Das Unternehmen Haenel ist in den vergangenen Jahren vor allem als Nachfolger Heckler & Kochs bei der Fertigung der Selbstladebüchse SLB 2000 hervorgetreten. Die wurde immer als eine der zuverlässigsten auf dem Markt angesehen. Das Unternehmen, dessen Name bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht, hat aber auch andere interessante Waffen im Angebot.
Eine davon ist eine Repetierbüchse, die in sich einige Merkmale vereint, die man schon von anderen Büchsen her kennt. Damit ist die Waffe zwar nicht innovativ; der günstige Preis macht sie dennoch interessant. Der Jäger bekommt mit dieser Büchse eine Waffe aus deutscher Fertigung in die Hand, die durchaus wettbewerbsfähig ist.
Die Repetierbüchse heißt Jaeger 10 und ist in neun Kalibern verfügbar. Darunter sind die klassischen europäischen Kaliber wie die 7x64 Brenneke und die 8x57JS, aber auch die zöllischen Kaliber wie die .30-06 Sprf., die .270 und die .308 Win. sowie Magnum-Kaliber wie die 7 mm Remington und die .300 Win Mag.
Die Lauflängen variieren zwischen 565 mm bei den Standardkalibern und 615 mm bei den Magnum-Patronen. Die Jaeger 10 ist, wie der Name schon sagt, für den jagdlichen Gebrauch gedacht. Lauf und Schäftung sind darauf ausgerichtet.
Wie schon gesagt ist die Büchse mit 990 Euro (bei Frankonia) für eine deutsche Waffe recht preisgünstig. Wie ist das bei deutscher Qualitätsarbeit möglich? Die Entwickler der Jaeger 10 haben hierfür auf alles Überflüssige verzichtet und wo es mglich war Kunststoffe eingesetzt. Das sind aber die einzigen verwendeten Einsparungen. Die mechanisch beanspruchten Teile sind aus gutem Stahl, die Bearbung erfolgte sehr akkurat, wie man das von einer Waffe erwarten kann, die auf dem "alten Kontinent" entstand.
Dabei ist die Jaeger 10 ein Werkzeug für die Jagd und kein reichverziertes Kunstwerk. Herzstück der Waffe sind Systemhülse und Verschluss. Die Hülse entstand auf präzisen Spezialmaschinen; sie ist zylindrisch und hat rechts das Auswurffenster sowie hinten eine Ausfräsung für den Kammerstengel. Unten ist sie für den Schacht des zweireihig zuführenden Magazins offen.
Die Hülse reicht hinten so weit, dass sie das Schlösschen ganz umschließt. Rechts befindet sich die L-förmige Fräsung, in der der Kammerstengel läuft. Seine Wurzel wird hierin geführt; der Anschlag sorgt für einen sauberen Auswurf der Hülse.
Der hintere Teil der Hülse wirkt etwas schwerfällig; das mag vielleicht das einzige "Mängelchen" sein, das man erblicken kann. Andererseits hat man diese Formgebung auch schon bei anderen, teureren Waffen wie der Sauer 202 gesehen.
Auch der Verschluss weist zwar einige eigene Merkmale auf, ist aber auch von vielen anderen Konstruktionen beeinflusst. Andererseits ist es heute kaum möglich, im Bereich der Repetierbüchsen etwas Neues zu entwickeln. Hier haben über hundert Jahre Entwicklung ihre Spuren hinterlassen.
Bei dieser Haenel finden wir einen Verschluss mit durchgehend einheitlichem Außendurchmesser. Die Verriegelungswarzen wurden stehengelassen, während man dahinter den Raum ausfräste, mit dem der Verschluss in der Hülse liegt. Das kennt man bereits; sehr bekannt sind die Verschlüsse der eitären Weatherby Mark V, aber auch der zahllosen Nachahmer dieser Lösung, die sie zu einem echten Klassiker machten. Das ist praktisch der Gegenentwurf zum Mauser-Verschluss mit zwei vorneliegenden (und einer hinteren) Warzen.
Bei der Weatherby und der erwähnten Sauer 202 finden wir mehrere Warzen; bei der Mark V sind es neun, bei der Sauer und der hier vorgestellten Jaeger 10 sind es zwei, was auch für Magnum- und Supermagnumkaliber vollkommen ausreicht.
Im Unterschied zu anderen Erzuegnissen hat man bei der Haenel den Weg eines aus mehreren Teilen zusammengesetzten Verschlusses gewählt. Sie sind mit Zapfen oder anderer Verbindungen zusammengefügt. Der Verschluss besteht aus einem zentralen Körper, kaum mehr als einem einfachen Stahlrohr. Darauf ist der eingentliche Verschlusskopf verstiftet, während der Kammerstengel mittels einer rechtwinkligen Fräsung angebracht ist. Daraus ergibt sich zweierlei: Die einzelnen Teile können aus den jeweils passenden Mterialien hergestellt werden, vor allerm veringern sich dadurch die Kosten drastisch.
Auch die Wahl der Verriegelung mittels "versenkter" Warzen ermöglicht eine zeit- und damit kostensparende Bearbeitung der Systemhülse. Im Grunde langt eine einfache Bohrung, die von hinten bis vorne durchgeht.
Drei Warzen führen theoretisch zu einem Öffnungswinkel von 60 Grad. Das ergibt im Vergleich mit Waffen mit zwei Warzen und 90 Grad Winkel ein schnelles Repetieren - theoretisch. Denn dann muss auch die Schlagbolzenfeder auf einem geringeren Weg gespannt werden. Bei der Jaeger 10 treten solche Probleme glücklicherweise nicht auf. Sie lässt sich mit den zwei Warzen schnell und einfach entriegeln.
Ergebnis der Haenel-Konstruktion ist ein fließender Repetiervorgang. Die Waffe ist robust und preiswert: sehr gut.
Liebhabern schöner Formen wird es gefallen, dass der Kammerstengel nicht nur leicht nach hinten gebogen, sondern auch sehr schlank ausgeführt ist. Auch hat man sich bei der neueren Serie eine unschöne Lötstelle hinten gespart. Eine weitere, sehr einfache Lösung ist die Kraftübertragung des Rückstoßes vom System auf den Schaft. Hier hat man eine einfache L-färmige Nase an der Unterseite des Systems gewählt, die auf ein stabiles Plättchen wirkt, das in den Schaft eingelassen ist. Diese Lösung hat sich schon bei Waffen von Tikka und Sako sehr gut bewährt.
Ähnlich wie beim letztgenannten finnischen Karabiner arbeitet bei der Haenel 10 auch die Sicherung. Sie wird mit einem Hebel rechts hinten neben dem Kammerstengel bedient und hat zwei Stellungen. Ist die Waffe gesichert, dann ist der Schlagbolzen blockiert, man kann den Verschluss aber öffnen, um beispielsweise eine Patrone händisch ins Lager zu führen. Dazu muss man auf ein kleines Hebelchen drücken, das sonst von der Rücklaufsperre der Sicherung verdeckt wurde.
Links hinten auf der Systemhülse befindet sich der Drücker, mit dessen Hilfe sich der Verschluss entnehmen lässt. Dahinter befindet sich die Stelle, die eigentlich für jede Repetierbüchse individuell ist: der Übergang von Hülse und Verschluss.
Im Laufe der Jahre wurde diese Stelle immer weiter vereinfacht. Man denke nur an die komplexe Formgebung des Mauser-Systems 98, bei dem die Vorderkante des Schlösschens auch als Gasschild funktioniert, der bei schadhafter Hülse austretende gespannte Gase vom Gesicht des Schützen fernhalten soll. Das Schlösschen trägt da ja auch die Flügelsicherung und dient als Verdrehsperre für die Schlagbolzenmutter.
Bei der hier vorliegenden Waffe dient die Form des zylindrischen Verschlusses mit der Ausfräsung vorne als Schutz vor entwichenden gespannten Gasen. Die Sicherung befindet sich am System, weshalb man das Schlösschen ganz schlicht ausführen kann.
Bei der Jaeger 10 ist - ähnlich wie bei anderen modernen Erzeugnissen - der Verschluss vollständig von der Systemhülse umgeben. Seine hintere Kotur schließt perfekt mit der der Systemhülse ab. Nur die Schlagbolzenmutter ragt minimal um einige Milimeter darüber hinaus, wenn die Waffe gespannt ist. Man könnte meinen, da fehlte etwas, aber die Jaeger 10 ist da in guter Gesellschaft. Man denke an die Thompson Icon, die Rössler Titan und andere.
Andere Bauteile der Waffe wie der Magazinkasten, der Abzugsbügel oder die Visierung sind aus Kunststoff gefertigt. Das ist bei einer Waffe dieser Preisklasse eigentlich unvermeidlich. Vielleicht sind die Kunststoffe Metall hier sogar vorzuziehen, da sie schlanker bauen.
Auf der Systemhülse befinden sich Fräsungen für eine Zielfernrohrmontage. Ohne die geht es bei einer jagdlichen Repetierbüchse auch nicht, die für den Schuss auf mittlere Entfernungen konzipiert wurde. Die offene Visierung ist dementsprechend vorhanden, aber sehr einfach und funktional ausgeführt. Sie sitzt auf Polymerfüßen. Der Abzug der Jaeger 10 ist mit einem französischen Stecher versehen.
Die Haenel Jaeger 10 gibt es in zwei Schaftvarianten. Mit dem klassischen Holzschaft ist sie länger auf dem Markt, mit Kunststoffschaft seit Oktober 2012. Damit ist der Preis um einige Dutzend Euro gefallen.
Die Form des Kunststoffschaftes ist so einfach wie nur möglich: Gerader Kolben ohne merkliche Senkung mit Füßen für einen Riemenbügel und einer Kolbenkappe aus Gummi.
Die Waffe verfügt, wie bereits erwähnt, über ein herausnehmbares Magazin. Es ist zweireihig und fasst drei Patronen. Das erscheint heutzutage recht wenig, unterstreicht aber den jagdlichen Charakter der Waffe.
Um das Magazin herauszunehmen befindet sich vor dem Abzugsbügel ein bequem zu erreichender und großer Drücker. Er nimmt die Form seines "Vettern" bei der SLB 2000 auf und ist einfach zu bedienen. Auf den ersten Blick könnte man meinem, dass die Magazine der SLB 2000 passen, doch trotz der familiären Ähnlichkeit sind die beiden Magazine nicht austauschbar.
Weitere Informationen bei:
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