Waidmannsheil Freunde,
mit dem Aufgang des Bockes hat das Jagdjahr jetzt so richtig begonnen und die Stunden, in denen sich der Jäger im Revier aufhalten kann, werden mehr und mehr.
Der Einladung der Brüder Reilmann (Paul und Gerold) gefolgt, saß ich nun am 4. Mai abends bei Ihnen Zuhause am Tisch und wir besprachen die letzten Instruktionen vor der Jagd. Da es die nächsten Tage regnen sollte, teilten wir uns auf einzelne Kanzeln auf. Ich bekam einen sehr lukrativen Platz für Sauen, da die Schwarzkittel morgens dort in dem Bruchwald oft Ihren Rückwechsel hatten.
Gerold blieb für diesen Morgen im Bett, da ihm noch Abi-Prüfungen bevorstanden. Paul dagegen wollte sich an eine Waldlichtung setzen, wo sie die letzten Tage einen geringen Überläuferkeiler bestätigen konnten! Gesagt getan und um 3.30 Uhr klingelte das erste Mal für das Wochenende der Wecker. Schnell zogen wir uns unsere Klamotten an, holten die zwei Steyr Mannlicher Repetierbüchsen (Kaliber .30-06 Springfield) aus dem Waffenschrank und fuhren mit viel Motivation ins Revier.
Tom von Jäger TV – Der Weg zum Ansitz
Paul erklärte mir im Auto schnell, wie ich zu meinem Stand gelange und ehe ich mich versah, lief ich alleine im Wald zur beschriebenen Kanzel. Auf dem Weg dahin, vernahm ich eine Bewegung im Augenwinkel! Zwei schwarze Punkte standen auf ca. 40 m auf einer Wiese. Schnell baute ich mein Dreibein auf, doch der erste Blick genügte und ich sah weitere kleine Punkte um die zwei Bachen rumwuseln.
Leise sah ich zu, dass ich auf die Kanzel kam, da ich noch weitere Stücke im Bruchwald hören konnte. Aufgebaumt schaute ich sofort nach links auf den Wiesenstreifen, der Hoch- und Bruchwald voneinander trennte. Die kleine Rotte war verschwunden, doch ich hörte immer noch leises Knacken im Dickicht! Die Spannung war so unerträglich, da ich jeden Moment hoffte wieder Wild in Anblick zu bekommen…und "Ja!" vor mir am Mahlbaum zogen mehrere starke Stücke Schwarzwild auf die Wiese und wechselten langsam aber sicher auf mich zu.
Es ging alles so schnell! Das Ansprechen war in diesem diffusen Licht gar nicht so einfach und so geschah es, dass die Wildschweine direkt unter meiner Einrichtung brachen. Ein bunter Frischling äugte sogar direkt zu mir hoch und brach dann seelenruhig weiter. Die vier Bachen wurden langsam unruhig, da der Wind anfing zu kräuseln und deshalb brachen sie dann – mit erhobenem Pürzel – spitz von mir weg.
An diesem Morgen hatte ich noch das Glück ein Kolben-Rothirschrudel beobachten zu können, welches unentschlossen an der Waldkante sicherte und äste. Für mich, der hauptsächlich in Niederwildrevieren waidwerkt, war dieser Anblick einmalig und unbeschreiblich schön. Das Rehwild ließ sich bei diesem Nieselregen nicht auf der Freifläche blicken und so entschieden wir kurz vor 8:00 Uhr abzubaumen und nach Hause zu fahren.
Zuhause bei der Familie Reilmann angekommen, berichteten wir von unseren Erlebnissen. Dann hieß es: Frühstücken und ab ins Bett, Kräfte sammeln für den Abend.
Tom von Jäger TV – Vorbereitung für die Jagd am Abend
Gegen 15:00 Uhr fuhren wir wieder ins Revier und kontrollierten die Kirrungen mit den Wildkameras. Tausende Fotos schauten wir uns schnell über den Laptop an und konnten dabei einige interessanten Dinge sehen. Es war bei den Aufnahmen wirklich alles vertreten: Rot- und Damwild, Rehwild, Sauen, Fuchs, Dachs, Marderhund und natürlich auch einige Kraniche! Wir konnten beim Angehen der Kirrungen sogar eine alte Abwurfstange von einem jungen Rothirsch finden, was mich sehr beeindruckte.
Gegen 17:00 Uhr bezogen wir unsere Stände. Da sich das Wetter besserte und sogar hin und wieder Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke drückten, setzten mich die Brüder auf einen Drückjagdbock. Sie konnten in diesem Bruchwald einen abnormen Bock bestätigen, der laut Gerold nur noch eine Stange trägt. Ich musste mich also sehr ruhig verhalten aber mich trotzdem regelmäßig umschauen, da ich mitten im Bestand saß.
Ich hatte sogar Glück zwei Böcke zu bemerken, die rechts von mir an der Kante hochzogen. Leider stand jedoch jedes Mal der Wind schlecht und die Böcke zogen immer bei der Schussschneise relativ flott wieder zurück in die Dickung.
Es wurde langsam schummrig und das laute Vogelkonzert nahm nach und nach ab. Ein Damspießer verirrte sich noch zu mir an den Stand und so schnell wie er gekommen war, war er auch wieder im Gehölz verschwunden.
Es ging auf 20:00 Uhr zu und vor mir im Bruchwald schreckte ein Reh...da konnte ich auch schon den Verursacher ausmachen! Eine Rotte Sauen (fünf Bachen mit Frischlingen und ein einzelner nicht führender Überläufer) zogen auf ca. 80 m parallel zu mir durch den Wald.
Mein Herz fing an schneller zu schlagen und intuitiv griff ich zum Glas, um die Lage zu analysieren. Schnell war der Überläufer entdeckt und der Repetierer im Anschlag. Ich wollte schon die Kugel auf die Reise schicken, da schob sich eine starke Bache mit Frischlingen vor das Stück! Angespannt wartete ich auf meine zweite Chance, doch dann verließ das Überläuferchen die Schneise und die Rotte setze sich langsam wieder in Bewegung. Leise knackend zogen die Stücke spitz von mir weg und der Zauber für diesen Abend war verflogen.
Tom von Jäger TV – Erfolg am nächsten Morgen
Der nächste Morgen verlief in der Vorbereitung genau gleich und so befand ich mich kurz nach 4:00 Uhr wieder auf der Einrichtung vom Vorabend. Die Hoffnung, dass ich vielleicht heute den Bock in Anblick bekommen könnte, war groß, da das Wild vertrauter und ruhiger
zieht und somit kleine Fehler des Jägers eher verzeiht.
Der erste Anblick des Tages ließ leider etwas auf sich warten, doch gegen 6:30 Uhr zogen von der Nachbarwiese ein Damalt- und Schmaltier auf mich zu. Plötzlich rauschte es am Graben, der in dem Bruchwald verlief und mein Blick löste sich somit schnell vom Damwild. Schnell stellte ich fest, dass es sich lediglich um zwei Stockenten handelte, die seelenruhig badeten.
Nach ein paar Sekunden suchten meine Augen wieder das Kahlwild und merkwürdiger Weise waren es auf einmal drei Stücke! Verdutzt nahm ich das Damwild in Augenschein und plötzlich bemerkte ich meinen Fehler: Das dritte Stück war ein schwacher Jährlingsbock, der mir durch die noch graue Winterdecke und der dichten Dickung als zweites Schmaltier oder vielleicht Spießer durchgegangen wäre!
Ich erinnerte mich an die Worte von Paul: "Als Waldjäger musst du schnell sein und die Chancen, die sich auftun, nutzen!" Der Jährling verhoffte kurz an einer lichten Stelle und der Schuss brach. Das Stück verendete im Knall und die Aufregung baute sich langsam wieder ab. Da hatte es nun doch geklappt und der schwache Bock entpuppte sich noch als abnorm. Die Rechte Stange muss gebrochen gewesen und dann wieder zusammengewachsen sein.
Noch in den Erinnerungen versunken, kam Paul fröhlich auf meinen Stand und wir unterhielten uns über den Morgen. Wir verluden den Bock ins Auto und fuhren glücklich zurück.
Beim Frühstück ging es dann schon um den Abendansitz und die neuen Pläne, wo und wann wir sitzen, wurden festgelegt. Dann ging es wieder für Paul und mich ins Bett, da so eine lange Zeit mit voller Konzentration wartend und sitzend einen schon sehr schafft.
Tom von Jäger TV – Anblick vom Ansitz am Abend
Wir hatten vereinbart, dass ich mich wieder an die Kranichwiese setzen sollte, da ja die Chance auf eine Sau dort höher war und das Rehwild bei besserem Wetter auch auf die Freifläche tritt. Ich war noch immer ganz in Gedanken beim Morgenansitz, da bemerkte ich wieder was Ungewöhnliches beim Angehen der Kanzel.
Ein starker Sechser ruhte unter einer Buche und mein Puls fuhr langsam hoch. Leider konnte ich nichts machen, da der Bock spitz in meine Richtung sicherte, als er wieder auf die Läufe kam. Ich fluchte innerlich, doch das machte die Situation auch nicht besser. Nach knapp fünf Minuten langem Sichern, sprang der Bock ab und verschwand im Bruchwald.
Wieder fuhr langsam die Anspannung aus dem Körper und ich fing an, die verstrichene Chance zu analysieren, während ich dann endlich auf der Kanzel saß. Ich versuchte meine Fehler zu finden, damit ich beim nächsten Mal in einer gleichen Situation besser da stehe.
Die Nacht setzte langsam ein und das Büchsenlicht für Rehwild wurde immer knapper. Ich hatte währenddessen noch eine Ricke mit zwei Kitzen vor, die auf ca. 50 m anfing zu äsen. Nach einer unvorsichtigen Bewegung meinerseits verabschiedete sie sich aber wieder im hohen Grün.
Plötzlich nahm ich auf über 200 m eine Bewegung wahr. Ein einzelnes Stück Rehwild zog über einen Wiesengraben in meine Richtung: Ein schwacher Bock! Als dann der Gabler inne hielt, um an einem schwachen Strauch zu fegen, krümmte ich den Finger und das Stück brach im Feuer zusammen. Ich konnte mein Glück gar nicht fassen.
Tom von Jäger TV – Waidmannsheil am zweiten Abend der Maijagd
Der zweite Bock lag und die Freude der Brüder war groß, als ich Ihnen über Handy die Nachricht vermittelte. Nach ca. fünf Minuten baumte ich ab und ging zum Stück, um es noch mit dem letzten Licht auf der großen Wiese zu finden.
Als ich wieder an der Kanzel war und die Fotos gemacht hatte, vernahm ich wie am ersten Morgen ein Knacken aus dem Bruchwald. Schnell bestieg ich wieder die Kanzel und verharrte noch ein paar Minuten. Währenddessen kamen Paul und Gerold unter meiner Einrichtung lang und als ich Ihnen leise vermittelte, dass ich noch was Knacken höre, glaste Gerold die Fläche ab und antwortete mir leise: "Da steht eine Sau!".
Leider waren Paul und ich auf der Einrichtung und somit konnten wir den Schwarzen nicht sehen, der wahrscheinlich im Schatten der Bäume stand und sicherte. Nach knapp zehn Minuten debattieren, empfahl sich das Schweinchen wieder in den Wald und machten uns auf den Heimweg. Lange werteten wir gemeinsam den Abend aus, da auch die Brüder einiges in Anblick gehabt hatten!
Tom von Jäger TV – mehr als Bockjagd
Den letzten Morgen durfte ich nochmal an eine klasse Stelle, wo zwei große Baue in Abstand von 15 Minuten zur Einrichtung waren. Die beiden hatten Dachse und Füchse bestätigen können.
Wir spekulierten darauf, dass der Sonnenschein die Bewohner rauslocken würde und ich noch ein paar schöne Aufnahmen abgreifen kann. Doch wie man weiß, kommt es öfter anders, wie man es geplant hat! In den ersten Minuten, in denen das Kameralicht ausreichend war, hatte ich sogar das Glück einen Dachs und einen Fuchswelpen zu filmen. Da aber der Wind nicht günstig stand, verschwanden die beiden schnell wieder im schützenden Bau.
In Gedanken versunken, hörte ich plötzlich ein leises Grunzen hinter mir in den kahlen Brombeersträuchern. Ich drehte mich langsam um und erblickte eine führende Bache. Die Frischlinge waren gut zu erkennen auf ca. 25 Meter und schnell griff ich zur Kamera, um den Moment festzuhalten. Die Minuten verstrichen und immer mehr Schwarze kamen aus den Sträuchern!
Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus und langsam hatte ich Bange, dass sie Wind von mir bekommen könnten. Ich konnte nur führende Stücken ausmachen und Frischlinge, was meine Stimmung nicht trübte, da ich noch nie Wildschweine so nah aufgenommen hatte. Die Leitbache fing an, meinen Erdsitz zu umschlagen und nährte sich mir bis auf 15 Meter. Als sie mich passierte und weiter zog, folgten ihr zwei Sauen.
Tom von Jäger TV – Sauenjagd im Mai
Bei den beiden Stücken handelte es sich um eine zweite führende Bache und eine nichtführende Überläuferbache! Schwer anzusprechen war es nicht, da ich durch das gute Licht und das 400 mm Objektiv der Kamera gut das ganze Stück drinnen hatte. Ich wechselte schnell und vor allem leise von der Kamera zur Waffe und ließ die Sau sauber auf nicht mal 20 Metern zusammenbrechen!
Was für ein Wochenende! Tolle Aufnahmen eingefangen, eine Sau und zwei Böcke gestreckt. Ich kann mich jetzt nur noch ganz herzlich bei den Brüdern, Paul und Gerold und bei Ihrem Vater bedanken, die mir alle zusammen ein schönes Jagdwochenende beschert haben!
In diesem Sinne wünsche ich noch allen ein kräftiges Waidmannsheil und guten Anblick!
Euer Tom von Jäger TV
Pirschfreund aus Leidenschaft
Begleitet Pirschfreund Tom von Jäger TV auf die Ansitzjagd mit anschließender Pirschjagd auf einen reifen Bock.