Das Innenleben der BLASER R8:
Das Angebot bei der neuen BLASER R8 Long Range ist zunächst auf die Kaliber 6,5 x 47 Lapua, 6,5-284 Norma und .338 Lapua Magnum beschränkt. Vor allem mit den Ausführungen in den 6,5-mm-Kalibern möchte das Unternehmen Benchrest-Schützen ansprechen. BLASER bietet die R8 LongRange in den drei genannten Kalibern wahlweise mit einem an der Mündung 19 mm starken Semi-Weight-Lauf oder mit einem kannelierten Rohr mit 22 mm Durchmesser an der Mündung an.
Die getestete BLASER R8 Long Range kam mit einem 1.737 Gramm schweren, kaltgehämmerten Semi-Weight-Lauf im Kaliber .338 Lapua Magnum. Die gemessene Länge des Rohres vom hinteren Ende des Patronenlagers bis zur Mündung betrug 629 mm. Zum Schutz gegen Korrosion und gegen Verschleiß werden die Laufoberflächen plasmanitriert und anschließend brüniert.
Magnumkaliber wie .338 Lapua Magnum oder .300 Winchester Magnum werden in der Regel mit progressiven, also langsam abbrennenden Pulvern versorgt. Möchte der Anwender möglichst die volle Leistung aus den Magnumpatronen schöpfen, sind kurze und führige Läufe tabu. Dadurch entstehen unerwünschte Begleiterscheinungen wie starkes Mündungsfeuer und ein höherer Schalldruck. Zudem nimmt auch die Geschossenergie spürbar ab.
Den Semi-Weight-Lauf statten die Blaser Konstrukteure an der Mündung serienmäßig mit einem metrischen 17 x 1-Gewinde und die Jagd-Match-Version mit einer M 18 x 1-Aufnahme aus. Bei der Testwaffe saß auf diesem Gewinde eine Blaser Dual Brake, eine schlanke, 55 Millimeter lange und 22 mm durchmessende Mündungsbremse. Der zylindrische Außenkorpus der Bremse weist 24 sechs Millimeter große Bohrungen auf. Wobei die Bohrungsinnenseiten schräg angestellt sind und als Prallflächen dienen. Sie leiten dadurch einen Teil der Pulvergase ab und reduzieren zugleich den Rückstoßimpuls. Unmittelbar vor dem Mündungsgewinde befinden sich zudem noch zwölf Bohrungen à drei Millimeter Durchmesser. Diese dienen hauptsächlich dem Zerstreuen der entzündeten Gase, übernehmen also die Funktion eines Feuerdämpfers.
Die vorliegende Dual Brake weist einen Innendurchmesser von 12,5 mm auf. Damit lässt sie sich laut Blaser auf Läufen mit einem Kaliber von bis zu 11,7 mm (.460) Geschossdurchmesser verwenden. Die Bremse verlängert den Lauf um 41 auf 668 Millimeter. Die Gesamtlänge des Laufes inklusive Verriegelungsbereich und Bremse beträgt somit 690 mm. Innerhalb des 22 mm langen Verriegelungsbereichs liegt eine umlaufende Trapeznut. Diese dient zur Aufnahme des aufgespreizten Radialbundes am Verschluss.
Im Bereich des Patronenlagers weist der Lauf zunächst auf einer Länge von 93 mm eine zylindrische Kontur auf. Der Außendurchmesser beträgt in diesem Bereich 31 mm. Nach einem kurzen, stark konischen Übergang auf 24,5 mm nimmt die Stärke des Rohrs dann kontinuierlich bis zur Mündung hin auf besagte 19 mm ab. Zwei mit der Laufwurzel verschraubte M7er Stehbolzen dienen der Fixierung des Rohres im Systemgehäuse. Hier kann der Kunde zwischen einem Stahl- und einem Aluminiumgehäuse wählen, das verdeckt im Synthetik-Lochschaft liegt. Um die im Schuss auftretenden axialen Kräfte besser aufnehmen zu können, besitzt die Laufwurzel zwischen den Stehbolzen eine eingefräste Quernut. Korrespondierend dazu findet sich in der Schaftbettung ein Fixierungssteg.
In Sachen Montage wartet die BLASER R8 Long Range wie das Ausgangsmodell mit gefrästen Aufnahmen für eine BLASER-Sattelmontage auf. Diese befinden sich links und rechts oben am Bodenstück des Rohres. Neben Montageringen für Zielfernrohre mit Mittelrohrdurchmessern von 25,4 mm, 30 mm, 34 mm und 36 mm gibt es seitens des Herstellers ebenfalls passende Basen für Swarovski- und Zeiss-Schienen sowie eine Basis mit Weaver-Profil. Nachdem das Patent der Sattel-Montage ausgelaufen ist, bieten aber auch einige Montagehersteller entsprechende Zubehörteile an.
BLASER R8 Long Range – der Abzug
BLASER verbaut im .338er R8 Long Range-Modell einen trocken stehenden Flintenabzug mit einem Auslösegewicht von rund 750 Gramm. Bei den 6,5-mm-Kalibern gibt es optional noch einen Atzl-Matchabzug, dessen Abzugsgewicht sich per Schieber von sportlichen 250 auf jagdliche 650 Gramm verstellen lässt. Wie bei den hierzulande bereits länger verkauften BLASER R8-Modellen bilden auch bei der LongRange Abzugsgruppe und Magazin eine Einheit. Dieses modulare Konzept erlaubt es zum einen, die Waffe schnell durch Entnahme dieses Bauteils gegen unbefugte Benutzung zu sichern und zum anderen auch später noch ohne Aufwand den Direktabzug der Basisversion durch den optional verfügbaren Atzl-Match-Abzug zu ersetzen. Wobei Letztgenanntes nur für die 6,5-Millimeter-Ausführungen gilt. Denn in die Abzugsgruppe mit Atzl-Abzug passen nur Patronen mit einer maximalen Gesamtlänge von 90,5 mm. Das entsprechende Maß der .338 LM liegt laut der internationalen Prüfkommission CIP bei 93,5 mm.
Bei einem Lauf- oder Kaliberwechsel innerhalb einer Kalibergruppe muss nur der austauschbare Patroneneinsatz gewechselt werden. Im Gegensatz dazu heißt es beim Wechsel von 6,5 auf .338 neben dem Rohr auch die Kammer auszuwechseln. Möchte der Besitzer ein zusätzliches (komplettes) Wechselmagazin mitführen, muss er in jedem Fall das komplette Abzugs-Magazin-Modul erwerben. Überdies reduziert sich durch die übereinanderliegende Anordnung von Magazin und Abzugsgruppe auch die Kapazität des Magazins. So fasst es im Kaliber .338 nur zwei Patronen, in 6,5-284 Norma sind es drei Patronen und in 6,5 x 47 Lapua vier.
Beim Verschluss der Blaser R8 handelt es sich um einen sogenannten Radialbundverschluss. Dessen Verriegelungskammer besteht im Wesenlichen aus drei Teilen: der Kammerhülse, der Stützhülse und der Spreizhülse. Beim Schließen wird die Stützhülse nach vorn geschoben und drückt dabei über eine Steuerfläche die Lamellen der Spreizhülse radial nach außen. Die Lamellen besitzen außen einen sogenannten Bund, der etwa den Querschnitt eines Trapezes hat. Dieser Bund findet in der korrespondierenden, radial verlaufenden Trapeznut vor dem Patronenlager sein Gegenstück. Diese Verbindung ist somit formschlüssig. Beim Entriegeln des Geradzugverschlusses bewegt sich die Stützhülse axial, die Lamellen werden wieder entlastet und legen sich wieder an die Kammer an. Da die Kammer ein hochbelastetes und sicherheitsrelevantes Teil darstellt, versieht BLASER deren Spreizbereich mit einer Induktionshärtung und verpasst ihr anschließend noch eine Mangan-Phosphatierung.
BLASER R8 Long Range – das Drumherum
Die BLASER R8 Long Range wird in zwei Schäftungen angeboten. Der R8 Professional Success-Schaft der Testwaffe besteht aus im Spritzgussverfahren hergestelltem glasfaserverstärkten Polyamid. Sehr gut gefiel uns, dass die jeweiligen Werte der erforderlichen Anzugsdrehmomente für die Gewindebuchsen sowie für die Riemenbügelösen im Kunststoff verzeichnet wurden. Apropos Riemenbügelöse: Davon besitzt die BLASER R8 Long Range eine zusätzliche an der Unterseite des Vorderschaftes. Diese Öse dient zur Aufnahme eines optionalen Zweibeins.
Im Bereich der Wangenauflage, des Pistolengriffes und der Vorderschaftflanken versieht der Hersteller den Schaft mit Ledereinlagen samt Ziernähten. Das verleiht der Büchse eine einmalige und dazu hochwertige Anmutung. Wer jedoch eine Waffe für den harten Revier- oder Schießstandeinsatz bei Wind und Wetter sucht, der sollte sich überlegen, ob er nicht doch lieber zur Version mit den deutlich unempfindlicheren Elastomereinsätzen greifen sollte. Der Success-Schaft bietet keinerlei Verstellmöglichkeiten. Sollte aber ein justierbarer Schaft – noch dazu aus stabilem Schichtholz – auf der Wunschliste stehen, dann wird man bei der LongRange-Modellreihe ebenfalls fündig. Denn BLASER bietet die R8 LongRange auch mit einem Schaft aus in Grautönen laminiertem Holz des norwegischen Schaftherstellers Gordas Rifle Stocks an.
BLASER R8 Long Range auf dem Schießstand
Den Testern bot sich im benachbarten Ausland die Gelegenheit, die BLASER R8 Long Range auf die Ein-Kilometer-Distanz auszuprobieren. Bereits im Vorfeld montierten sie ein Zielfernrohr des Typs Schmidt & Bender 5-25x56 PM2 und schossen es ein – Prüflaborierung: die Lapua-Patrone mit 250 Grains schwerem OTM Scenar-Geschoss auf 100 Meter. Dabei maßen die Prüfer die Mündungsgeschwindigkeit, die im Schnitt bei 872 Metern pro Sekunde lag. Anschließend berechneten sie auf Grundlage des ermittelten v0-Wertes mit Hilfe des Lapua-Programms Quick Target Unlimited die Flugbahn bis 1.000 Meter.
Auf dem Schießstand morgens in der Früh angekommen, maß das VISIER-Team mit einem Vectronix PLRF 15 Laserentfernungsmesser eine geeignete Stelle auf 1.000 Meter ein und stellte bis dahin ihre Zielscheiben auf. Dann ging es zunächst ans kontinuierliche Einschießen des Zielfernrohres bis zur gewünschten Distanz. Dazu arbeiteten die Tester sich in 200-Meter-Schritten vor, überprüften dabei jeweils die Trefferlage anhand der Programmvorgabe und korrigierten diese soweit erforderlich. Dabei wich die Vorgabe auf 1.000 Meter letzten Endes gerade einmal um eine Winkelminute vom tatsächlichen Treffpunkt ab, was sich schnell durch drei Klicks korrigieren ließ.
Mit der 250 Grains Lapua OTM Scenar ließ sich eine Fünf-Schuss-Gruppe von 180 x 240 mm umsetzen. Mit der 160 x 230 mm großen Gruppe schnitt die 250 Grains RWS Target Elite Plus sogar noch etwas besser ab. Leider ließen sich wegen schwierigen Wind- und Wetterverhältnissen bei diesem Termin keine besseren Gruppen erreichen. Die Geschosse benötigen für die Flugstrecke auf einen Kilometer immerhin gut 1,6 Sekunden. Jeder Luftzug, sei er noch so schwach, macht sich bereits ab Distanzen jenseits der 500 Meter deutlich bemerkbar, insbesondere dann, wenn es um vergleichende Streukreismessungen geht. Aber nicht nur der Wind machte es den Testern schwer, sondern auch der wolkenlose Himmel. Beim Weitdistanzschießen wäre den Testern eine ordentliche Wolkendecke lieber gewesen. Denn ab neun Uhr heizte sich der Boden so stark auf, dass die Hitze zum ernsten Problem wurde.
Auf 1.000 Meter bietet es sich natürlich an, mit möglichst hoher Vergrößerung zu schießen. Doch: Je höher die Vergrößerung, desto stärker macht sich das als Mirage bekannte und durch aufsteigende warme Luft erzeugte Hitzeflimmern beim Blick durch die Optik bemerkbar. Zu guter Letzt kam dann noch Wind aus unterschiedlichen Richtungen hinzu, so dass sich zum Leidwesen der Tester die Streukreisermittlungen mit den restlichen Laborierungen nicht mehr durchführen ließen.
Zurück in Deutschland ging es dann nochmal auf die 100- und 300-Meter-Bahn der Schießanlage Philippsburg. Hier konnten teilweise gute Streukreise unter 20 mm reproduziert werden. Etwas schlechter, im Bereich von um die 25 mm, schnitten die beiden Laborierungen von Lapua ab. Die RWS Target Elite hatte sowohl auf 100 und 300 Meter Distanz jeweils einen Ausreißer zu verzeichnen, der die ansonsten jeweils sehr guten Streukreise öffnete.
Insgesamt verschossen die Tester mit der BLASER R8 LongRange etwa 120 Patronen. Dabei gab es keinerlei Störungen. Auch die Zuführung aus dem Zwei-Schuss-Magazin funktionierte makellos. Ein Waffengewicht von unter vier Kilo (ohne Optik) hat den bei Mündungsenergien von bis über 6.000 Joule entstehenden Rückstoßkräften nicht viel entgegenzusetzen. Umso wichtiger ist es hier, die Waffe entsprechend fest in die Schulter zu ziehen, respektive sich bei montiertem Zweibein gegen die Schulterstütze zu legen. Der trocken stehende Flintenabzug ohne Vorweg löste gefällig bei rund 750 Gramm aus. Der Verschluss des Gradzüglers lief angenehm weich in seiner Führung durchs System und verursachte weder beim Zuführen noch beim Auswerfen irgendwelche Probleme – alles wie es sein soll.
BLASER R8 Long Range in .338 LM – das Testfazit von VISIER
Mit der R8 Long Range Professional Success erweitert BLASER seine R8-Reihe um eine in allen Teilen sehr gut verarbeitete Repetierbüchse. Die sinnvolle Auswahl an derzeit zur Verfügung stehenden Kalibern macht die Büchse sowohl für den sportlichen als auch jagdlichen Weitschuss einsatzfähig. Die hohen Kosten für die nur mit integrierter Abzugsgruppe verfügbaren Ersatzmagazine und deren – im Vergleich zu anderen Büchsen gleicher Kaliber – geringe Kapazität trüben leider das ansonsten noch angemessene Preis-Leistung-Verhältnis der neuen BLASER R8 Long Range.
Hier finden Sie die Fotostrecke des Jagdrepetierers BLASER R8 Long Range Professional Success.
Hinweise:
Mehr Informationen über Produkte von BLASER gibt es auf der Website des Unternehmens: www.blaser.de.
Lesen Sie hierzu auch unseren Artikel zur Blaser R8 Long Range und R8 Success auf all4shooters.com
Hier können Sie einen User-Test von GearTester.de über die Blaser R8 Professional Success im Kaliber .308 Win. finden.
Hier wollen wir Ihnen ein Video von NORMA über Long Range-Shooting zeigen. Der Teaser zeigt ein perfektes Zusammenspiel einer BLASER R8 Long Range, eines ZEISS Victory V8 Zielfernrohr und der NORMA .338 LM Munition.