KRIEGHOFF Hubertus im Technik-Check: Einläufige Kipplaufbüchsen

Kipplaufwaffen mit Ausnahme von Flinten und Doppelbüchsen sind typische Gewehre der Jäger im deutschsprachigen Raum. So findet man Drillinge und (Bock-)Büchsflinten selten außerhalb von Österreich und Deutschland.

Ihre Blüte erlebten sie Anfang des 20. Jahrhunderts, als sie meist ohne Zielfernrohr ganzjährig auf Hoch- und Niederwild vom Hirsch bis zum Rebhuhn geführt wurden. Viele Jäger besaßen damals nur eine Langwaffe, ihren Drilling. Wohlhabendere führten bei der Niederwildjagd eine Flinte und für die Schalenwildjagd vom Rehbock bis zum Hirsch eine Kipplaufbüchse. Oft wurde letztere auch als Notbehelf für Jäger angesehen, die sich eine „Kombinierte“ (Drilling oder Bockbüchsflinte) nicht leisten konnten. Da es handwerklich sehr viel einfacher ist, eine einläufige Büchse statt einer kombinierten zu fertigen, waren Kipplaufbüchsen vor 100 Jahren deutlich billiger. Das verhält sich heute völlig anders.

KRIEGHOFF Hubertus: Vor- und Nachteile einläufiger Kipplaufbüchsen
Im Test: KRIEGHOFF Hubertus (Stahl) Kipplaufbüchse, hier im Kaliber 8 x 57 IRS mit SCHMIDT & BENDER Zielfernrohr Zenith in 1,5-6 x 42. Preis: 4.999 € ohne Zieloptik.

Die Vorteile von einläufigen Kipplaufbüchsen

KRIEGHOFF Hubertus: Vor- und Nachteile einläufiger Kipplaufbüchsen
Die zum Transport im Rucksack vorbereitete KRIEGHOFF Hubertus: Dabei bleibt die Optik von vorneherein auf dem Lauf, und der Vorderschaft kommt wieder an das Rohr.

Wegen des vergleichsweise geringen Gewichtes werden sie oft von Jägern, die gern pirschen, geführt. Die Schussleistung ist meist besser als die mehrläufiger Gewehre, zumindest von solchen mit fest verlöteten Läufen. Mehrere Schüsse hintereinander führen kaum zu Trefferbildveränderungen, auch deshalb, weil das Zielfernrohr direkt auf dem Lauf sitzt. Man kann, zumindest bei Büchsen ohne Ejektor, lautlos nachladen, im Gegensatz zu Repetierbüchsen und Halbautomaten. Das Einlegen von Wechselläufen gestaltet sich denkbar einfach, und die Waffe lässt sich zerlegt bequem transportieren, bei der Bergjagd auf Gams beispielsweise beim Aufstieg sogar im Rucksack. Im schwierigen Gelände eine echte Erleichterung. Man könnte also auch von einer „echten“ systembedingten Take-Down-Büchse sprechen, die simpel zusammenzusetzen ist.


Die Nachteile von einläufigen Kipplaufbüchsen

Das Nachladen der einschüssigen Waffe dauert auch für geübte Jäger länger als bei Repetierbüchsen, speziell im Liegend-Anschlag. Auch muss man sich zum Nachladen auffälliger bewegen, was eventuell vom Wild eräugt wird. Fraglos ein Handicap, besonders bei der Jagd im Gebirge, wo oft liegend vom Rucksack geschossen wird. Daher platzieren erfahrene Jäger in dieser Situation ein oder zwei Ersatzpatronen griffbereit links neben der Büchse. Bei allen anderen Anschlagarten halten routinierte Rechtsschützen eine Ersatzpatrone zwischen Zeige- und Mittelfinger der linken Hand. Wer den Vorderschaft nicht zerkratzen will, bringt einen Schaftschutz aus Filz dort an, was zwar nicht gut aussieht, aber neben dem Schutz die Griffigkeit erhöht und hilft, Prellschüsse beim aufgelegten Schießen zu verhindern.

Ein Ejektor beschleunigt das Nachladen deutlich. Wodurch der Vorteil des lautlosen Nachladens verloren geht, besonders bei Jagdkanzeln, wo die ausgeworfene Hülse meist laut gegen die Wand oder auf den Boden poltert. Auch der Ejektor selbst verursacht ein Geräusch. Idealerweise wählt man also eine Variante, bei der der Hülsenauswerfer je nach jagdlicher Situation aktiviert oder deaktiviert werden kann. Will man beispielsweise auf kurze Entfernung einen zweiten Schuss abgeben, wird man, um leise nachladen zu können, den Ejektor abschalten. Wird der zweite Schuss auf über 100 Meter abgegeben, erübrigt sich das: Hier stört das Geräusch des Hülsenauswurfes kaum noch. Dasselbe gilt bei einem eventuell notwendigen Fangschuss, der möglichst schnell fallen muss.


Zur Kaliberwahl

KRIEGHOFF Hubertus: Vor- und Nachteile einläufiger Kipplaufbüchsen
KRIEGHOFF Hubertus: Für die sichere Verbindung des Eisenschafts mit dem Systemkasten sorgt ein klassischer Patentschnäpper.
KRIEGHOFF Hubertus: Vor- und Nachteile einläufiger Kipplaufbüchsen
Moderne Kipplaufbüchsen wie etwa die BLASER K95, MERKEL K3, K4 und die KRIEGHOFF Hubertus spannt man meist über einen Spannschieber auf dem Kolbenhals.

Verfolgt man den Gebrauchtwaffenmarkt, so fällt auf, dass hochwertige Kipplaufbüchsen recht selten angeboten werden - es sei denn in Magnumkalibern. Offensichtlich kommen die Besitzer mit diesen leichten Waffen in Verbindung mit den „dicken“ Kalibern nicht zurecht. Der sehr kräftige Rückstoß lässt manchen mit den Magnum-Büchsen "mucken". Also, wer Kaliber wie etwa .300 Win. Mag. oder stärker einsetzen will, sollte einen anderen Waffentyp wählen. Schwere Kipplaufbüchsen, womöglich mit Mündungsbremse, stellen auch keine Alternative dar, sie machen die Vorteile dieses Waffentyps zunichte.

Mit einer Randpatrone in einem mittleren Standardkaliber, wie beispielsweise 8 x 57 IRS oder 7 x 65 R, liegt man richtig. Bergjäger führen diese Büchsen gern auch im Kaliber 6,5 x 57 R oder 6,5 x 65 R.

Gegenwärtig lassen sich zwei Varianten von Kipplaufbüchsen unterscheiden: die vorwiegend handwerklich gefertigten und die maschinell produzierten mit handwerklicher Feinarbeit. Erstere, zumindest ältere, besitzen meist traditionelle Kipplaufschlosse und -verschlüsse. Aber auch alles, was Büchsenmacher in den vergangenen 100 Jahren entwickelt und realisiert haben, findet man bei diesem Waffentyp, ANSON & DEELEY - sowie Hahnschlosse sind weit verbreitet. Eine Kipplaufbüchse mit einem Seitenschloss gilt als besonders edel. Ähnlich vielfältig verhält es sich mit den Verschlussarten. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich handwerklich gefertigte Hahn-Kipplaufbüchsen. 

Jäger, die derartige Waffen führen, sind oft Nostalgiker, die auch maschinengefertigte Repetierbüchsen mit einem Kunststoffschaft meiden würden. Diese handwerklich gefertigten Waffen verfügen fast immer über einen deutschen (Doppelzüngel-) oder französischen (Rück-)Stecher. Die Zielfernrohre sind meist mittels Suhler Einhakmontage (SEM) mit der Waffe verbunden, wobei vorwiegend Zielfernrohre mit 42er, maximal mit 50er Objektivdurchmesser zum Einsatz kommen. Puristen wählen sogar 36er Gläser. Die handwerklich gefertigten Einzelstücke liegen im Preis über 10.000 Euro. Nach oben hin gibt es mit edlem Schaftholz und entsprechender Gravur kaum Grenzen. 20.000 Euro kommen schnell zusammen, gelegentlich auch mehr als das Doppelte. Die großen deutschen Jagdwaffenhersteller BLASER, MERKEL und KRIEGHOFF fertigen technisch ausgereifte Kipplaufbüchsen vorwiegend maschinell. 

KRIEGHOFF Hubertus: Vor- und Nachteile einläufiger Kipplaufbüchsen
Vor- und Nachteile einläufiger Kipplaufbüchsen

Mit einfacher Gravur und mittlerem Schaftholz beginnen die Preise (ohne Zieloptiken) etwa bei 3.500 Euro. Wer das nicht zahlen will oder kann, wird bei der Suhler HAENEL Jaeger 9 für gut 1.700 Euro, der italienischen SABATTI SKL 98 für knapp 1.400 Euro oder der spanischen BERGARA Apex für unter 1.000 Euro mit Kunststoffschaft auch im preiswerteren Segment fündig.

KRIEGHOFF Hubertus: Vor- und Nachteile einläufiger Kipplaufbüchsen
Wer unter 1.000 Euro für eine Kipplaufbüchse zahlen möchte, wird beim Modell Apex des spanischen Herstellers BERGARA fündig. Zum Spannen dient hier der außen liegende Hahn.
KRIEGHOFF Hubertus: Vor- und Nachteile einläufiger Kipplaufbüchsen
Für 1.400 Euro bekommt man bei FRANKONIA mit der Sabatti SKL 98 eine etwas edler aussehende, aber überwiegend maschinell gefertigte Waffe italienischer Provenienz.
KRIEGHOFF Hubertus: Vor- und Nachteile einläufiger Kipplaufbüchsen
Mehr Ästhetik und eine höhere Verarbeitungsqualität findet man etwa bei der deutschstämmigen KRIEGHOFF Hubertus, deren Basismodell bei rund 3.600 Euro rangiert.

Eine für alle: KRIEGHOFF Hubertus

Stellvertretend für die hochpreisigeren Serienmodelle aus der Kipplaufbüchsenfamilie durfte sich das Modell Hubertus im Kaliber 8 x 57 IRS aus der Ulmer Traditionswaffenschmiede KRIEGHOFF unserem Test auf dem Schießstand und im Revier stellen. Zu diesem Zweck schickte der Hersteller die Büchse mit einem SCHMIDT & BENDER-Zielfernrohr Zenith 1,5-6 x 42 mit Leuchtpunktabsehen (Flashdot) FD4 und Convex-Schiene ausgestattet ins Rennen. Für die sichere Verbindung zwischen Zielglas und Lauf sorgte eine wiederholgenaue Eramatik-Brückenschwenkmontage mit H7-Klemmknebelverschluss von RECKNAGEL

Die KRIEGHOFF Hubertus an sich verfügt über das Universalabzugssystem und das bewährte Kombi-Handspannersystem von KRIEGHOFF sowie einen Rückstecher. Sie kann geladen und ungespannt, also sicher, geführt werden. Erst kurz vor dem Schuss wird sie durch Vorschieben des Spannschiebers auf dem Kolbenhals schussfertig. Lässt man den Spannschieber in vorderer Position, funktioniert die KRIEGHOFF Hubertus wie ein Selbstspanner und ist sofort nach dem Laden wieder schussfertig. Durch kurzen Druck auf den Schieber löst sich dieser aus der Feuerposition und kann zurückgenommen werden. Die Büchse verfügt über einen klassischen Laufhakenverschluss, bei dem ein Längskeil von hinten in den hier vom Durchlass für den Selbstspannerhebel geteilten Haken greift. Die offene Visierung scheint eher eine Notoption zu sein. Sie besteht aus einer seitlich schiebbaren Rechteckkimme und einem höhenverstellbaren Balkenkorn mit Messingeinlage, liefert aber kein besonders kontrastreiches Visierbild. 

Während der Lauf samt Riemenbügelösenring, Kornsattel und der kurzen, guillochierten Montageschiene samt Kimme aus brüniertem Stahl bestehen, präsentieren sich die übrigen von außen sichtbaren Stahlteile alle in vernickeltem Stahl. Lediglich das Abzugsblech erscheint in - je nach Lichteinfall - etwas matter wirkendem Aluminium. Der grobgemaserte Nussbaumschaft der Testwaffe lässt sich der preiswerten Holzklasse 1 zuordnen. An seinen Kontaktflächen sorgt eine Fischhaut für gute Griffigkeit. Der Schaft kommt mit bayerischer Backe und Pistolengriff. Den Kolben schließt eine mittelharte Gummikappe nach hinten ab. An der Unterseite sitzt die zweite Öse für die mitgelieferten abnehmbaren Riemenbügel. Der Vorderschaft endet in einer Tropfnase.


Unser Praxis-Check der KRIEGHOFF Hubertus:

Zunächst musste sich die KRIEGHOFF Hubertus insgesamt sechs verschiedenen Laborierungen auf der 100-Meter-Bahn stellen. Die Tester schossen die Büchse jeweils eingestochen von der Sandsackauflage mit dem auf sechsfache Vergrößerung gestellten SCHMIDT & BENDER-Zenith. Dabei machten sie zwischen den einzelnen fünf Schuss einer Testserie keine Pausen. Nach jeder Serie ließen sie dem 60 cm und an der Mündung noch 15 mm starken Rohr aber ausreichend Zeit zum Abkühlen und zogen es mit der Reinigungsschnur durch. Die beste 5er Gruppe (39 Millimeter) lieferte die nur 139 grains schwere, bleifreie RWS EVOLUTION GREEN. Hier lagen die Einschussmitten der engsten drei Schuss sogar auf einem 10-Millimeter-Kreis. 

KRIEGHOFF Hubertus: Vor- und Nachteile einläufiger Kipplaufbüchsen
Ergebnisse des Schießtests mit der Kipplaufbüchse KRIEGHOFF Hubertus in 8x57 IRS

Die KRIEGHOFF Hubertus absolvierte das Testprogramm ohne jegliche Störung, dabei schoss sich die leichte Büchse auch mit den schwereren 200 grains-Laborierungen noch recht angenehm. Der Stecher löste bei für eine Jagdwaffe sehr geringen 30 g Abzugsgewicht aus, hielt aber fast allen Versuchen, die Waffe ohne Betätigen des Abzugs abzuschlagen, stand. Erst bei sehr harten Schlägen auf die Schaftkappe - natürlich bei ungeladener Waffe - löste der eingestochene Abzug aus. Ungestochen stand das Züngel nach knapp einem Millimeter sehr leichtem Vorzug knochentrocken und brach nach Überwinden von zirka 1,8 Kilo dann hart wie Glas, ohne weiter durchzufallen. 

VISIER-Autor Andreas Rockstroh führte die KRIEGHOFF Hubertus einige Tage in seinem sächsischen Revier zur Abwehr von Wildschäden auf frisch gesäten Maisfeldern. Geschädigte Flächen wurden nachts bei Mond oder am frühen Morgen abgepirscht. Die führige Kipplaufbüchse KRIEGHOFF Hubertus eignete sich wegen des lautlosen Handspanners und nicht zuletzt auch ihres optimalen Sauenkalibers für diese Jagdart vorzüglich - mehr als einen Schuss kann man bei den gewitzten Wildschweinen ohnehin nicht antragen.


Weitere Ausführungen der KRIEGHOFF Hubertus 

(Standardlauflänge: 55 cm oder 60 cm):

StandardkaliberStandardkaliber
(mit Stahlbasküle)

Magnumkaliber (mit Stahlbasküle)
.222 Rem..243 Win.7 mm Rem. Mag.
.22–250 Rem.
6x62R Frères.300 Win. Mag.
5,6x50R Mag.
.308 Win.
5,6x52R .30-06
.270 Win.

.30R Blaser
6,5x57R

6,5x65R

7x57R

7x65R

8x57IRS

8x57RS

9,3x74R

Das Modell kann als Einzelanfertigung auch mit dem intelligenten Ejektor-System von KRIEGHOFF geliefert werden. Mehr Details finden Sie auf der Internetseite des Herstellers: http://www.krieghoff.de/home/


KRIEGHOFF Hubertus Stahl
Technische Daten

KRIEGHOFF Hubertus: Vor- und Nachteile einläufiger Kipplaufbüchsen

€ 4.999,-
Kaliber

8 x 57 IRS

Kapazität  

1 Schuss

Lauflänge

600 mm

Abzugsgewicht

1.860 g (gestochen zirka 30 g)

Schaftlänge

350 mm

Gesamtlänge

1.035 mm

Gewicht

3.004 g (ohne Optik)

Ausführung

Einzellader-Kipplaufbüchse mit Kombi-Handspanner, Rückstecher, Nussholzschaft (Klasse 1) mit Pistolengriff, Bayerische Backe mit Doppelfalz, offene Visierung, vorbereitet für Brückenschwenk-montage, abnehmbare Riemenbügel, Alu-Abzugsblech, System vernickelt, Gravur “Kleines Jagdstück” mit Rehbock- und Hirschmotiv sowie Arabesken).

KRIEGHOFF Hubertus Stahl
Technische Daten

KRIEGHOFF Hubertus: Vor- und Nachteile einläufiger Kipplaufbüchsen

€ 4.999,-
Kaliber

8 x 57 IRS

Kapazität  

1 Schuss

Lauflänge

600 mm

Abzugsgewicht

1.860 g (gestochen zirka 30 g)

Schaftlänge

350 mm

Gesamtlänge

1.035 mm

Gewicht

3.004 g (ohne Optik)

Ausführung

Einzellader-Kipplaufbüchse mit Kombi-Handspanner, Rückstecher, Nussholzschaft (Klasse 1) mit Pistolengriff, Bayerische Backe mit Doppelfalz, offene Visierung, vorbereitet für Brückenschwenk-montage, abnehmbare Riemenbügel, Alu-Abzugsblech, System vernickelt, Gravur “Kleines Jagdstück” mit Rehbock- und Hirschmotiv sowie Arabesken).