User-Test: Was macht die Jagd mit Flintenlaufgeschossen aus?

Wie kommt man auf die Idee, mit dem Flintenlaufgeschoss zu jagen? Diese Frage scheint berechtigt, wenn man sich die Vielzahl an verschiedenen Büchsenkalibern und die diversen Geschosse, die auf dem Markt verfügbar sind, betrachtet. Dennoch haben mich die "dicken Brummer" schon immer fasziniert. Man fühlt sich an eine Doppelbüchse aus Afrika erinnert, wenn man mit der Querflinte und 2 Flintenlaufgeschossen auf Jagd geht. Dieser Gedanke liegt auch gar nicht so fern, wenn man sich vor Augen hält, dass Wilhelm Brenneke Flintenlaufgeschosse mit Stahlspitze für die Großwildjagd in Afrika konstruiert hat und diese erfolgreich eingesetzt wurden.

So kam es, dass ich mir eines Tages dachte: Das probierst du einfach mal aus! Also ab zum Büchsenmacher, einige Packungen "Brenneke" gekauft und damit auf den Stand gefahren. Als Ziel habe ich mir 3 Schuhkartons auf jeweils 30, 40 und 50 m aufgestellt. Somit konnte ich das Zielen mit der Flinte über das Perlkorn üben und gleichzeitig schauen, wie sich die Läufe zueinander verhalten. Ich übe regelmäßig das Schießen mit Flintenlaufgeschossen aus meinen Flinten, um ein Gefühl für die Waffen und die Geschosse zu bekommen. Ohne Übung ist diese Jagd nicht waidgerecht zu praktizieren. Zumal mangelnde Übung und die Einstellung, "naja, das wird schon passen", dem Flintenlaufgeschoss wohl den Ruf eingebracht haben, den es heute hat. Dass es aber auch anders geht, werde ich euch im Folgenden zeigen...

Typen von Flintenlaufgeschossen

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Flintenlaufgeschosse vom Typ Brenneke und Foster im Vergleich.

Grundsätzlich gibt es 3 verschiedene gängige Formen von Flintenlaufgeschossen: Es gibt die klassischen Flintenlaufgeschosse, die sich in den "Brenneke Typ" und die amerikanischen "Foster Typ"-Flintenlaufgeschosse einteilen lassen. Als 3. Variante gibt es noch "Sabot Typ"-Flintenlaufgeschosse, die für gezogene Flintenläufe und gezielte Schüsse an die 100-120 m mit Zielfernrohr konstruiert wurden. In diesem Bericht geht es allerdings um die ersten beiden Typen (Brenneke und Foster), die man aus jeder Flinte – egal ob mit oder ohne Choke – verschießen kann. Es gilt aber zu erwähnen, dass konstruktionsbedingt die "Foster Slugs" eine geringere Penetration aufweisen, da sie sich wesentlich leichter zerlegen als die klassischen Brenneke. Daher werden diese Flintenlaufgeschosse von mir jagdlich eigentlich nicht mehr genutzt. Zu den "Sabot Typ"-Geschossen kommt noch ein gesonderter Bericht, falls daran Interesse besteht. Ebenfalls geht es nicht um bleifreie Flintenlaufgeschosse. Aber auch hier wird ein Bericht folgen, sobald das neue Brenneke im Kaliber 16/70, welches aktuell noch in der Testphase steckt, auf dem Markt erhältlich ist.

Ballistik von Flintenlaufgeschossen

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Das .410er Flintenlaufgeschoss wurde aus dem Boden geborgen, nachdem damit ein Stück Rehwild erlegt wurde.

Da ich ein Freund der Praxis und weniger des Papiers bin, wird man bei meinen Berichten vergeblich nach Statistiken, langen Tests und Messergebnissen suchen. Was für mich zählt ist, was am Ende in der Praxis geleistet wird.

Wichtig zu erwähnen ist, dass die Energievorgaben für Büchsengeschosse bei Flintenlaufgeschossen nicht zählen. Von daher muss man sich damit nicht unnötig aufhalten. Ich denke auch, dass jedem klar ist, welche Wirkung ein Flintenlaufgeschoss unabhängig vom Kaliber entfalten kann. Eines steht fest: Wild kommt mit einem Flintenlaufgeschoss sauber zur Strecke. Im Gliederungspunkt Jagd werde ich auf die Wirkung noch genauer eingehen. Generell lässt sich sagen, dass Flintenlaufgeschosse zwar "langsam", aber dafür schwer und groß sind. Hier sind die Masse und der Geschossdurchmesser die entscheidenden Kriterien. Aber nicht immer, wie man beim Kaliber .410 sehen wird.

Flintenlaufgeschosse in der jagdlichen Praxis

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Dieses 16er Flintenlaufgeschoss wurde ebenfalls aus dem Boden geborgen, nachdem damit ein 60 kg Keiler erlegt wurde.

In der Jagdpraxis nutze ich die Kaliber 12, 16 und .410, um mit Flintenlaufgeschossen zu jagen. Ich jage mit diesen Kalibern am und im Mais, Weizen und Schilf auf kurze Distanz auf Schwarzwild. Mit der .410 auch auf Rehwild, wenn sich die Gelegenheit ergibt.

Kurze Distanz bedeutet für mich alle Entfernungen im Bereich von 0 bis maximal 50 m. Bei der .410 auch mal auf eine Distanz bis 60 m, was aber daran liegt, dass ich auf dieser Waffe Kimme und Korn sowie ein Reflex-Visier montiert habe. Die Jagd mit Flintenlaufgeschossen lässt sich am besten im Sommer, wenn es lange hell ist, durchführen oder auf Drückjagden bzw. Erntejagden. Schließlich ist ohne Optik Tageslicht zum vernünftigen Zielen nötig. Mit Optik auf der Flinte kann man wie mit jeder anderen Büchse auch nachts zur Jagd gehen. Aber gerade das Pirschen im letzten Licht macht diese Jagd sehr interessant für mich.

Es gibt für mich nichts Besseres, als an einem warmen Sommerabend Schwarzwild im Weizen anzugehen und so nah wie möglich ran ans Wild zu kommen. Diese Jagd ist sehr intensiv und für mich eine willkommene Abwechslung zum klassischen Ansitz oder Pirsch mit der Büchse. 

Das erlegte Wild für die jeweiligen Kaliber innerhalb der letzten 2 Jagdjahre sowie deren Fluchtstrecken können der folgenden Tabelle entnommen werden. Diese Tabelle ist aufgrund der noch relativ geringen Stückzahl von erlegtem Wild wenig aussagekräftig, lässt aber eine gewisse Tendenz erkennen.

Kaliber:Wildart:Menge:durchschnittliche Fluchten:
Kaliber 12Schwarzwild16zwischen 0 und 20 m

Rehwild10 m
Kaliber 16Schwarzwild13zwischen 0 und 30 m

Rehwild2zwischen 0 und 3 m
Kaliber .410Schwarzwild11zwischen 0 und 30 m

Rehwild4zwischen 0 und 10 m

hunt.and.smoke: "Mein Fazit zur Jagd mit Flintenlaufgeschossen!"

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Ein unbenutztes 12er Flintenlaufgeschoss.

Zusammenfassend lässt sich für mich sagen, dass Flintenlaufgeschosse keineswegs Relikte aus der Vergangenheit sind. Sie sind bei regelmäßiger Übung und Disziplin in Bezug auf die Schussentfernung durchaus eine Alternative und können den Jagdalltag bereichern. Diese zwar langsamen aber schweren und breiten "Brecher" stoppen selbst den dicksten Keiler. Und auch wenn mir die Erfahrung auf Großwild fehlt, denke ich, dass man ohne Probleme auch den dicksten Büffel oder Bären damit erlegen kann. Zu letzteren findet man zumindest auf YouTube reichlich Videomaterial, welches diese Vermutung bestätigt. Durch die Entwicklung von bleifreien Flintenlaufgeschossen von diversen Herstellern bleibt auch für die Zukunft in den Bundesländern, in denen bleihaltige Munition verboten wurde, die Möglichkeit, auf die "dicken Brummer" zurückzugreifen und sich von deren Wirkung selbst zu überzeugen, erhalten.

In diesem Sinne Waidmannsheil, 

Philipp von hunt.and.smoke


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