Die Erfolgsgeschichte von Strasser beginnt im Bereich Jagdwaffen vor fast zwei Jahrzehnten mit der RS 05. Weiter ging es mit der RS 14, einem Geradezugrepetierer aus dem namensgebenden Jahr 2014. Daraus resultierende Weiterentwicklungen waren 2016 die Evolution, die RS Solo und seit 2020 dann − noch moderner − die kunststoffgeschäfteten AVA-Tahr-Modelle. Selbstverständlich sprang auch Strasser auf den Kohlefaser-Zug auf, und es folgte die RS 14 Unic Carbon. Der neue unter der Ägide von Firmenchef Mathias Strasser und dem technischen Leiter Martin Skrivanek lancierte Geradezug-Repetierer RS 700 trägt weiterhin die unverkennbare Strasser-Handschrift, schafft aber spielend den Spagat zur Short Action-Version der Remington 700.
Die technischen Details der Repetierbüchse Strasser RS 700
Technisch basiert die neue RS 700 zu weiten Teilen auf der Strasser RS 14, einem bei Bedarf komplett "auf links" umrüstbaren Geradezugrepetierer mit Radialelementverschluss. Am Schlösschen steht im gespannten Zustand gut sicht- und fühlbar die Schlagbolzenmutter hervor. Rechts sitzt der kurze, gekröpfte Kammergriff. Damit die Waffe in jeder Position geöffnet oder geschlossen werden kann und um einem Verkanten vorzubeugen, integriert Strasser eine "Carobronze"-Führung in den Systemkasten. Der Verschluss der Testwaffe glitt leichtgängig "wie auf Schienen" im System. Dank seiner "PlasOx"-Oberflächenbeschichtung erfolgt das Öffnen und Schließen ohne Kraftaufwand. So geht das Repetieren des Geradezüglers schnell und flüssig von der Hand. Die Verriegelung erfolgt durch das Einspreizen von vier massiven Radialelementen aus vergütetem Stahl im Lauf. Nur bei hundertprozentiger Verriegelung durch den zwangsgesteuerten Mechanismus kann ein Schuss abgegeben werden. Strasser wirbt hier mit einem Höchstmaß an Sicherheit, das auch extremen Gasdrücken Stand halten soll. Dass dem so ist, wurde durch einen unabhängigen Gutachter bei der ersten Vorstellung der RS 700 eindrucksvoll bewiesen. Auch mit Drücken von weit über 5.500 bar hielt der Verschluss.
Für Deutschland wird der Lauf im Kaliber .308 Winchester in der Sonderlänge von 20 Zoll (510 mm) angeboten. In den Handel kommt die RS 700 hierzulande übrigens durch den Strasser-Vertriebspartner RWS GmbH. In Österreich werden die 308er mit einer Lauflänge von 22 Zoll geliefert. Die Läufe werden mittels Plasmanitrierung vergütet, eine anschließende Oxidation sorgt für den schicken, ebenmäßigen Farbton. Weiterhin sehr auffällig ist die Laufmutter im REMAGE-Design. Wer sich für eine RS 700 entscheidet, aber gern einen anderen Lauf einbauen möchte, muss etwas nacharbeiten lassen. Das "Fat Bolt"-Design der RS 700 hat einen etwas größeren Durchmesser am Verschluss als das Original.
Bei den Abzügen setzt Strasser auf die US-Marke Timney und verbaut deren "Elite Hunter". Dieser bietet einen Abzugswiderstand von 2,5 lbs (rund 1.130 g). Der Direktabzug steht sehr trocken und bricht klar. Die Zweistellungssicherung wirkt ähnlich wie bei der Remington 700 nur auf den Abzug und wie bei den US-Büchsen kann der Verschluss der Strasser RS 700 auch im gesicherten Zustand betätigt werden. Zunächst wird Strasser die neuen Geradezügler nur als komplette Waffen anbieten. Später dann können optional auch nur die Systeme an sich gekauft werden. Wie auch bei den anderen Waffen aus dem Hause Strasser wird zur normalen Herstellergarantie die Möglichkeit angeboten, diese auf zwölf Jahre zu erweitern.
Die RS 700 von Strasser ist mit mehreren Schaft-Optionen erhältlich
Die von Strasser für die RS 700 vorgesehenen Schäfte umfassen die derzeit gängigen Vorlieben der Kunden: Holz, Plastik oder Long Range-Chassis. Hier kann der Hersteller teilweise auf schon bestehende Serien zurückgreifen, wie etwa die AVA-Tahr-Reihe und hat voller Elan noch einen neuen Nussbaumschaft sowie ein XRS-Chassis des kanadischen Herstellers MDT bereitgestellt. Ihnen gefällt das alles nicht? Kein Problem, die RS 700 passt in alle Schäfte für das System Remington 700 (Short Action), dies sowohl in Rechts- als auch in Linksausführung. Die Bohrungen für die Systemschrauben sind mit einer Pillar-Bettung versehen. Den Verschluss gibt es ebenfalls als Rechts- oder Linksausführung. Wenn Sie sich mit einer hochgezogenen Augenbraue fragen, wie das bei einem Geradezugsystem denn mit einem Schaft korrespondieren soll, der doch für einen "normalen" Repetierer mit Zweiwarzen-Verschluss und 90-Grad-Öffnungswinkel gebaut wurde? Das klappt gut. In die Aussparung für einen herkömmlichen Kammerstängel im Remington-Stil haben die Österreicher einfach den Pin gesetzt, mit dem der Kammerfang entsperrt wird. Sind üblicherweise bei Strasser-Waffen vielerlei Kaliber in den bisherigen Repetierer-Baureihen möglich, setzt man bei dem RS 700-System auf genau vier Kaliber mit drei unterschiedlichen Schäftungen und drei Laufkonturen.
Der Legend-Schaft des Testexemplars ist Möglichkeit Nummer 1, hierfür nutzt Strasser hochwertiges Walnussholz mit Öl-Finish. Die zweite Variante ist Strassers AVA-Tahr-Polymerschaft, wahlweise in Graphitschwarz oder Waldgrün. Wer es gern ultramodern möchte, könnte sich als dritte Schaftoption mit dem XRS-Chassis von MDT eine Freude machen. Bei den Läufen stehen die Ausführungen "Standard" mit 22 Zoll (56 cm, für den deutschen Markt 51 cm) und "Magnum" mit 24“ (61 cm) zur Verfügung, sowie eine Semi Weight-Kontur mit 24“ oder als "Long Range" mit 26 Zoll (65 cm) zu Wahl. Exklusiv für die Long Range-Ausführung kann man sich auch mit dem Kaliber 6,5 x 47 mm Lapua ausrüsten. Ansonsten stehen für alle drei Laufprofile neben der hier getesteten .308 Winchester noch das Kaliber 6,5 Creedmoor und die 6,5 PRC als Magnumausführung zur Auswahl. Weitere Kaliber sollen folgen.
In der Legend-Holzausführung schließt der Schaft mit einer sehr breiten Gummischaftkappe ab. Der Hinterschaft an sich wirkt massig. Die Wangenerhöhung der bayrischen Schaftbacke ist gefällig ausgearbeitet. In einer QD-Hülse ist eine Aufnahme für einen Riemenbügel integriert. Durch die Form des Hinterschaftes wirkt die Büchse eher pompös, der Pistolengriff fügt sich sauber ins Gesamtbild ein. Sieht man ganz genau hin, kann man erkennen, dass die Fischhaut aus ganz vielen kleinen Strasser-Emblemen besteht: Ein nicht nur zweckmäßiges, sondern auch schön ausgestaltetes Detail. Scheint derzeit ein Trend für sehr schmale Griff-Flächen zu bestehen, bleibt Strasser hier trotzdem eher der klassischen Linie treu. Das schlichte Pistolengriffkäppchen besteht aus Rosenholz. Zum klassisch-eleganten Gesamtkonzept passend schmückt auch den Vorderschaft ein in Rosenholz gehaltener Abschluss. Für den modernen Touch sorgt ein pfiffiger roter Streifen zwischen Rosen- und Walnussholz. Eine M-Lok-Schiene mit zwei Montageschlitzen wurde in die Unterseite des Vorderschaftes integriert. Mit diesem System können nun nach Belieben Anbauteile angebracht werden. Die vordere QD-Riemenbügelaufnahme befindet sich an der Schaftnase.
Das einreihige Einsteckmagazin aus Kunststoff sitzt nicht allzu stramm im Magazinschacht, aber auch nicht klapperig oder wackelig. Am Abzugsbügel findet sich die beidseitig bedienbare Taste zum Lösen des Magazins. Das Kunststoffmagazin ließ sich beim Test gut laden. Der Magazinschacht ist kompatibel mit allen Magazinen nach AICS-Standard. Dabei ist es völlig egal, ob man Kunststoff oder Metall präferiert, passen tut sowohl das eine als auch das andere. Man muss auch nicht darauf achten, ob das AICS-Magazin eine sogenannte "Binder-Plate" hat oder nicht, es passen beide Varianten.
Test: Auf dem Schießstand mit der Strasser RS 700 Legend in .308 Winchester und dem Zielfernrohr Noblex NZ 6 3-18x56 inception
Für den Test haben wir ein NZ 6 inception (3-18 x 56) von Noblex auf die Picatinny-Schiene aufgesetzt. Für das Anbringen der Zieloptik sind alle zweiteiligen (!) Remington 700-Montagenbasen kompatibel. Wer aber auf eine einteilige Picatinny-Schiene zurückgreifen möchte, muss diese aus dem Hause Strasser beziehen, da der Lochabstand der Montagebohrungs-Pärchen zueinander nicht der gleiche ist wie bei einer originären Remington 700 Short Action. Das Noblex-Zielfernrohr macht einen guten Job, für den Preis von 1.049,- Euro bietet es ein gutes Preis-/Leistungs-Verhältnis. Der Leuchtpunkt ist fein und stufenlos dimmbar. Der Turm links wirkt etwas massiver, was zu dem Gesamtbild der RS 700 Legend gut passt. Die Handhabung inklusive der Verstellung des Absehens, des Leuchtpunktes und der Vergrößerung funktionierte einwandfrei. Immer wieder ein großer Pluspunkt: die automatische Abschaltung des Leuchtpunktes zum Schonen der Batterie.
Nachdem die Gewehre von Strasser bislang eine Top-Präzision in unseren Tests abgeliefert hatten, waren die Ansprüche auch bei der RS 700 sehr hoch. Erwartungen erfüllt: Die Trefferergebnisse waren durchweg positiv. Die mit 27 Millimeter größte Schussgruppe aus der Testwaffe lieferte die Norma Eco Strike Medium Game, die extra für Schalldämpferwaffen und kurze Läufe entwickelt wurde. Damit lag diese Munition aber immer noch präzisionstechnisch unter einer Winkelminute (1MOA), ein gutes Ergebnis. Der beste Streukreis (15 mm) konnte mit der Powerhead Blade von Sako erreicht werden. Auch die weiteren Gruppen, die zwischen 16 und 24 mm lagen, konnten durchaus überzeugen. Sehr gern hätten wir die Waffe auch einem jagdlichen Praxistest unterzogen, jedoch war das im Schnee gefährtete Schwarzwild schlauer und spielte Katz und Maus mit uns. So blieb der Lauf leider ebenso kalt wie unsere Füße.
Die RS 700: Eine gut durchdachte Strasser im neuen Design
Wer mit dem Design der Waffen des österreichischen Herstellers vertraut ist, der erkennt auch in der RS 700 Legend die unverkennbare Handschrift von Strasser. Allerdings in einem etwas neuen Outfit. Alles sehr durchdacht und angepasst an die neuen Gegebenheiten, um eine weitgehende Kompatibilität zu dem schier überbordenden Zubehörsektor für die Remington 700 Basis zu schaffen. Manchen erscheinen Strassers RS 14 Flaggschiffe zu grob und zu klobig. Das Design war immer eigenständig und sehr individuell, aber eben weit weg von elegant, feingliedrig und zart. Mit der Serie RS 700 ist Strasser ein Risiko eingegangen, man hat sich einen Schritt aus der Komfortzone herausgewagt. Gewagt hat Remington-Entwickler Mike Walker ebenfalls etwas, als er 1962 mit dem ersten Modell 700 auf den Markt kam. Die weltweite Erfolgsgeschichte dieses Systems ist heute legendär.
Vielleicht klappt das mit Strasser RS 700 ja genauso? Um ein Geradezug-System in einen Schaft für konventionellen Repetierer so einzufügen, dass es nicht aussieht, wie gewollt und nicht gekonnt, ist schon eine enorme Leistung. In die Auskehlung für den Kammerstängel einfach etwas anderes (sinnvolles) einzubauen, damit die Aussparung nicht leer und wie ein Fremdkörper wirkt – ein kluger Schachzug. Der Drücker zum Lösen des Verschlusses ist gerade so groß, um ihn leicht zu bedienen und klein genug, dass er sich stimmig in das Gesamtgefüge des Schaftbildes einfügt. Wer eine Linksversion benötigt, der kann dieses Element ohne weiteres auch auf die linke Seite schrauben.
Im Test konnte der Timney Elite Hunter vollkommen überzeugen. Die Art des Brechens des Schusses und sein direkter, trockener Charakter haben einfach Spaß gemacht. Wem das voreingestellte Abzugsgewicht nicht zusagt, kann dies im Verstellbereich zwischen 680 g (1.5 lbs) und 1.814 g (4 lbs) an die eigenen Vorlieben anpassen. Klar gibt es noch feinere Abzüge, aber auch hier gilt wieder: Schön ist, was gefällt. Die Austauschbarkeit zum Short Action-System der Remington 700 macht es möglich. Noch mehr hierzu passende Abzüge sind überdies im Programm von Timney-Importeur Ferkinghoff International zu finden.
Technische Daten und Preis der Strasser RS 700 Legend
Modell: | RS 700 Legend |
Kaliber: | .308 Winchester |
Kapazität: | 3 + 1 Patronen |
Länge: | 106 mm |
Lauflänge: | 510 mm (Sonderlänge für DE) |
Dralllänge: | 11" (1:11" Drall) |
Abzugsgewicht: | 1.130 g |
Gewicht: | ca. 3.350 g |
Links-/Rechts- Ausführung: | Rechtsausführung |
Preis: | 3.302,- Euro |
Ausstattung: Geradezug-Repetierer, Kunststoff-Einsteckmagazin, 2-Stellungssicherung, Holzschaft, M-Lok-Schiene, M14x1 Laufgewinde, Systemgeometrie Remington 700-kompatibel. |
Das all4hunters Test-Fazit zur Strasser RS 700 Legend
Wer eine Strasser RS 700 Legend sein Eigen nennen möchte, muss mindestes 3.302,- Euro investieren, für die XRS-Ausführung sogar nochmal 100,- Euro mehr. Dafür bekommt man ein Gewehr, das hervorragend schießt und hochwertig verarbeitet ist. Ob man ein Geradezug-System auf der Basis einer Remington 700 braucht, ist eine Glaubensfrage. Die Antwort darauf ist ebenso schwierig wie danach, ob man zu Leberkäse auch scharfen Senf essen darf, welches Kaliber das Beste ist und ob man sich einen Holz-, Kunststoff- oder weiß-Gott-was für einen Schaft anschaffen soll. Wenn Sie schon immer der Meinung waren, dass Sie niemals mehr auf das Geradezugsystem von Strasser verzichten können, sich dennoch aus der unerschöpflichen Menge an Möglichkeiten für Remington 700-Waffen noch andere Optionen zum Thema "pimp my gun" offenhalten möchten, dann sind Sie hier absolut richtig.
Das hat uns gut gefallen: | Das fanden wir weniger gut: |
- Geradezug-Verschluss | - Aktuell eher kleine Kaliberauswahl (wird aber erweitert) |
- Remington 700-kompatibel | - Vorderschaft könnte schlanker sein |
- M-Lok-Zubehörschiene | |
- Präzision |
Mehr zu der Repetierbüchse Strasser RS 700 Legend erfahren Sie auf der Hersteller-Webseite hms-strasser.com.
Details zum im Test verwendeten Zielfernrohr erhalten Sie auf der NZ6 3-18x56 inception-Produktseite von Noblex e-Optics.
Weitere zur Strasser RS700 kompatible Elite Hunter-Abzüge finden Sie hier bei Timney-Importeur Ferkinghoff International.