von außen einstellbare Abzug hinterließ. Beim Abzugsbügel handelt es sich um ein Stahlteil. Er ist hinreichend groß dimensioniert, sodass er auch mit Handschuhen noch bequem bedienbar bleibt. Das Gleiche gilt für den Magazinlöser, der unmittelbar vor dem Abzugsbügel an der Rückseite des Magazinschachts sitzt. Das Bedienelement in Form eines Hebels besteht im Prinzip lediglich aus einem Stück Flachstahl, das mehr als zwei Drittel seiner Länge nach unten aus dem Magazinschacht herausragt. Eine Feder drückt das obere Ende des Hebels unter die Haltenase des AICS-Magazins, bei der Testwaffe ein PMag 10 von Magpul, und fixiert es dank der Stärke der Feder auch sicher im Schacht.
Die Dreistellungs-Sicherung der Büchse lässt sich mit etwas Übung lautlos bedienen. Der tropfenförmige Schieber sitzt auf dem Kolbenhals und lässt sich dort auch wegen seiner griffigen Querriffelung sehr gut mit dem Daumen der Schusshand finden und betätigen. Steht der Schieber in der hinteren Position, sind sowohl der Abzug als auch die Kammer blockiert. In der mittleren ist lediglich der Abzug gesperrt und die Kammer kann zum Entladen geöffnet werden – aber Achtung: Hier ist schon ein großer Teil des roten Signalpunktes der Feuerposition zu sehen. Da muss man im Anschlag schon sehr genau hinsehen, denn erst in der vorderen Schieberposition ist der rote Signalpunkt komplett sichtbar und der Abzug auch zum Feuern frei. Der hinten rechts neben der Systemhülse herausragende und zur Taste ausgearbeitete Hebel des Kammerfangs dient gleichzeitig als Spannzustandsanzeiger. Bei gespanntem Schloss ragt er rund einen Zentimeter weiter über den oberen Rand des Schaftes, als bei nicht gespanntem. Zum Entnehmen und Einsetzen des Verschlusses muss die Taste zusammen mit dem Abzug gedrückt werden.
Technische Daten und Preis der Savage 110 Tactical
Modell: | Savage 110 Tactical |
Preis: | 1.249,- Euro |
Kaliber: | .308 Winchester |
Kapazität: | 10 + 1 Patronen |
Länge: | 1.020 mm |
Lauflänge: | 508 mm (20“) |
Dralllänge: | 254 mm (1:10“ Drall), 6 Züge rechts |
Abzugsgewicht | 630 g |
Gewicht: | 3.800 g |
Links-/Rechts-Ausführung: | Rechtssystem mit Universalschaft |
Ausstattung: Zweiwarzenverschluss mit Floating Boalt Head, kannelierter Lauf mit 5/8x24-UNEF-Gewinde, AccuTrigger, AccuStock-Polymerschaft mit AccuFit-System, Picatinny-Schiene mit 20 MOA Vorneigung. |
Unser Fazit aus dem Praxistest der Savage 110 Tactical, kombiniert mir dem Bushnell 3-18x56 SFP und dem A-Tec Hertz 2:
Beim Test auf der 100-m-Bahn gab sich die 110 TAC keine Blöße. Alle ihr vorgesetzten Fabrikpatronen führte sie ordentlich zu. Es gab keine Zündversager, alle Hülsen wurden sauber ausgezogen und mit Schwung durchs Auswurffenster katapultiert. Mit zwei der fünf Sorten blieben die Streukreise (ohne SD) unter der 1-MOA-Marke. Die mit 17 mm beste Gruppe lieferte die Hornady Superformance mit 165 grs schwerem Interbond-Geschoss. Allerdings bestätigte sich die verbreitete These, wonach ein Schalldämpfer immer zu einer Steigerung der Präzision führt, in unserem Test, bei dem die beiden besten Laborierungen aus dem Präzisionstest anschließend auch mit Schalldämpfer geschossen wurden, nicht. Zum Zielfernrohr: Auch das Bushnell 3-18x56 SFP erfüllt im Revier seinen Zweck recht gut. Es liefert ein farbtreues und bis in den Randbereich scharfes Bild, stößt aber in der Dämmerung und des Nachts an seine Grenzen. Der feine Leuchtpunkt lässt sich an alle Lichtbedingungen sehr gut anpassen. Alles in allem bildet der hier zusammengestellte Mix aus Savage 110 Tactical, Bushnell-Zielfernrohr und A-Tec-Schalldämpfer eine Kombination, die auch beim gelegentlichen jagdlichen Einsatz punkten kann. Wer die Savage 110 öfter ins Revier ausführen möchte, findet aber auch eine große Auswahl an primär jagdlich ausgerichteten Modellvarianten innerhalb der Baureihe 110.
Das hat uns gut gefallen: | Das fanden wir weniger gut: |
- Sehr gute Abzugscharakteristik | - Magazin sitzt relativ locker im Schacht |
- Individuelle Schaftanpassung | - Markierung des Sicherungszustandes |
- Weicher Schlossgang |
Den kompletten Testbericht mit allen Schießergebnissen der Repetierbüchse Savage 110 Tactical lesen Sie in der VISIER Ausgabe 12/2022. Das gedruckte Heft können Sie über den VS Medien-Onlineshop bestellen, oder hier als Digital-Ausgabe erwerben.
Weitere Informationen zur Savage 110 Tactical finden Sie auf der englischsprachigen Webseite des Herstellers.