Das neueste Kapitel in der langen und schmerzhaften Geschichte des geplanten EU-Waffenverbots wurde am vergangenen Dienstag, dem 15. März 2016 während einer Anhörung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments (IMCO) geschrieben. Dieser prüft gegenwärtig die Änderungsvorschläge der Kommission für die Europäische Feuerwaffenrichtlinie. Als er von IMCO-Präsidentin Vicky Ford konkret gefragt wurde, erklärte Alain Alexis, der Beamte der Europäischen Kommission, das vorgeschlagene EU-Waffenverbot vor dem Europäischen Parlament zu unterstützen. Er, Mitglied der Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU (GD WACHSTUM), gab offen zu, dass niemand weiß, wie viele Feuerwaffen der Kategorie B7 sich gegenwärtig in legalem Besitz europäischer Bürger befinden und wie viele sich in Waffengeschäften und in den Lagern der Hersteller und Händler befinden. Er konnte somit nicht einmal einen ungefähren Betrag für die Entschädigung der Besitzer, der Branche und der Marktteilnehmer nennen. Er erklärte stattdessen, dass das Europäische Parlament mithilfe von „Übergangsregelungen“ eingreifen solle, um die „Entschädigungsfrage“ insgesamt zu verhindern.
Erstmals ließ die Europäische Kommission die Katze aus dem Sack und bekannte, was jedem ohnehin schon klar war, der den Änderungsentwurf für die Feuerwaffenrichtlinie aufmerksam gelesen hatte: es wird eine umfassende Beschlagnahmung ohne Entschädigung geplant, eine eklatante Verletzung von Artikel 17 der EU-Charta der Grundrechte (Eigentumsrecht) und der Verfassungen nahezu aller 28 Mitgliedstaaten.
Die Empfehlung an die Kommission, eine entschädigungslose Beschlagnahmung für moderne Sportwaffen (halbautomatische zivile Feuerwaffen, die wie Militärwaffen aussehen) zu erwägen, könnte von der italienischen Regierung stammen. Sie gehört zu den direkten Unterstützern des Verbots und deutete dies im vergangenen Januar im Dossier Nr. 35 des italienischen Senats an.
So abschreckend die Eingeständnisse von Alain Alexis auch sein mögen, sie könnten auch einen weiteren, wenn nicht gar den letzten Nagel im Sarg für den Vorschlag der Kommission darstellen. Wie Vicky Ford selbst betont, fehlt diesem eine Folgenabschätzung, die eine verbindliche Bewertung der möglichen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Folgen aller Initiativen der Europäischen Kommission darstellt. Es ist eindeutig, dass die Folgenabschätzung gezielt vermieden wurde, da sie den Vorschlag vollständig zunichte machen würde.
Die Europäische Kommission und die nationalen Regierungen unterstützen das EU-Waffenverbot, um zusätzliche Beschränkungen für gesetzestreue Waffenbesitzer zu erlassen, ohne die politische Verantwortung gegenüber ihren Bürgern und Wählern zu übernehmen (die stärksten Unterstützer sind die Regierungen von Großbritannien, Frankreich, Belgien und Italien). Sie sind sich der Tatsache bewusst, dass selbst bei einer Beschlagnahmung der Feuerwaffen ohne Entschädigung die reine Bearbeitung des Verfahrens − Beschlagnahmung, Lagerung, Transport und Vernichtung, die jeweils beaufsichtigt und dokumentiert werden müssen − wirtschaftlich aufgrund der hohen Kosten untragbar wäre.
Darüber hinaus ist abzuwarten, ob die Mitgliedstaaten in der Lage sein werden, die Flutwelle an Gerichtsverfahren, Sammelklagen und Beschwerden vor den einzelstaatlichen Verfassungsgerichten und dem Europäischen Gerichtshof, der höchstwahrscheinlich der Annahme und Umsetzung des Verbotsvorschlags folgen wird, aufzuhalten.
Die Ausschüsse IMCO und LIBE des Europäischen Parlaments erleben gegenwärtig eine breite interne Opposition gegen das Verbot. Die Prüfung und Diskussion des Entwurfs und aller damit verbundenen Änderungen wird planmäßig mindestens bis Juni 2016 fortgesetzt; der endgültige Beschluss wird voraussichtlich im Herbst getroffen.
Weitere Artikel bei all4shooters.com zu diesem Thema: