Die Waffe, die wir hier vorstellen wollen, hat einige Eigenschaften, die man normalerweise nur auf unterschiedliche Waffentypen verteilt findet: erstens die Leistung von Gewehren für die Jagd auf großes Wild, die oft auf kurze Distanzen eingesetzt werden, zweitens die Zuverlässigkeit und Führigkeit von Unterhebelrepetierern nach amerikanischer Bauart (echte Arbeitsgeräte für Leute, die viel im Freien unterwegs sind) und drittens die Präzision (als Ergebnis des Dreiklangs von Visier, Munition und Lauf) von "Scout Rifles", die für schnelle intuitive Schüsse geeignet sind. Das Gewehr kann außerdem mit Zieloptiken für Schüsse bis auf mittlere Distanzen ausgestattet werden.
Bei einer so komplexen Waffe müssen zwangsläufig Kompromisslösungen gefunden werden. Sie ist nicht ganz billig, bietet dafür aber eine breite Palette an Verwendungsmöglichkeiten. Innerhalb dieses Spektrums gibt es einen Bereich, in dem sie ihre Leistung auf besonders wirksame Weise entfaltet: Gemeint ist die Jagd auf mittelgroßes bis großes Wild speziell im Wald.
Die wörtliche Übersetzung des Namens Boarbuster – "Keilerknacker" – nennt schon das Wild, das hier vor allem gemeint ist. Doch durch die Verwendung des leistungsstarken Kalibers .444 Marlin und des etwas ausgeglicheneren und weiter verbreiteten Kalibers .45/70 eignet sich der Boarbuster auch für eine Vielzahl anderer Wildarten, die sowohl in Europa, als auch in Nordamerika zu finden sind.
Zur Geschichte des Pedersoli Boarbuster
Als Vorbild des Boarbusters gilt vielen die letzte echte "Big Game Lever Action Rifle", die Winchester Modell 71 in der Karabiner-Version. Bei dem Hersteller aus New Haven war es früher Brauch, die Modelle nach den Jahren der Markteinführung zu benennen, weshalb die Ansicht verbreitet ist, die Nummer beziehe sich auch bei diesem Modell darauf. In Wirklichkeit wurde das Modell 71 aber erst 1935 auf den Markt gebracht. Die Zahl "71" bezieht sich einfach auf die laufende Nummerierung der Projekte; in diesem Fall handelt es sich um den Nachfolger des legendären Modells 70 – eine sehr erfolgreiche Reihe von Repetierbüchsen.
Das "Einundsiebziger" verwendete die Originalmunition mit rauchfreiem Pulver im Kaliber .348 WFC und hatte einen 61 cm langen zylindrischen Lauf – eine Waffe, die die Amerikaner als "All-around Woods Weapon" bezeichneten, die also für vielfältige Einsätze in Waldgebieten geeignet war. Die Karabinerversion mit ihrem 51 cm langen Lauf war dem Grundsatz nach eher ein "Arbeitsgewehr", dessen wichtigste Eigenschaft die Führigkeit war.
Technische Eigenschaften der Pedersoli Boarbuster
Im Hinblick auf die Konstruktion ist der Boarbuster identisch mit dem Modell 1886/71, das mit Ausnahme der verwendeten Kaliber von der Winchester Modell 71 inspiriert wurde.
Auf den ersten Blick fallen die beträchtlichen Abmessungen des Gehäuses und der große Querschnitt an der Stelle auf, an der der Griff in den Kolben übergeht. Der Unterschied zu der geraden Form des Standardmodells 1886 fällt sofort ins Auge.
Diese außergewöhnliche Form diente nach Ansicht einiger amerikanischer Fachleute dazu, die Struktur stabiler zu machen. Ob das nun stimmt oder nicht: die meisten Meinungsführer unterstreichen vor allem die ergonomischen Vorteile dieser Konstruktion. Davon konnten wir uns selbst im Praxistest überzeugen.
An den vorderen Teil des Gehäuses ist der Lauf geschraubt, darunter befindet sich das Röhrenmagazin mit einer Kapazität von fünf Schuss. Im hinteren Teil des Gehäuses befindet sich der Hahn und der mit einer Zapfen- und Schraubverbindung am Gehäuse befestigte Repetierhebel.
Mit diesen beiden Komponenten ist ihrerseits die Abzugsgruppe verbunden: der Abzug selbst, die Feder des Hahns mit der zugehörigen Führungsstange und die manuelle Sicherung mit Schieber.
Das Gehäuse ist außen und innen gefräst und beherbergt einen doppelten Führungsschlitten für den Verschluss, das Verschlusssystem mit zwei beweglichen vertikalen Zapfen und die Zuführrampe, die vom Ladehebel bewegt wird, der auch als Abzugsbügel fungiert.
Auf der rechten Seite befindet sich eine Öffnung mit dem Schieber zum Laden des Magazins. Dieser wird von einer Blechzunge in der geschlossenen Position gehalten.
Auf der linken Seite sind zwei Bohrungen für den Lyman-Diopter, Modell Receiver Peep Sight. Das nützlichste Zubehör ist allerdings ohne Zweifel die Weaver-Picatinny-Schiene, auf der auch Zieloptiken mit langer Brennweite und andere Zielvorrichtungen montiert werden können.
Der Lauf hat an der Mündung einen Durchmesser von etwa 18 mm. Er ist 48 cm lang und mit einem klassisches System von gebohrten Zügen versehen, das auch als PMG (Premium Match Grade) bezeichnet wird.
Für das Kaliber .45/70 werden sechs rechtsdrehende Züge (1:18”) verwendet; beim .444 Marlin sind es zwölf Züge (1:38”). Geschwindigkeiten von etwa 700 m/s sind bei einem Geschossgewicht von 240 Grain mit handelsüblicher Munition garantiert.
Auf Seite 2 finden Sie den Praxistest zum Unterhebelrepetierer Pedersoli Boarbuster.
Hinter der Mündung sitzt auf dem Lauf eine kleine Visierschiene. Die Kimme für eine schnelle Zielerfassung befindet sich auf dem Schlitten in einem Abstand von 22 cm. Einsätze aus farbiger Glasfaser erleichtern das Anvisieren des Ziels bei schlechten Lichtbedingungen noch einmal.
Der Schaft ist von seiner Form her praktisch identisch mit dem des Modells 1886/71: Der Vorderschaft hat einen leicht rundlichen Querschnitt bei hohen seitlichen Kanten. Der Kolben verfügt über einen semi-anatomisch geformten Griff mit einer abgeflachten Basis. Die Distanz zwischen Abzug und Schaftkappenrand beträgt 370 mm. Die Senkung beträgt vom Schaftende 20 mm und von der Kolbennase 45 mm.
Durch seitlich aufgebrachte Riffelungen liegen Griff und Vorderschaft sicher in der Hand.
Der Unterhebelrepetierer hat eine Länge von 973 mm und ein Gewicht von 3,5 kg. Damit ist es besonders für die Drückjagd im Wald geeignet.
Sehr hilfreich für den Transport im Wald ist der Sicherungsschieber. Er wird von Hand betätigt, wenn der Hahn in der entspannten Position ist. Er wird dabei in eine Vertiefung geschoben, so dass der Hahn nicht bewegt und damit auch nicht versehentlich gespannt werden kann.
Der Boarbuster hat einen gefederten Fliehkraftschlagbolzen. Er bleibt immer im Verschluss und kann den Schuss auch dann nicht auslösen, wenn die Waffe herunterfällt. Den Boarbuster kann man also auch mit einer Patrone in der Kammer gefahrlos transportieren. Wenn man schießen will, muss nur die Sicherung gelöst und der Hahn von Hand gespannt werden.
Unterhebelrepetierer Pedersoli Boarbuster im Test
Nach einer ersten Testrunde auf dem Gelände von Pedersoli sind wir auf eine Schießbahn gefahren, um die Waffe bei der Wildschweinjagd zu testen – sicherlich die beste Art und Weise, um sich von ihren Fähigkeiten zu überzeugen.
Wir haben uns auf das Modell im Kaliber .45/70 konzentriert, weil diese Munition weiter verbreitet ist. Abgesehen davon ist die neue Jagdmunition aus amerikanischer Produktion auch außerordentlich leistungsstark.
Drei Arten von Munition kamen zur Anwendung: erstens Hornady Lever Evolution in der FTX-Konfiguration mit 325 Gran Geschossgewicht, zweitens die ganz klassische Winchester mit 300 Gran schweren JHP-Geschossen und drittens LCM-Ladungen mit 345-Gran-Bleigeschossen, die besonders gut zum Scheibenschießen geeignet sind. Das Trefferbild bei Schüssen über Kimme und Korn auf 50 m war mehr als zufriedenstellend.
Aber erst beim Schießen auf den laufenden Keiler auf dem Schießstand lernt man diese Waffe richtig zu schätzen. Natürlich spielt auch die Erfahrung des Jägers eine Rolle. Die Schussfolge und die Platzierung der Schüsse hängen in starkem Maße von der Haltung des Jägers und von der Geschicklichkeit im Umgang mit dem Repetierhebel ab. In unserem Fall waren die Ergebnisse herausragend: gut platzierte und schnell hintereinander abgefeuerte Schüsse.
Wir haben auch das Anschlagen der Waffe mit manueller Sicherung bei gleichzeitigem Anlegen und Entsichern getestet. Dank der gewölbten Form des Griffs war das schnell und komfortabel zu bewerkstelligen.
Es lohnt sich, auch ein paar Worte zum Schaft des Boarbuster zu verlieren. Er ist mit einer Schaftkappe zur wirksamen Rückstoßdämpfung versehen, so dass man den Rückstoß des angeblich "so fürchterlichen" Kalibers .45/70 kaum spürt. Das hilft natürlich bei den Folgeschüssen, weil man das Ziel besser im Visier behält. Obwohl die Visierlinie eher kurz ist, lässt sich über Kimme und Korn hervorragend zielen, was Schüsse aus der Drehung heraus sehr wirksam macht. Wer lieber ein Rotpunktvisier benutzen will, kann den Boarbuster auch gleich mit einem werksseitig eingestellten Visier vom Typ Konus Sight Pro kaufen.
Ein weiterer grundlegender Vorzug dieses Unterhebelrepetierers ist seine Führigkeit. Obwohl er nicht eben federleicht ist, ist er gut zu handhaben. Mit dieser Waffe im Anschlag kann man dem Wild leicht folgen.
Im Hinblick auf Konstruktion und Einsatzmöglichkeiten weist dieses Gewehr einige Gemeinsamkeiten mit den Scout-Rifles der neuesten Generation auf, die im Augenblick so modern sind. Allerdings hat der Boarbuster einen Vorteil: Der Folgeschuss ist beim Repetieren mit dem Unterhebel einfach leichter abzugeben als beim Durchladen mit einem Kammerstängel.
Dieser Vergleich ist eigentlich nicht ganz angemessen. Er hat nur dann Sinn, wenn wir von Schüssen auf höchstens mittlere Distanzen reden, denn hier wirken sich die unterschiedlichen Eigenschaften der Geschosse weniger stark aus. Auf jeden Fall haben wir es hier mit einer Waffe zu tun, die hält, was ihr Name verspricht. Die Wildschweine können sich warm anziehen!
Hier geht es zur Bildergalerie des Unterhebelrepetierers Pedersoli Boarbuster.
Auf der IWA OutdoorClassics 2017 stellte Pedersoli die neue Version vor - den Pedersoli Boarbuster Mark II.
Weitere Informationen zum Unterhebelrepetierer Pedersoli Boarbuster finden Sie direkt auf der Webseite von Davide Pedersoli & C.
Bei all4hunters.de finden Sie weitere interessante Artikel über Produkte von Pedersoli.