Praxistest: Savage 110 Hog Hunter 2.0 – ein jagdlicher Zylinderverschluss-Repetierer im Kaliber .308 Winchester

In gefühlt arktischer Kälte warte ich gespannt mit Blick über einen Graben in den Gegenhang starrend auf Wild. Wie passend, dass zur letzten Drückjagd der Saison rechtzeitig die Savage Hog Hunter  2.0 geliefert wurde. Jetzt mussten nur noch die Sauen kommen. Die neue Testwaffe aus der Savage 110er-Familie gibt es übrigens ausschließlich in Kaliber .308  Winchester.

Die Savage 110 Hog Hunter mit einem Leupold VX-5HD und einem A-Tec Schalldämpfer.
Die Savage 110 Hog Hunter 2.0. Ausgestattet mit einem Leupold VX-5HD und einem A-Tec Schalldämpfer.

Die Savage 110 Hog Hunter 2.0 im Detail

Savage 110 Hog Hunter 2.0, mit Standard-Bettung und AccuFit-System.
Die Schaftlänge der Savage Hog Hunter 2.0 kann mit Distanzstücken angepasst werden.

Der Clou der Neuauflage dieses Repetierers ist die Lauflänge von nur 42  cm. Die Gesamtlänge variiert je nach Anwender zwischen 94,5 bis 97  Zentimeter, denn die Länge ist bei dem Savage-Schaft namens „AccuFit“ durch die mitgelieferten Distanzstücke frei einstellbar. Für die Testerin passte die Gesamtlänge von 97  cm am besten. Auch der Schaft der Hog Hunter 2.0 hat ein Make Over bekommen: Von einem schlichten, sehr schönen Dunkelgrün zu einem schlichten, sehr schönen Dunkelgrün mit Sprenkeln. Das „spritzige“ Muster ist auf den Schaft aufgetragen und verleiht dem Ganzen eine griffigere Haptik. Der Schaftrücken ist schnurgerade. Der untere Teil des Hinterschafts verjüngt sich nach unten hin etwas. Praktisch und durchdacht die Beigabe der bereits erwähnten unterschiedlichen Distanzstücke. Die breite und sehr weiche Gummischaftkappe nimmt den Rückstoß gut auf.  An eine Öse für einen Riemenbügel wurde ebenfalls gedacht. Der Pistolengriff steht recht flach und bietet neben einer klassischen anmutenden Fischhaut auch noch extra quer zum Griff stehende Rillen. Alle Modelle aus der 110er-Reihe haben die hauseigene Systembettung namens „Accustock“: im Prinzip ein massiver Aluminium-Bettungsblock im Schaft, der sich vorn noch weit in den Vorderschaft erstreckt. Das System wird vollflächig aufgenommen und mit ein bis zwei Schrauben mit dem Schaft verbunden. Die Bettung soll für größtmögliche Stabilität und wiederholbare Präzision sorgen. Der Semiweight-Lauf besteht aus kohlenstoffhaltigem Stahl und hat ein 5/8“x24-Mündungsgewinde. Das brünierte Finish des Laufes ist außen matt und erscheint etwas rau, was aber optisch sehr hübsch zum Schaftdesign passt.

Savage 110 Hog Hunter 2.0: Verschluss und Magazin

Savage 110 Hog Hunter mit abnehmbares Stahlmagazin.
Das Zünglein im eigentlichen Abzug schützt vor einer unbeabsichtigten Schussabgabe auch bei Sturz, Stoß oder Fall einer Savage 110.

Der inzwischen dienstälteste, seit 1958 ständig in Produktion befindliche Zylinderverschluss-Repetierer besitzt nach wie vor eine Systemhülse aus Stahl und ganz klassisch einen Zweiwarzenverschluss. Die überarbeitete Savage „Hog Hunter 2.0“ bietet dem Jäger beim Einsatz auf Drückjagden durch die größer ausgelegte Kugel des Kammerstängels auch mit behandschuhten Fingern die Möglichkeit des sauberen und schnellen Greifens und somit auch Repetierens, um den nächsten Schuss anzutragen. Der Öffnungswinkel des Zweiwarzenverschlusses beträgt 90 Grad. Der Abstand des Kammerstängels zur Optik ist zwar knapp, aber noch gut zu handhaben. Das Einsteckmagazin aus Stahlblech mit Kunststoffboden fasst vier Patronen in Zickzack-Anordnung, eine weitere kann direkt ins Patronenlager geladen werden. Angesichts der guten Verarbeitung vermittelt das Magazin insgesamt einen sehr hochwertigen Eindruck. Am Magazinkörper findet sich ein Druckknopf, mit dessen Hilfe die Arretierung gelöst wird. Das Einführen in den Magazinschacht geht bequem von der Hand und das Repetieren der Patronen aus dem Magazin funktioniert störungsfrei.

Abzug und Sicherung der Savage Hog Hunter 2.0 - AccuTrigger und AccuRelease. Was hat es damit auf sich?

Savage 110 Hog Hunter 2.0 mit übergroßer Repetierhebel.
Die Schaltzentrale einer Savage 110: hinter dem Verschluss die Sicherung auf dem Kolbenhals. Vor dem Kammerstengel die Verschluss-Demontagetaste.

Im „AccuTrigger“ von Savage sitzt das vom Hersteller als „AccuRelease“ bezeichnete Sicherheitszüngel, das zur Schussabgabe bewusst mitbetätigt werden muss. Durch dieses Sicherheitssystem soll verhindert werden, dass sich durch äußere Einwirkungen versehentlich ein Schuss löst. Das Abzugsgewicht betrug bei Auslieferung zirka 1.300 Gramm, kann aber vom Schützen selbst eingestellt und an die persönlichen Vorlieben angepasst werden. Für den Test wurde es auf etwa 1.000  g reduziert. An sich ein sehr guter und klar brechender, trockener Trigger ohne Schnörkel. Naja, vielleicht nicht ganz, denn da ist ja noch das kleine AccuRelease-Züngel. Für frischgebackene Savage-Jünger sicher im ersten Moment eine kleine Umstellung, aber nach den ersten fünf Schuss hat man sich schon daran gewöhnt. Die auf dem Kolbenhals sitzende Dreistellungssicherung kann praktisch und bequem (und auch geräuschlos) mit dem Daumen bedient werden. Die Sicherung wirkt auf den Abzug. Ist ein großer roter Punkt sichtbar, ist die Büchse schussbereit. Ist der Indikator für eine gespannte Waffe sonst ein kleiner Stift, der unterhalb der Schlossmutter zum Vorschein kommt, sucht man so etwas hier vergeblich. 

Savage geht bei der Sicherung einen kleinen Sonderweg. In der Schlossmutter ist ein kleiner Pin, der im gespannten Zustand ein kleines bisschen weiter vorkommt, aber nicht fühlbar heraussteht. Weiterhin fungiert als Anzeige ein schmaler Knopf rechts neben dem Systemgehäuse. Ist die Büchse gespannt, steht die Taste weiter nach oben heraus. Wird der Abzug betätigt, saust er zurück in die Ausgangsposition. Damit muss man sich erst einmal vertraut machen, damit man die Unterschiede auch sieht. Will man den Verschluss entnehmen, muss eben jene Taste nach unten gedrückt und gleichzeitig der Abzug gezogen werden. Wie bei vielen amerikanischen Waffen hat der Verschluss beim Repetieren Spiel und läuft nicht ganz flüssig. Mit etwas Öl und Liebe und einem repetierfreudigen Benutzer wird sich sicher auch diese Eigenheit rasch beheben lassen.

Optik und Schalldämpfer auf unserer Savage 110 Hog Hunter 2.0: Leupold VX-5HD 2-10x42 und  A-Tec Optima50

Savage 110, Hog Hunter mit einem Leupold VX-5HD Zielfernrohr.
Die einteilige Picatinny-Montageschiene gehörte zum Lieferumfang der Savage 110 Hog Hunter 2.0, nicht aber eine mechanische Visierung.

Eine Picatinny-Schiene zur Aufnahme von Leuchtpunktvisier oder Zielfernrohr ist im Lieferumfang der Waffe enthalten. Darauf montiert wurde ein Leupold VX-5HD im Vergrößerungsbereich von 2-10-fach mit einem Objektivdurchmesser von 42  mm. Die Klickverstellung beträgt 1  cm/100  m für Höhe und Seite. Das VX  5HD ist mit 31,9  cm schön kompakt und mit 536  Gramm auch angenehm leicht. Das Sehfeld auf 100  Meter beträgt 18,83 bis 3,83  m. Für dieses Zielfernrohr muss man 1.499,-  Euro investieren. Das beleuchtete Duplex-Absehen liegt in der 2. Bildebene. Das zierliche Zielfernrohr ist mit der „Motion Sensor“-Technologie ausgestattet, die den Leuchtpunkt nach fünf  Minuten Inaktivität abschaltet und bei Bewegung wieder in Betrieb nimmt. Die Intensität des Leuchtpunktes kann durch Drücken des Leupold-Emblems auf dem linken Turm verstellt werden. Die Linsen bieten zum einen ein sehr klares Bild und zum anderen eine dem 42er Objektivdurchmesser entsprechende, sehr gute Dämmerungsleistung. Auf dem 30er Mittelrohr sitzen die Verstelltürme: Links mit einem Druckknopf für den Leuchtpunkt und dem Batteriefach, rechts die Seitenverstellung und in der Mitte der CDS-ZL2 ZeroLock Turm mit zwei Umdrehungen Verstellumfang. Zum Verstellen der Höhe muss zunächst ein Verriegelungsknopf gedrückt werden. Während der ersten „Runde“ steht er noch etwas heraus, bei der zweiten liegt er bündig an und ist nicht mehr ertastbar. Das kompakte Zielfernrohr von Leupold überzeugt auf ganzer Linie. Der Leuchtpunkt ist scharfrandig und klar, der Motion Sensor greift ein, wenn man mal wieder vergessen hat, den Leuchtpunkt auszuschalten. Die Kompaktheit der Optik passt hervorragend zur kurzen Waffe. Ein 42er Glas reicht heutzutage allemal aus, um am Tage zu jagen und für alles, was in die Dämmerung bzw. Nacht hineingeht, kann und darf mittlerweile entsprechende Technik genutzt werden.  

Savage 110 Hog Hunter 2.0 mit ergonomische Entriegelungstaste zum einfachen Entladen der Waffe.
Direkt hinter den zwei Warzen hat der Verschluss der Savage 110 einen „Baffle“ zum Schutz des Schützen bei  Hülsenversagen.

Zum Test-Set gehörte auch der A-Tec Schalldämpfer Optima50. Imposant ist die Gesamtlänge von 230  mm, was die Hog Hunter  2.0 um 150  Millimeter nach vorne verlängert. Die Gesamtlänge der Waffe samt Optima50 beträgt damit also 112  cm. Der Name des Optima50 verrät auch gleich den Außendurchmesser. Die angegebene Dämpfleistung im Kaliber .308 Winchester soll 31  dB betragen. Der Aufbau des A-Tec Suppressors ist modular. Man kann ihn verkürzen und auch durch den Tausch der beiden Frontmodule für ein anderes Kaliber nutzen. Das Innenleben besteht aus Edelstahl, die Hülle aus Aluminium, was das Gesamtgewicht von 400  Gramm erklärt. Der Schalldämpfer kostet 399,-  Euro (UVP).

Die Savage Hog Hunter im Einsatz: Praxis-Check im Revier

Mit der Savage 110 Hog Hunter 2.0 auf dem Schießstand.
Praxistest der Savage 110 Hog Hunter 2.0 auf dem Schießstand. Mit dabei ist das LabRadar (rechts im Bild).

Auf dem Schießstand wurde die Savage auf der 100-m-Bahn sowie auf den laufenden Keiler auf 50 Meter geführt. Von Seiten des Importeurs wurde die Testwaffe mit der Hornady International ECX eingeschossen. Das mit Abstand beste Tagesergebnis aus der Testwaffe von 15 mm lieferte jedoch die Brenneke TAG. Während des Drückjagdeinsatzes im Umland des hessischen Braunfels blieb der Lauf der Savage  110 Hog Hunter  2.0 leider kalt. Anblick von Reh- und Schwarzwild gab es reichlich, aber entweder es entsprach nicht den Freigaben oder es war schlicht zu weit und zu schnell, um einen guten Schuss anzubringen. Dennoch eine gute Möglichkeit, die eventuellen Schwächen und Stärken der Waffe im jagdlichen Alltag auszuloten. Während des Jagdtages fiel auf, dass die Gummischaftkappe sehr weich ist und fast schon klebrig an der Bekleidung hängen bleibt. Ein Korrigieren des Anschlages in Winterkleidung war daher etwas mühsam. Nachdem bei manchen Jägern die Kürze der Läufe bei Waffen ein Qualitätsmerkmal geworden zu sein scheint, müsste die mit ihrem 42  cm Lauf ganz weit vorn rangieren. Aber mal Spaß bei Seite: 

Die allermeiste Munition in den Mittelkalibern ist für Läufe um die 56 cm optimiert. Benützt man derlei Munition mit kurzen Läufen, verbrennt nicht das ganze Pulver. Deshalb gibt es inzwischen auch spezielle Laborierungen für Waffen mit kurzen Läufen. Weiterhin fehlt es bei kurzen Läufen natürlich auch an Geschoss-Geschwindigkeit, wenn zum Beispiel nur 90 statt 100  % des Pulvers verbrannt werden. Besonders auffällig ist dies bei bleifreien Geschossen, die von der Geschwindigkeit leben. Auf diese Anforderungen sind einige Munitionshersteller - wie oben schon angedeutet - schon eingegangen und haben entsprechende Patronen mit offensiven Pulvern am Markt platziert. Liebhaber von kurzen Läufen sollten am Ende des Tages auf jeden Fall auf ihre Schussdistanz achten, um die 600  m/s, bei denen die meisten Geschosse noch gut im Wild ansprechen, nicht zu unterschreiten. Das Komplettpaket aus Savage Hog Hunter  2.0, Schalldämpfer und Leupold-Zielfernrohr hat ein Gesamtgewicht von 4,17  Kilo. Der Vorteil der sehr kurzen und führigen Waffe wird durch den A-Tec-Dämpfer etwas in Mitleidenschaft gezogen. Grundsätzlich darf das aber auch nicht negativ bewertet werden, denn durch dessen modulare Bauweise kann seine Länge (und entsprechend die Dämpfleistung) verkürzt und individuell angepasst werden. Für den Ansitz ist der große Dämpfer überhaupt kein Hindernis. Die erreichte Gesamtlänge lässt sich bestens auf und in jeder Art von Hochsitz und Kanzel verwenden. Besonders auffällig auf dem Schießstand war das gute Klangbild des A-Tec-Schalldämpfers.

Savage 110 Hog Hunter 2.0: Technische Daten und Preis

Modell:Savage 110 Hog Hunter 2.0
Kaliber:.308 Winchester
Kapazität:4 + 1 Patronen
Länge:94,5 - 97 cm
Lauflänge:42 cm
Dralllänge:254 mm (1:10“)
Abzugsgewicht:1.300 g, justierbar
Gewicht:3.100 g
Links-/Rechts-Ausführung:Rechts
Preis:
999,- Euro
Ausstattung: Schaftlänge einstellbar, Abzug einstellbar, große Kammergriffkugel, Semiweight-Lauf, Einsteckmagazin, Picatinny-Schiene, Mündungsgewinde.

Test-Fazit zur Savage 110 Hog Hunter 2.0 in .308 Winchester – was kann die via Helmut Hofmann GmbH vertriebene neue Büchse?

Für einen unschlagbaren Preis von nur 999,- Euro bekommt man ein sehr feines Gewehr, das selbst mit Schalldämpfer wunderbar führig sein kann. Das mitgelieferte Zielfernrohr von Leupold passt wie die Faust aufs Auge. Alles in allem ein dankbares Set, das in der Praxis überzeugt und Spaß macht. Die Savage 110 Hog Hunter 2.0 zeigt sich beständig in der Erfüllung der Ansprüche in Leistung, Verarbeitung und Ausführung. Das Preis-/Leistungsverhältnis muss als überdurchschnittlich gut bewertet werden.

 Das hat uns gut gefallen:
 Das fanden wir weniger gut:
- Kurzer Lauf, Führigkeit
- Etwas hakeliger Verschlussgang
- Hinterschaft-Distanzstücke (Anpassung)
- Kammerstängel sehr nah am Zielfernrohr
- Trockener Abzug


Dieser Artikel erschien auch in der VISIER 3/2024. Im Test ist auch die komplette Schießtabelle mit 5 Laborierungen enthalten. Das Heft können Sie im VS Medien-Onlineshop kaufen. Dort steht es auch als ePaper zur Verfügung.

Die Savage-Büchse, das Leupold-Glas und der Schalldämpfer von A-Tec kamen von der Helmut Hofmann GmbH. Hier gibt es auch mehr Informationen. Der Vertrieb erfolgt in Deutschland über den Fachhandel. Zusätzliche Infos gibt es zur Büchse natürlich auch auf der Webseite des Herstellers.

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