Savage, das kann auf Deutsch barbarisch, unzivilisiert oder primitiv bedeuten. Doch mit diesen Assoziierungen hat die Tac Hunter wenig gemein. Denn Savage, was sich vom lateinischen Wort "salvaticus“, also "wild" ableitet, bezieht sich auch auf den Nachnamen des Firmengründers Arthur William Savage, der das Unternehmen 1894 in Utica, New York, aus der Taufe hob. Savage Arms hat sich einen guten Ruf als Hersteller günstiger, zuverlässiger Waffen erworben. So ist auch die Savage 110 TAC Hunter sicher kein Schmuckstück, sondern eher eines dieser typischen amerikanischen "Gebrauchs-Gewehre". Hierfür interessieren sich Jäger und Schützen, die funktionierende Technik brauchen, ohne Schnickschnack, ohne Firlefanz und ohne optische Höhepunkte. Ein Werkzeug, das zuverlässig seinen Dienst tut. Kann man das von einer Büchse erwarten, die auch bei uns im Laden weniger als 1.000 Euro kostet?
Schlichte Ästhetik − die Optik der Savage 110 TAC Hunter
Schlicht kommt sie daher, fast schon zurückhaltend, im unscheinbar schwarzen Gewand. Das Firmenlogo auf dem Kammerstängel stellt die einzige Zierde dar, Fischhaut an Vorderschaft und Pistolengriff sorgen für die nötige Griffigkeit der "Kunststoff-Karosserie". Der Kammergriff zeigt sich zylinderförmig und geriffelt, in großzügigem Ausmaß, was ihn gut bedienbar macht, für einen sicheren, sauberen Repetiervorgang. Der matt brünierte 56 Zentimeter lange Lauf endet mit einem Mündungsgewinde zur Montage eines Schalldämpfers oder einer Mündungsbremse. Die Überwurfmutter verdeckt und schützt das 5/8 24“ Gewinde und trägt etwas dick auf – im wahrsten Sinn des Wortes. Hervorstechend bei diesem Modell fällt der nicht geradlinige Schaftrücken ins Auge. Mehr eine Art "Schweinsrücken" findet sich an dieser Stelle, der eine optimierte Kopfhaltung beim Anschlag durch das Zielfernrohr ermöglicht. Dies entspricht der optischen Erscheinung des neuen Accut-Systems. Die Schafterhöhung lässt sich aber hier nicht individuell auf den Schützen einstellen. Einzig die modular anpassbare Schaftlänge, durch aufbauende Polster am Hinterschaft, entstammt diesem neuen Ergonomieprogramm. Eine werksseitig angebrachte Picatinny Schiene, mit 20 MOA Vorneigung, lässt in Sachen Variabilität zur kostengünstigen Zielfernrohrmontage keine Wünsche offen. 4 Schuss finden Platz im Einsteckmagazin aus Stahl mit Kunststoffboden. Beim Abzug setzt Savage auch hier wieder auf seinen bewährten Accu-Trigger, ein weiteres Züngel im eigentlichen Abzugsdrücker.
Einfache Technik: So arbeitet die Savage-Büchse in 6,5 Creedmoor
Dieses Extra-Züngel sorgt für zusätzliche Sicherheit. Ein Schuss kann sich nur lösen, wenn dieses vollständig eingedrückt wird. Die Aluminium Systembettung, Savage nennt dies "Accustock", soll die Präzision verbessern. Das System liegt hierbei in einer Bettung aus Aluminium, die sich bis zum Vorderschaft durchzieht und fest mit dem Schaft verbunden ist. Die Sicherung liegt ergonomisch günstig auf dem Kolbenhals und verfügt über die vom 98er-System bekannten drei Stufen: Gesichert, Kammer kann nicht geöffnet werden, Abzug ist blockiert; teilgesichert, die Kammer kann geöffnet werden aber der Abzug ist blockiert; ungesichert, die Waffe ist scharf, kann repetiert und der Abzug betätigt werden. Befindet sich der Sicherungsschieber in vorderster Position, sorgt ein roter Punkt für die optische Signalwirkung, um gleich zu sehen, dass sich die Waffe im ungesicherten Zustand befindet. Größe und Beschaffenheit machen den Schieber gut bedienbar, dank Querrillen erweist sich dies auch mit Handschuhen als gut möglich. Etwas Übung und Gefühl vorausgesetzt, kann die Sicherung nahezu lautlos betätigt werden. Der Flintenabzug steht trocken und löst bei etwa 1.000 Gramm Abzugsgewicht aus. Mittels mitgeliefertem Werkzeug kann dies jedoch individuell von 680 bis 2.700 Gramm eingestellt und dementsprechend variiert werden.
Das Bedienkonzept der Savage 110 TAC Hunter
Individuell lässt sich, wie schon beschrieben, auch die Schaftlänge einstellen. Dies geht ziemlich einfach. Mit einem Schraubenzieher werden die zwei Schrauben im Schaftboden gelöst und das jeweils passende Polster angebracht. Das Repetieren fällt zuerst ein bisschen gewöhnungsbedürftig aus. Der Kammerstängelgriff muss schon recht weit nach oben gebracht werden, bevor sich der Verschlusszylinder nach hinten ziehen lässt. Nach einigen Durchgängen geht die Bewegung jedoch in Routine über. Das Repetieren selbst zeigt sich etwas hakelig. Hier hantiert der Schütze eben nicht mit penibler Manufakturarbeit, sondern mit industriellen Fertigungstoleranzen. Die Patronen hingegen werden sauber aus dem Magazin geholt und die Hülse nach dem Schuss zuverlässig ausgeworfen. Hier gab es bei keiner der verwendeten Munitionssorten Probleme. Der Abzug begünstigt das präzise Schießen ungemein, ohne nennenswerten Kraftaufwand lässt sich der Widerstand des Accu-Trigger-Züngels überwinden. Der Eindruck eines Vorwegs kommt dabei nur durch dieses Züngel, der Abzug selbst bricht wie Glas. Das Magazin fasst bis zu vier Patronen und lässt sich mühelos laden. Man muss jedoch darauf achten, zuerst den hinteren Teil und dann den vorderen versetzt in den Magazinschacht zu drücken. Der Entriegelungsschalter liegt etwas ungünstig. Wird das Gewehr auf einer flachen Auflage nach vorne geschoben, kann sich das Magazin lösen und der Waffe entgleiten.
Überblick: Technische Daten und Preis der Savage 110 TAC Hunter
Modell: | Savage 110 TAC Hunter |
Preis: | 950 ,- Euro (UVP incl. deutscher MWSt.) |
Kaliber: | 6,5 Creedmoor (Testwaffe); .308 Win |
Kapazität: | 4 + 1 Patronen |
Länge: | 1.070 mm |
Lauflänge: | 560 mm |
Abzug: | Accu-Trigger |
Dralllänge: | 1-8“ |
Gewicht: | 3.400 g |
Links-/Rechts- Ausführung: | nur rechts |
Ausstattung: | Picatinny-Schiene, extra großer Kammergriff, Accustock Systembettung, Abzugsstollensicherung und Accufit Schaftkappen. |
Praxisnahe Testausstattung: Die montierte Optik von Bushnell
Die Savage 110 TAC Hunter wurde uns im Kaliber 6,5 Creedmoor zur Verfügung gestellt. Ein relativ junges Kaliber, das sich jedoch gerade bei Long-Range-Schützen großer Beliebtheit erfreut. Im Jahr 2008 von Hornady eingeführt, um die "ideale" Wettkampfpatrone für das sportliche Schießen auf weite Distanzen zu konstruieren, fand die Munition auch schnell unter Jägern weite Verbreitung. Sie erfüllt die in Deutschland geltenden Mindestvoraussetzungen für eine Hochwildpatrone und wird erfolgreich auf heimisches Wild eingesetzt. Kurz zur Optik: Montiert wurde ein Bushnell Nitro 3-18x56. Mit 6-fach Zoom und einem 30-mm-Mittelrohrdurchmesser lässt sich dieses Zielfernrohr universell für die gängigen Gegebenheiten einsetzen. Bushnell ist seit über 60 Jahren im Optik-Segment vertreten und gerade bei Sportschützen und preisbewussten Jägern sehr beliebt. Die neue Optikfamilie "Nitro" verfügt über voll mehrfachvergütete Linsen. Die EXO Barrier-Linsenbeschichtung weist Staub, Schmutz, Wasser, Nebel und Öl ab. Die Mehrfachvergütung sorgt für maximale Lichtdurchlässigkeit bei allen Glasober ‑ ächen. Das Ultra Wide Band Coating sorgt für eine stark verbesserte Lichttransmission in der Dämmerung und im Morgengrauen. Das German 4 Absehen mit verstellbarem Leuchtpunkt in sechs verschiedenen Helligkeitsstufen gestattet eine rasche Zielaufnahme, ohne den Gesamtüberblick zu verlieren. Es ist für das Präzisionsschießen ebenso geeignet wie für Ansitz, Bergjagd und Pirsch am Tage. Und wer bereit ist, Abstriche gegenüber Premiumgläsern hinzunehmen, kann das Glas bedingt auch für die Dämmerungsjagd einsetzen.
Als Munition wurden uns Patronen von RWS Target Elite Plus mit einem Geschossgewicht von 8,3 g (130 grs.) und Hornady ELD Match, Geschossgewicht 7,8 g (120 grs.), zur Verfügung gestellt.
Die Savage 110 in 6,5 Creedmoor auf dem Schießstand
Die Savage lässt sich sehr angenehm schießen. Das Kaliber hat einen moderaten Rückstoß, auch ohne Schalldämpfer oder Mündungsbremse. Die Erwartungen, welche die Wettkampfpatrone 6,5 Creedmoor geweckt hatte, wurden locker bestätigt. Mit drei Schuss waren Streukreise von 1,5 Zentimetern auf 100 Metern mit der RWS Munition und 1,8 Zentimeter bei Hornady immer wieder reproduzierbar. Der massive Lauf verkraftete dabei auch mal 20 – 40 Schuss in mehreren Gruppen, ohne dramatisch an Präzision zu verlieren. Wind und Wetter können der Tactical Hunter nichts anhaben, zum Schrankfertigmachen muss man sich aber angewöhnen, die Metallteile trocken zu legen und mit Waffenöl zu behandeln. Flugrost setzt sie nämlich gerne mal an.
Fazit zur Budget-Büchse von Savage
Mit der Savage 110 Tactical Hunter erhält man eine präzise, zuverlässige Büchse, ohne Schnickschnack. Wer wenig Anspruch in Sachen Ästhetik, handwerklicher Verarbeitung und Formschlüssigkeit hat, der kann mit dem Gewehr glücklich werden und es lange bleiben. Gerade für preisbewusste Jäger, als Einstiegs- oder gar Zweitwaffe, die Tactical Hunter verrichtet ihren Dienst und wird allen jagdlichen Situationen gerecht. Für den Einsatz auf Drückjagden sollte man den Repetiervorgang aber etwas intensiver üben, damit er in Fleisch und Blut übergeht. Für kleines Geld erhält man hier ein Produkt, das auf maximale Funktionalität ausgelegt ist. Erhältlich ist die 110 Tac Hunter in den Kalibern 6,5 Creedmoor oder .308 Winchester. Die Lieferung beinhaltet ein zusätzliches Stahlmagazin.
Text: Johannes Maidhof und Alexander Losert
Weitere Informationen zur Repetierbüchse gibt es auf der Seite des Herstellers sowie auf der Homepage des deutschen Importeurs.
Dieser Artikel erschien zuerst in der VISIER, Ausgabe 12/2019. Diese Ausgabe ist noch, sowohl als Print, wie auch als Digitalausgabe im VS Medien-Shop zu erwerben.