Auf dem von unzähligen Gläsern „Wild Turkey“-Bourbon geprägten Charakterkopf ein Toupet. Über dem feisten Wanst ein ausgewaschenes rotes Latzhemd und eine kunstledern wirkende Weste. Die meist beigen Chino-Hosen auf halb acht und der Revolvergurt noch eine Etage tiefer - klar: John Wayne. Jedoch wäre das Bild von Amerikas bis dato immer noch größtem Leinwandhelden nicht komplett ohne seinen mit überdimensionalem Repetierbügel (englisch: Large Loop Lever) ausgerüsteten Unterhebel-Mehrlader vom Typ Model 1892.
John Waynes Gewehr entstammte einer von der US-Firma WINCHESTER bis 1941 produzierten Repetiererreihe. Und die gilt zusammen mit dem COLT-Revolver Single Action Army M 1873 als die klassische Bewaffnung der meisten Zelluloid-Westernhelden. Nun beziehen die mittlerweile gut 100. 000 Cowboy-Action- und Westernschützen ihre Inspiration nicht nur aus historischen Fotos, von Gemälden und musealen Artefakten, sondern natürlich auch aus Kinofilmen und Fernsehserien. Deshalb hat sich die Industrie längst mit Kopien dieses WINCHESTER-Modells befasst.
Dazu gehören die unter den Namen WINCHESTER und BROWNING vermarkteten und in Japan bei Miroku gebauten Versionen ebenso wie die Stücke, die in Italien bei Firmen wie ARMI SAN MARCO und CHIAPPA ARMI sowie in Brasilien bei AMADEO ROSSI entstanden sind. In diesem Artikel geht es um so eine ROSSI, sowie darum, wie Importeur FERKINGHOFF sie überarbeitet hat - doch alles hübsch nacheinander.
The Boys from Brazil
Obwohl WINCHESTER von der M 1892 und ihren Nebenlinien M 53 und M 65 Millionen-Stückzahlen erzeugte, schien es davon nie genug geben zu können. Sonst lässt es sich nämlich nicht erklären, warum die spanische Firma GARATE Y ANITUA sich schon ab 1915 jahrelang mit einer später als „El Tigre“ bekannten Version für Polizisten, Förster, Gefängnisaufseher und Jäger beschäftigte - mit Stückzahlen, die sich mit denjenigen von WINCHESTER locker vergleichen können. Und als die Nordamerikaner auch in den Folgejahrzehnten auf die weltweite Nachfrage nach neuen 1892ern immer noch mit tauben Ohren reagierten, besetzte die 1889 gegründete Firma AMADEO ROSSI aus São Leopoldo im brasilianischen Bundesstatt Rio Grande do Sul diese Nische: Schon um 1976 und damit zehn Jahre früher als lange angenommen brachte sie ihre 1892er Kopie heraus (also je nach Quelle zwei Jahre, bevor oder nachdem das Werk die unter Westernschützen legendäre Kutscher-Hahnquerflinte Overland vorstellen sollte).
Und aus diesem Ableger der M 1892 ging seitdem ein variantenreiches Sortiment mit Bezeichnungen wie M 65, M 67 oder M 77 hervor. Die aber laufen in Kreisen der CAS-Schützen zumeist unter dem Oberbegriff PUMA. Das rührt daher, weil ROSSI seine Kopien der WINCHESTER M 1892 anfangs links am Systemgehäuse mit dem münzenartigen Emblem eines Silberlöwenkopfes bestückt hat.
Zwar gehört ROSSI seit 1997 zum ebenfalls brasilianischen Konzern TAURUS FORJAS S.A. mit Sitz in Porto Alegre, hat aber die Produktion seiner PUMAs nie dran gegeben. Im Gegenteil: TAURUS/ROSSI ist heute fraglos der weltweit größte Hersteller dieses Repetierertyps. Und überhaupt - der Begriff Kopie passt nicht so ganz. Denn längst bilden die Büchsen aus der Heimat von Gisele Bündchen und Adriana Lima eine Linie mit eigener Note. Dafür spricht die Palette mit Kalibern, wie es sie bei WINCHESTERs M 1892 nie gegeben hat: Die Originale kamen in .25-20, .32-20, .38-40 und .44-40 Winchester sowie .218 Bee.
Bei ROSSI dagegen reicht das Sortiment von .38 Special und .357 Magnum über .44-40 Winchester und .44 Magnum bis hin zu .45 Colt, .454 Casull und .480 Ruger. Und beschränkte sich WINCHESTER zumeist auf brünierte Muster, so umfasst das ROSSI-Programm auch Spielarten in praktischer, da rostträger Stainless Steel-Ausführung ebenso wie solche mit goldgelb blinkenden Messing-Systemgehäusen. Und genau so eine ROSSI PUMA M92 schickte FERKINGHOFF an VISIER - keinen silbernen, sondern einen goldenen Löwen.
Die Testwaffe: FERKINGHOFF ROSSI PUMA M92:
Der Beiname Blued Brass rührte vom Metall der Waffe her. Messing (= brass) fand sich auch vorn am Vorderschaft sowie hinten an der Schaftkappe. Unterhebel, Abzug, Hahn, Visierung, 24-Zoll-Achtkantlauf und Röhren-magazin kamen brüniert (= blued) - alles in allem ein zwar nicht authentisches Ensemble, aber eins mit viel Prärie-Flair. Dazwischen gab es gebeiztes und geöltes brasilianisches Holz. Dessen Maserung erinnerte stark an europäische Buche und dürfte durch etwas Ellbogenschmalz, feines Schleifpapier und Leinöl durchaus noch gewinnen.
FERKINGHOFF lieferte ein Exemplar in .38 Special/.357 Magnum; Interessenten erhalten das Gewehr auch in .44-40 Winchester und .45 Colt. Von der Grundfunktion her entsprach die PUMA M92 voll dem Design, das US-Konstruktionsgenie John Moses Browning ehedem für WINCHESTER entwickelt hatte:
Ein Mehrlader mit Röhrenmagazin für zwölf Patronen, mit waagerecht laufendem Verschluss und mit zwei vertikal in den Seiten des System-kastens gleitenden Riegelblöcken.
Als technische Dreingabe montierte ROSSI eine auf den Schlagbolzen gehende Mini-Drehsicherung hinten auf den Verschluss. Sicherheitsfetischisten mag es freuen, für die Westernsportler ist es überflüssig, da sie ihre Waffen nur unmittelbar vor jedem Wettkampf-Durchgang laden - und zwar immer unter den Argus-Augen eines eigens abgestellten „Range Officers“ (Schießaufsicht).
Die Verarbeitung der FERKINGHOFF ROSSI PUMA M92:
Da zuckt der John-Wayne-Apostel ergeben. Denn ROSSIS stehen im Ruf, in Kleinigkeiten und beim Endschliff nicht mit dem letzten Quentchen Sorgfalt gearbeitet zu sein. Mitunter sehen da manche peniblen Euro-Schützen alle üblen Klischees bezüglich lateinamerikanischer Lässigkeit bestätigt. Auch an dieser Büchse gab es Details zu bemängeln.
Hingegen fanden die Tester am Visierbild der Waffe nichts zu bekritteln - der 1,29 mm breite Wannenausschnitt des zielfreundlichen Target-Kimmenblattes harmonierte gut mit dem 2,05-mm-Balkenkorn: Aus Sicht eines auf schnelles Zielen und Feuern erpichten Westernschützen ebenso brauchbar wie für jemanden, der damit auf lange 50-Meter-Distanz auf Ringejagd gehen will. Auch das Finish des Metalls an sich bot keinen großen Anlass zur Kritik, das war ordentlich. Und sehr gut gefiel die Funktion der Mechanik - genau an der Stelle hat der fränkische Importeur mit Blick aufs Westernschießen viel Aufwand walten lassen. Das sei nun näher erklärt.
Das System der FERKINGHOFF ROSSI PUMA M92:
BROWNINGs Schlossentwurf bietet einige Stolperstellen, die sich bei mangelnder Fertigungssorgfalt in ruppigem Schlossgang und malträtierten Händen niederschlagen.
Da wäre zuerst die Politur der beiden Steuerkurven-Rundungen links und rechts an den Verschlussblöcken. Wenn es da hakelt, dann spürt man das, wenn man den Lever bei nicht gespannter Waffe soweit absenkt, bis der Verschluss nach einigen Millimetern Wegstrecke an den Hahn anschlägt. Das war hier völlig in Ordnung.
Alle weiteren Unsauberkeiten in der Repetiercharakteristik gehen zu Lasten der aneinander reibenden Partien von Hammer und Verschluss. Das gilt zum einen für die gewellte Hammerbahn, zu finden am hinteren Drittel der Verschlussunterseite. Und zum anderen für die Oberseite des Hammerkopfes. Hier hatte das FERKINGHOFF-Team sowohl den Hammerkopf sauber verrundet als auch alle Kanten an der darübergleitenden Verschlussunterseite beseitigt - einwandfrei.
Hier präsentierte sich eine ROSSI, die „out of the box“ mit einer auch für Westernschützen mehr als nur brauchbaren Repetiercharakteristik aufwartet. Und die zudem einen knirschfreien und weichen bei ungefähr 1.350 Gramm Auslösegewicht brechenden Abzug bietet - alles so, wie es sein soll.
Wer es nun noch glatter will, der muss zum Tuner. Womit sich die vielschießende Cowboy-Fraktion freilich befassen muss, das sind die Innenkanten des Repetierbügels. Die sollte man zugunsten der beim Repetieren darin deponierten Finger entweder etwas anfasen und polieren oder das Stahloval des Levers mit einem „leather lever wrap“ versehen, also mit einer hautschonenden Wicklung aus Leder.
Die FERKINGHOFF ROSSI PUMA M92 "an der Feuerlinie":
Um einen Eindruck vom Repetierverhalten und der Präzision der FERKINGHOFF zu erhalten, nahmen die Tester zum direkten Vergleich eine nach rund 1.500 Schuss zwar gut eingelaufene, aber nicht überarbeitete ROSSI PUMA M92 Inox aus der „Vor-Taurus-Ägide“ mit auf die Range. Die aktuelle, überarbeitete Stainless-Variante ist bei FERKINGHOFF übrigens wie die Blued Brass auch für 819 Euro zu haben.
Während die „alte“ ROSSI alle Munitionssorten anstandslos verdaute, verlangte das neue Modell bei der REMINGTON 158 grs SP eine etwas härtere Hand beim Zuführen. Ein Check der Patronengesamtlängen aller ausprobierten Sorten ergab, dass die REMINGTON mit einer Durchschnitts-PGL von 39,6 mm zwei bis drei Zehntelmillimeter kürzer ausfiel als die übrigen - vielleicht lag es ja daran. Ansonsten lief das von FERKINGHOFF überarbeitete Gewehr beim Repetieren mindestens genauso geschmeidig wie das altgediente.
In Sachen Präzision hatte die Blued Brass nicht zuletzt dank der besseren Visierung die Nase vorn - alle Gruppen passten in die Zehn. An der seitlichen Ablage der Treffer gab es nichts zu bemängeln. Bei den schweren WM-Geschossen lagen die Einschüsse im Haltepunkt und bei den 158-grs-Projektilen durchweg 10 bis 15 cm zu hoch - nicht nur für die kürzeren Western-Distanzen völlig okay.
Schiesstest ROSSI PUMA M92-Modelle in .357 Magnum
Das Testfazit:
Die ROSSI PUMA M92 zeigte sich zwar äußerlich derb, aber dafür dort fein abgestimmt, wo es drauf ankommt, nämlich beim Zusammenspiel der Riegelelemente und beim Auslösen. Auch die Visiereinrichtung und die ordentliche Schussleistung (alle Gruppen unter 60 mm!) boten keinen Anlass für Kritik: Mit dieser überarbeiteten Version hat FERKINGHOFF ein sportgerechtes, ab Werk für alle Sparten des Unterhebel-Schießens grundsätzlich taugliches Arbeitspferd vorgelegt.
Auch das Preis-Leistungs-Verhältnis passt: die Waffe ist mit 819 Euro deutlich günstiger als so manche Italo-Replika. Wer damit nur beim Präzisionsschießen oder nur beim Westernschießen antreten und jeweils vorn mitmischen will, der wird im Lauf der Zeit noch weitere Änderungen vornehmen. Aber das ist ja in allen Bereichen des sportlichen Schießens so, hat nichts mit der generellen Qualität zu tun und stellt zudem etwas dar, das einige Zeit praktischer Erfahrung mit der jeweiligen Waffe erfordert.