Mein letztes Jagderlebnis führte mich in mein heimisches Revier. Dort sollte ich Maiswache halten und das Jagdglück war mir wirklich hold. Mit einer bunten Sau und einem erlegten Überläufer konnte ich mein Glück gar nicht fassen.
Es galt jetzt natürlich noch einen Maibock nachzustellen. Also entschied ich mich, die nächsten Abende an einer Wiese zu sitzen. Die Wiese war in drei Abschnitte unterteilt, da sich zwei Gräben mit Bewuchs durch sie zogen. Somit bot das Areal dem Wild perfekten Einstand und Schutz. Zudem war gleich daneben ein Bruchwald, der mir wieder eine Chance auf Jagdglück auf Sauen sicherte.
Der erste Tag verging und wie sollte es anders sein, mein Glück schien grenzenlos: Ich konnte in der Dämmerung eine einzelne, nichtführende, bunte Bache strecken. Das Wildschwein von der nassen Wiese zu bergen war alles andere als ein Kinderspiel. Das anschließend folgende Aufbrechen des Stücks ließ uns erst nach Mitternacht in unsere Betten kommen. Jäger vergessen gerne, was nach dem Schuss alles auf sie zukommt – die Arbeit fängt dann erst richtig an. Doch ich will mich nicht beklagen und so saß ich die nächsten Abende wieder draußen und hoffte auf einen passenden Bock.
Tom von Jäger TV: Jagd auf einen Maibock
Am vierten Tag Ansitz an derselben Stelle hatte ich bereits viel Rehwild im Anblick gehabt und eine Vielzahl an Böcken gesehen. Doch waren sie allesamt entweder zu stark für mich oder einfach noch zu jung und zu gut veranlagt. Ich begann zu verzweifeln…
In diesem Revier war mit dem Pächter folgendes abgesprochen: ich durfte einen 2c und einen 2b Bock erlegen. Dies hatte sich zu Beginn zwar einfach angehört, erwies sich nun aber doch als schwieriger. Der passende Bock war nicht so einfach zu finden. So fuhr ich also am Sonntag, den 21. Mai 2017 wieder an die gleiche Stelle. Wie die Male zuvor auch hoffte ich auf ein Wunder. Und siehe da, auf über 200 m Entfernung lag ein Bock auf der Wiese und ruhte. Ich sprach ihn durch mein Spektiv an – es war der abnorme Gabler, den ich Mitte April dort bereits beim ersten Ansitz hatte bestätigen können.
Jagderlebnisse auf Rehböcke mit Tom von Jäger TV
Der Bock hatte schon komplett verfegt. Also war mir klar, dass das Stück für sein Alter zu schwach war – ein geeigneter Abschuss. Ich wartete nun schon eine halbe Ewigkeit darauf, dass der Bock endlich auf die Läufe kam. Doch erst als ein junger Bastgabler und ein ältere Ricke die Fläche betraten, wurde er neugierig und zog langsam in meine Richtung. Ich spürte das Adrenalin in meinem Blut und bereitete mich darauf vor, den Bock zu strecken.
Aus dem Nichts fing der Bock plötzlich an, die Ricke zu treiben. Die Beiden entfernten sich wieder von mir und blieben am anderen Ende der Wiese stehen. Eine leichte Enttäuschung machte sich in mir breit und ich überlegte schon, den Bock anzugehen. Jedoch stand der junge Gabler genau vor mir am Graben, weshalb sich der Gedanke erübrigte. Die Zeit lief gegen mich und das Licht wurde allmählich zum Problem.
Dann fing der Bock wieder an, die Ricke zu treiben. Diese wollte auf einmal in den Bestand zurück, aus dem sie ursprünglich gekommen war – das waren von meiner Position etwa 100 m Entfernung. Schnell nahm ich mein Gewehr in Anschlag. Als der Bock schließlich bereit stand, machte ich den Finger krumm. Ich repetierte schnell nach und sah, dass der Bock direkt zusammen gebrochen war. Die letzten Zuckungen gingen schon durch den Wildkörper.
Die Anspannung fiel unverzüglich von mir ab. Beruhigende Ruhe legte sich wieder über die Wiese. Nach einem Schuss scheint die Natur still zu stehen: kein Vogelgezwitscher und keinerlei Bewegungen. Nach einer halben Stunde baumte ich ab und trat aufgeregt an das Stück heran. Ich verharre zumeist lange, um nochmal über alles nachzudenken. Diese Zeit ist für mich eine Art Ritual, welches mir mein Vater schon in jungen Jahren vermittelt hatte. Anschließend gebe ich einem Stück "den letzten Bissen" und den "in Besitznahme Bruch".
Passionierte Jäger kennen das Gefühl, das man beim Herantreten an ein Stück hat, nur zu gut. Freude macht sich in einem breit, aber eben auch tiefe Demut vor dem Stück. Und eben diese Demut lässt Jäger in sich gehen, um über alles nachzudenken.
Für die kommenden Mondphasen und Ansitze auf Rehbock wünsche ich euch viel Anblick und Waidmannsheil.
Euer Tom von Jäger TV
Pirschfreund aus Leidenschaft
Begleitet Pirschfreund Tom von Jäger TV auf die Ansitzjagd mit anschließender Pirschjagd auf einen reifen Bock.
Pirschfreund Tom von Jäger TV: Jagd im Mai mit Freunden.